Autor: Voegelin, Eric Buch: Die neue Wissenschaft der Politik Titel: Die neue Wissenschaft der Politik Stichwort: Repräsentation im Römischen Reich 2; Varro und Augustinus (Civitas Dei): Typen der Theologie
Kurzinhalt: Nach der Augustinischen Darstellung unterschied Varro drei Arten (genera) von Theologie - das genus mythicon, das genus physicon und das genus civile.2 Die mythische ist die Theologie der Dichter, die physische die der Philosophen und die zivile die ... Textausschnitt: 2. Varro und Augustinus über die Typen der Theologie
118a Die Analyse wird wiederum nach dem aristotelischen Verfahren geführt werden. Sie wird von der Selbstinterpretation der Gesellschaft ausgehen - jedoch unter der Voraussetzung, daß Selbstinterpretation jetzt die Interpretationen durch Philosophen und Heilige miteinschließt. (Fs) (notabene)
118b Die verschiedenen Wahrheitstypen, die platonischen typoi peri theologias, die miteinander in Wettstreit traten, wurden zum Gegenstand formaler Klassifizierung. Die älteste noch erhaltene findet sich in Varros Antiquitates, einem um das Jahr 47 v. Chr. vollendeten Werk. Eine Neuklassifizierung wurde gegen Ende der Römerzeit von Augustinus in seiner Civitas Dei unternommen. Die beiden Werke sind insofern aufeinander bezogen, als die Varrosche Klassifizierung durch die Darstellung und Kritik des Augustinus erhalten geblieben ist.1 (Fs)
118c Nach der Augustinischen Darstellung unterschied Varro drei Arten (genera) von Theologie - das genus mythicon, das genus physicon und das genus civile.2 Die mythische ist die Theologie der Dichter, die physische die der Philosophen und die zivile die der Völker"3 oder, nach einer anderen Version, die der principes civitatis.4 Die griechische Terminologie wie auch die Formulierung im einzelnen deuten darauf hin, daß Varro die Klassifizierung nicht geschaffen, sondern einer griechischen, wahrscheinlich stoischen Quelle entnommen hatte. (Fs)
119a Augustinus übernahm die Varronischen Typen mit gewissen Abänderungen. Erstens übertrug er die mythische und die physische Theologie in sein Latein als fabulosa und naturalis und schuf dadurch den Ausdruck "natürliche Theologie", der bis heute im Gebrauch geblieben ist.5 Zweitens behandelte er die fabulose Theologie als Teil der zivilen wegen des kultischen Charakters der dramatischen Götterdichtung.6 Dadurch würden die Typen Varros auf die zivile und die natürliche Theologie reduziert werden. Die Reduktion ist nicht ohne Interesse, weil sie höchst wahrscheinlich über verschiedene Umwege auf den Einfluß eines Ausspruches von Antisthenes zurückzuführen ist, daß es "nach dem nomos viele Götter, nach der physis jedoch nur einen gibt". Im Gegensatz zur physis würde nomos die dichterische und politische Kultur als Menschenwerk zusammenfassen - eine Betonung des menschlichen Ursprungs heidnischer Götter, die Augustinus vermutlich angesprochen hat.7 Da schließlich das Christentum und seine übernatürliche Wahrheit in die Arten der Theologie mit ,einbegriffen werden mußte, war das Ergebnis wiederum eine Dreigliederung der Typeneinteilung in die zivile, die natürliche und die übernatürliche Theologie. (Fs) ____________________________
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