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Autor: Thomas, Aquin von

Buch: Wesen und Ausstattung des Menschen

Titel: F1_075 - Der Mensch, wie er aus einer geistigen und einer körperlichen Substanz zusammengesetzt ist

Stichwort: Ist die Seele aus Stoff und Form zusammengesetzt? 2 Argumente: 1 Form - Wirklichkeit, Möglichkeit - nicht Wirklichkeit; 2 Seele, Verstand; (wenn zusammengesetzt -> Formen der Dinge einzelbestimmt in ihr (Bsp.: Stein; recipitur in eo per modum recipientis)

Kurzinhalt: Denn die Form als Form ist Wirklichkeit; was aber nur in Möglichkeit ist, kann nicht Teil der Wirklichkeit sein, da die Möglichkeit der Wirklichkeit widerstreitet, als gegen die Wirklichkeit unterschieden.

Textausschnitt: ANTWORT: Die Seele besitzt keinen Stoff. Das läßt sich auf zweifache Weise ersehen. Erstens aus der Natur der Seele im allgemeinen. Es gehört nämlich zum Wesen der Seele, daß sie die Form eines Körpers ist. Sie ist also Form entweder in ihrer Ganzheit oder mit einem Teil von ihr. Ist sie ganz Form, so kann ein Teil von ihr unmöglich Stoff sein, wenn man Stoff ein nur in Möglichkeit Seiendes nennt. Denn die Form als Form ist Wirklichkeit; was aber nur in Möglichkeit ist, kann nicht Teil der Wirklichkeit sein, da die Möglichkeit der Wirklichkeit widerstreitet, als gegen die Wirklichkeit unterschieden. Wenn aber die Seele mit einem Teil von ihr Form ist, so werden wir eben diesen Teil Seele nennen; und jenen Stoff, dessen Wirklichkeit sie zuerst ist, werden wir das "Erstbeseelte" nennen. (Fs)

Zweitens im besondern aus dem Wesen der menschlichen Seele, sofern sie verstandbegabt ist. Es ist nämlich klar, daß alles, was in etwas aufgenommen wird, nach Weise des Aufnehmenden in dieses aufgenommen wird.1 Ein jedes Ding wird aber so erkannt, wie seine Form im Erkennenden ist. Nun erkennt aber die Verstandesseele das Ding in seiner Natur, diese rein für sich genommen, den Stein z. B., sofern er rein für sich Stein ist. Es ist somit die Form des Steines rein für sich, nach der eigenen Wesensbestimmtheit, in der Verstandesseele. Die Verstandesseele ist also reine Form, nicht aber etwas aus Stoff und Form Zusammengesetztes. — Wäre nämlich die Verstandesseele aus Stoff und Form zusammengesetzt, so würden die Formen der Dinge als einzelbestimmte in sie aufgenommen werden, und folglich würde sie nur Einzelnes erkennen, wie dies bei den Sinnesvermögen der Fall ist, die die Formen der Dinge in das körperliche Organ aufnehmen. Denn der Stoff ist Grund der Vereinzelung der Formen. Es ergibt sich also, daß die Verstandesseele und jede verstandbegabte Substanz, die die Formen rein für sich erkennt, der Zusammensetzung aus Form und Stoff entbehrt. (Fs) (notabene)

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