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Autor: Amerio, Romano

Buch: Iota Unum

Titel: Iota Unum

Stichwort: Eucharistie; Priestertum und eucharistische Zusammenkunft; ontologisches Element d. Priestertums u. ontol. Element d. Eucharistie vs. spirituelle Presänz Christi in der Mahlgemeinschaft; Definition d. Messe (Institutio generalis Missalis Romani, Paul VI)

Kurzinhalt: Der Niedergang ist offensichtlicher denn je im Sakrament der Priesterweihe, weil diese den Menschen mit der ontologischen Fähigkeit versieht, die Transsubstantiation zu bewirken... Die Tatsache einer fast unverzüglichen Zurücknahme ist ...

Textausschnitt: 272. Priestertum und eucharistische Zusammenkunft

585a Die Mittelpunktstellung der Eucharistie im katholischen Mysterium hat zur Folge, daß ihr Niedergang alle Sakramente mit sich reißt, die zu ihrer Vorbereitung dienen oder an ihr teilhaben. Der Niedergang ist offensichtlicher denn je im Sakrament der Priesterweihe, weil diese den Menschen mit der ontologischen Fähigkeit versieht, die Transsubstantiation zu bewirken. Und hier sind - wie in jedem anderen Punkt der Religion, ja wie in jedem anderen Punkt des Wirklichkeitsgefüges - die Dinge und die Phänomene durch Bande miteinander verknüpft, deren Zerreißen ein »Anrennen gegen die Fügungen« bedeutet (Dante, Inferno IX, 97). (Fs) (notabene)

585b Bereits in den §§ 80-82 haben wir die Kritik untersucht, mit der die Neuerer dem katholischen Priestertum zusetzen und versuchen, das allgemeine Priestertum der Gläubigen, das diese durch den Taufcharakter1 für die Gottesverehrung weiht, mit dem sakramentalen Priestertum gleichzustellen, das einige durch eine weitere Charaktereinprägung2 ontologisch ermächtigt und befähigt, die Wesensverwandlung des eucharistischen Brotes zu bewirken. (Fs)

585c Das ontologische3 Element des Priestertums ist genau auf das ontologische Element der Eucharistie abgestimmt. Wenn nun im Sakrament keine ontologische Umwandlung von Substanz, sondern nur eine die Intentionalität nicht übersteigende bedeutungsmäßige Umstellung erfolgt, so bedarf es dafür natürlich keines ontologischen Eigencharakters. Wenn die eucharistische Gegenwart die spirituelle Gegenwart Christi bei der zum Gedächtnis an das Abendmahl versammelten Gemeinschaft ist, werden spezifisch priesterliche Handlungen überflüssig, und die Zusammenkunft des gläubigen Volkes verwirklicht dann die eucharistische Gegenwart Christi. Nicht der Priester ist es, der als Ordinierter die Transsubstantiation vollzieht. Er führt vielmehr, in Ausübung des allgemeinen Priestertums mit allen Kirchengliedern auf eine Stufe gestellt, den Vorsitz bei der von der Gemeinschaft vollzogenen symbolischen Umwandlung. (Fs) (notabene)

586a Die Schmälerung der Eucharistie zu einer dem Gedenken dienenden Zusammenkunft ist nun tatsächlich in Artikel 7 der Institutio generalis Missalis Romani geschehen, die Paul VI. am 3. April 1969 promulgierte. Dort wird die Messe folgendermaßen definiert: »Das Herrenmahl oder die Messe ist die heilige Zusammenkunft oder die Versammlung des Volkes Gottes, das unter dem Vorsitz eines Priesters zusammenkommt, um das Gedächtnis des Herrn zu feiern«. Untermauert wird die Definition mit Mt. 18,20: »Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, dort bin ich mitten unter ihnen«. Diese Definition der Institutio, die ohne Zweifel dogmatischen Gehalt hat, soll Paul VI. eingestandenermaßen ohne vorherige Durchsicht unterschrieben haben. Dies jedenfalls äußerte Kardinal Charles Journet4. Bekanntlich - und es ist notwendigerweise so - werden die Dokumente des Papstes größtenteils von seinen Mitarbeitern verfaßt5, um dann von ihm durchgegangen, manchmal auch auf reiner Vertrauensbasis gebilligt zu werden. Der Fall ist durchaus glaubhaft, obwohl er aufgrund der Umstände und der Art des Dokuments etwas Einmaliges in der Kirchengeschichte darstellt. Die persönliche Kenntnisnahme von der zu unterschreibenden Akte ist je nach Art des Dokuments, hier die Anlage zu einer Apostolischen Konstitution, in höherem Maße oder weniger geboten. (Fs)

586b Daß die besagte Definition in mehrfacher Hinsicht zu beanstanden und ihre Glaubenskonformität fraglich6 ist, zeigt die Analyse ihres Gehalts. Es ist auch nachträglich dadurch erhärtet worden, daß man sie einige Monate nach der Promulgation zurückgezogen und durch eine dogmatisch einwandfreie Formel ersetzt hat. Die Tatsache einer fast unverzüglichen Zurücknahme ist ohnegleichen bei kirchlichen Lehräußerungen. Wenn es auch nicht selten vorkam, daß praktische und politische Irrtümer widerrufen und verworfen wurden - wie im Fall Paschalis' II. und Pius' VII. - gibt es keine Beispiele für einen derartigen, deshalb so ungewöhnlichen Widerruf, weil er zum einen Dogmatisches betraf, zum andern in dieser kurzen Frist erfolgte, um die erste Aussage zu eliminieren7. (Fs) (notabene)

Fußnote 7:

24 Die Korrektur des Artikels 7 erschien in »Notitiae«, Organ der Hl. Kongregation für den Gottesdienst, Mai-Ausgabe 1970. Aus der Einleitung ist zu erfahren: »... die Mitglieder und die Experten des Konzils, die Artikel 7 vor und nach seiner Promulgation geprüft haben, fanden dort keinen lehrmäßigen Irrtum und keinerlei Grund, ihn abzuändern. Um jedoch Schwierigkeiten zu vermeiden und einige Ausdrücke klarer wiederzugeben, wurde beschlossen, das Dokument hier und dort nachzubessern«. Artikel 7 ist nicht nachgebessert, sondern völlig umgestaltet worden. Nunmehr wurden die wesentlichen Punkte der kirchlichen Lehre herausgestellt, obwohl nach wie vor ohne Erwähnung der Transsubstantiation, die wieder hervorzuheben ein Anliegen Pauls VI. in der Enzyklika Mysterium fidei war. Hier der umgearbeitete Text: »In der Messe beziehungsweise dem Herrenmahl wird das Volk Gottes zusammengerufen und vereint unter dem Vorsitz des Priesters, der auch die Person Christi repräsentiert, um das Gedächtnis des Herrn beziehungsweise das eucharistische Opfer zu feiern. Daher gilt für diese Versammlung der hl. Kirche an einem Ort in hervorragender Weise die Verheißung Christi: »Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.« Bei der Feier der Messe, in der das Kreuzesopfer fortdauert, ist nämlich Christus wirklich gegenwärtig in der in seinem Namen versammelten Gemeinde selbst, in der Person des Dieners, in seinem Wort und freilich substantiell und fortwährend unter den eucharistischen Gestalten«. Jeder vermag festzustellen, ob das wirlich nur Nachbesserungen sind.

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