Autor: Schooyans, Michel Buch: Ethik, Leben, Bevölkerung Titel: Ethik, Leben, Bevölkerung Stichwort: [132] Belügen sich in der Demographie die katholischen Moralisten nicht selbst? Sie sagen, die Entwicklung werde einen Geburtenrückgang nach sich ziehen, verschweigen aber,
Kurzinhalt: Erst mit der Verallgemeinerung der Pille und anderer künstlicher Mittel trat dann Ende der sechziger Jahre der Sturz unter den Generationenersatz und damit in die Unterfruchtbarkeit ein.1 An den Früchten dieser Methoden ist zu erkennen, ...
Textausschnitt: a) Es steht fest, daß der Bevölkerungsanstieg in den reichen Ländern seit den sechziger Jahren aufgrund von Methoden zurückgeht, welche die Kirche verurteilt. Den besten Beweis dafür, wie schlecht diese Techniken sind, welche die Kirche zu Recht verurteilt und verurteilen muß, liefert die Tatsache, daß nunmehr eben die Länder, die diese Techniken praktizieren, unter die für den Generationenersatz unerläßliche Fruchtbarkeitsrate abgesunken sind (s.a. 85). Die große Abnahme der Fruchtbarkeit in Europa von ca. 4 auf 2,2 Kinder pro Frau fand zwischen 1890 und 1920 aufgrund der bereits oben erwähnten Verbesserung von Medizin und Hygiene statt und pendelte sich dann rund fünfzig Jahre lang einigermaßen beim Erhaltungsniveau der Generationen ein. Erst mit der Verallgemeinerung der Pille und anderer künstlicher Mittel trat dann Ende der sechziger Jahre der Sturz unter den Generationenersatz und damit in die Unterfruchtbarkeit ein.1 An den Früchten dieser Methoden ist zu erkennen, wie schlecht sie sind. Werden sie weiter so praktiziert, so verschwinden die Völker, die sie praktizieren, von der Landkarte!2 Zwischen 1960 und 1996 ist die Kinderzahl der zeugungsfähigen Frauen in Deutschland von 2,37 auf 1,30 zurückgegangen, in Italien von 2,41 auf 1,22, in Belgien von 2,57 auf 1,55, in Frankreich trotz einer starken Einwanderung3 von 2,56 auf 1,72.4 Ist es übertrieben, wenn man da vom Selbstmord eines Volkes spricht?
Man erwarte doch nicht von der Kirche, daß sie diese Methoden gutheißt! Die demographische Zerstörung, die sie in unseren Ländern anrichten, zeigt deutlich genug, daß sie nicht gut sein können.
b) Hingegen läßt sich zu Recht sagen, daß die Armut dort, wo es für die Armen keinerlei Schutz gibt, den Wunsch nach vielen Kindern beträchtlich belebt, denn sie sind die einzige Chance für ein Überleben. Jeder, der dort arbeitet, weiß, daß die Armen oft sagen: »Wenigstens das eine oder andere meiner Kinder wird mich ernähren und pflegen, wenn ich alt bin.«
Muß man da der Kirche nicht recht geben? Sie lehrt, daß in den Gesellschaften, die die armen Bevölkerungsschichten nicht schützen, die Armut selbst zum Kinderreichtum treibt. Den tiefen und einzigen Grund für dieses Verhalten hat kein anderer als Marx festgestellt: Das Kind ist der einzige Reichtum des Armen (s.a. 124). Nur mit vielen Kindern darf er hoffen, auch künftig existieren zu können. Denn wo es keine soziale Sicherheit gibt, wer soll da die Alten ernähren, wenn nicht ihre Kinder? Und da die Kinder selbst einer sehr hohen Sterblichkeit zum Opfer fallen, weil sie in unhygienischen Umständen leben und oftmals wenig zu essen haben, bedarf es vieler zum Überleben. (Fs)
Es ist mithin völlig logisch zu sagen (und wird in der Realität beobachtet), daß diese Form der Sicherung des Überlebens bei wirksamer Bekämpfung der Armut hinfällig werden wird. Denn die neue Lage wird den Wunsch und die Notwendigkeit einer zahlreichen Nachkommenschaft sinken lassen. (Fs)
c) Die katholischen Moralisten haben also keinerlei Grund, vor dieser Lage die Augen zu verschließen. Im Gegenteil: Sie müssen auf sie aufmerksam machen und dazu beitragen, daß ihr abgeholfen wird. Denjenigen, die von der Kirche verlangen, sie sollte die »modernen« Methoden billigen, erwidert die Kirche: »Stellt selbst einmal fest, wohin das führt, was ihr tut. Wir haben euch gesagt, daß diese Methoden schlecht sind. Nun seht ihr: Die Natur selbst zeigt euch, daß ihr euch selber und anderen schadet.«
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