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Autor: Augustinus

Buch: Vom Gottesstaat, Buch 11-22

Titel: Buch 11, Ursprung der beiden Staaten in der Engelwelt

Stichwort: Gründung des irdischen Staates

Kurzinhalt: 5. Kain und Abel, Romulus und Remus; Der erste Gründer des irdischen Staates also war ein Brudermörder; teuflische Neid, den die Bösen wider die Guten hegen,

Textausschnitt: 15/5/1 Der erste Gründer des irdischen Staates also war ein Brudermörder, denn er tötete, von Neid übermannt, seinen Bruder, der als Bürger des ewigen Staates auf dieser Erde ein Fremdling war. So ist es kein Wunder, daß lange hernach bei Gründung der Stadt, die das Haupt des irdischen Staates, von dem wir reden, werden und über so viele Völker herrschen sollte, diesem ersten Vorbild und Archetyp, wie die Griechen es nennen, das Abbild in seiner Art entsprach. Denn auch hier ereignete sich dieselbe Schandtat, wie sie einer ihrer Dichter gekennzeichnet hat: «Kaum errichtet, troffen die Mauern vom Blute des Bruders.» Denn Rom ward begründet, als nach dem Zeugnis der römischen Geschichte Remus von seinem Bruder Romulus umgebracht wurde, nur daß in diesem Falle beide Bürger des irdischen Staates waren. ... () Doch die beiden Brüder Kain und Abel hegten nicht das gleiche Begehren nach irdischen Dingen, und nicht deshalb beneidete der eine, der den Mord beging, den anderen, weil seine Herrschaft eingeschränkt worden wäre, wenn beide herrschten - denn Abel trachtete nicht nach Herrschaft in dem Staate, den sein Bruder gründete'-, sondern es war jener teuflische Neid, den die Bösen wider die Guten hegen, aus keinem anderen Grunde, als weil diese gut sind und sie selber böse. Denn keineswegs wird der Besitz an Gutheit dadurch verringert, daß ein Genosse hinzutritt oder dabei bleibt, vielmehr ist Gutheit ein Besitz, von dem gilt: je größer die Teilnehmerzahl, um so einträchtiger die unteilbare Liebe der Genossen. ja, diesen Besitz kann niemand haben, der ihn nicht mit anderen teilen will, und um so reichlicher wird man seiner teilhaftig, je reicher die Liebe ist, die man dem Genossen zuwendet. jener Streit also, der zwischen - Remus und Romulus ausbrach, macht kund, wie der irdische Staat in sich selbst zwiespältig ist, während der Streit zwischen Kain und Abel die Feindschaft zwischen den beiden Staaten, dem Staate Gottes und dem der Menschen, aufdeckt. Es kämpfen demnach gegeneinander Böse und Böse, und ebenso kämpfen gegeneinander Böse und Gute. Gute und Gute jedoch können, wenn sie vollkommen sind, nicht miteinander kämpfen. Die Fortschreitenden aber und noch nicht Vollkommenen können es insofern, als jeder Gute mit dem Teil seines Wesens gegen den andern kämpft, mit dem er auch sich selbst bekämpft. Begehrt doch auch in einem und demselben Menschen das Fleisch wider den Geist und den Geist wider das Fleisch.

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