Autor: Lonergan, Bernard J.F. Buch: Die Einsicht Titel: Die Einsicht Bd. I und II Stichwort: Möglichkeit d. Ethik: Einleitung Kurzinhalt: Die Metaphysik wurde aufgefaßt als die Durchführung der vollständigen heuristischen Struktur des proportionierten Seins. Die Grundfrage des vorliegenden Kapitels ist, ob die Ethik in derselben Weise aufgefaßt werden kann. Textausschnitt: XVIII. Kapitel DIE MÖGLICHKEIT VON ETHIK
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A13, E13; Insight 618a
671a Die Metaphysik wurde aufgefaßt als die Durchführung der vollständigen heuristischen Struktur des proportionierten Seins. Die Grundfrage des vorliegenden Kapitels ist, ob die Ethik in derselben Weise aufgefaßt werden kann. Unsere Antwort wird die Diskussion der in den Kapiteln über den Common Sense und im Abschnitt über die menschliche Entwicklung aufgeworfenen Fragen fortsetzen und die Fragestellung in drei Schritten in Angriff nehmen. (Fs)
Erstens, ein Versuch wird unternommen, Notionen wie das Gute, den Willen, den Wert und die Pflicht herauszuarbeiten. Aus dieser Bemühung folgt eine Methode der Ethik, welche zur Methode der Metaphysik parallel läuft, und zugleich eine kosmische oder ontologische Erklärung des Guten. (Fs)
671b Zweitens, die Möglichkeit von Ethik wird aus dem Gesichtspunkt der Freiheit und der Verantwortung ins Auge gefaßt. Die Relevanz des Kanons der statistischen Residuen wird in Betracht gezogen. Die Natur der praktischen Einsicht, der praktischen Reflexion und des Entscheidungsaktes wird umrissen. Es wird auf die wesentliche Freiheit und Verantwortung des Menschen geschlossen. (Fs)
Drittens, die Möglichkeit von Ethik wird aus dem weiteren Gesichtspunkt der tatsächlichen Freiheit untersucht. Ist eine Ethik in dem Sinne möglich, daß sie eingehalten werden kann? Ist der Mensch zu einer moralischen Frustration verdammt? Ist eine moralische Befreiung nötig, wenn die menschliche Entwicklung dem Zyklus von abwechselndem Fortschritt und Rückschritt entgehen soll?
671c Schließlich mag es nützlich sein anzumerken, daß es uns hier nicht um die Aufstellung eines ethischen Kodex geht, sondern eher um die Behandlung der relevanten vorgängigen Fragen. Das vorliegende Kapitel legt also nicht Verhaltensvorschriften dar, sondern die allgemeine Form von Verhaltensvorschriften. Es ist vielleicht nicht nötig darauf zu bestehen, daß der Übergang von einer solchen allgemeinen Form zu den besonderen Vorschriften spezifischer Bereiche der menschlichen Tätigkeit nur anhand eines Verstehens dieser Tätigkeiten geschehen kann. Es folgt daraus, daß ein Computer, wenn er mit Prämissen aus unserem Kapitel versorgt würde, nicht auf irgendwelche besondere Vorschriften schließen könnte. Ich schreibe nun aber nicht für Computer, sondern für Menschen, und weil vollständige moralische Abgestumpftheit eher selten ist, sehe ich mich in der Erwartung gerechtfertigt, daß Kritiker annehmen werden, die Leser dieses Buches werden imstande sein, von der entfernten Möglichkeit von Ethik, die hier erwiesen wird, zur unmittelbaren Möglichkeit überzugehen, die die Anspruchsvollen fordern mögen. (Fs) ____________________________
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