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Autor: Lonergan, Bernard J.F.

Buch: Die Einsicht

Titel: Die Einsicht Bd. I und II

Stichwort: Tatsachenurteil: Möglichkeit (Möglichkeitsbedingung)

Kurzinhalt: Die erste Bedingung für jegliches mögliches Tatsachenurteil ist also das Erfassen (1) eines Bedingten, (2) einer Verbindung zwischen dem Bedingten und seinen Bedingungen und ...

Textausschnitt: 9. Selbstbejahung in der Möglichkeit der Tatsachenurteile [336-39]

392b Dieselbe Konklusion kann erreicht werden, indem man die Apriori-Bedingungen für die Möglichkeit jeglichen Tatsachenurteils ausarbeitet. Denn jedes solches Urteil kann durch ein "Ja" oder "Nein" in Antwort auf eine Frage "Ist es so?" dargestellt werden. Die Antwort wird rational sein, das heißt, sie wird auf einem erkannten hinreichenden Grund basieren. Die Antwort wird zudem absolut sein; "Ja" schließt "Nein" völlig aus; und "Nein" schließt "Ja" völlig aus. Folglich, weil der erkannte hinreichende Grund für eine absolute Antwort selbst absolut und erkannt zu sein hat, müssen das "Ja" oder das "Nein" auf einem Erfassen des Unbedingten beruhen. Das Tatsachenurteil besagt nun nicht, daß etwas so sein muß oder nicht anders sein könnte; es behauptet nur, daß etwas so ist; das Unbedingte, welches es begründet, wird dehalb nicht formell, sondern bloß virtuell unbedingt sein. Die erste Bedingung für jegliches mögliches Tatsachenurteil ist also das Erfassen
(1) eines Bedingten,
(2) einer Verbindung zwischen dem Bedingten und seinen Bedingungen und
(3) der Erfüllung der Bedingungen. (Fs)
[337] Es ist ein solches Erfassen, das den Übergang von der Frage "Ist es so?" zu einer rationalen, absoluten Antwort bewirkt. (Fs)

393a Aber diese zweite Anforderung setzt eine dritte voraus. Es muß ein Feld der erfüllenden Bedingungen geben. Genauer, weil die Bedingungen gleichzeitig sind mit dem, was sie bedingen, muß es ein vorhergehendes Feld geben, welches das enthält, was zu erfüllenden Bedingungen werden kann. Für sich selbst genommen, werden sie weder bedingend noch bedingt sein; sie werden einfach gegeben sein. (Fs)

393b Schließlich ist die Möglichkeit konkret. Logiker mögen sagen, daß ein "Berg von Gold" möglich sei, wenn in der Annahme eines solchen Berges kein Widerspruch enthalten ist. Tatsächlich ist aber ein Berg von Gold nur möglich, wenn die Mittel vorhanden sind, genug Gold für einen ganzen Berg zu erwerben, es an einen einzigen Ort zu bringen, es in der Form eines Berges aufzuhäufen, und es dort solange zu behalten, daß der Goldberg während eines minimalen Zeitintervalles tatsächlich existiert. Ähnlich wird jedes mögliche Tatsachenurteil ein konkretes Urteil sein. Die Bedingungen für seine Möglichkeit schließen die Bedingungen mit [338] ein, seine verschiedenen Komponenten zusammenzubringen. Es muß dann also eine konkrete Einheit-Identität-Totalität1 geben, welche das Gegebene erfährt, das über das Gegebene eine Untersuchung anstellt, um die freie Entwicklung systematischer Einheiten und Relationen hervorzubringen, das über solche Entwicklungen reflektiert und nach dem virtuell Unbedingten als seinem Grund verlangt, um mit "Ja" oder "Nein" zu antworten. Es ist diese konkrete Einheit, die fragt, "Ist es so?" Es ist diese konkrete Einheit, die die freie Entwicklung initiiert, indem sie über das Gegebene fragt: "Was ist das?", "Warum ist es?", "Wie oft existiert es oder kommt es vor?" Es ist diese konkrete Einheit, die das Bedingte als Bedingtes erfaßt und formuliert und die sich auf das Gegebene beruft, um das virtuell Unbedingte zu erfassen und es rational und absolut zu bejahen. (Fs)

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