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Autor: Ratzinger, Joseph

Buch: Spe Salvi, Internet

Titel: Enzyklika SPE SALVI

Stichwort: Französische Revolution; Kant: Reich Gottes; Kirchenglaube - Religionsglaube

Kurzinhalt: "Der Sieg des guten Prinzips über das böse und die Gründung eines Reichs Gottes auf Erden."

Textausschnitt: 27
19. Die zwei wesentlichen Etappen in der politischen Gestaltwerdung dieser Hoffnung müssen wir kurz ins Auge fassen, weil sie für den Weg der christlichen Hoffnung, für ihr Verstehen und für ihr Bestehen von großer Bedeutung sind. Da ist zuerst die Französische Revolution als Versuch, die Herrschaft der Vernunft und der Freiheit nun auch politisch-real aufzurichten. Das aufgeklärte Europa hat zunächst fasziniert auf diese Vorgänge hingeblickt, angesichts des Fortgangs freilich auch neu über Vernunft und Freiheit nachdenken müssen. Bezeichnend für die zwei Phasen der Rezeption dessen, was in Frankreich geschah, sind zwei Schriften von Immanuel Kant, in denen er das Geschehen reflektiert. 1792 schreibt er ein Werk "Der Sieg des guten Prinzips über das böse und die Gründung eines Reichs Gottes auf Erden." Darin sagt er: "Der allmähliche Übergang des Kirchenglaubens zur Alleinherrschaft des reinen Religionsglaubens ist die Annäherung des Reichs Gottes."1 Er sagt uns auch, dass Revolutionen den Fortschritt des Übergangs vom Kirchenglauben zum Vernunftglauben abkürzen können. Das "Reich Gottes", von dem Jesus gesprochen hatte, hat hier eine neue Definition und auch eine neue Gegenwärtigkeit erhalten; es gibt sozusagen eine neue "Naherwartung": Das "Reich Gottes" kommt da, wo der "Kirchenglaube" überwunden und durch den "Religionsglauben", das heißt durch den bloßen Vernunftglauben abgelöst wird. 1795, in der Schrift über "Das Ende aller Dinge", erscheint ein verändertes Bild. Kant erwägt nun die Möglichkeit, dass neben dem natürlichen auch ein widernatürliches, ein verkehrtes Ende aller Dinge eintreten könne. Darüber schreibt er: "Sollte es mit {28} dem Christentum einmal dahin kommen, dass es aufhörte, liebenswürdig zu sein [...]: so müsste [...] eine Abneigung und Widersetzlichkeit gegen dasselbe die herrschende Denkart der Menschen werden; und der Antichrist [...] würde sein (vermutlich auf Furcht und Eigennutz gegründetes) obzwar kurzes Regiment anfangen: alsdann aber, weil das Christentum allgemeine Weltreligion zu sein zwar bestimmt, aber es zu werden von dem Schicksal nicht begünstigt sein würde, das (verkehrte) Ende aller Dinge in moralischer Rücksicht eintreten."2 (Fs)

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