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Autor: Augustinus

Buch: Vom Gottesstaat, Buch 11-22

Titel: Buch 11, Ursprung der beiden Staaten in der Engelwelt

Stichwort: 10. Von der Einfachheit der dreieinigen göttlichen Wesens; Klare Aussagen über die Trinität

Kurzinhalt: Und diese Dreiheit ist der eine Gott und darum nicht weniger einfach, weil er eine Dreiheit ist.

Textausschnitt: 10. Von der Einfachheit der dreieinigen göttlichen Wesens.

11/10/1 Es gibt also ein Gut, das allein einfach und darum auch allein unwandelbar ist, und das ist Gott. Von diesem Gute ist alles geschaffen, was gut, aber nicht einfach und darum auch wandelbar ist. Geschaffen ist es, sage ich, das heißt gemacht, nicht erzeugt. Denn was von dem einfachen Gute erzeugt ist, ist gleichfalls einfach und ist dasselbe wie das, von welchem es erzeugt ist. Wir nennen diese zwei Vater und Sohn, und beide sind mit ihrem Geiste der eine Gott. Dieser Geist des Vateis und des Sohnes wird in der Heiligen Schrift in besonderem, ausschließlichem Sinne der Heilige Geist genannt. Er ist aber ein anderer als Vater und Sohn, da er weder der Vater ist noch der Sohn, aber man muß sagen: «ein anderer», nicht «ein anderes», denn auch er ist ein in gleicher Weise einfaches und in gleicher Weise unwandelbares Gut, dazu gleich ewig. Und diese Dreiheit ist der eine Gott und darum nicht weniger einfach, weil er eine Dreiheit ist. Denn nicht deswegen nennen wir dies wesenhafte Gut einfach, weil es etwa nur Vater ist oder nur Sohn oder nur Heiliger Geist, auch nicht deswegen, weil es etwa nur dem Namen nach und ohne personhaften Wesensunterschied eine Dreiheit ist, wie die ketzerischen Sabellianer meinten. Sondern darum heißt es einfach, weil es ist, was es hat, abgesehen von der Beziehung einer jeden Person auf die anderen. Denn gewiß hat der Vater den Sohn, aber er ist nicht selbst der Sohn, und der Sohn hat den Vater, aber ist nicht selbst der Vater. Spricht man also vom Vater, wie er an sich ist, und nicht in seinem Verhältnis zu einem der anderen, ist er das, was er hat. So nennt man ihn ja auch an sich leben-, dig, weil er das Leben hat und selbst dies Leben ist. (17f; Fs)

11/10/2 Einfach heißt also ein Wesen dann, wenn es ihm eigentümlich ist, nichts zu besitzen, was es auch verlieren könnte, oder wenn zwischen Besitzer und Besitz kein Unterschied besteht, während beispielsweise das Gefäß von der darin enthaltenen Flüssigkeit, ein Körper von seiner Farbe, die Luft von Licht und Wärme, die Seele von ihrer Weisheit zu unterscheiden ist. Denn von all diesen Dingen ist keins das, was es hat, das Gefäß nicht die Flüssigkeit, der Körper nicht die Farbe, die Luft nicht Licht oder Wärme, die Seele nicht Weisheit. Darum können sie auch dessen, was sie besitzen, beraubt werden und in andere Zustände oder Beschaffenheiten übergehen und sich wandeln, also etwa das Gefäß von der Flüssigkeit, die es an füllt, geleert, der Körper entfärbt werden, die Luft dunkel oder kalt und die Seele unweise werden. Aber auch dann, wenn ein Leib unverweslich ist, wie es den Heiligen bei der Auferstehung verheißen wird, so besitzt er zwar die unverlierbare Eigenschaft der Unverweslichkeit, aber er ist doch, da sein leibliches Wesen fortbesteht, nicht selbst Unverweslichkeit. Denn diese ist in den einzelnen Körperteilen überall ganz und nicht hier größer, dort kleiner; denn kein Teil ist unverweslicher als der andere. Ein Körper dagegen ist als ganzer größer als in einem Teile, und wenn ein Teil umfangreicher, ein anderer kleiner ist, so ist deswegen der umfangreichere nicht unverweslicher als der kleinere. So ist denn der Leib, der nicht überall ganz sein kann, etwas anderes als die Unverweslichkeit, die in ihm überall ganz ist, weil jeder Teil des unverweslichen Leibes, mag er auch sonst den anderen Teilen ungleich sein, in gleicher Weise unverweslich ist. So ist beispielsweise ein Finger kleiner als die ganze Hand, aber die Hand deshalb doch nicht unverweslicher als der Finger. Mögen Hand und Finger sonst ungleich sein, ist doch ihre Unverweslichkeit die gleiche. obwohl darum von einem unverweslichen Körper die Unverweslichkeit unabtrennbar ist, ist doch das Wesen, das seine Körperlichkeit ausmacht, etwas anderes als seine Eigenschaft, die ihn als unverweslich kennzeichnet. So ist er auch in diesem Falle nicht das, was er hat. Ebenso die Seele. Auch wenn sie immer weise ist, wie sie es, ewig erlöst, einmal sein wird, so wird sie doch nur durch Teilnahme an der unwandelbaren Weisheit, die etwas anderes ist als sie selber, weise sein. So würde ja auch die Luft, wenn das Licht, das sie durchflutet, niemals wiche, darum nicht dasselbe sein wie das erleuchtende Licht. Ieh sage das nicht, als meinte ich, die Seele sei ein Lufthauch, was einige, die sich kein unkörperliches Wesen denken konnten, gemeint haben. Doch sind sich die beiden bei aller sonstigen großen Verschiedenheit in einer Hinsicht ähnlich, nämlich darin, daß man nicht unpassend sagen kann, die unkörperliche Seele werde von dem unkörperlichen Licht der einfachen Gottesweisheit ebenso erleuchtet, wie der Luftkörper vom körperlichen Licht erleuchtet wird, und wie die Luft sich verfinstert, wenn das Licht sie verläßt - denn die Finsternis in allen irgendwie ausgedehnten Räumen ist nichts anderes als Luft ohne Licht -, so werde auch die Seele verdunkelt, wenn sie des Lichtes der Weisheit verlustig geht. (Fs; 19f)

11/10/3 Demgemäß nennt man einfach, was ursprünglich und wahrhaft göttlich ist, weil es bei ihm keinen Unterschied gibt von Wesen und Eigenschaft, und weil es nicht durch Teilnahme an anderem göttlich oder weise oder glückselig ist. Freilich wird der Geist der Weisheit in der Heiligen Schrift «vielfältig» genannt, weil er vieles in sich faßt; aber was er hat, das ist er selbst und ist alles das als der eine. Denn es gibt nicht viele Weisheiten, sondern nur eine, und in ihr befinden sich die unendlichen, für sie jedoch endlichen Schätze der geistigen Dinge, darunter alle unsichtbaren und unwandelbaren Ideen der sichtbaren und wandelbaren Dinge, die durch die Weisheit erschaffen worden sind. Denn Gott brachte nichts unwissend hervor, was man ja nicht einmal von einem menschlichen Künstler sagen kann. Hat er aber alles wissend hervorgebracht, hat er folglich auch nur hervorgebracht, was er kannte, und daraus ergibt sich etwas, was zwar den Menschengeist seltsam anmutet, aber doch wahr ist, daß nämlich diese Welt uns nicht bekannt sein könnte, wäre sie nicht, daß sie jedoch nicht sein könnte, wäre sie Gott nicht bekannt. (Fs; 20)

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