Autor: Finance de Joseph Buch: Grundlegung der Ethik Titel: Grundlegung der Ethik Stichwort: Verstand, Idee - Wollen = Form - Wirken; Hypnose; Thomas: Willensakt -> Neigung aus der Idee; Urteil Kurzinhalt: Wille, Willensakt: der durch die Idee geformte Dynamismus des Geistes; Wille: Übergang der Idee in die Realität; die intelligible Form, die das Wollen bedingt, hat die Struktur eines Urteils Textausschnitt: 16. Wenn das Wollen das Objekt als daseinsmäßig von dem Akt, der es anzielt, abhängiges anzielt, dann ist zu sagen, daß das Bewußtsein vom Wollen ein gewisses Verstehen der kausalen Relation (hinsichtlich ihrer Bedeutung und nicht hinsichtlich ihres Wie) einbegreift. Dabei ist es wichtig, anzumerken, daß diese Kausalität nicht als Eigenschaft irgendeiner psychologischen Tatsache auftritt, welche das Subjekt nur von außen betrachten würde oder die ihm innerlich ohne sein Zutun widerführe. Wenn das Objekt als zum Dasein bestimmt erscheint, dann ist es das Subjekt, das ihm durch seine Zuneigung intentional diese Eigenschaft verleiht und aus der Vorstellung eine wirksame Idee macht, die bereit ist, in die Realität herniederzusteigen. (49f; Fs)
16a Dadurch unterscheidet sich die willensmäßige Aktivität radikal von jener Aktivität, die sich im Traum, in der Hypnose, in bestimmten krankhaften Zuständen usw. vollzieht, worin wegen der ontologischen und funktionellen Einheit des menschlichen Seienden die Idee (und nicht nur die sinnliche Vorstellung) das Verhalten des Subjekts determiniert, ohne daß das Subjekt dessen gewahr wird oder ihm zustimmt. In diesen Fällen ist nämlich der Verstand, beziehungsweise das Subjekt als verstandbegabtes, nicht die Ursache besagter Phänomene, es sei denn auf mittelbare und gleichsam beiläufige Weise. Der Verstand fungiert dann als Form, genauer: als Eigenschaft einer Seele, die - insofern sie ist - Form eines Leibes ist. Er wirkt dann nicht, noch verursacht er gemäß seiner eigenen Modalität als Verstand. Im Wollen dagegen ist der Verstand (das Subjekt als vernunftbegabtes) sehr wohl die eigentliche, wiewohl mittelbare Ursache der Wirkung. Hier fungiert die Idee nicht gemäß ihrem "natürlichen" Sein als Determination der Form und damit der ontologischen Totalität des Subjekts, sondern gemäß ihrer Natur als Idee, auf der Linie der Intentionalität. (50; Fs)
16b Dem Verstand die Kausalität der Wirkung zuschreiben heißt keineswegs den Unterschied der Wirkvermögen negieren - auf welchen Unterschied wir übrigens noch zurückkommen werden -, sondern heißt dabei beharren, daß die Vermögen zusammenhängen und einander einschließen. Aristoteles sagte, der Wille sitze im vernünftigen Teil der Seele , und nach Thomas von Aquin ist der Willensakt nichts anderes als die aus der Idee hervorgehende Neigung , der durch die Idee geformte Dynamismus des Geistes, oder anders ausgedrückt: der sich mittels des Geistes verwirklichende Dynamismus der Idee (und des Wertes). Der Wille ist eben gerade jenes Medium, in dem sich der Übergang der Idee in die Realität vollzieht oder vielmehr anbahnt; er ist das, wodurch die Idee aufhört, bloße Idee zu sein, und sich unwiderruflich dem Dasein verschreibt. In dieser Hinsicht ist der Wille dem Verstand nicht äußerlich noch parallel, sondern er ersteht aus dem Verstand, ist das, wozu der natürliche Dynamismus des Geistes wird, nachdem er durch das Bewußtsein hindurchgegangen und das Subjekt zu einem bei sich seienden geworden ist. (50f; Fs) (notabene)
16c Zwischen der Idee und dem Wollen besteht ein ähnlicher Zusammenhang wie zwischen der Form und dem Wirken. Die Analogie zwischen beiden kann man übrigens noch weiter treiben. Das Wirken als sekundäre Aktuierung setzt eine primäre Aktuierung voraus: das Sein, dessen Ausdruck und Steigerung es ist (2). Und gleichermaßen setzt das Wollen eine primäre intentionale Aktuierung voraus, die sich zur Idee verhält wie das Sein zur Form: diese Aktuierung ist die Verstandestätigkeit, die sich im Urteil vollendet. Das Urteil erscheint so als Mittler zwischen der bloßen Vorstellung und der Bewegung des Willens; es gründet in der Vorstellung und begründet die Willensbewegung; es aktuiert die Vorstellung und ist als primäres Moment einunddesselben geistigen Vorwärtstreibens in die Willensbewegung einbegriffen. Das ist aber noch nicht alles. Durch das Bejahen, welches seine Seele ist (und welches sogar noch in der Negation enthalten ist), besagt das Urteil seitens des Geistes nicht nur Setzung des Objekts im intelligiblen Sein und bereitet so dessen Setzung im realen Sein vor, sondern bringt an diesem Objekt auch noch eine Struktur zum Ausdruck. Nun beinhaltet aber auch der Willensakt eine objektive Struktur. (51; Fs) ____________________________
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