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Autor: Dawson, Christopher

Buch: Gestaltungskräfte der Weltgeschichte

Titel: Gestaltungskräfte der Weltgeschichte

Stichwort: Geschichte d. Kirche - nach dem Vorbild Jesu; Feinde d. Kirche: ihre Abkommen (Islam, Reformation, liberalistische Revolution); Teilmanifestationen der chr. geistigen Potenz; Wesen der Häresie


Kurzinhalt: Die Kirche lebt das Leben Christi nach. Sie hat ihre Zeit der Verborgenheit und Entwicklung und ihre Zeit der Manifestation, und auf diese folgt die Katastrophe des Kreuzes und die Wiedergeburt, die aus dem Scheitern erwächst. Das Bemerkenswerteste ...

Textausschnitt: 298a Die Kirche lebt das Leben Christi nach. Sie hat ihre Zeit der Verborgenheit und Entwicklung und ihre Zeit der Manifestation, und auf diese folgt die Katastrophe des Kreuzes und die Wiedergeburt, die aus dem Scheitern erwächst. Das Bemerkenswerteste aber ist, daß die Feinde der Kirche, die Weltanschauungen, die sie geißeln und ans Kreuz schlagen, in gewissem Sinne ihre Abkommen sind und ihre dynamische Kraft von ihr ableiten. Den Islam, die Reformation, die liberalistische Revolution - sie alle hätte es ohne das Christentum nicht gegeben; es sind fehlgeschlagene oder Teilmanifestationen der geistigen Potenz, die durch das Christentum in die Geschichte eingeführt wurde. "Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu werfen und was will ich anders, als daß es brenne." (Fs) (notabene)

298b Es ist leicht, sich der herrschenden Tendenz einer Kapitulation vor dem Geist der Zeit und dem Geist der Welt zu überlassen und die Augen vor den Irrtümern der öffentlichen Meinung und den Schlechtigkeiten und Ungerechtigkeiten der Allgemeinheit zu verschließen; es ist dieselbe Versuchung, die in früheren Zeiten die religiösen Menschen verleitete, über den Stolz der Großen und die Ungerechtigkeit der Mächtigen hinwegzusehen. Aber es ist ebenso leicht und eine tückischere Versuchung, sich gegen den Geist der Zeit negativ und ablehnend zu verhalten und sich in einen engherzigen und selbstherrlichen Fanatismus zu flüchten. Das ist vorwiegend die Einstellung der Häretiker; sie schadet dem Ansehen und der Wirkungskraft des Christentums mehr als selbst weltliche Gesinnung und Liebedienerei gegenüber dem Zeitgeist. Denn dies sind sozusagen nur Äußerlichkeiten am Leben der Kirche, jene aber vergiftet die Ursprünge ihres geistigen Handelns und macht sie in den Augen der Menschen, die guten Willens sind, verabscheuenswert. (Fs) (notabene)

298c Es gehört zum Wesen der Häresie, daß sie die große, allumfassende Wahrheit und die christliche Einheit opfert, weil sie sich auf die unmittelbare Lösung einer dringlichen aktuellen Frage christlichen Denkens und Tuns konzentriert. Der Häretiker geht in die Irre, weil er aus natürlicher und menschlicher Ungeduld über den scheinbar langsamen und schwierigen Weg des wahren Glaubens eine Abkürzung einschlagen will. (Fs) (notabene)

299a Aber auch die Kirche muß den schweren Weg des Kreuzes gehen und die Bußen und Demütigungen irdischen Versagens auf sich nehmen. Sie ist keine Alternative und Rivalin des Staates und ihre Lehre ist kein Ersatz für politische Bedürfnisse und Ideologien, aber sie kann dem Gesamtleben der Gemeinschaft nicht gleichgültig zusehen und sich nur mit der einzelnen Seele befassen. Die Kirche ist keine menschliche Gesellschaft, aber sie ist das Medium, durch welches das göttliche Leben in die Gesellschaft einströmt und ihre Hauptaufgabe ist die Heiligung der Menschheit in ihrer gemeinsamen und individuellen Tätigkeit. (Fs) (notabene)

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