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Autor: Rhonheimer, Martin

Buch: Natur als Grundlage der Moral

Titel: Natur als Grundlage der Moral

Stichwort: Zusammenfassung: voluntarium indirectum - teleologische Ethik; theologischen Absolutismus

Kurzinhalt: Die traditionelle Lösung scheint hier zugleich sachlich konsistenter wie auch menschlicher und realistischer. Menschlicher, ...

Textausschnitt: 366a Die Frage nach dem "voluntarium indirectum" ist also letztlich die Frage, wie weit der Mensch für die Folgen seines Handelns die Verantwortung trägt, inwiefern also diese den moralisch-objektiven Gehalt seines Handelns prägen. Der Begriff der "Verantwortung" ist nun eben eng verbunden mit jenem der Willentlichkeit. Und während teleologische Ethiker dazu neigen, den Menschen für alle Folgen seines Tuns verantwortlich zu erklären, müssen sie diesen Anspruch mit dem Preis bezahlen, alle wählbaren Handlungsinhalte prinzipiell und in sich nur als vor-sittliche Güter zu betrachten. Damit, so scheint mir, fällt mit dem Begriff des indirekt Gewollten auch jener der sittlichen Verantwortlichkeit in seinem moralisch-objektiven und personalen Sinn. Denn wenn ich, aus entsprechend "schwerwiegenden Gründen", prinzipiell alles wollen (also auch eine im allgemeinen als schlecht zu bezeichnende Handlung "ausnahmsweise" als Mittel zu einem guten Zweck wählen) darf, dann hat der Gegenstand meines Wollens auch keine sittliche Bedeutsamkeit mehr. Eine solche käme nur noch den "Gründen" zu. Welches ist dann aber das Kriterium für deren sittliche Verantwortbarkeit? (In Kap. 6 wurde bereits gezeigt, daß ein solches in konsistenter Weise nicht angegeben werden kann, vielmehr im Kontext "teleologischer Ethik" höchstens "deontologisch" postuliert zu werden vermag). Die traditionelle Lösung scheint hier zugleich sachlich konsistenter wie auch menschlicher und realistischer. Menschlicher, nicht weil sie "angenehmer" ist, sondern weil sie den Menschen als ein Wesen respektiert, das in seinem eigenen Sein einen sittlich bedeutsamen, durch das Handeln zur Entfaltung gebrachten Sinn trägt und das nicht dazu verurteilt ist, das, was es ist und auch sein soll, dauernd mit entsprechenden "Gründen" konstruieren zu müssen. Realistischer, weil eine solche universale Verantwortlichkeit entweder der totalen Unverantwortlichkeit, dem "Recht zur Amoralität" oder dem normativen Diktat von Fachleuten, Politikern und Gesetzen verfällt. Theologisch wird das dann in eine Theorie des "theologischen Absolutismus" gefaßt, demgemäß man prinzipiell alles tun darf - anything goes - weil es ja doch nur "eine einzige innerlich böse Handlung gibt, nämlich die Abwendung von Gott".1 Das hieße soviel wie: Abdankung der Moral zugunsten der Gottesliebe, - eine Haltung, die offenbar vergißt, was immerhin die Heilige Schrift uns lehrt, daß nämlich Gott des Menschen Liebe zu Ihm aufgrund seiner Taten beurteilt, und daß nicht jeder, der "Herr, Herr!" ruft, ins Himmelreich eingehen wird. (Fs)

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