Autor: Amerio, Romano Buch: Iota Unum Titel: Iota Unum Stichwort: Krisen der Kirche; Missbräuche; Papst Alexander VI; Dogma - Praxis
Kurzinhalt: Der Grund, weshalb die Verderbnis der Hirten keine Krise, sondern nur eine Verirrung bewirken konnte, liegt darin, daß der praktische Verrat an der Sache nicht zum theoretischen Dogma erhoben wurde, wie es bei Luther der Fall war. Textausschnitt: 19. Das Prinzip der Unabhängigkeit und die Mißbräuche in der Kirche
26a Die Erörterung der sittlichen Verfehlungen der Prälaten und der damit verbundenen Verderbnis der Institution, Nährboden für den Anspruch auf eigenständiges Prüfen, wird nunmehr, nachdem das Problem auf diese Weise angegangen ist, zweitrangig, obgleich sie sehr wichtig ist. Gewiß waren die Mißbräuche, die die Diener der Kirche mit dem Heiligen trieben, ungeheuer, und als abscheuliches Beispiel dafür kann man das Alexanders VI. anführen, der seiner Konkubine die Exkommunikation androhte, wenn sie nicht in die alten Sünden zurückfiele1. Jedoch abgesehen davon, daß ein Verurteilen des Mißbrauchs kein Verwerfen des Mißbrauchten rechtfertigt, bleibt bestehen, daß die Reform der Kirche erfolgen mußte und in rechtgläubigen Bahnen auch erfolgt ist. Dies dank Menschen, die - wie der hl. Franziskus von Assisi, der hl. Dominikus, die hl. Katharina von Siena und alle Ordensgründer im 14. und 15. Jahrhundert - es stets als unmöglich für Katholiken erachteten, den geraden Weg zu gehen, hätten sie nicht Brief und Siegel gerade jener Kirchenmänner gehabt, deren Autorität sie anerkannten, aber deren Laster sie geißelten. Der Grund, weshalb die Verderbnis der Hirten keine Krise, sondern nur eine Verirrung bewirken konnte, liegt darin, daß der praktische Verrat an der Sache nicht zum theoretischen Dogma erhoben wurde, wie es bei Luther der Fall war. Das theoretische Dogma ist im Gegensatz zur stets begrenzten Praxis unbegrenzt, denn seine Allumfassenheit enthält die Anlage zu einer Unzahl praktischer Handlungsmöglichkeiten. Befindet sich daher das theoretische Dogma auf sicherem Boden, dann mit ihm auch die gesamte Praxis, und das Prinzip der Gesundheit bleibt unversehrt. (Fs) (notabene)
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