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Autor: Thomas, Aquin von

Buch: Über die Herrschaft der Fürsten

Titel: Über die Herrschaft der Fürsten

Stichwort: Der Zweck der Wirtschaft; Staat - Kirche;

Kurzinhalt: Staat nicht bloß als Produktions- und Konsumgenossenschaft

Textausschnitt: 23/N Alle noch folgenden administrativen Ausführungen des Fürstenspiegels über die Gründung und Regierung des Staates (institutio regni und gubernatio regni, I, 12 bis Schluß) stehen unter dem Gesichtspunkt des höchsten Lebensziels. Am deutlichsten läßt sich das an der Behandlung der Wirtschaft (II, 3) ablesen. Der Zweck der Wirtschaft - Beschaffung der materiellen Güter - ist lebensnotwendig und daher gut (denn »für den Notleidenden ist es besser, zu Besitz zu kommen als zu philosophieren«), aber dieses Ziel ist kein Selbstzweck und daher der Staat auch nicht die Produktions- und Konsumgenossenschaft, als die er sich heute fast ausschließlich darstellt. Reichtum um des Reichtums willen, ohne Bezug auf die Vollendung des Menschen, ist sinnlos und daher verwerflich. Daraus folgen dann die »antikapitalistischen« Restriktionen des Fürstenspiegels. (87; Fs) (notabene)
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... Damit tritt das Problem des Verhältnisses von Kirche und Staat auf, bei dessen Lösung Thomas sicher zwischen zwei Extremen hindurchsteuert: der Politisierung der Religion im Sinne der vorchristlichen Antike oder gegenwärtiger theologischer Bestrebungen einerseits, der Klerikalisierung der Politik im Sinne der Theokratie anderseits. Die Kirche als Trägerin des höchsten Lebenszwecks muß zwar der politischen Gewalt übergeordnet werden, damit wird der Fürst jedoch nicht Amtsträger der Kirche; die Hierarchie der Lebenszwecke nimmt auf keiner Stufe den Lebensbereichen ihre Eigenständigkeit, wohl aber, wie wir sahen, ihre absolute Autonomie. Daher unterwirft sich der christliche Fürst eines christlichen Volkes der kirchlichen Herrschaft, soweit es das transzendente Ziel des Christen erfordert, und führt die Politik im Hinblick auf dieses Ziel; aber er führt sie selbständig und kraft der Autorität menschlicher Vernunft in eigener Verantwortung, weil das Amt der Kirche nicht weltlich ist. Bei Thomas hört mit anderen Worten die politische Geschichte auf, unmittelbar Moment der Heilsgeschichte zu sein; erst die neuzeitlichen Ideologien werden den Staat wieder zum Werkzeug der Erlösung des Menschen und die Politik damit zur fürchterlichen Macht einer absolut existenzentscheidenden Religion steigern.

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