Autor: Augustinus Buch: Vom Gottesstaat, Buch 11-22 Titel: Buch 11, Ursprung der beiden Staaten in der Engelwelt Stichwort: 26. Dar Abbild der Trinität im Wesen der Menschen Felsengrund der Gewißheit; klassisches Argument gegen Relativismus und Skeptizismus Kurzinhalt: Denn wie ich weiß, daß ich bin, weiß ich auch um eben dies mein Wissen. Und indem ich beides liebe, füge ich den Dingen, die ich weiß, als drittes von nicht geringerer Gewißheit die Liebe hinzu. Denn ich täusche mich nicht darin ...
Textausschnitt: 26. Dar Abbild der Trinität im Wesen der Menschen Felsengrund der Gewißheit
11/26/1 Und auch in uns selber finden wir ein Abbild Gottes, das ist jener höchsten Dreieinigkeit, zwar ihm nicht gleich, vielmehr weit von ihm abstehend, weil nichts gleich ewig, nichts - um in Kürze alles zu sagen - desselben Wesens ist wie Gott, gleichwohl Gott von Natur näher als alle anderen von ihm geschaffenen Dinge, ein Abbild, das durch Erneuerung noch vervollkommnet werden soll, um ihm dann ganz ähnlich zu werden. Denn wir sind, wissen, daß wir sind, und lieben dies unser Sein und Wissen. In diesen drei Stücken, die ich nannte, verwirrt uns kein falscher Schein der-Wahrheit. Denn wir erfassen sie nicht wie die Außendinge mit irgendeinem leiblichen Sinne wie die Farben, wenn wir sehen, die Töne, wenn wir hören, die Düfte, wenn wir riechen, das Schmackhafte, wenn wir schmekken, das Harte und Weiche, wenn wir tasten. Von diesen sinnenfälligen Dingen tragen wir auch die ihnen ganz ähnlichen, aber nicht mehr körperlichen Abbilder in unseren Gedanken, halten sie in der Erinnerung fest und werden durch sie zum Verlangen angeregt. Doch ohne das Gaukelspiel von Phantasien und Einbildungen fürchten zu müssen, bin ich dessen ganz gewiß, daß ich bin, weiß und liebe. Bei diesen Wahrheiten machen mir die Argumente der Akademiker keinerlei Sorge. Mögen sie sagen: Wie, wenn du dich täuschst? Wenn ich mich täusche, bin ich ja. Denn wer nicht ist, kann sich auch nicht täuschen; also bin ich, wenn ich mich täusche. Da ich demnach bin, wenn ich mich täusche, kann es keine Täuschung sein, daß ich bin; denn es steht fest, daß ich bin, wenn ich mich täusche. Da ich also, auch wenn ich mich täuschte, sein müßte, um mich täuschen zu können, täusche ich mich darin gewiß nicht, daß ich weiß: ich bin. Folglich täusche ich mich auch darin nicht, daß ich weiß: ich weiß es. Denn wie ich weiß, daß ich bin, weiß ich auch um eben dies mein Wissen. Und indem ich beides liebe, füge ich den Dingen, die ich weiß, als drittes von nicht geringerer Gewißheit die Liebe hinzu. Denn ich täusche mich nicht darin, daß ich liebe, wenn ich mich nicht in dem täusche, was ich liebe, obschon selbst, wenn dies auch falsch wäre, es doch wahr wäre, daß ich das Falsche liebte. Denn wie könnte man mich mit Recht tadeln und mit Recht von der Liebe zum Falschen zurückhalten, wenn es nicht wahr wäre, daß ich es liebte? Da aber in diesem Falle auch wahr und gewiß ist, was ich liebe, kann niemand bezweifeln, daß auch die Liebe zu dem, was ich liebe wahr und gewiß ist. Denn ebensowenig gibt es irgendwen, der nicht sein wollte, wie es irgendwen gibt, der nicht glückselig sein wollte. Denn wie kann einer glückselig sein, wenn er überhaupt nicht ist?
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