1.1.1.2.2 Der dreifache Durchbruch zur epistemologischen Theorie Die moderne Philosophie begann mit der Ablehnung der vom Mittelalter an auftauchenden verworrenen Scholastik und dem Aufbau eines von der Theologie und Autorität der Kirche unabhängigen philosophischen Systems. Die Säulen dieser Bewegung waren Descartes, Hume und Kant. Sie begründeten philosophische Systeme, die unabhängig, theoretisch und kritisch waren; sie bedurften keines religiösen Glaubens, sondern nur eines Glaubens an die Vernunft und die Sinne. Es entstanden drei erheblich unterschiedliche und in der Folge auch Traditionen begründende Systeme. In ihrem Brennpunkt stand die Frage um die Grenzen und die Macht des menschlichen Wissens; die Epistemologie wurde zum Anfang und Ende der Philosophie. Alle drei Systeme sind theoretisch, sie verwerfen aber das metaphysische Denken der Scholastik und richten die Aufmerksamkeit auf die Epistemologie. Descartes (1596-1650) dachte nur über die Vermögen der menschlichen Vernunft optimistisch, und er behauptete, dass man durch die Anwendung seiner Methode zu klaren und gewissen Schlussfolgerungen über den Menschen, Gott, die Wissenschaften und Mathematik gelangen könne. Er wandte seinen Weg des methodischen Zweifels an, um alle Vorraussetzungen beiseite zu schaffen und seine Philosophie auf unbezweifelbare Grundlagen zu stellen. Das eine Unbezweifelbare ist die eigene Existenz, und er prägte so den bekannten Ausspruch: "Ich denke, also bin ich." Von hier aus führte er den Beweis, dass Gott notwendig existieren muss und aufgrund seines Gutseins nicht zulassen kann, dass wir uns in den Sinnen grundsätzlich täuschen. Konnte man den Sinnen vertrauen, so konnten auch die Errungenschaften der Wissenschaften und Mathematik angenommen werden. Descartes zielte auf ein einziges vollständiges und integrierendes System ab, das die Philosophie in sich aufnehmen würde, die empirischen Wissenschaften, die Mathematik und Medizin. Er schuf die Theorie des Rationalismus, die einen enormen Einfluss auf die nachfolgenden Generationen ausübte. Aufgrund seiner Wende zum Subjekt, von der sein ganzes Werk seinen Ausgang nahm, wird Descartes oft Vater der modernen Philosophie genannt. Wir können David Hume (1711-1776) anführen, um den Empirismus zu charkaterisieren. Diese Theorie des menschlichen Wissens nimmt seinen Ausgang von einer gegenteiligen Prämisse, nämlich dass alles Wissen Sinneserkenntnis ist. Desto mehr wir uns nämlich an die offenkundige Evidenz der Sinne halten, desto sicherer und weniger widersprüchlich wird dann auch unser Wissen sein. Das schließt mit ein, dass wir von der Metaphysik, Theologie, Ethik ablassen, es stellt sogar eine Herausforderung für die empirischen Wissenschaften selbst dar. Der menschliche Geist ist in seiner Fähigkeit die Wahrheit zu erlangen sehr begrenzt. Was immer wir für Ideen auch haben, sie leiten sich von den Sinneseindrücken her und fügen sich eher durch die Gesetzte der Imagination zusammen als durch jene des Verstandes. Hume untersuchte die Tätigkeiten des Verstandes, um zeigen zu können, wie all unser Wissen auf Sinneseindrücke zurückgeführt werden kann, und dass es nur gültig ist, wenn wir das auch tun können. Seine Theorie ist eine alternative Theorie zu jener von Descartes; sie ist eine Theorie, insofern es ein erstes Prinzip gibt und eine Methode des Vorgehens. Der Empirismus war ebenfalls sehr einflussreich und ist es noch bis heute. Immanuel Kant (1724-1804) erkannte diese beiden Systeme als Gegensätze, und so machte er sich an die Bildung einer Synthese. Er beschäftigte sich mit den apriorischen Möglichkeitsbedingungen der menschlichen Erkenntnis. Er nahm Humes Prinzip an, dass unsere einzige Verbindung zur Welt, wodurch wir eine Kenntnis der Phänomene haben, durch die Sinne geschieht. Er nahm aber nicht an, dass sich darin das Ganze des Wissens erschöpft; der Geist trägt gewiss auch etwas dazu bei, er schafft Formen oder trägt Formen in die Realität hinein. Kant zeigte, wie die Sinne und der Geist im Wissen durch Sinnlichkeit, Verstand und Vernunft zusammenwirken, und er entwickelte eine äußerste anspruchsvolle Wissenstheorie, die man subjektiven Idealismus bezeichnen könnte. Sie nahm Elemente des Rationalismus und Empirismus auf, bildete jedoch zu diesen Gegensätzen eine geschlossene Alternative. Diese drei Denker gelten als die Säulen der modernen Philosohpie; jeder von ihnen begründete eine Tradition von Nachfolgern, die die jeweilige Position weiterentwickelten, verfeinerten oder verbesserten. Selbst heutige Philosophen definieren sich dadurch, ob sie mit diesen Grundpositionen übereinstimmen oder nicht. Jede dieser Positionen ist theoretisch und systematisch; es gibt Prinzipien, von denen sie ausgehen, Methoden, die befolgt, und logische Gesetze, die beachtet werden wollen. Jede erhebt den Anspruch wahr zu sein, die eine und einzige Wahrheit zu sein, und jede ist unvereinbar mit den jeweils anderen. Jede der drei Traditionen entwickelte in steten Verfeinerungen Anpassungen und Änderungen. Sie lassen die Vorteile der theoretischen Methode erkennen, insofern sie koheränte, systematische und exakte Prinzipien und Methoden haben, aber sie zeigen auch die Nachteile des Theoretischen, insofern sie sich selbst keine Rechtfertigung geben, mit entgegengesetzten Theorien nicht umgehen können und Gegenstand ständiger Revisionen und Änderungen sind. |