Autor: Brandmüller, Walter Buch: Licht und Schatten Titel: Licht und Schatten Stichwort: Papst - Kirche ohne Papsttum; Kurzinhalt: So etwa haben selbst die Orthodoxen seit ihrer Trennung von Rom kein gemeinsames Konzil mehr zustande gebracht und sind statt dessen in Nationalkirchen auseinandergedriftet. Und im Bereich der Reformation ...
Textausschnitt: Kirche ohne Papsttum
22b Wie bedeutend, ja existentiell notwendig dieses Petrusamt ist, wird besonders eindrucksvoll sichtbar, wenn wir jene Bereiche der Christenheit ins Auge fassen, in denen Sendung und Vollmacht des Papsttums nicht anerkannt werden. So etwa haben selbst die Orthodoxen seit ihrer Trennung von Rom kein gemeinsames Konzil mehr zustande gebracht und sind statt dessen in Nationalkirchen auseinandergedriftet. Und im Bereich der Reformation ist die Entfernung vom Evangelium Christi und die Zersplitterung in Lehre und Gemeinschaft zu offenkundig, als daß dies näher auszuführen nötig wäre. Schon der bedeutende protestantische Rechtsgelehrte des 17. Jahrhunderts, Samuel Pufendorf, sagte:
23a "Und wiewol Lutherus zu erst der Katzen die Schelle angehencket hatte: so wollen doch die andern nicht eben in allen Stücken sich nach seiner Meinung richten/und wollen auch etwas zu sprechen haben. Dannenhero entstunden auch unter ihnen Disputen/und weil niemand war/der sie pro Autoritate hätte entscheiden können/ sondern ein jeder auff seiner Meinung verhärtet stund/gab es bald innerliche Spaltungen/und vergaß man des gemeinsamen Feindes/ und fuhr einander selbst in die Haare. So haben auch die Papisten ; diesen Vortheil für den Protestanten/daß jene alle den Pabst für das höchste Haupt ihrer Kirchen erkennen/und zum wenigsten äusser-lich und mit dem Munde im Glauben einig sind. Hingegen haben die Protestanten kein geistlich sichtbar Haupt/und sind untereinander elendiglich zertrennet. Denn daß ich nicht sage von den kleinen Secten der Arminianer/Socinianer/Widertäuffer/und dergleichen/so hat sich ihr Gros in zwen fast gleiche Haufen getheilet/der -Lutheraner und Reformirten; darunter viele fast eben so sehr auff einander verbittert sind/als auf die Papisten. Es ist auch unter ihnen keine allgemeine Verfassung der Religion halber/sondern ein ieder Staat guberniret sich hierinn nach seinem eigenen Gutdüncken."
23b Die entscheidende Frage ist nun aber nicht die, ob Primat und Infallibilität des römischen Bischofs zweckdienlich und für die Kirche notwendig oder vorteilhaft seien. Einzig und allein von Bedeutung ist, ob sie in der apostolischen Überlieferung verwurzelt, und das heißt von Christus so gewollt und der Kirche eingestiftet sind -oder nicht. Eben dies wurde freilich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder bestritten. (Fs)
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