Autor: Augustinus Buch: Vom Gottesstaat, Buch 11-22 Titel: Buch 11, Ursprung der beiden Staaten in der Engelwelt Stichwort: 8. Der böse Wille und die verkehrte Liebe; das böse liegt im Abfall vom eigentlichen Ziel aufgrund freien Willens Kurzinhalt: Denn nicht des Goldes Fehler ist die Habgier, sondern des Menschen, der das Gold verkehrt liebt und von der Gerechtigkeit sich abwendet, die man dem Golde unvergleichlich vorziehen müßte.
Textausschnitt: 8. Der böse Wille und die verkehrte Liebe
12/8/1 Das weiß ich, daß Gottes Natur nie und nimmer und in keiner Hinsicht abfallen kann, daß aber abfallen kann, was aus nichts geschaffen ist. Je mehr es jedoch ist und Gutes wirkt - denn dann wirkt es wirklich etwas -, hat es bewirkende Ursachen; soweit es aber abfällt und infolgedessen Böses tut - dann aber ist nichtig, was er tut -, sind's nur versagende Ursachen. Desgleichen weiß ich, daß böser Wille nicht entstehen würde, wenn das Wesen, in welchem er entsteht, es nicht wollte, daß also der Abfall nicht notwendig, sondern freiwillig ist, weswegen ihm gerechte Strafe folgt. Denn nicht böse, das heißt, keine böse Natur ist das, zu dem man abfällt, aber der Abfall ist böse, böse darum, weil er sich gegen die Ordnung der Naturen vom höchsten Sein zum geringeren Sein abwendet. Denn nicht des Goldes Fehler ist die Habgier, sondern des Menschen, der das Gold verkehrt liebt und von der Gerechtigkeit sich abwendet, die man dem Golde unvergleichlich vorziehen müßte. Die Zuchtlosigkeit ist auch nicht ein Fehler schöner und lieblicher Körper, sondern der Seele, die in verkehrter Weise leibliche Genüsse liebt und darüber das Maßhalten vernachlässigt, das uns für Güter von weit höherer geistiger Schönheit und unvergänglicher Lieblichkeit empfänglich machen würde. Aufgeblasenheit ferner ist nicht ein Fehler des Lobes der Menschen, sondern der Seele, die das Lob der Menschen verkehrt liebt und darüber das Zeugnis des Gewissens verschmäht. Hochmut endlich ist nicht ein Fehler dessen, der Macht verleiht, oder auch der Macht selbst, sondern der Seele, die ihre eigene Macht verkehrt liebt und von der gerechteren des Mächtigeren nichts wissen will. Darum, wer verkehrt irgend etwas liebt, mag es auch seiner Natur nach gut sein, er wird, auch wenn er's erlangt, durch das Gut schlecht und elend, weil ihm darüber etwas Besseres verlorengeht. (70f; Fs)
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