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Autor: Finance de Joseph

Buch: Grundlegung der Ethik

Titel: Grundlegung der Ethik

Stichwort: Wille - Motiv: natürlicher Dynamismus (Leerstelle im Subjekt); Trennung von Objekt - Motiv

Kurzinhalt: Das sinnliche Streben beginnt Objekt und Motiv zu unterscheiden; vernünftiges Streben: klare Unterscheidung von Motiv und Objekt

Textausschnitt: 22a Der natürliche Dynamismus - und das gilt mutatis mutandis nicht nur für die biologischen, sondern auch für die seelischen und sogar geistigen Aktivitäten, und zwar um deswillen, was in ihnen dem Bewußtsein vorhergeht und es begründet - strebt, wie wir sahen (6), nach der Sache selbst . Das Objekt setzt insofern in Bewegung, als seine natürliche Realität (seine Eigenschaften, seine physikalisch-chemische Struktur usw.) gleichsam negativ, als Leerstelle ausgespart, in die Realität des Subjekts eingelassen ist. Von Vorstellung kann dabei keine Rede sein. Alles spielt sich vielmehr auf der Ebene des materiellen, "physischen", "entitativen" Seienden, auf der Ebene des "Dings" ab. (63; Fs) (notabene)
22b Das sinnliche Streben beginnt Objekt und Motiv zu unterscheiden (11). Es trachtet nach dem begehrten Ding, insofern es daran einen gewissen Wert findet, der es begehrenswert macht (Lustverheißung, biologische Brauchbarkeit). "Insofern" bezieht sich hier aber, wohlgemerkt, auf das Zuschauen des Philosophen und auf die ontologische Ordnung ("an sich und für uns", würde es in der "Phänomenologie des Geistes" heißen). Das rein sinnliche Bewußtsein weiß davon nichts, nicht einmal verschwommen, unklar oder unausdrücklich. Es ist ja außerstande, über sich selbst nachzudenken, auf sich selbst zu reflektieren und durch einen ausdrücklichen Akt nach seinem formalen Motiv auszulangen. Unausdrückliches liegt aber nur da vor, wo die Möglichkeit des Ausdrücklichmachens besteht. So verbleibt der Bezug zum sinnlich wahrnehmbaren Guten überhaupt beim Tier voll und ganz auf der Seite der subjektiven Bedingung des Aktes; er wird vom Tier in gar keiner Weise erkannt, angezielt, gesetzt, noch kann er das werden. Das Tier strebt nach dem Lustbringenden oder "Nützlichen", ohne es zu wissen, geschweige denn es sich vorzunehmen. Nur konkrete Dinge und Tätigkeiten erkennt das Tier auf seine Weise und zielt sie an; dabei ist es sich aber in aller Seelenruhe des Antriebs unbewußt, der es in Bewegung setzt. (63f; Fs)
22c Erst auf der Ebene des vernunftgemäßen Strebens erreicht die Unterscheidung von Motiv und Objekt ihre Vollendung. Der Wille strebt geradewegs nach dem Wert, der das Objekt begehrenswert macht, und geht erst nach diesem primären Streben auf das Objekt zu. Das bedeutet freilich nicht, daß der Wille zuerst in einem ausdrücklichen Akt etwas Abstraktes (die "ratio boni") anzielen müsse. Das Streben ist daseinsbezogen: bloß Konkretes will, begehrt man. Doch genau wie der Verstand alles, was er erkennt, nur in Form von Seiendem erkennt, ohne daß deswegen schon wie bei den Ontologisten ein Urakt gesetzt werden müßte, dessen Objekt das Sein als solches wäre, so kann der Wille nur dadurch überhaupt irgend etwas wollen, daß er das Gute will, ohne daß dieses grundlegende Wollen in einem ausdrücklichen und vorgängigen Willensakt verwirklicht werden müßte. Allein die Geistestätigkeit - und da wird der Unterschied zum sinnlichen Streben ganz deutlich - ist fähig, zu reflektieren und dadurch ihr Formalobjekt thematisch zu intendieren. Während der Verstand ausdrücklich die Form des Seienden denken kann, kann der Wille ausdrücklich die Form des Guten wollen. Man wird hier also von einem Denken und einem Wollen des Seins und des Guten reden können und müssen, welches Denken und Wollen unausdrücklich in jedem einzelnen Gedanken und Wollen enthalten ist. Dieses unausdrückliche Enthaltensein ist jedoch nicht dasselbe wie das unausdrückliche Enthaltensein eines Prinzips in seinen Konsequenzen. Ich kann die Zahl pi kennen, ohne auch nur die blasseste Ahnung von den Operationen, vermöge deren sie errechnet wurde, oder den Prinzipien zu haben, auf denen diese Operationen aufbauen. Dagegen sind die Liebe zum Guten, der Begriff und die Behauptung des Seienden in jeglichem Willensakt, in jedem Denkakt gegenwärtig. Um sie zum Vorschein zu bringen, braucht man bloß den Blick des Geistes ins Innere zu lenken. (64; Fs)

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