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Autor: Biffi, Giacomo

Buch: Sehnsucht nach dem Heil

Titel: Sehnsucht nach dem Heil

Stichwort: Das Böse, Jesus, Sünde; Sünder; Unglück kein Schuldbeweis

Kurzinhalt: Jesus ist also weit entfernt von der irenischen und permissiven Haltung dessen, der meint, im Grunde seien alle Menschen gut und letztlich immer Opfer der Gesellschaft... Jesus war von seiner Schuldlosigkeit und von der Bosheit aller Menschen fest ...

Textausschnitt: Jesus und die Sünde

216b Wie verhält sich Jesus der Wirklichkeit der Sünde gegenüber, die ihm für das Verständnis seiner Sendung so wichtig zu sein scheint? Es ist der Mühe wert, seinen spezifischen Umgang damit näher zu untersuchen. (Fs)

Er selbst zeigt nicht den geringsten Anflug von persönlichem Schuldgefühl, so daß er diejenigen, die in ihm nicht den Eingeborenen des Vaters erkennen, aus der Fassung bringt: "Wer von euch kann mir eine Sünde nachweisen?" (Joh 8,46) So vermag er seine Gegner herauszufordern. (Fs)

Er ist aber keineswegs ein unrealistischer Idealist, der die allumfasssende Bedrohung durch das Böse nicht wahrnimmt. Er bezeichnet seine Zuhörer sogar als "eine böse und treulose Generation" (Mt 16,4) und setzt als unbestreitbar voraus, daß alle "böse" seien (vgl. Mt 7,11). Er weiß sehr wohl, daß aus dem Herzen der Menschen ständig "Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft" kommen (Mk 7,21-22). (Fs)

216c Er weiß, daß er die vermeintliche Schuldlosigkeit der Angesehensten seines Volkes auf die Probe stellen kann: "Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein" (Joh 8,7). Er ist sich dessen voll bewußt, daß die Welt unweigerlich ein Ort der Schandtaten ist; und er hat für die Menschen, die diese verschulden, unerbittliche, harte Worte: "Es ist unvermeidlich, daß Verführungen kommen. Aber wehe dem, der sie verschuldet. Es wäre besser für ihn, man würde ihn mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer werfen" (Lk 17,1-2). (Fs)

217a Jesus ist also weit entfernt von der irenischen und permissiven Haltung dessen, der meint, im Grunde seien alle Menschen gut und letztlich immer Opfer der Gesellschaft, der Strukturen sowie vielfacher Zwänge. (Fs)

Jesus akzeptiert nicht die althergebrachte Meinung einer rein irdischen Sichtweise, Unglücksfälle seien immer ein Schuldbeweis. Denn er weiß, daß alle schuldig sind und deshalb alle umkommen müssen, wenn sie sich nicht bekehren (vgl. in Lk 13,1-5 den Kommentar zu dem von Pilatus verübten Blutbad und dem Einsturz des Turms von Schiloach: "Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt"). (Fs)
Jesus war von seiner Schuldlosigkeit und von der Bosheit aller Menschen fest überzeugt. Aber das verleitet ihn nicht, sich hochmütig zu isolieren: Er hat nichts von der unsympathischen Hochmütigkeit des Pharisäers an sich, der sich von den "Sündern" fern hält; eine Haltung, die er mit großem Nachruck verurteilt (vgl. Lk 18,9-14). (Fs)

Im Gegenteil, sein ganzes Leben ist auf diejenigen ausgerichtet, die gesündigt haben und von denen er die Umkehr verlangt. Er vergibt die Sünden (vgl. Mt 9,2-8: Heilung des Gelähmten) und lehrt, daß man dem, der uns unrecht getan hat, unbegrenzt Barmherzigkeit erweisen muß (vgl. Mt 18,21-22: "Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal" ). (Fs)

Jesus hat eine wunderbare Art, das Herz dessen zu treffen, der sein Leben ändern soll: Er überzeugt Zacchäus, den Dieb, indem er sich zum Essen einladen läßt (vgl. Lk 19,5); er rettet die Ehebrecherin vor der Steinigung (vgl. Joh 8,1-11); er verteidigt die Dirne gegenüber der Gemeinheit der Gäste (vgl. Lk 7,36-50). Er geht so weit, seiner betroffenen Zuhörerschaft zu sagen: "Zöllner und Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr" (Mt 21,31). (Fs)

217b Er ist lieber mit Sündern zusammen, denn zu ihnen ist er gekommen: "Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten" (Mt 2,17); "Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist" (Lk 19,10). (Fs)

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