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Autor: Thomas, Aquin von

Buch: Gott der dreieinige

Titel: Kommentar zu F1_027 - F1_043

Stichwort: S.th.1.q27 Kommentar: DIE GÖTTLICHEN HERVORGÄNGE

Kurzinhalt: In der vorliegenden Frage baut der hl. Thomas diese Lehre so auf: Es gilt, eine Art des Hervorgehens aufzuzeigen, die keine Trennung der Personen, d. h. keine Auflösung der Wesenseinheit in Gott bedeutet.

Textausschnitt: 27. FRAGE DIE GÖTTLICHEN HERVORGÄNGE

385a Die theologischen Spekulationen über die innergöttlichen Hervorgänge nahmen, wie gesagt, ihren Ausgang von der Frage: Wie kann unter Wahrung der Wesenseinheit in Gott eine Dreipersönlichkeit bestehen? In diesem Zusammenhang wird die Lehre von den göttlichen Hervorgängen schon in den ersten Ansätzen der theologischen Spekulation verwertet. Tertullian weist den Monarchianern gegenüber darauf hin, daß die Monarchie eines Königs nicht dadurch aufgehoben werde, daß der König einen Sohn zeugt, der dann an der königlichen Würde seines Vaters Anteil gewinnt. Wie aber in Gott der Ausgang des Sohnes aus dem Vater näherhin zu denken ist, führt Tertullian nicht weiter aus, wenn er auch gelegentlich schon andeutet, daß die Lösung in der Richtung eines intellektuellen innergöttlichen Lebensvorganges zu suchen sei. Erst Augustinus hat die heute allgemein angenommene Lösung gefunden. Für ihn ist der Sohn das innerlich vom Vater in der Erkenntnis Seiner eigenen Seinsvollkommenheit gesprochene WORT, das nicht aus dem Vater heraustritt, sondern wesentlich mit Ihm verbunden bleibt; der Heilige Geist ist die Vater und Sohn umspannende, von beiden ausgehende Liebe. (Fs)

385b Für die Ausgestaltung dieser Lehre waren verschiedene Ansatzpunkte in der Offenbarung gegeben. Wiederholt kehren in der Heiligen Schrift Ausdrücke wieder, die, wie Thomas sagt, "auf einen Hervorgang Bezug haben". Am bekanntesten ist das Wort des Herrn, mit dem Er den Heiligen Geist bezeichnet als "den Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht" (Jo 15, 26). Aber schon die Personennamen 'Vater', ,Sohn' und 'Geist' deuten auf ein Hervorgehen einer Person aus der anderen hin. Der Name 'Sohn' besagt zudem, daß das Hervorgehen der zweiten Person aus der ersten eine wirkliche Zeugung sei. Über die Art des Hervorgehens der dritten Person aus den beiden anderen macht die Offenbarung keine besonderen Aussagen; sie hebt nur hervor, daß es keine Zeugung sei; die zweite Person wird nämlich ausdrücklich als einziger und eingeborener Sohn bezeichnet. Das sog. Athanasianische Glaubensbekenntnis (5. Jhdt.) faßt dies so zusammen: "Der Vater ist von keinem gemacht, nicht erschaffen und nicht gezeugt. Der Sohn ist vom Vater allein, nicht gemacht, nicht erschaffen, sondern gezeugt. Der Heilige Geist ist von Vater und Sohn, nicht gemacht, nicht erschaffen, sondern ausgehend." (Fs)

385c Die zweite göttliche Person wird in der Offenbarung als das göttliche WORT (Logos) bezeichnet. Die altchristliche Tradition dachte bei dieser Bezeichnung in erster Linie an das äußere, offenbarende Wort. Der hl. Augustinus versteht es vorzüglich vom inneren, im Geiste geformten Wort. In seiner Erklärung des Prologs zum Johannesevangelium sagt er: "Auch wir haben Worte gesprochen, als wir redeten. War etwa ein solches Wort bei Gott? Sind nicht die Worte, welche wir gesprochen haben, verklungen und vergangen? ... Was für ein Wort ist also dasjenige, welches gesprochen wird und nicht vergeht? Es gibt ein Wort auch im Menschen selbst, das drinnen bleibt; denn nur der Schall geht aus dem Munde hervor. Es gibt ein Wort, welches wahrhaftig geistig gesprochen wird." In diesem innerlich gesprochenen Worte sah Augustinus ein Abbild des göttlichen WORTES. Damit war die psychologische Trinitätslehre begründet. (Fs)

386a In der vorliegenden Frage baut der hl. Thomas diese Lehre so auf: Es gilt, eine Art des Hervorgehens aufzuzeigen, die keine Trennung der Personen, d. h. keine Auflösung der Wesenseinheit in Gott bedeutet. Diese Art stellt Artikel 1 fest in der das innere Wort formenden Denktat des Geistes. Überträgt man diese Art des Hervorgehens auf Gott, dann zeigt sich auch, daß man diesen innergöttlichen Vorgang als Zeugung bezeichnen kann (Art. 2). Da jedes Geistwesen eine doppelte innenbleibende Lebenstätigkeit im Erkennen und Lieben ausübt, ist auch bei Gott noch ein zweiter innergöttlicher Hervorgang (Liebe) anzunehmen (Art. 3), der jedoch nicht Zeugung genannt werden kann (Art. 4). In diesen beiden Hervorgängen erschöpft sich das innertrinitarische Leben (Art. 5). (Fs)

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