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Autor: Amerio, Romano

Buch: Iota Unum

Titel: Iota Unum

Stichwort: Eucharistie; Vorrangstellung der Zusammenkunft gegenüber dem Sakrament; Mt. 18: geistige Gegenwart Christi in d. Versammlung; Verschwinden d. Sinns von Transsubstantiation; Primat: Agape, Volk Gottes

Kurzinhalt: Wenn jedoch ... die Agape das primäre Element der Feier ist, wird die Versammlung den persönlichen Akt des substanzwandelnden Priesters an Bedeutung überragen und sich daraus unausweichlich dieser Schluß ergeben: Ist es unmöglich, am eigenen Ort einen ...

Textausschnitt: 275. Die Vorrangstellung der Zusammenkunft gegenüber dem Sakrament

591a Wir haben gesehen, wie die Berufung auf Mt. 18 in Artikel 7 die geistige Gegenwart Christi in der Versammlung hervorgehoben und sie nicht hinreichend von der realen Gegenwart im Sakrament unterschieden hat. Auch tritt der klassische Fachausdruck »Transsubstantiation« dort gar nicht in Erscheinung. Die erste Folge des der synaxis beigelegten Gewichts - ohne Zusammenhang mit der Transsubstantiation - ist die Teilnahme des Volkes an der Konsekration. Sie wird auch durch die Ambiguität des neuen Kanons eingeflößt, wonach alle Versammelten zum »priesterlichen Dienst« zugelassen seien1. Wenn jedoch Christus bei der Zusammenkunft der Tischgenossen zugegen und die Agape das primäre Element der Feier ist, wird die Versammlung den persönlichen Akt des substanzwandelnden Priesters an Bedeutung überragen und sich daraus unausweichlich dieser Schluß ergeben: Ist es unmöglich, am eigenen Ort einen konsekrierenden Priester zu finden, wird man ihn nicht anderswo - mit den damit verbundenen beschwerlichen Fahrten, in vergangenen Jahrhunderten bei religiöseren und nachdenklicheren Generationen gang und gäbe - (auf)suchen müssen, sondern es bietet sich dann an, den Sonntagsgottesdienst einfach mit dem Zusammentreffen des Gottesvolkes gleichzusetzen. (Fs)

591b Tatsächlich ist das die von den Bischöfen Frankreichs in Dokumenten deutlich geäußerte Doktrin. Dort billigen sie die um sich greifende Praxis, das Volk in einer priesterlosen sonntäglichen Versammlung zu vereinen, und ermuntern dazu. Den Gläubigen wird von den Bischöfen gesagt, wenn sie in ihrer Pfarrei keinen Priester für die Zelebration hätten, brauchten sie sich nicht einer anderen zuzuwenden, die über einen Priester verfügt. Sie sollten aus zwei Gründen in ihrer Ortsgemeinde bleiben: Erstens, weil (wie es heißt) das wichtigste der kirchliche Gemeinschaftssinn, d.h. die Soziabilität, sei, den das Konzil wiederentdeckt habe2. Zweitens, weil »man mit Gott nicht ins reine kommt, indem man sich einer Verpflichtung unterwirft«. So der Bischof von Evreux in »Documentation catholique«, 6. April 1975, Sp. 348, und so liest man es auch in zahlreichen Gemeindeblättern sowie halbamtlichen und amtlichen Veröffentlichungen. Der Bischof scheint zu verkennen, daß Religion ganz wesentlich gerade Verpflichtung des Menschen Gott gegenüber ist und sich die gesamte christliche Religion als Erfüllung derselben resümieren läßt (was auch das Evangelium besagt, das ein neues Gesetz ist, aber ein Gesetz eben). Es geht auch nicht darum, einer bitteren Notwendigkeit nachzugeben, wofern die Pfarrei keinen Seelsorger hätte. Um was es sich letztendlich handelt, ist der Vorrang, welcher der Versammlung vor der Eucharistie gewährt wird, der Gemeinschaft der Gläubigen vor dem die Wesensverwandlung vollziehenden Klerus, dem allgemeinen Priestertum vor dem Weihepriestertum. Und diese Vorrangstellung gilt als eine Wiederentdeckung der wahren Natur der Kirche, was dem II. Vatikanum zu verdanken wäre. Das erklärt unverblümt der Generalvikar des Bischofs von Belley (Departement Ain) in einem Interview der Zeitschrift »Contact«, Nr. 42, April 1976. Die obige Praxis wird empfohlen »von der Gesamtheit der Bischöfe Frankreichs«. Um der Praxis auch eine doktrinale Grundlage zu verschaffen, heißt es weiter: »Das Konzil hat uns geholfen, wieder zu entdecken, was an erster Stelle steht, das Volk der Getauften nämlich (...) In dieser neuen Perspektive kommt es darauf an, daß das Volk Gottes zusammentritt«. Dies wird als eine Hoffnung der Kirche angesehen, und daneben steht die Ankündigung eines Hinausgehens über die Eucharistie auf dem Wege der Versammlung: »Daß die Christen ihre Versammlung in die Hand nehmen, führt dazu, noch weiter zu gehen, als es die Sonntagsmesse ist«. Somit gerät die Messe, der Gipfel des Heiligen, das Mysterium, um das herum sich die Kirche dreht, die heilige Handlung, wozu die Priester geweiht sind, in eine Perspektive der Evolution und des Überschreitens. Das letzte und endgültige Ziel der katastrophalen Umwälzung, die wir in § 37 behandelt haben, tritt zutage: die Abwertung der Messe mit der daraus folgenden Abschaffung oder Hinfälligkeit des Sonntagsgebots3. (Fs)

593a In der Zerrüttung der Eucharistie, dem auffallendsten Phänomen in der Kirche unserer Tage, wirken sich letzten Endes das Entsubstantiieren und das daraus folgende Subjektivieren des Mysteriums aus. Eine Feier des Gedenkens, der Liebe unter den Gläubigen, der Hoffnung auf eine bessere Welt, - wenn die Eucharistie nur das ist, begibt sie sich ihrer erhabenen Stellung, um auf die Linie der Riten zu geraten, die in der ethnographischen Darstellung der Religionen als Kultmahle der Identifikation mit der Gottheit bekannt sind. In den Dionysos-Riten wurden die Teilnehmer zu Ziegen, in den Hera-Riten waren die Priesterinnen Bärinnen. Dies zur Erinnerung, versteht sich, und in absichtlicher Verähnlichung. Da fehlte, was das Spezifische des christlichen Mysteriums ist, der wirklich gegenwärtige Gott und das wirkliche Empfangen Gottes4. (Fs) (notabene)

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