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Autor: Nissing, Hanns-Gregor (Hrsg.)

Buch: Nissing, Hanns-Gregor (Hrsg.)

Titel: Grundvollzüge der PersonDimensionen des Menschseins bei Robert Spaemann

Stichwort: Anthropomorphismus 5; Person: zeitübergreifendes objektives Subjekt; Trinitätslehre, Schwierigkeit: Gott als singulär Person; Dreiergespräch (mehr als im Dialog): Personen als Subjekte objektiv

Kurzinhalt: Personen sind nur im Plural wirklich, nämlich als füreinander objektive Subjektivitäten... Aber erst die Dreierbeziehung bringt das Wesen von Personalität zum Vorschein - weshalb auch die Liebe zweier Menschen ihre volle Gestalt erst gewinnt in ihrer ...

Textausschnitt: 19c Nur weil Subjekte sich selbst in der Erinnerung objektiv werden, können sie einander objektiv werden, ohne als Subjekte zu verschwinden. Nicht das punktuelle, inhaltslose, instantane „Cogito" ist wirklich. Wirklich sind Subjekte nur als zeitübergreifende objektive Subjekte, das heißt als Personen, als Personen mit einer Biographie, die sich konstituiert sowohl aus der eigenen Erinnerung als auch aus der Erinnerung anderer. Personen sind nicht instantane Subjektivitätspunkte. Das instantane Selbstbewußtsein ist vielmehr erst das Resultat der Reflexion eines Subjektes, das Resultat einer Rückkehr aus den vielen erlebten Inhalten zu sich selbst. Primär ist, wie Leibniz bemerkte, nicht das „Cogito" des Descartes, sondern primär ist das Erlebnis: „Varia a me cogitantur" - nicht der abstrakte Punkt des „ich denke", sondern die Vielheit von Inhalten, die erlebt werden. (Fs; tblStw: Person) (notabene)

20a Vor allem aber: Personen sind nur im Plural wirklich, nämlich als füreinander objektive Subjektivitäten. Wir müssen bedenken, daß die Anwendung des Personbegriffs auf Gott - erstmals bei Tertullian - in der Trinitätslehre geschieht, also so, daß gesagt wird, Gott sei drei Personen. Gott als Person denken, führt in große spekulative Schwierigkeiten, wenn man ihn als singuläre Person denkt, weil es singuläre Personen gar nicht geben kann. (Fs) (notabene)

20b Dabei ist die Zahl drei von exemplarischer Bedeutung. Wir pflegen die Bedeutung des Dialogs zu überschätzen. Im Dialog sprechen zwei Personen miteinander, und sie sprechen über etwas. Das, worüber sie sprechen, nennen wir den Gegenstand, das Objekt. Im Dreiergespräch verhält es sich anders: hier kann immer einer den Dialog der beiden anderen objektiv beobachten und dann im nächsten Augenblick selbst wieder in ihn eintreten. Und umgekehrt: Zwei können sich über den dritten unterhalten. Sie können ihn als Subjekt objektivieren. Sie können sich fragen, was er gemeint hat und warum er etwas gesagt hat, aber er selbst kann jederzeit den Mund aufmachen und sich selbst interpretieren. Die Rollen des Womit und des Worüber des Gesprächs sind ständig austauschbar, weil Personen als Subjekte objektiv sind. Aber erst die Dreierbeziehung bringt das Wesen von Personalität zum Vorschein - weshalb auch die Liebe zweier Menschen ihre volle Gestalt erst gewinnt in ihrer Objektivierung als Institution, das heißt als Realität für alle, und im Kind. (Fs) (notabene)

Kommentar (06.09.2015), zu oben "Dreiergespräch"; s. dazu Bauman, xy; von Spaemann wird mir klar, was mir bei der Lektüre von Bauman, XY, unklar war.

20c Und ihr geht in der Regel die verbale Objektivierung in Liebeserklärungen und Treueschwüren voraus. Eine Liebe, die als bloßes Gefühl in der Innerlichkeit zweier Personen verschlossen bleibt, hat noch nicht eigentlich Wirklichkeit gewonnen. Unausgesprochene Gefühle sind noch in einem virtuellen Bereich, im Bereich der Potentialität. Erst als ausgesprochenes gewinnt das Gefühl objektive Realität. (Fs)

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