Autor: Schooyans, Michel Buch: Ethik, Leben, Bevölkerung Titel: Ethik, Leben, Bevölkerung Stichwort: [143] Steht die Genmanipulation nicht eher im Dienst des Lebens als im Dienst der »Kultur des Todes«?
Kurzinhalt: Diese beiden Kriterien Qualität und Nützlichkeit sind ein typischer Ausdruck der Mentalität des Herrn gegenüber seinem Sklaven (s.a. 32, 142). Der Herr meint, weil er ins Leben rufen könne, sei er auch zu töten berechtigt ... Textausschnitt: a) Derzeit werden diverse Gesetzesvorhaben zur Genmanipulation diskutiert. Eines fällt dabei sofort auf: Wieder einmal wird auf die Abweichungstaktik zurückgegriffen (s.a. 3): Man sucht nach ausgeklügelten Umständen, unter denen der Embryo dem Schutz entzogen werden kann, den ihm das Recht angeblich gewährt. (Fs)
Prinzipiell unterscheiden sich diese Diskussionen kaum von denen, die der Legalisierung der Abtreibung voraufgingen. Sie zeigen aber noch deutlicher die Faszination, die die Kultur des Todes heute ausübt (EV 21, 24, 26). Das Lebensrecht des Menschen schon von seinen geheimsten Anfängen an wird mehr und mehr einer rein prozeduralen Entscheidung untergeordnet (s.a. 61). Getroffen wird sie im Labor von Menschen, die alles, was möglich ist, auch für moralisch halten. (Fs)
Hier zeigt sich die Faszination des Todes in allen ihren Aspekten. Im Embryonalstadium besitzt nach dieser Auffassung das menschliche Individuum keinerlei angeborene Würde. Diese Leugnung geschieht zunächst auf der praktischen Ebene und wird von dort auf die theoretische gehoben - denn mit Hilfe sogenannter Moralisten und Juristen fabrizieren die Praktiker eiligst theoretische »Legitimierungen«. In seinen verborgensten Anfängen steht das menschliche Leben, der Embryo, zur Disposition (s.a. 34-38). Professor Jérôme Lejeune, der Erforscher der Trisomie, hat einmal gesagt, der Embryo werde wie ein x-beliebiges Produkt des menschlichen Leibes behandelt, auf der gleichen Ebene wie die Eizelle oder das Sperma. Im Gegensatz zu Eizelle und Sperma ist der Embryo aber in Wirklichkeit schon ein neues Menschenleben. (Fs)
Die Zukunft dieses Menschenwesens ist im Wortsinne hypothetisch; sie hängt völlig davon ab, welche Qualität oder Nützlichkeit ihm zugewiesen wird. (Fs)
b) Diese beiden Kriterien Qualität und Nützlichkeit sind ein typischer Ausdruck der Mentalität des Herrn gegenüber seinem Sklaven (s.a. 32, 142). Der Herr meint, weil er ins Leben rufen könne, sei er auch zu töten berechtigt (EV 22). Der Mensch gibt sich nicht einmal damit zufrieden, sich selbst zur Quelle der moralischen Regeln zu erheben, sondern er will sich, obwohl selbst sterblich, zum Herrn des Daseins überhaupt aufschwingen. Diese Herrenmoral, deren hegelianische Quellen wir beschrieben haben (vgl. 142), geht davon aus, höchster Ausdruck der Freiheit des endlichen Menschen sei die völlige Verfügungsgewalt über Leben und Tod (EV 52, 96). (Fs)
Diese Verfügungsgewalt des »Herrn« über das Leben äußert sich auf vielerlei Art. Zuerst in einem Zellen-Kannibalismus als Voraussetzung für die Gestaltung eines Wesens, das streng den selbstherrlichen Zwecken des Manipulators entspricht. Sodann in einem histologischen Kannibalismus, der - und es kann noch schlimmer kommen - abgetriebenen Kindern Hirngewebe entnimmt und sie beispielsweise an Parkinson Leidenden einsetzt. Des weiteren in einem akademischen oder wissenschaftlichen Kannibalismus in dem Sinne, daß ein menschliches Wesen manipuliert, zerstückelt und auf dem Altar einer wissenschaftlichen Forschung im Zeichen einer völlig jeder Moral enthobenen und niemandem verantwortlichen akademischen Freiheit geopfert wird. Am Ende steht eine technisierte Eugenik, an der gemessen alle Eugenik-Bestrebungen der heutigen Zeit nur lächerliche Gehversuche sind. Diese Eugenik eröffnet den Praktikern des Ultra-Nazismus (vgl. 75) den Weg zu einer erbarmungslosen wissenschaftlichen Selektion. Denn sie allein bestimmen über die Typologie der Selektionierung und Diskriminierung. (Fs)
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