Autor: Thomas, Aquin von Buch: Über Seiendes und Wesenheit Titel: Über Seiendes und Wesenheit Stichwort: s Kapitel V Kurzinhalt: Kapitel Textausschnitt: Kapitel V
Das Kapitel V legt im Zusammenhang dar, [80] wie sich die Wesenheit auf verschiedene Weise bei den verschiedenen Substanzen vorfindet, und zwar sowohl bei den materiellen wie auch bei den immateriellen, zusammengesetzten Substanzen und bei der einfachen, ersten Substanz. (XVIX; Fs)
a) Bei der ersten Substanz, Gott, fällt die Wesenheit mit dem Sein selbst in eins zusammen. Sie ist Individuum nicht mehr einer Gattung oder Art. (XVIX; Fs)
[81] Es wäre aber ein Irrtum, Gottes Sein mit dem allgemeinen Sein zu identifizieren, das als formales Merkmal allem Seienden eignet. (XVIX; Fs)
[82] Dadurch, daß Gott das Sein selbst ist, fehlen ihm nicht die übrigen Vollkommenheiten die auch in allen Gattungen des Seienden auftreten, sondern Er hat alle, aber in erhabenerer Weise, indem sie in einfacher Einheit (und als erste Ursache) in Ihm sind. (XVIX; Fs)
b)
[83] Bei den übrigen abgetrennten Substanzen, d.h. den Vemunftwesen, und den Seelen, sind Sein und Wesenheit verschieden, wobei ihre Wesenheiten Formen ohne Materie sind. Ihr Sein, als von der ersten Ursache (Gott) empfangenes, ist ein verursachtes, endliches. Die Vernunftwesen sind daher 'nach oben zu' endlich, wegen des endlichen Seins, das sie empfangen haben, 'nach unten zu' aber unendlich, weil ihre Formen durch keine Materie begrenzt sind. (XVIX; Fs)
[84] Die menschliche Seele hat ihre Individuation nur 'gelegenheitsweise' aus der Materie - sofern sie ihren Anfang im Körper hat - jedoch eigentlicherweise aus sich selbst, d.h. aus ihrem selbständigen Sein, das nicht vom Körper abhängt und fortbesteht, wenn dieser zugrunde geht. (XVIX; Fs)
[85] Was die definitorische Bestimmung der immateriellen, vernunftbegabten Substanzen betrifft, so fallen sie in eine Gattung (der Substanz) und bilden Arten nach Artunterschieden. Diese sind uns ihrer eigentlichen Natur nach unbekannt, wie bei den sinnlichen Substanzen. Doch während wir sie bei ihnen wenigstens akzidentell aus ihren Wirkungen bestimmen, ist uns bei den vernunftbegabten Substanzen nicht einmal dies möglich. (XVIXf; Fs)
[86-89] Gattung und Artunterschied ergeben sich bei den immateriellen und den sinnlichen Substanzen auf verschiedene Weise. (XX; Fs)
[90] Auch muß bei den immateriellen Substanzen nicht, wie bei den sinnlichen, die Einteilung in Arten immer durch entgegengesetzte Unterschiede erfolgen. (XX; Fs)
c)
[91] Bei den aus Materie und Form zusammengesetzten Substanzen ist nicht nur das Sein endlich und begrenzt, weil von der ersten Ursache empfangen, sondern auch die Wesenheit, weil sie in der individuellen, geprägten Materie aufgenommen ist. Daher sind diese Substanzen sowohl 'nach oben', als auch 'nach unten zu' begrenzt. Ferner tritt hier jede Art in vielen Individuen auf, verteilt auf verschiedene, geprägte Materien. (XX; Fs) ____________________________
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