Autor: Thomas, Aquin von Buch: Die sittliche Weltordnung Titel: Die sittliche Weltordnung Stichwort: Verhältnis: habitus - actus, Habitus zw Potenz und Akt Kurzinhalt: führende Rolle der praktischen Vernunft: nicht intellektualistische im Sinne des Sokrates; dazu bedarf es des Willens, der habituell gefestigten Bestimmtheit des Wollens und Begehrens Textausschnitt: 5/E4 Die menschliche Handlung, die von der begrifflichen Erkenntnis als einzeln und für sich bestehender Akt erörtert werden kann, steht in der Lebenswirklichkeit im Zusammenhang mit bestimmten Dispositionen des Handelnden, mit sittlicher Sinnesrichtung, guter oder schlechter Gewöhnung, mehr oder minder dauerhaften Signaturen der Willenstätigkeiten, die unter den Begriff des Charakters fallen. Darum muß auch die ethische Theorie das Verhältnis zwischen actus und habitus ins Auge fassen, näherhin die sittliche Zuständlichkeit als vorangehenden und beeinflussenden Faktor der Handlung wie als ihr folgenden und beeinflußten.
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6/E4 Man wird bei Thomas die Verknüpfung des Psychologischen mit den festen Voraussetzungen aus der allgemeinen Seinsordnung auf keiner Seite vermissen. Schon seine Auffassung des auf Handeln gerichteten Habitus als einer latenten, aber innerlich bereits geformten Energie weist auf das grundsätzliche Seinsverständnis nach Akt und Potenz zurück, zwischen welchen beiden die Qualität Habitus in der Mitte liegt, weil sie uns nicht erst vermöglich (potentes) macht, überhaupt zu handeln, sondern tüchtig oder untüchtig (habiles vel inhabiles), das, was wir kraft der Vermögen können, gut oder schlecht zu tun. Der Anteil des Unbewußten in unserm sittlichen Haushalt kommt in der Veranschlagung des Triebhaften, das unser Handeln mitbestimmt und von diesem rückläufig wieder Zufuhr oder Schwächung erfährt, zu gerechter Geltung. Die führende Rolle der praktischen Vernunft als des vorangehenden Urteilsvermögens wird von Thomas nicht intellektualistisch im Sinne des Sokrates verstanden, ____________________________
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