Autor: Augustinus Buch: Vom Gottesstaat, Buch 11-22 Titel: Buch 11, Ursprung der beiden Staaten in der Engelwelt Stichwort: 23. Gegen des Origenes falsche Weltschöpfungslehre; Trinität in der Schöpfung Kurzinhalt: Der Sinn der Welt nach Origenes: Einschränkung des Bösen Textausschnitt: 23. Gegen des Origenes falsche Weltschöpfungslehre
11/23/1 Viel mehr muß man sich wundern, daß auch solche, die mit uns einen einzigen Ursprung aller Dinge annehmen und überzeugt sind, daß jedes Wesen, das nicht ist was Gott, nur von ihm, dem Schöpfer, herkommen kann, doch nicht schlicht und einfach glauben wollten, daß schlicht und einfach, ebendies der Grund der Weltentstehung sei, daß der gute Gott Gutes schuf und unter ihm Wesen sind, die zwar nicht Gott gleich, jedoch ebenfalls gut und von niemand anders geschaffen sind als dem guten Gott. Sondern sie sagen, die Seelen, also nicht etwa Teile Gottes, sondern von Gott geschaffen, hätten durch Abfall vom Schöpfer gesündigt und seien infolgedessen je nach Beschaffenheit ihrer Sünden, verschieden abgestuft vom Himmel bis herab zur Erde, gleichsam ir. die Fesseln verschiedenartiger Körper gelegt. So sei diese Welt entstanden und der Grund ihrer Erschaffung demnach nicht, daß Gutes hervorgebracht, sondern Böses eingeschränkt werden solle. Dies macht man mit Recht dem Origenes zum Vorwurf. Denn in seinem Werk, das den Titel trägt «Perl Archon», das ist «von den Anfängen», hat er so geurteilt, so geschrieben. Da muß ich mich doch mehr, als ich sagen kann, wundern, wie es möglich ist, daß ein in der kirchlichen Wissenschaft so gelehrter und bewanderter Mann nicht beachtet hat, zunächst, wie sehr dies dem Sinne der für uns maßgebenden Schrift zuwider ist. Denn wenn diese bei allen Werken Gottes die Worte hinzufügt: «Und Gott sah, daß es gut war» und nach Vollendung aller schließt: «Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe es war sehr gut », wollte sie zu erkennen geben, daß es keinen andern Grund der Erschaffung der Welt geben kann, als daß der gute Gott Gutes zu. schaffen beabsichtigte. Hätte niemand gesündigt, wäre die Welt mit lauter guten Wesen geschmückt und angefüllt, und weil die Sünde eintrat, ist darum doch nicht alles voller Sünden, da ja eine weit größere Zahl von Guten in den himmlischen Gefilden die Ordnung ihrer Natur bewahrt. Auch konnte der böse Wille, der die Ordnung der Natur nicht bewahren wollte, deswegen nicht etwa den Gesetzen des gerechten Gottes, der alles wohl ordnet, entlaufen. Denn wie ein Gemälde mit der schwarzen an rechter Stelle angebrachten Farbe, so ist das Weltall, könnte man es nur überschauen, auch mit den Sündern schön, wie sehr ihnen auch, für sich allein betrachtet, ihre Häßlichkeit Schande macht. (36f; Fs)
11/23/2 Sodann hätte Origenes und die seine Ansicht teilen sehen müssen, wenn seine Meinung richtig und die Welt geschaffen wäre, damit die Seelen zur Strafe für ihre Sünden Leiber empfingen, in die sie wie in Käfige peinlich eingeschlossen wären, und zwar je nach der Größe ihrer Sünden edlere und leichtere oder gröbere und schwerere Leiber, daß dann die Dämonen als die schlechtesten von allen auch die gröbsten und schwersten irdischen Körper hätten bekommen müssen, viel eher als die Menschen, zumal die guten. Nun aber, um zu zeigen, daß die Würdigkeit der Seelen nicht nach der Beschaffenheit der Leiber bemessen werden darf, hat der grundschlechte Dämon einen luftigen Leib erhalten, der Mensch aber, der jetzt zwar auch schlecht ist, doch längst nicht so bösartig, einen Leib aus Lehm, und das sogar vor seinem Sündenfall. Was aber ließe sich Törichteres denken als die Behauptung, der Grund dafür, daß nur diese eine Sonne die Welt erleuchtet, sei nicht etwa die Absicht des Künstlergottes, für Schönheit und Zier oder auch das Wohl der Körperwelt zu sorgen, sondern vielmehr der Umstand, daß nur eine Seele so gesündigt habe, daß sie zur Strafe gerade in diesen Körper eingeschlossen werden mußte? Aber wenn sich's nun so gemacht hätte, daß nicht eine, sondern zwei, oder auch nicht bloß zwei, sondern zehn oder hundert in gleicher oder ähnlicher Weise gesündigt hätten, dann müßte die Welt also hundert Sonnen haben! Wenn es nicht geschah, wäre das nicht der wunderbaren Fürsorge des Werkmeisters für das Wohl und den Schmuck der Körperwelt zu verdanken, vielmehr der besonderen Beschaffenheit der Sünde einer einzigen Seele, die sich dadurch eben diesen Körper verdiente. Wahrlich, nicht die Verirrung der Seelen, über die sie solch wunderliches Zeug reden, sondern die eigene Verirrung derer, die dergleichen unmöglichen Ansichten huldigen, müßte von Rechts wegen eingedämmt werden. (37f; Fs)
11/23/3 Da man nun bei jedem Geschöpf nach den drei vorhin erwähnten Punkten fragt, wer sie geschaffen und wodurch und wozu er sie geschaffen hat, worauf die Antwort lautet: «Gott, durchs Wort, und weil es gut ist», muß man weiter fragen, ob uns dadurch in geheimnisvollem Tiefsinn die Dreieinigkeit selber, Vater, Sohn und Heiliger Geist, angedeutet wird, oder ob irgend etwas dieser Auffassung unserer Schriftstelle im Wege steht. Doch das bedarf einer ausführlicheren UnterBuchung, und man muß uns nicht drängen, alles auf einmal darzulegen. (38f; Fs)
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