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Autor: Biffi, Giacomo

Buch: Sehnsucht nach dem Heil

Titel: Sehnsucht nach dem Heil

Stichwort: Ist die menschliche Seele etwas Selbständiges? Schluss auf Selbstständigkeit durch Analyse des Verstandes (körperlos, Erkenntnis ohne Organ)

Kurzinhalt: Somit hat der Urgrund des Verstehens, den wir Geist oder Verstand nennen, eine Tätigkeit für sich, an der der Körper nicht teilnimmt. Nichts kann aber für sich tätig sein, wenn es nicht für sich besteht.

Textausschnitt: ANTWORT: Man muß notwendig sagen: das, was Grund der Verstehtätigkeit ist — wir nennen so die Seele des Menschen —, ist ein unkörperlicher und selbständiger Grund. Es ist nämlich offensichtlich, daß der Mensch durch den Verstand die Natur aller Körper erkennen kann. Was aber etwas erkennen kann, darf nichts davon in seiner Natur haben, weil das, was naturhaft in ihm wäre, die Erkenntnis anderer Dinge hindern würde. So sehen wir, daß die Zunge des Kranken, die mit einer galligen und bittern Feuchtigkeit behaftet ist, nicht imstande ist, etwas Süßes zu schmecken, sondern alles kommt ihr bitter vor. Wenn nun der Urgrund des Verstehens die Natur irgendeines Körpers in sich trüge, könnte er nicht alle Körper erkennen. Jeder Körper hat aber eine bestimmte Natur. Es ist somit unmöglich, daß der Grund des Verstehens ein Körper ist. (Fs) (notabene)

Desgleichen ist es unmöglich, daß er durch ein körperliches Organ erkenne. Denn auch die bestimmte Natur dieses körperlichen Organs würde die Erkenntnis aller Körper verhindern. Wenn z. B. eine bestimmte Farbe nicht bloß im Auge, sondern auch am Glasgefäß ist, erscheint die eingegossene Flüssigkeit in derselben Farbe [6]. (Fs)

Somit hat der Urgrund des Verstehens, den wir Geist oder Verstand nennen, eine Tätigkeit für sich, an der der Körper nicht teilnimmt. Nichts kann aber für sich tätig sein, wenn es nicht für sich besteht. Denn tätig sein ist nur Sache eines in Wirklichkeit Seienden. Daher ist etwas in der Weise tätig, in der es ist. Deshalb sagen wir auch nicht: die Wärme wärmt, sondern das Warme.1 — Es ergibt sich also, daß die menschliche Seele, die Verstand oder Geist genannt wird, etwas Unkörperliches und Selbständiges ist. (Fs) (notabene)

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