Inhalt


Stichwort: Ethik, Moral

Autor, Quelle: Rhonheimer, Natur als Grundlage der Moral

Titel: Existentialethik: Rahner - Kritik

Index: Kritik an Rahner: Existentialethik

Kurzinhalt: Da natürlich Rahner die "Norm" als Deduktion aus der Natur des Menschen in ihrer Spezifität verstand, also aus der universalen "species", mußte er ...

Text: 144a Rahner hatte dabei m. E. bereits die Ausgangsfragestellung unglücklich formuliert, und meistens provozieren falsche Fragestellungen zwar plausible, aber falsche Antworten. Rahner fragt: "Ist das sittlich Getane nur die Realisation der allgemeinen Norm, das Sittliche Gesollte im konkreten Fall nur gleichsam Schnittpunkt zwischen dem Gesetz und der vorliegenden Situation?"1 Da natürlich Rahner die "Norm" als Deduktion aus der Natur des Menschen in ihrer Spezifität verstand, also aus der universalen "species", mußte er nun nach einem sittlichen "Individuationsprinzip" und damit nach einer Art "Individualnatur" eines jeden Menschen suchen. Dabei appliziert Rahner, wie bekannt ist, die metaphysischen Konstitutionsprinzipien der Engel (die sich selbst individuierende "forma substantialis") auf den Menschen.2 Da Rahner sittliche Normen nicht auf ihren wahren Ursprung zurückbezieht, auf ihr Fundament der auf die Ordnung der sittlichen Tugend bezogenen "lex naturalis" als "ordinatio rationis", scheint ihm auch das eigentliche sittliche "Individuationsprinzip" zu entgehen: Das menschliche Handeln selbst, das ja als tugendhaftes oder der Tugend entgegengesetztes in einer weitläufigen Vielfalt der Kontingenzen menschlichen Lebens den Menschen moralisch individuiert, - eine Individuation, die nicht ontologisch, sondern operativ ist. Es handelt sich dabei überhaupt nicht um ein Problem von Normen, sondern um ein solches des der praktischen Vernunft gegenständlichen "Guten" und schließlich um das, was man "Freiheit zur Tugend" und "Freiheit in der Tugend" nennen könnte. (Fs) (notabene)

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Stichwort: Ethik, Moral

Autor, Quelle: Rotter, Internet

Titel: Rotter

Index: leerleer

Kurzinhalt:

Text: Publiziert in: Adrian Holderegger (Hg.), Fundamente der Theologischen Ethik. Bilanz und Neuansätze. (Studien zur theologischen Ethik. 72). Freiburg-Schweiz/Freiburg-Wien 1996, S. 277-289.



Charakteristisch ist in diesem Kontext die Diskussion zwischen K. Rahner, dessen Existentialethik man als "christliche Glaubensethik" bezeichnen kann(3), einerseits sowie F. Böckle und J. Schuster anderseits, ob ein moraltheologischer Satz als solcher letztlich ein Satz des Glaubens sei(4). Es geht bei Rahner nicht darum, dass er die meta-ethische und die normative Fragestellung nicht unterscheiden kann, sondern es geht um eine andere Bestimmung des Verhältnisses beider Ebenen zueinander, als bei seinen Kritikern. Für Rahner sind moraltheologische Sätze natürlich auch nicht unter jeder Rücksicht Glaubensmysterien. Dennoch gilt: Sittliche Sätze "wollen und müssen Sätze des Glaubens sein, implizieren einen Bezug auf Gott, sind erst sie selbst, wenn ihre Bezogenheit auf das absolute Mysterium mitrealisiert wird".(5) Der Satz "Du sollst nicht morden" z.B. ist erst dann als moraltheologischer Satz begriffen, wenn man mitdenkt und mitglaubt, dass der Wert des menschlichen Lebens letztlich in der Beziehung des Menschen zu Gott gründet. Abstrahiert man von dieser Beziehung, dann handelt es sich eben nicht um einen moraltheologischen Satz. Es ist offensichtlich, dass es hier sehr grundsätzlich um das Verständnis der Moraltheologie geht. Erschöpft sich Moraltheologie in utilitaristischen Erwägungen, in innerweltlichen Gegebenheiten und Zusammenhängen oder impliziert sie auch die Begründung dieser Wirklichkeit im transzendenten Geheimnis Gottes?

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Stichwort: Ethik, Moral

Autor, Quelle: Spaemann, Robert, Das unsterbliche Gerücht

Titel: Gottesglaube - Konsequenzialismus

Index: Moralische Konsequenz aus d. Existenz Gottes (Sartre, Dostojewski); Konsequenzialismus

Kurzinhalt: Der Konsequenzialismus ist ein Bruch mit der Grundlage einer jahrtausendealten menschlichen Gesittung. Und er ist totalitär, weil er den, der zu wissen glaubt, was für alle das Beste ist, zum Herrn der Gewissen derer macht, die das nicht wissen.

Text: 29a
19. Es gibt allerdings eine moralische Konsequenz aus dem Glauben an Gott. Wenn Gott ist, müssen Menschen tun, wovon Gott will, daß sie es wollen, und dürfen nicht versuchen, die Rolle Gottes zu spielen als Herren dessen, was geschieht. Jean-Paul Sartre schreibt in seinen nachgelassenen Cahiers pour une morale, daß ein Atheist radikaler »Verantwortungsethiker« sein muß, bereit, jedes Verbrechen zu begehen, wenn es zum Besten der Menschheit ist. Der Versuch, sich saubere Hände und eine weiße Weste zu bewahren, ist nichts als moralischer Egoismus. Anders, so schreibt er, ist es für den Gläubigen. Er trägt in erster Linie Verantwortung für sein eigenes Leben, weil es für ihn eine Instanz gibt, vor der er sein Leben zu verantworten hat. Sein Versuch, sich nicht mit dem Bösen zu kompromittieren, ist nicht Egoismus, sondern Gottesdienst. Die Verantwortung für die Unterlassung von Verbrechen aber braucht er nicht zu tragen. Sartre hat diese Sache besser verstanden als ein großer Teil der heutigen christlichen, insbesondere katholischen Moraltheologen, die für die teleologische Moral des Konsequenzialismus optiert haben, nach welcher die sittliche Qualität einer Handlung die Funktion der Gesamtheit ihrer voraussichtlichen Folgen ist, also der Zweck die Mittel heiligt. Und wenn inzwischen sogar Bischöfe diejenigen als moralische Egoisten beschimpfen, die die neutestamentliche Forderung, »sich unbefleckt zu bewahren von dieser Welt«, ernst zu nehmen suchen, dann sollten sie vielleicht darüber nachdenken, ob nicht ein bestimmter Verantwortungsbegriff ebenso utopisch wie atheistisch ist. »Wenn Gott nicht existiert, ist alles erlaubt«, meinte Dostojewski. »Unter Umständen und eine gute Absicht vorausgesetzt«, fügt der Konsequenzialist hinzu. »Uns ist alles erlaubt«, sagte Lenin in der Überzeugung, daß er wisse, was für alle das Beste ist, und daß es keinen Gott gibt, der das weiß. Der Konsequenzialismus ist ein Bruch mit der Grundlage einer jahrtausendealten menschlichen Gesittung. Und er ist totalitär, weil er den, der zu wissen glaubt, was für alle das Beste ist, zum Herrn der Gewissen derer macht, die das nicht wissen. (Fs; tblStw: Ethik, Moral) (notabene)

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