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Autor: Ratzinger, Josef

Buch: Einführung in das Christentum

Titel: Einführung in das Christentum

Stichwort: Grundeinstellungen, Leitmotive: Mittler, Monotheismus, Geschichte; Monarchianer, Modalisten

Kurzinhalt: Die dritte Grundeinstellung ließe sich bezeichnen als das Bemühen, der Geschichte Gottes mit dem Menschen ihren Ernst zu lassen. Das bedeutet: ...

Textausschnitt: b) Die leitenden Motive.

153b Wie kam es zu dieser Entscheidung? Auf dem Weg zu ihr waren drei Grundeinstellungen maßgebend. Die erste ließe sich als der Glaube an die Gottunmittelbarkeit des Menschen benennen. Es geht darum, dass der Mensch, der mit Christus zu tun bekommt, in seinem Mitmenschen Jesus, der ihm als Mitmensch erreichbar und zugänglich ist, auf Gott selbst trifft, nicht auf ein Mischwesen, das sich dazwischenschöbe. Die Sorge um das wahre Gottsein Jesu hat in der frühen Kirche die gleiche Wurzel wie die Sorge um sein wahres Menschsein. Nur wenn er wirklich Mensch war wie wir, kann er unser Mittler sein, und nur wenn er wirklich Gott ist wie Gott, erreicht die Vermittlung ihr Ziel. Es ist wohl nicht schwer zu sehen, dass hier einfach die Grundentscheidung des Monotheismus, die vorhin beschriebene Gleichsetzung von Gott des Glaubens und Gott der Philosophen, zur Frage steht und ihre äußerste Schärfe erhält: Nur der Gott, der einerseits der wirkliche Grund der Welt und andererseits ganz der uns Nahe ist, kann Ziel einer der Wahrheit verpflichteten Frömmigkeit sein. So ist aber auch die zweite Grundeinstellung schon benannt: das unabweichliche Stehen zu einer streng monotheistischen Entscheidung, zu dem Bekenntnis: Es gibt nur einen Gott. Es musste auf jeden Fall verhütet werden, auf dem Umweg über den Mittler schließlich wieder eine ganze Region von Mittelwesen und damit eine Region von wahrheitslosen Göttern zu errichten, in der der Mensch anbetet, was nicht Gott ist. (Fs) (notabene)

154a Die dritte Grundeinstellung ließe sich bezeichnen als das Bemühen, der Geschichte Gottes mit dem Menschen ihren Ernst zu lassen. Das bedeutet: Wenn Gott als Sohn auftritt, der zum Vater Du sagt, ist es kein für den Menschen aufgeführtes Theater, kein Maskenball auf der Bühne der menschlichen Geschichte, sondern Ausdruck von Wirklichkeit. Der Gedanke eines göttlichen Schauspiels war in der alten Kirche von den Monarchianern geäußert worden. Die drei Personen seien drei »Rollen«, in denen Gott sich uns im Laufe der Geschichte zeigt. Hier muss erwähnt werden, dass das Wort »Persona« und seine griechische Entsprechung »Prosopon« der Sprache des Theaters zugehören. Man benannte damit die Maske, die den Schauspieler zur Verkörperung eines anderen werden ließ. Das Wort wurde zunächst von solchen Erwägungen her in die Sprache des Glaubens eingebracht und erst von ihm selbst in einem schweren Ringen so umgeprägt, dass daraus die der Antike fremde Idee der Person entstand. (Fs)

155a Andere - die so genannten Modalisten - meinten, die drei Gestalten Gottes seien drei »Modi«, Weisen, wie unser Bewusstsein Gott wahrnimmt und sich selbst auslegt. Obwohl es zutrifft, dass wir Gott nur in der Spiegelung des menschlichen Denkens erkennen, hat der christliche Glaube daran festgehalten, dass wir in dieser Spiegelung doch eben ihn erkennen. Wenn wir schon nicht aus der Enge unseres Bewusstseins aufzubrechen vermögen, so kann doch Gott in dies Bewusstsein einbrechen und in ihm sich selber zeigen. Dabei braucht gar nicht geleugnet zu werden, dass in den Bemühungen der Monarchianer und Modalisten ein bemerkenswerter Anlauf auf das rechte Denken von Gott sich vollzog: Die Sprache des Glaubens hat schließlich die von ihnen vorbereitete Terminologie angenommen, in dem Bekenntnis zu den drei Personen in Gott ist sie bis heute wirksam. Dass das Wort Prosopon-Persona nicht sogleich den ganzen Umfang dessen auszusagen vermochte, was hier auszusagen ist, war schließlich nicht ihre Schuld. Die Ausweitung der Grenzen des menschlichen Denkens, die notwendig war, um die christliche Gotteserfahrung geistig zu verarbeiten, stellte sich nicht von selber ein. Sie verlangte einen Kampf, für den auch der Irrtum fruchtbar war; damit folgte sie dem Grundgesetz, dem der menschliche Geist in seinem Voranschreiten allenthalben unterliegt. (Fs)

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