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Autor: Augustinus

Buch: Vom Gottesstaat, Buch 11-22

Titel: Buch 11, Ursprung der beiden Staaten in der Engelwelt

Stichwort: Sterben, Schmerz: Beispiel für die Denkweise Augustinus'

Kurzinhalt: 3. Muß nicht körperlicher Schmerz zuletzt zum Tode führen?; Was sie nicht erfahren haben, meinen sie, könne auch nicht existieren

Textausschnitt: 21/3/1 Aber, so versichern sie, solch einen Leib, der zwar Schmerz empfinden, aber nicht sterben kann, gibt es überhaupt nicht. Wirklich ? Woher wissen wir das ? Wer kann mit Sicherheit von den Dämonen sagen, ob es nicht auch ein leiblicher Schmerz ist, wenn sie gestehen, daß sie von großen Qualen gepeinigt werden ? Antwortet man, es gebe keinen irdischen, also greif-und sichtbaren Leib, oder mit einem Worte gesagt, kein Fleisch, das wohl Schmerz empfinden, aber nicht sterben könne, so sagt man nichts anderes, als was die Menschen durch Sinneswahrnehmung und äußere Erfahrung festgestellt zu haben glauben. Denn sie wissen von keinem Fleisch, das nicht sterblich wäre, und ihre ganze Weisheit ist die: Was sie nicht erfahren haben, meinen sie, könne auch nicht existieren. Wie aber kann man vernünftigerweise den Schmerz zu einem Beweisgrund für das Sterben machen, da er doch vielmehr ein Anzeichen des Lebens ist ? Denn wenn wir uns auch fragen, ob das Leben immer fortdauern kann, ist es doch gewiß, daß alles, was Schmerz empfindet, lebt, und daß Schmerz nur in einem lebenden Wesen vorkommen kann. So ist es zwar notwendig, daß, wer Schmerz fühlt, auch lebt, nicht aber, daß Schmerz tötet. Denn nicht einmal diese unsere sterblichen und darum dem Tode verfallenen Leiber tötet jeder Schmerz, und wenn es schon einen Schmerz gibt, der sie töten kann, so ist der Grund der, daß die Seele in der Art mit unserm Leibe verbunden ist, daß sie dem höchsten Schmerz weichen und dann entweichen muß. Denn das Gefüge der Glieder und belebten Körperteile ist so schwach, daß es einen Angriff, welcher großen oder äußersten Schmerz verursacht, nicht aushalten kann. Dereinst aber wird die Seele mit solch einem Leibe und auf solche Weise verknüpft sein, daß das Band durch keine noch so lange Zeitdauer aufgelöst und ebenso auch durch keinen Schmerz zerrissen werden kann. Mag es darum auch jetzt kein Fleisch geben, das schmerzempfindlich ist, aber nicht sterben kann, so wird doch dereinst das Fleisch ganz anders sein als jetzt, wie ja auch der Tod dann ganz anders als jetzt sein wird. Denn dann gibt es nicht etwa keinen, sondern den ewigen Tod, und die Seele wird weder leben können ohne Gott noch auch durch Sterben von den körperlichen Schmerzen erlöst werden. Der erste Tod treibt die Seele wider Willen aus dem Leibe, der zweite Tod hält sie wider Willen im Leibe fest; der erste aber sowie der zweite Tod haben gemeinsam, daß durch sie die Seele von ihrem Leibe etwas erleidet, was sie nicht will. (676f; Fs)

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