Autor: Brandmüller, Walter Buch: Licht und Schatten Titel: Licht und Schatten Stichwort: Konzil von Trient; Preisgabe des Tridentinums? - Ökumenismus
Kurzinhalt: Dennoch wird auch heute ein neuer Abschied von Trient zugunsten des Ökumenismus gefordert, freilich in eher verhüllter Form. Aus der katholisch-lutherischen Diskussion ist 1987 ein Werk entstanden, das den Titel trägt:
Textausschnitt: 128b Davon abgesehen, daß alles, was einmal von einem Allgemeinen Konzil an Glaubenslehren definiert worden ist, ein für allemal in das "Depositum fidei" eingegangen und infolgedessen unwiderruflich ist, würde ein "Abschied von Trient" zugleich den Abschied von einer geistig wie geistlich und kulturell überaus fruchtbaren Periode unserer Geschichte und Überlieferung bedeuten. Nicht Abschied, sondern vertiefte neue Aneignung ist angebracht. (Fs)
Dennoch wird auch heute ein neuer Abschied von Trient zugunsten des Ökumenismus gefordert, freilich in eher verhüllter Form. Aus der katholisch-lutherischen Diskussion ist 1987 ein Werk entstanden, das den Titel trägt: "Lehrverurteilungen - kirchentrennend?" Der Tenor lautet: "Wenn beide Kirchen (!) die nächsten in den Ausarbeitungen empfohlenen Schritte tun und unverbindlich erklären, daß die verwerfenden Urteile des 16. Jahrhunderts nicht mehr wiederholt werden können, befinden sie sich auf dem Wege zu einer sie immer stärker miteinander verbindenden Gemeinschaft..."
129a Zur Begründung wird angeführt, daß die damals bestehenden Lehrgegensätze durch moderne Entwicklungen weithin überholt seien und auf die heutigen Dialogpartner nicht mehr zuträfen. Demgegenüber hat die Evangelisch-theologische Fakultät Göttingen mit großem Ernst und Nachdruck darauf hingewiesen, daß auch die heutigen evangelischen Grundüberzeugungen von den Anathematismen des Tridentinums getroffen sind. Dieser bestehende Gegensatz dürfe nicht hinwegdiskutiert werden. Dem ist in vollem Umfang zuzustimmen. Hinzuzufügen ist, daß eine Preisgabe des Tridentinums um ökumenischer Annäherung willen, wie sie einst von Leibniz gefordert worden war, den Verlust katholischer Identität bedeuten würde. Mit Trient würde man nicht nur ein Konzil, sondern die gesamte Überlieferung der Kirche über Bord werfen. Denn: Auch wenn das Tridentinum in mannigfacher Hinsicht aus der Reihe der übrigen Konzilien herausragt, so ist es dennoch mit ihnen durch den kontinuierlichen Strom der authentischen Überlieferung in so organischer Weise verbunden, daß das Herausbrechen dieses Konzils die gesamte Überlieferung zum Einsturz brächte. Wie die vielen Eigenschaften vieler Ahnen in das Erbgut eines Menschen integriert sind und dessen Identität begründen, so ist auch das Tridentinum - wie jedes andere Konzil - in das Erbgut der Kirche integriert und begründet deren Identität. (Fs)
129b Fünfundzwanzig Jahre dauerte es, bis das Konzil zustande kam, und dann vergingen noch einmal fast zwanzig Jahre, bis es beendet werden konnte. Das war insgesamt nahezu ein halbes Jahrhundert, in dessen Verlauf das mühevolle Geschäft der Glaubensabklärung und der Erneuerung des kirchlichen Lebens im Ringen um die Überwindung schwerster Widerstände von außen und Krisen von innen betrieben werden mußte. Als die Väter von Trient am 4. Dezember 1563 nach dem "Te Deum" und dem "Domini, ite in pace" - "Ihr Herren, geht hin in Frieden" - des Legaten Morone einander mit Tränen der Freude und Dankbarkeit umarmten, war das am längsten dauernde und das an heilsamen Folgen reichste Konzil der Kirchengeschichte zum Abschluß gekommen. (Fs) (notabene)
129c Von keinem anderen Konzil kann der Geschichtsschreiber sagen, was Hubert Jedin vom Tridentinum zu sagen vermochte: Was es eingeleitet hat, war "das Wunder von Trient". Er meinte damit das Erwachen der durch die Glaubensspaltung schwer verwundeten Kirche aus tiefer Ohnmacht zu einer neuen Blüte des religiösen wie kulturellen Lebens, die in der Kirchengeschichte ganz wenige Parallelen hat. (Fs)
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