Autor: Brandmüller, Walter Buch: Licht und Schatten Titel: Licht und Schatten Stichwort: Kirche - Neuaufbruch; Luthwe, Wunder von Trient; Barock
Kurzinhalt: Und: wiederum ein halbes Jahrhundert danach hatte sich erneut ein Aufbruch ereignet, der so unerwartet und tiefgreifend, so kraftvoll und beeindruckend war, daß der bedeutende Kirchenhistoriker Hubert Jedin ihn als "das Wunder von Trient" bezeichnet hat. Textausschnitt: 57a Doch überspringen wir Jahrhunderte, begeben wir uns in das Mittel-, Nord-, Ost- und Westeuropa um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Über diese Länder war seit Martin Luthers, Calvins und Zwinglis Protestbewegung der Sturm der Glaubensspaltung hinweggegangen und hatte eine religiöse Ruinenlandschaft hinterlassen. Bereits vom Wormser Reichstag des Jahres 1521 berichtet der päpstliche Gesandte Aleander: "Es droht ein Volksaufstand, oder vielmehr ganz Deutschland ist in hellem Aufruhr. Neun Zehntel sind für Luther, das letzte Zehntel schreit zum wenigsten: Tod dem römischen Hof."
57b In den folgenden Jahren verlassen zahllose Ordensleute ihre Klöster, heiraten Hunderte von Priestern, werden die mächtigsten Fürsten - mit Ausnahme Bayerns - Anhänger Luthers und rotten alles katholische Leben aus. Der Zusammenbruch, der schließlich ganz Nord-, Mittel- und Ostdeutschland zusammen mit dem Südwesten erfaßt, ist nahezu vollständig. Sittenlosigkeit und religiöse Verwirrung - wußte das Volk überhaupt noch, ob es katholisch oder lutherisch glaubte? - waren allgemein, und selbst im katholisch verbliebenen Klerus herrschte tiefe Unsicherheit und Entmutigung. So etwa präsentierte sich die kirchliche Lage in Europa, als 1546 das Konzil von Trient zusammentrat. (Fs)
58a Und: wiederum ein halbes Jahrhundert danach hatte sich erneut ein Aufbruch ereignet, der so unerwartet und tiefgreifend, so kraftvoll und beeindruckend war, daß der bedeutende Kirchenhistoriker Hubert Jedin ihn als "das Wunder von Trient" bezeichnet hat. Das Wunder war jenes unerhörte Phänomen des katholischen Barock, das weit mehr als einen Kunststil, das eine ganze Kulturepoche meint, in welcher neue, kraftvolle Vitalität des katholischen Glaubens alle Bereiche von Kultur, Kunst, Wissenschaft, Religion und Alltagsleben durchdrang und die Menschen jener Epoche zu Höchstleistungen auf all diesen Gebieten beflügelte, die bis heute unerreichbar blieben - und: was der katholischen Kirche durch die Reformation verlorengegangen war, das wuchs ihr nun aus Asiens und Amerikas Völkerschaften zu, wohin das katholische Resteuropa einen kühnen missionarischen Ausgriff wagte. Ein Jahrhundert der Heiligen war angebrochen. So groß war die Anziehungskraft der aus dem Konzil von Trient erneuert und gekräftigt hervorgegangenen Kirche, daß zahlreiche Protestanten, Fürsten, Gelehrte, Theologen und Bürger sich der katholischen Kirche zuwandten. Eine Sammlung von knappsten Lebensbeschreibungen ausschließlich prominenter Konvertiten vom Beginn der Reformation bis zum Ende des 18. Jahrhunderts umfaßt 13 Bände!
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