1.1.1.2.3 Die Theorie in der wissenschaftlichen Revolution Gleichzeitig und nicht völlig ohne Bezug zu diesen epistemologischen Versuchen entstanden Theorien hinsichtlich der physikalischen Welt in der wissenschaftlichen Revolution. Es handelt sich dabei um eine andere Art der Theorie, und sie hat fünf besonderen Kennzeichen: die Induktion und Mathematik, das Maßnehmen, die Technik und Methode. Die ersten Naturwissenschaftler beriefen sich auf die Sinnesdaten als ihre Autorität, sei es, dass sie durch direkte Beobachtung gewonnen wurden oder durch die Durchführung von Experimenten, welche die signifikanten Daten hervorbringen würden. Sie beriefen sich nicht mehr auf Autoritäten wie die Kirche oder Aristoteles. Das bedeutete eine Betonung der induktiven Methode, das heißt, man gelangte von der Beobachtung bestimmter Fälle zu Verallgemeinerungen über aller Fälle. Die Entwicklung der Astronomie veranschaulicht die Wichtigkeit einer systematischen und genauen Langzeitbeobachtung; nur solche Beobachtungen konnten das dem geozentrischen entgegengesetzte heliozentrische System durchsetzen. Indem sie die vom 14 Jahrhundert an gemachten Aufzeichnungen von Observatorien auswerteten, konnten Kopernikus, Kepler, Galileo und Newton ihre Theorien formulieren und verifizieren. Galileo mit seinen Versuchsgeräten an Pendeln, Hebeln, schiefen Ebenen usw. veranschaulichte die Bedeutung des Experimentierens. Die Mathematik begann sich selbständig zu entwickeln und auf die materiell Welt angewandt zu werden. Die Griechen hatten sich mit der Geometrie begnügt, nun entwickelte sich die Trigonometrie, Algebra und Infinitesimalrechnung. Pythagoras hatte den Traum gehabt das Universum in den Relationen mathematischer Gesetze deuten zu können, nun schien das möglich zu werden. Aristoteles hatte sich auf die Anwendung der vier Ursachen als sein Schema für die Deutung der materiellen Welt beschränkt. Nun schienen mathematische Korrelationen die Geheimnisse der Verhaltensweise der Materie entschlüsseln zu können. Für richtige Beobachtungen, genaue Experimente und die praktische Umsetzungen der Erfindungen wurde der Vorgang des Messens bedeutsam. Die Griechen hatten umfassende kohärente, folgerichtige, streng genaue, deduktive und scharfsinnige geometrische Systeme aufgestellt. Sie waren fasziniert von den inneren Eigenschaften und Relationen der geometrischen Figuren, zeigten andererseits aber wenig Interesse an konkreten Messungen. Es wäre ihnen nicht in den Sinn gekommen ein Problem durch konkretes Messen oder Zählen zu lösen. Man vergleiche das mit Galileo Galileis Versessenheit, die durch seine fallenden Körper zurückgelegte Entfernung und Zeit zu messen. Viele wissenschaftliche Entdeckungen fanden in der Herstellung von Instrumenten, in der Verbesserung der Navigation, der Erzeugung von Pumpen und Waffen und im Erbauen von Häusern, Straßen usw. unmittelbare praktische Anwendung. Das führte allmählich zu einer Technik, die unsere Lebensweise veränderte, aber auch zum Prinzip der Verifikation und des Fortschrittes wurde. Wann immer eine neue Maschine in Betrieb ging, untermauerte oder widerlegte sie die Theorie, nach der sie entworfen worden war. Zugleich schuf sie eine neue Situation und neue Daten, sodass man Verbesserung schrittweise an ihr durchführen konnte. Die Geschichte des Automobils zeigt den steten Fluss der auf der konkreten Erfahrung beruhenden Verbesserungen. Die frühen Wissenschaftler kannten niemanden, der ihnen sagen hätte können, nach welcher Methode sie sich richten hätten sollen; sie verwarfen die Philosophie und Aristoteles und mussten die Dinge für sich selbst herausfinden. Ihre Methoden entstanden in einem Verlauf von Versuch und Irrtum; das Funktionierende war das Wichtige. Erst später begannen sie über die ihren Verfahren zugrundeliegenden Prinzipien nachzudenken. Die Naturwissenschaft entwickelte ihre eigene durch Beobachtungen oder Experiment verifizierte Art der Theorie. Sie war und ist darin sehr erfolgreich und sie entwickelt sich auch weiter fort. |