Autor: Rhonheimer, Martin Buch: Die Perspektive der Moral Titel: Die Perspektive der Moral Stichwort: Ethik: Objektivität - Subjektivität; Wahrheit der Subjektivität Kurzinhalt: "Objektivität" - wie später noch eingehend gezeigt werden soll - ist in der Perspektive der Moral kein Gegenbegriff zu "Subjektivität", sondern vielmehr eine bestimmte "Verfasstheit" von Subjektivität, Textausschnitt: 52a Ethik ist also Lehre von der Tugend. Damit haben wir weit vorgegriffen. So viel soll festgehalten werden: Wir suchen nicht eine "Objektivität" der "universalen Vernunftimperative" oder einer "menschlichen Natur" oder eines "besten Weltzustandes" oder eines zwanglosen Konsenses aller Teilnehmer an einem idealen Diskurs. Gesucht sind vielmehr die Bestimmungskriterien für eine Art von Objektivität, die wir die Wahrheit der Subjektivität nennen können: Die Wahrheit praktischer Urteile von Handlungssubjekten über das ihrem Streben gegenständliche Gute. Das heißt nicht, Praxis und Ethik hätten nichts mit "universalen Imperativen der Vernunft", mit "menschlicher Natur" oder mit dem "besten Zustand der Welt" zu tun. Gemeint ist vielmehr, dass wir darin für die ethische Reflexion keinen Ausgangspunkt finden können. (Fs)
52b Damit soll gleich zu Beginn hervorgehoben werden, dass der Gegensatz "subjektiv"-"objektiv" in der Ethik die Perspektive verfälscht. Das "sittlich Gute" (oder "Richtige") ist weder eine von bloßer Subjektivität abgehobene Objektivität, noch auch etwas "Subjektives" im Sinne eines "subjektivistischen" Relativismus. "Objektivität" - wie später noch eingehend gezeigt werden soll - ist in der Perspektive der Moral kein Gegenbegriff zu "Subjektivität", sondern vielmehr eine bestimmte "Verfasstheit" von Subjektivität, nämlich deren Wahrheit. Die grundlegende Perspektive der Moral ist jedoch wesentlich immer die Perspektive der Subjektivität, d.h. des strebenden und aufgrund seines Strebens handelnden Subjekts. (Fs) (notabene)
Kommentar (09/29/06): interessant in Bezug auf Lonergan.
52c Um die Frage nach den Bedingungen der Wahrheit der Subjektivität zu klären, werden mehrere Schritte nötig sein. Ja die ganze Ethik ist nichts anderes als die Klärung dieser Frage. Sie hat es demnach auch - wie jedes Wissen - mit Wahrheit zu tun1. (Fs)
52d Ethik beginnt demnach mit einer handlungstheoretischen Fundamentalanalyse, die selbst wiederum nichts anderes ist, als eine Theorie des moralischen Subjekts. Und die Entfaltung der Ethik ist die Entfaltung dieser Analyse und Theorie des handelnden Menschen. Das ist es, was uns interessiert: Uns selbst als handelnde Wesen zu verstehen. (Fs)
52e Es ist deshalb durchaus einleuchtend, dass Thomas von Aquin den moraltheoretischen Teil seines systematischen Hauptwerkes mit der Frage eröffnet, ob es dem Menschen eigen sei, um eines Zieles willen zu handeln1. Die Zielgerichtetheit menschlichen Handelns und die Grundkategorien, die aus deren Analyse gewonnen werden können, sollen hier als Ausgangspunkt für das Weitere dienen. (Fs)
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