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Autor: Kauffmann, Clemens

Buch: Leo Strauss zur Einführung

Titel: Leo Strauss zur Einführung

Stichwort: Polis - Philosophie; Freundschaft: Sokrates - Thrasymachos

Kurzinhalt: Thrasymachos: In ihm verbindet sich das Höhere mit dem Niederen, er ist das Band zwischen dem Philosophen und der Menge

Textausschnitt: 184A Und so macht Strauss auf eine Merkwürdigkeit in der Politeia aufmerksam, auf die vor ihm nur Alfarabi hingewiesen hat, daß nämlich Thrasymachos, Redner und Gegner der Sokratischen Position im Eröffnungsgespräch über die Gerechtigkeit, mit Sokrates Freundschaft schließt und in den »Idealstaat« integriert wird, weil »der Weg des Sokrates, der nur für den Umgang des Philosophen mit der Elite angemessen ist, mit dem Weg des Thrasymachos kombiniert werden muß, der angemessen ist für den Umgang des Philosophen mit der Menge«. Der ambivalenten Position des Thrasymachos entspricht die zentrale Stellung des mittleren Seelenteils, des Mutes (thymos), in der Politeia. Der »thymos« ist eine Art Energie, die nicht von sich aus auf ein letztes Ziel gerichtet ist, sondern sich mit unterschiedlichen Kräften verbinden kann. Er kann die Sache der Polis ebenso zu der seinen machen wie die Sache des Geistes. In ihm verbindet sich das Höhere mit dem Niederen, er ist das Band zwischen dem Philosophen und der Menge. Die ambivalente Haltung der Politeia gegenüber Thrasymachos zeigt, daß sie sich auf der Handlungsebene, die für die Interpretation Platonischer Dialoge entscheidend ist, um die Stärken und Schwächen der Rhetorik dreht und letztlich die Einsicht in die wesentliche Begrenzung der Vernunft und der Rede im allgemeinen und damit in die Natur der politischen Dinge formuliert. Gerechtigkeit ist in letzter Konsequenz nur demjenigen möglich, der seine Vernunft in richtiger Weise kultiviert hat, also dem philosophischen Individuum, unabhängig von der Beschaffenheit der Polis, in der es lebt. Umgekehrt wird auch die Qualität einer politischen Gemeinschaft nichts daran ändern, daß gewöhnliche Menschen nicht schlechthin gerecht sein können. »Das gerechte Leben zu führen bedeutet, ein zurückgezogenes Leben zu führen, das zurückgezogene Leben par excellence, das Leben des Philosophen.« Für das Verständnis des Politischen ist die Einsicht wesentlich, daß politische Dinge sich immer unterhalb der Vollkommenheit bewegen, deren das Individuum fähig ist. Platon diskutiert alle philosophischen Probleme im Hinblick auf die fundamentale Sokratische Frage »Was ist die richtige Lebensweise?« Dabei erweist sich das philosophische Leben als die schlechthin richtige Lebensweise. »Schließlich definiert Platon das Naturrecht unter direkter Bezugnahme auf die Tatsache, daß das einzige einfach gerechte Leben das Leben des Philosophen ist.«1 (Fs)

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