Autor: Rhonheimer, Martin Buch: Sexualiät und Verantwortung Titel: Sexualität und Verantwortung Stichwort: Humanae vitae; "sicherer" Weg; Pastoralkonstitution "Gaudium et spes" (Nr. 51) Kurzinhalt: Objektiv jedoch, was das frei gewählte Sexualverhalten betrifft ... ist Enthaltung und damit verantwortliche Modifizierung des Sexualverhaltens ebenfalls ausgeschlossen Textausschnitt: c) Einige Präzisierungen und Rechtfertigungen aus der Perspektive von "Humanae vitae"
93b Was bisher gezeigt wurde ist, daß die kontrazeptive Wahl im eigendtlichen Sinne die Bereitschaft ausschließt, das eigene Sexualverhalten aus Gründen der Verantwortung zu modifizieren. Deshalb ist kontrazeptiver Sexualverkehr ein Akt, der aus der Logik der Wahrnehmung von Elternschaft herausgelöst ist. Er ist intentional (und d.h. auch objektiv und "per se") nicht mehr auf die Erzeugung neuen menschlichen Lebens hingeordnet, was man hingegen von Akten des wissentlich unfruchtbaren Sexualverkehrs im Kontext der Praktizierung periodischer Enthaltung gerade nicht sagen kann. Deshalb besitzen beide Verhaltensweisen, was ihren Bezug auf die Entstehung neuen menschlichen Lebens betrifft, eine völlig verschiedene intentionale Struktur. Kontrazeptives Sexualverhalten ist präzis in dem Sinne auch "anti-life", daß es das eigene Sexualverhalten als Bestandteil einer auf die Aufgabe der Weitergabe menschlichen Lebens bezogenen Verantwortung negiert. (Fs)
94a Dies mag weniger offensichtlich sein in dem eher besonderen, aber theoretisch möglichen Fall, in dem Empfängnisverhütung explizit und ausschließlich nur deshalb gewählt wird, um einen sichereren Weg zur Vermeidung einer Schwangerschaft einzuschlagen (obwohl freilich die Meinung, Kontrazeption sei "sicherer" zumeist mangelnder Information auch darüber entspringt, daß die wirklich "sicheren" Mittel, eingeschlossen wahrscheinlich die Intrauterinpessare, alle zugleich abortiv, weil, nach bereits erfolgter Empfängnis, nidationshemmend wirken können). (Fs)
94b Dennoch würde man sich auch in diesem Fall gegen Enthaltung, d.h. Modifizierung des Sexualverhaltens entscheiden, wenn auch nicht mit der Intentionalität, der möglichen "Bürde" der zeitweisen Enthaltsamkeit aus dem Weg zu gehen, sondern eben nur aus Gründen der Sicherheit. Objektiv jedoch, was das frei gewählte Sexualverhalten betrifft - und damit auf dieser Ebene auch intentional - ist Enthaltung und damit verantwortliche Modifizierung des Sexualverhaltens ebenfalls ausgeschlossen. (Fs)
94c Es mag natürlich sein, daß man sich solche Überlegungen gar nicht macht, daß man tut, was alle tun oder was der Vertrauensarzt rät, oder vielleicht, daß man einen dermaßen geringen Grad an Bewußtheit der Notwendigkeit einer Integration der eigenen Leiblichkeit in den Kontext verantwortlichen Verhaltens besitzt, daß man nicht von einer wirklichen Wahl gegen das Erfordernis der verantwortlichen Modifizierung des eigenen Sexualverhaltens sprechen kann. Dennoch besäße aber dieses Verhalten eben sämtliche oben beschriebenen Eigenschaften kontrazeptiven Sexualverhaltens. Unwissenheit und Irrtum, ob verschuldet oder unverschuldet, lassen ja eine falsche Handlungsweise nie zu einer richtigen werden. Und die kontrazeptive Wahl ist auf keinen Fall eine richtige Wahl. Auch gute (weitere) Absichten rechtfertigen nie sittlich falsche Mittel. Ob eine Handlung, die in sich einen eigenen sittlichen Gehalt und entsprechende Bedeutsamkeit besitzt (die also nicht ihrer Spezies gemäß indifferent ist) ein sittlich richtiges Mittel ist, um einen bestimmten Zweck zu erreichen, das muß unabhängig von diesen weiteren Intentionen ausgemacht werden, so gut und gerechtfertigt diese auch sein mögen. (Fs)
95a Diese Sicht der Dinge scheint nun in voller Übereinstimmung mit dem in der Pastoralkonstitution "Gaudium et spes" (Nr. 51) des II. Vaticanums angeführten Kriterium zu stehen, das zur Beurteilung wahrer verantwortlicher Elternschaft anzuwenden sei: [...] ____________________________
|