Inhalt


Stichwort: Urteil

Autor, Quelle: Rahner, Geist in Welt

Titel: Urteil - Allgemeinbegriff

Index:

Kurzinhalt: ... der Allgemeinbegriff .., unterscheidet sich vom Urteil ... nicht wie ein Stück vom Ganzen ... sondern wie eine mögliche von einer tatsächlich vollzogenen Synthesis von Subjekt und Prädikat.

Text: 83b Wir haben damit sachlich auch schon den Ansatz für die Erfassung der zweiten Anzeige der reditio in seipsum gewonnen, den Ansatz für das Verständnis des Urteils. Der Allgemeinbegriff erschien uns wesentlich als ein Was von einem möglichen Etwas, als ein mit einem möglichen Subjekt synthetisierbares Gewußtes. Damit ist aber gesagt: der Allgemeinbegriff, die simplex apprehensio, unter welchem Titel Thomas gewöhnlich von Allgemeinbegriffen redet, unterscheidet sich vom Urteil, in dem er Prädikat ist, nicht wie ein Stück vom Ganzen, zu dem die Begriffe (Subjekt, Prädikat) nachträglich zu ihrer inneren Konstituierung erst noch zusammengestückt werden, sondern wie eine mögliche von einer tatsächlich vollzogenen Synthesis von Subjekt und Prädikat. Denn schon zum Allgemeinbegriff als solchem gehört die Hinbeziehung auf ein mögliches Subjekt. Damit ist aber gleichzeitig gesagt, daß der Satz vor den Allgemeinbegriffen ist, weil die vollzogene Synthesis vor der möglichen steht. Die mögliche Synthesis wird aus der vollzogenen in ihrer Natur genauer zu erkennen sein, wodurch auch die Dunkelheit zu beheben sein wird, die sich in den bisherigen Aussagen über die Hinbeziehung eines Allgemeinen auf ein mögliches entgegenstehendes Subjekt noch fand. (Fs) (notabene)

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Stichwort: Urteil

Autor, Quelle: Rahner, Geist in Welt

Titel: Urteil, complexa

Index: Urteil, complexa; "comparatio vel applicatio ad rem"

Kurzinhalt: So versteht es sich von selbst, daß Wahrheit im eigentlichen Sinne, d. h. als erkannte Übereinstimmung mit dem Ansich der Sache, nur in den complexa, nicht aber in den incomplexa gegeben sein kann1.

Text: 87a Die complexio bei Thomas. Thomas unterscheidet im Gewußten incomplexa (indivisibilia) und complexa. Incomplexa sind z. B. Haus, Heer, Mensch, der Inhalt einer Definition usw.1. Es wird schon daraus allein klar, daß die concreta, von denen eben die Rede war, zu den incomplexa gehören, daß also die konkretisierende und die affirmative Synthesis nicht dasselbe sind. Das complexum ist ein enuntiabile2, ein Urteil. Der Mensch erkennt immer "secundum quandam complexionem"3. Diese complexio geschieht "per affirmationem vel negationem", in einer Urteilsbejahung oder Urteilsverneinung. Warum ein Urteil und seine Bejahung als Synthesis (complexio) aufgefaßt werden muß, und zwar als solche, die nicht mit der concretio zusammenfällt, wird bei Thomas auch deutlich: das complexum entsteht durch eine "comparatio incomplexi (also des schon konkretisierten Allgemeinen!) ad rem", durch eine Synthesis des konkretisierten Allgemeinen mit dem bestimmten Ansich des Objekts4. Insofern auch die definitio als bloße Synthesis von begrifflichen Merkmalen als solchen noch keine bejahende Hinbeziehung auf eine Sache an sich, keine "comparatio {88} vel applicatio ad rem" enthält, ist sie an sich noch ein incomplexum, es sei denn, sie enthalte implizit das Urteil der sachlichen Vereinbarkeit ihrer Merkmale oder die urteilende Hinordnung der Definition auf eine Sache an sich als auf eine von der Definition wirklich getroffene5. So versteht es sich von selbst, daß Wahrheit im eigentlichen Sinne, d. h. als erkannte Übereinstimmung mit dem Ansich der Sache, nur in den complexa, nicht aber in den incomplexa gegeben sein kann6. (Fs)

88a Aus dem Bisherigen schon ergibt sich, daß für Thomas das Urteil sich nicht in einer Synthesis von zwei Begriffen erschöpft1, sondern daß das eigentlich konstitutive Moment des Urteils die Hinbeziehung der konkretisierenden Synthesis von Subjekt und Prädikat auf die Sache selbst, die affirmative Synthesis ist. Durch sie wird auch erst die Wahrheit Merkmal des intellektuellen Vorgangs2. Wahrheit ist erst dort, wo das Gewußte auf das Ansich, das esse rei bezogen wird3, wo eine applicatio ad res gegeben ist4.

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Stichwort: Urteil

Autor, Quelle: Lonergan, Die Einsicht

Titel: Urteil - wahr, falsch

Index: Intention von Sein: Kern aller Bedeutung; Urteil: wahr - falsch

Kurzinhalt: Im wahren Urteil gibt es Harmonie zwischen dem, was intendiert wird, und dem, was gemeint ist. Im falschen Urteil aber gibt es einen Konflikt zwischen Intention und Bedeutung. Das falsche Urteil intendiert als Urteil das Sein; es intendiert, das ...

Text: 425f Der allumfassende Terminus der Bedeutung ist nun das Sein; denn außer dem Sein gibt es nichts. Umgekehrt ist der Kern aller Bedeutung die Intention von Sein. (Fs) (notabene)

415g Jedes gegebene Urteil gehört somit zu einem Kontext von Urteilen und die Bedeutung des gegebenen Urteiles wird aus diesem Kontext heraus bestimmt. Warum aber ist die Bedeutung des gegebenen Urteils eine Funktion eines Kontexts anderer Urteile? Weil jedes Urteil nur eben ein Zuwachs in einem Ganzen ist, das Erkenntnis genannt wird; weil die Bedeutung des Urteils bloß ein Element ist in der Bestimmung der universalen Intention von Sein. (Fs)

416a Ferner, Urteile können wahr oder falsch sein. Das wahre Urteil bejaht, was ist, und verneint, was nicht ist. Im wahren Urteil gibt es Harmonie zwischen dem, was intendiert wird, und dem, was gemeint ist. Im falschen Urteil aber gibt es einen Konflikt zwischen Intention und Bedeutung. Das falsche Urteil intendiert als Urteil das Sein; es intendiert, das zu bejahen, was ist, und das zu verneinen, was nicht ist. Aber das falsche Urteil als falsches versagt in der Ausführung seiner Intention als Urteil. Es bejaht, was nicht ist, und verneint, was ist. Es bedeutet nicht das, was ist, sondern nur das, was wäre, wenn das Urteil nicht falsch, sondern wahr wäre; in seiner negativen Form wiederum bedeutet es, nicht, was nicht ist, sondern was nicht wäre, wäre es nicht falsch, sondern wahr. (Fs) (notabene)

416b Vielleicht hat dieser Konflikt manche Denker zu dem Schluß geführt, daß ein falsches Urteil bedeutungslos sei. Ein solcher Schluß scheint aber erstaunlich falsch. Wäre das falsche Urteil bedeutungslos, dann gäbe es nichts, was falsch wäre. Das falsche Urteil ist falsch, gerade weil es einen Stand der Dinge meint, der das Gegenteil des Standes ist, den man zu bejahen intendiert, des Standes nämlich, der wahr ist. (Fs)

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