Autor: Voegelin, Eric Buch: Anamnesis Titel: Anamnesis Stichwort: Analyse des inneren Zeitbewußtseins; 'Strömen' als ist ein Grenzphänomen Kurzinhalt: Bewußtseinsstrom, William James, Husserl; Grenzerfahrung des 'Fließens'; Noema und Hyle; Verwechslung zw. Spekulation und Deskription; Transzendenz nicht selbst Bewußtseinsdatum Textausschnitt: () Ein Zeitbewußtsein ohne Gegenstandsbewußtsein kann wohl nicht beschrieben werden; und der Gedanke drängt sich auf, daß das, was bei Gelegenheit der Tonwahrnehmung beschrieben wird, nicht das Zeitbewußtsein ist, sondern eben das Bewußtsein der Tonwahrnehmung in seiner gegenständlichen Struktur, ...
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daß man auf die sinnliche Sphäre rekurrieren muß, um das 'Flüchtige' in einem Bewußtsein, in dem es im übrigen keineswegs nur flüchtig zugeht, scharf bewußt zu machen. Das Interesse am 'Fließen' ist das Primäre. Nur von dieser Determinante im Sentiment her ist es zu verstehen, daß das Bewußtsein thematisch auf das Problem seines Flüchtigkeitspunktes konzentriert wird, während es doch eben die Funktion des menschlichen Bewußtseins ist, sich von diesem Flüchtigkeitspunkt zu entfernen, nicht zu fließen, sondern die raum- und zeitlose Welt von Bedeutung, Sinn und seelischer Ordnung zu entwickeln. Die Wendung zum Flüchtigkeitspunkt führt nicht zu einem genaueren Verständnis des Bewußtseins- und Zeitproblems im ganzen, sondern nur zur Einsicht in die Verwurzelung der Bewußtseinswelt in der Leibsphäre. William James, ...
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Die Zuwendung der Aufmerksamkeit zum Phänomen des 'Strömens' hat in der Geschichte des Denkens im 19. Jahrhundert eine ähnliche Bedeutung wie andere Zuwendungen zur Sphäre der Vitalkräfte, wie Darwinismus, Marxismus und Psychoanalyse. Jede dieser Zuwendungen hat ihr gutes Recht, ...
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Nicht das Zeitbewußtsein wird im Strom, sondern die Erfahrung des Stroms wird im Bewußtsein - das selbst nicht strömt - konstituiert.
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Bei den Analysen der sinnlichen Wahrnehmung handelt es sich um den Grenzübergang von der 'Gestalt' der Wahrnehmung zu ihren fundierenden Elementen; diese Elemente aber sind selbst nicht Gestalt, sind nicht Wahrnehmungen, sondern können innerhalb des Bewußtseins nur auftreten als spekulative Gebilde - im übrigen durchaus legitim gebildet -, als Formel für das Hypokeimenon der einfachsten, noch strukturierten Bewußtsemsinhalte.
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Die Spekulation über den Bewußtseinsstrom kann für die Meditation substituieren, weil auch sie zur Transzendenz führt; beide Prozesse haben die Funktion, das Bewußtsein zu transzendieren, der eine in den Leib, der andere in den Weltgrund; beide Prozesse führen zu einem 'Flüchtigkeitspunkt' in dem Sinn, daß die Transzendenz nicht selbst Bewußtseinsdatum sein kann, sondern daß die Prozesse nur bis zur Grenze ruhren und die instantane Grenzerfahrung ermöglichen, die empirisch wenige Sekunden dauern mag. ____________________________
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