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Autor: Finance de Joseph

Buch: Grundlegung der Ethik

Titel: Grundlegung der Ethik

Stichwort: Stufen der Motivierung (3 Grade); Vorsicht: Enthüllung kann die Seele

Kurzinhalt: 1) Der Wille läßt die natürlichen Strebungen gewähren, statt sie in Bewegung zu setzen; 2) durch Antriebe "geleitetes" Wissen um Motive; 3) Geleitetwerden durch ein klares Motiv

Textausschnitt: 21a Sehr oft bleibt die Wahrnehmung des Wertes undeutlich. Das Handeln taucht kaum über die Triebhaftigkeit empor: es findet weder besonnenes Erwägen im eigentlichen Sinn noch vorhergehende ausdrückliche Entscheidung und Entschluß statt. Der Wille läßt die natürlichen Strebungen gewähren, statt sie in Bewegung zu setzen. Wenn aber das verstandesmäßige Bewußtsein neben dem Handeln hergeht und diese unausdrückliche Nachgiebigkeit des Willens mitmacht, darf trotz allem immer noch von Motivierung die Rede sein, doch das Motiv selbst bleibt unthematisch, nicht deutlich objektiviert und für das klare Bewußtsein gleichsam überschwemmt von Begehren und Handeln. Diese rudimentäre Stufe, diesen keimhaften Zustand der Motivierung läßt die intellektualistische Psychologie fast vollständig außer acht. (61; Fs)
21b Mitunter wird das thematisch ausgearbeitete Motiv vom Willen ausdrücklich gebilligt. Tatsächlich stammt dabei jedoch die Antriebskraft weder in ihrer Gänze noch auch nur in der Hauptsache vom Willen her, sondern strömt aus den Instinkten, Leidenschaften, Trieben, Naturanlagen und Neigungen. Man will ein bestimmtes Buch lesen, sagt sich, es geschehe der Bildung wegen, um auf dem laufenden zu bleiben, und wähnt, man meine es damit ganz ehrlich; im Grund aber ist das, was einen zu dieser Lektüre bewegt, nichts als eine leichtfertige oder verderbte Neugier, ohne die man das Buch gar nicht erst aufschlagen oder doch bald wieder beiseite legen würde. Dergleichen vermischte Motivierungen kommen in unserem Alltagsleben haufenweise vor, und lange schon, ehe die Psychoanalyse aufkam, warnten Moralisten und geistliche Führer die ihnen Anvertrauten vor den Selbsttäuschungen des Gewissens. (61; Fs)
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21f Es ist jedenfalls klar, daß der Akt um so menschlicher sein wird, je schärfer das Motiv durchschaut wird. In einem durch und durch menschlichen Akt weiß das Subjekt, was es tut, und es weiß, warum es das tut. Dies gilt jedoch nur unter dem Vorbehalt: daß im übrigen sich alles gleich verhalte. In vielen Fällen kann eine allzu große Klarsicht dem seelischen Gleichgewicht zum Verhängnis werden. Eine etwas zu grelle Helligkeit tut kranken Augen weh. Es bedarf einer gewissen Vorbereitung, damit man den Schock aushalten kann, der einem durch gewisse Enthüllungen des eigenen Innern versetzt wird. Die Lehrer des geistlichen Lebens haben auf die Verwirrung und das Entsetzen hingewiesen, die in der Seele ausbrechen, sobald sie sich bei immer klarerer Innenschau der ihr bis dahin unbemerkt gebliebenen Unordnung ihrer Strebungen und Absichten bewußt wird. Durch eine vorschnelle Enthüllung kann die Seele leicht gänzlich niedergeschmettert werden: sie erblickt in sich eine allmächtige Begierlichkeit, die selbst jene Anstrengungen zuschanden macht, mit denen die Seele dieser Lüsternheit Herr zu werden sucht. Eine schlecht verdaute Psychologie ist der Untergang der Moral. Sobald es um die abgründigen, vieldeutigen Bereiche des Bewußtseins und Gewissens geht, können die meisten Menschen kaum mehr als ein Halbdunkel verkraften . (62f; Fs)

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