Datenbank/Lektüre


Autor: Rhonheimer, Martin

Buch: Sexualiät und Verantwortung

Titel: Sexualität und Verantwortung

Stichwort: Kritik: Untrennbarkeitsprinzip

Kurzinhalt: Solange Kontrazeption im Kontext eines ehelichen Lebens praktiziert wird, das in seiner Totalität sich bezüglich des prokreativen Sinngehaltes offen hält, ihn also nicht grundsätzlich negiert und d.h.: ...

Textausschnitt: b) Das Untrennbarkeitsprinzip

15a Erst in der nun folgenden Nr. 12 beginnt die Enzyklika einen Begründungsdiskurs ("Diese vom kirchlichen Lehramt oft dargelegte Lehre gründet in ..." usw.): Das Erfordernis einer "per se"-Offenheit des ehelichen Aktes hinsichtlich der Erzeugung neuen menschlichen Lebens beruhe auf der unlösbaren, von Gott bestimmten Verknüpfung der zwei grundlegenden Sinngehalte des ehelichen Aktes "Liebesvereinigung" und "Fortpflanzung"1. Hier nun hält HV vier Dinge fest: Erstens, menschliche Sexualität besitzt zwei fundamentale Sinngehalte: den Sinngehalt der Liebesvereinigung zwischen den Ehegatten (unitiver Sinngehalt) und den Sinngehalt der Weitergabe des menschlichen Lebens (prokreativer Sinngehalt). Zweitens: Gemäß der Absicht des Schöpfers sind diese beiden Sinngehalte unlösbar miteinander verknüpft. Drittens: Der Mensch darf deshalb aus eigener Initiative diese Verknüpfung nicht auflösen. Und viertens schließlich lehrt HV: Durch Empfängnisverhütung werden diese beiden Sinngehalte tatsächlich auseinandergerissen (Fs)

16a Punkte 1-3 bilden zusammen, was ich im folgenden das Untrennbarkeitsprinzip nennen werde. Dieses Prinzip muß zunächst richtig verstanden werden, damit schließlich der vierte Punkt adäquat behandelt werden kann. Die weitverbreitete Kritik an HV bestreitet ja nicht, daß im ehelichen Akt Liebe und "Dienst an der Weitergabe menschlichen Lebens" zusammengehören. Die Kritik entzündet sich an der Behauptung, durch Empfängnisverhütung werde diese Zusammengehörigkeit notwendigerweise zerrissen. Das sei nicht der Fall, zumindest nicht in höherem Maße als bei der Praktizierung periodischer Enthaltsamkeit. Kritiker vertreten dabei die Ansicht, daß ja die Zusammengehörigkeit der beiden Sinngehalte gar nicht in jedem einzelnen ehelichen Akt gewahrt sein müsse, damit die eheliche Liebe als ganze auf Fortpflanzung und die Aufgabe, menschliches Leben weiterzugeben, hingeordnet bleibt. Damit bejahen sie allerdings eine Frage, welche die Enzyklika selbst (in Nr. 3) ausdrücklich gestellt und dann verneint hat: "Kann man nicht die Meinung vertreten, daß das Ziel des Dienstes an der Fortpflanzung mehr dem Eheleben als Ganzem aufgegeben sei als jedem einzelnen Akt?" Wie gesagt, die Kritiker bejahen diese Frage, dies aber im Widerspruch dazu, was HV ausdrücklich in Nr. 14 lehrt, wo dann diese Frage klar verneint wird. Was die Kritiker hervorheben wollten, war - um es noch deutlicher zu sagen - folgendes: Solange Kontrazeption im Kontext eines ehelichen Lebens praktiziert wird, das in seiner Totalität sich bezüglich des prokreativen Sinngehaltes offen hält, ihn also nicht grundsätzlich negiert und d.h.: solange Kontrazeption gerade nur als Mittel dient, Geburten aus Gründen der Verantwortung zu beschränken oder zu planen, ohne deshalb prinzipiell Kinder auszuschließen, sind in diesem Fall die beiden Sinngehalte des ehelichen Aktes gar nicht auseinandergerissen (eine allerdings fragwürdige Anwendung des sogenannten "Ganzheitsprinzips"10). Mehr noch, die intentionale Offenheit auf Zeugung hin würde völlig gewahrt. Der Hinweis auf das Untrennbarkeitsprinzip zum Zwecke des Erweises, daß Kontrazeption falsch sei - so die Kritiker - setze bereits voraus, was zu beweisen wäre. Er ist also ein reiner Zirkelschluß (Fs)

____________________________

Home Sitemap Lonergan/Literatur Grundkurs/Philosophie Artikel/Texte Datenbank/Lektüre Links/Aktuell/Galerie Impressum/Kontakt