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Autor: Augustinus

Buch: Vom Gottesstaat, Buch 11-22

Titel: Buch 11, Ursprung der beiden Staaten in der Engelwelt

Stichwort: 4. Was es heißt «nach dem Menschen leben» - Lüge; nach Gott leben - Wahrheit

Kurzinhalt: Lebt man also nicht so, wie man seiner anerschaffenen Natur nach leben sollte, so ist das Lüge. Denn der Mensch will glückselig sein, ohne doch so zu leben, daß er es sein kann. Gibt es etwas Verlogeneres als solchen Willen?

Textausschnitt: 14/4/1 Lebt also der Mensch nach dem Menschen und nicht nach Gott, ist er dem Teufel ähnlich. Denn auch der Engel sollte nicht nach dem Engel, sondern nach Gott leben, um in der Wahrheit zu bestehen und aus dem, was Gottes ist, Wahrheit, nicht aus seinem Eigenen Lüge zu reden. Auch vom Menschen sagt ja derselbeApostel an anderer Stelle: «Wenn aber die Wahrheit Gottes in meiner Lüge mächtig wird.» Unser ist demnach die Lüge, die Wahrheit Gottes. Lebt also der Mensch nach der Wahrheit, lebt er nicht nach sich selber, sondern nach Gott. Denn Gott ist's, der gesagt hat: «Ich bin die Wahrheit.» Lebt er aber nach sich selber, das ist nach dem Menschen und nicht nach Gott, lebt er unfraglich auch nach der Lüge. Das soll nicht heißen, daß der Mensch selber Lüge wäre. Denn sein Urheber und Schöpfer ist Gott, der gewiß nicht Urheber und Schöpfer der Lüge ist. Aber der Mensch war recht geschaffen und mußte demzufolge nicht nach sich selbst, sondern nach dem, der ihn schuf, leben, also nicht seinen eigenen, sondern des Schöpfers Willen tun. Lebt man also nicht so, wie man seiner anerschaffenen Natur nach leben sollte, so ist das Lüge. Denn der Mensch will glückselig sein, ohne doch so zu leben, daß er es sein kann. Gibt es etwas Verlogeneres als solchen Willen? So kann man nicht ohne Grund sagen, alle Sünde sei Lüge. Denn wenn wir sündigen, wollen wir stets, daß es uns wohl, und nicht, daß es uns übel ergehe. Darin also besteht die Lüge, daß, was um unseres Wohlergehens willen geschieht, vielmehr übles Ergehen zur Folge hat, was zur Verbesserung unserer Lage geschieht, sie nur verschlechtert. Und woher das? Daher, weil dem Menschen Wohlergehen nur von Gott, den er durch seine Sünde
DER AUFRUHR DES FLEISCHES 161 verläßt, zuteil werden kann, nicht durch sich selber, da er, wenn er nach sich selber lebt, nur sündigt. (160f; Fs)
14/4/2 Wenn wir also sagten, dadurch seien zwei verschiedene und einander entgegengesetzte Staaten entstanden, daß die einen nach dem Fleisch, die andern nach dem Geiste leben, so kann man das auch so ausdrücken, daß die einen nach dem Menschen, die andern nach Gott leben. Ganz unzweideutig sagt ja Paulus zu den Korinthern: () So ist denn der seelische Mensch nicht etwas anderes als der fleischliche, sondern beides ist dasselbe, nämlich der nach dem Menschen lebende Mensch.

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