Stichwort: Dialektik Autor, Quelle: Strauss, Leo, Natural Right and History Titel: Dialektik, Sokrates Index: Dialektik: Aufstieg von der Meinung zur Wahrheit Kurzinhalt: The opinions are thus seen to be fragments of the truth, soiled fragments of the pure truth. In other words, the opinions prove to be solicited by the self-subsisting truth, and the ascent to the truth proves ... Text: 123a Socrates seems to have regarded the change which he brought about as a return to "sobriety" and "moderation" from the "madness" of his predecessors. In contradistinction to his predecessors, he did not separate wisdom from moderation. In present-day parlance one can describe the change in question as a return to "common sense" or to "the world of common sense." That to which the question "What is?" points is the eidos of a thing, the shape or form or character or "idea" of a thing. It is no accident that the term eidos signifies primarily that which is visible to all without any particular effort or what one might call the "surface" of the things. Socrates started not from what is first in itself or first by nature but from what is first for us, from what comes to sight first, from the phenomena. But the being of things, their What, comes first to sight, not in what we see of them, but in what is said about them or in opinions about them. Accordingly, Socrates started in his understanding of the natures of things from the opinions about their natures. For every opinion is based on some awareness, on some perception with the mind's eye, of something. Socrates implied that disregarding the opinions about the natures of things would amount to abandoning the most important access to reality which we have, or the most important vestiges of the truth which are within our reach. He implied that "the universal doubt" of all opinions would lead us, not into the heart of the truth, but into a void. Philosophy consists, therefore, in the ascent from opinions to knowledge or to the truth, in an ascent that may be said to be guided by opinions. It is this ascent which Socrates had primarily in mind when he called philosophy "dialectics." Dialectics is the art of conversation or of friendly dispute. The friendly dispute which leads toward the truth is made possible or necessary by the fact that opinions about what things are, or what some very important groups of things are, contradict one another. Recognizing the contradiction, one is forced to go beyond opinions toward the consistent view of the nature of the thing concerned. That consistent view makes visible the relative truth of the contradictory opinions; the consistent view proves to be the comprehensive or total view. The opinions are thus seen to be fragments of the truth, soiled fragments of the pure truth. In other words, the opinions prove to be solicited by the self-subsisting truth, and the ascent to the truth proves to be guided by the self-subsistent truth which all men always divine. (Fs) (notabene) ____________________________Stichwort: Dialektik Autor, Quelle: Lonergan, Bernard, Die Einsicht Titel: Dialektik - Geschichte Index: Dialektik der Gemeinschaft; Definition "Dialektik": konkrete Erfahrung entgegengesetzter Prinzipien; Unterschied zur dramatischen Befangenheit Kurzinhalt: 32/06I Präzisierend wollen wir sagen, daß die Dialektik eine konkrete Entfaltung verbundener, doch entgegengesetzter Prinzipien des Wandels ist. Eine Dialektik wird dann also vorhanden sein, wenn
(1) ein Aggregat von Ereignissen bestimmten Charakters ... Text: 5. Die Dialektik der Gemeinschaft [217-18]
31/06I Man hat das Wort Dialektik in verschiedenen Bedeutungen verwendet. Bei Plato bezeichnete es die Kunst des philosophischen Dialogs und stand so der Eristik gegenüber. Bei Aristoteles bezog es sich auf den Versuch, Hinweise auf die Wahrheit zu finden, indem man die Meinungen anderer untersucht und überprüft. Für die Scholastiker wurde die Dialektik zur Anwendung logischer Regeln auf öffentliche Disputationen. Hegel benutzte das Wort in bezug auf den triadischen Prozeß vom Begriff des Seins zur Absoluten Idee. Marx stellte Hegel auf den Kopf und faßte als dialektisch einen nicht-mechanischen, materialistischen Prozeß auf. Zusammenfassend können wir sagen, daß Dialektik eine Kombination des Konkreten, des Dynamischen und des Widersprüchlichen bezeichnet; diese Kombination mag in einem Dialog gefunden werden, in der Geschichte philosophischer Meinungen oder im historischen Prozeß allgemein. (261; Fs)
32/06I Präzisierend wollen wir sagen, daß die Dialektik eine konkrete Entfaltung verbundener, doch entgegengesetzter Prinzipien des Wandels ist. Eine Dialektik wird dann also vorhanden sein, wenn
(1) ein Aggregat von Ereignissen bestimmten Charakters vorliegt,
(2) die Ereignisse auf eines oder beide Prinzipien zurückgeführt werden können,
(3) die Prinzipien gegensätzlich, aber miteinander verbunden sind,
(4) sie durch die die Veränderungen modifiziert werden, die nach und nach aus ihnen resultieren. (261; Fs) (notabene)
33/06I Zum Beispiel war die oben1 beschriebene dramatische Befangenheit dialektisch. Die im Bewußtsein auftauchenden Inhalte und Affekte liefern das nötige Aggregat von Ereignissen einer bestimmten Sorte; diese Ereignisse stammen aus zwei Prinzipien, nämlich den neuralen Nachfragefunktionen und dem Vollzug der konstruktiven oder repressiven Zensurfunktion; die zwei Prinzipien sind verbunden wie Gemustertes und Musterndes; sie sind insofern gegensätzlich, als die Zensurfunktion nicht nur konstruiert, sondern auch verdrängt, und auch insofern, als eine mißgeleitete Zensurfunktion zur Vernachlässigung neuraler Nachfragen führt, welche sich ihren Weg in das Bewußtsein erzwingen; schließlich ist der Wandel kumulativ; denn die Orientierung der Zensurfunktion zu jeder Zeit und die neuralen Bedürfnisse, denen zu begegnen ist, hängen beide ab von der vergangenen Geschichte des Bewußtseinsstroms. (262; Fs)
34/06I Wie es nun im dramatischen Subjekt eine Dialektik gibt, so gibt es auch eine umfassendere Dialektik der Gemeinschaft. Soziale Ereignisse können auf die zwei Prinzipien der menschlichen Intersubjektivität und des praktischen Common Sense zurückgeführt werden. Die zwei Prinzipien sind verbunden; denn das spontane, intersubjektive Individuum strebt nach Verstehen und will sich intelligent verhalten; und umgekehrt hätte die Intelligenz nichts zu ordnen, gäbe es nicht die Wünsche und Ängste, Leiden und Freuden der Individuen. Weiter, diese verbundenen Prinzipien sind gegensätzlich, weil es ihr Gegensatz ist, der für die Spannung in der Gemeinschaft verantwortlich ist. Schließlich werden diese verbundenen und gegensätzlichen Prinzipien durch die Veränderungen modifiziert, welche aus ihnen resultieren; die Entwicklung des Common Sense besteht in den weiteren Fragen und Einsichten, die aus den Situationen entstehen, welche die früheren Handlungen des praktischen Common Sense herbeigeführt haben; und die Abwechslung sozialer Ruhe und sozialer Krise kennzeichnen aufeinanderfolgende Stufen in der Anpassung menschlicher Spontaneität and Sensibilität an die Anforderungen der sich entwickelnden Intelligenz. (262; Fs) (notabene)
35/06I Diese Dialektik der Gemeinschaft unterscheidet sich auf zwei Weisen von der Dialektik des dramatischen Subjektes. Erstens gibt es einen Unterschied im Ausmaß; denn die Dialektik der Gemeinschaft bezieht sich auf die ganze Geschichte menschlicher Beziehungen, während die innere Dialektik des Subjektes sich bloß auf die Biographie eines Individuums bezieht. Zweitens gibt es einen Unterschied auf der Ebene der Aktivität; denn die Dialektik der Gemeinschaft beschäftigt sich mit dem Zusammenwirken der mehr oder weniger bewußten Intelligenz und der mehr oder weniger bewußten Spontaneität in einem Aggregat von Individuen, während die Dialektik des Subjektes sich mit dem Eindringen neuraler Nachfragen ins Bewußtsein beschäftigt. Man wird dementsprechend sagen können, daß eine einzige Dialektik der Gemeinschaft auf eine Menge individueller Sätze von neuralen Nachfragefunktionen durch eine Menge individueller Dialektiken bezogen ist. In dieser Beziehung ist die Dialektik der Gemeinschaft in der dominierenden Position; denn sie läßt die Situationen aufkommen, welche neurale Nachfragen stimulieren, und sie bildet die Gußform für die Ausrichtung der Intelligenz, welche vorbewußt ihre Zensurfunktion ausübt. Es ist aber klar, daß man diese Dominanz nicht als absolut auffassen soll; denn die neuralen Bedürfnisse konspirieren sowohl offensichtlich als auch heimlich mit einer Umnebelung der Intelligenz, und was in isolierten Individuen geschieht, neigt dazu, diese zusammenzubringen, und schafft so einen Brennpunkt, aus dem abirrende soziale Einstellungen hervortreten. (262f; Fs)
36/06I Es stellt sich an dieser Stelle die Grundfrage nach der Befangenheit im Common Sense. Vier verschiedene Aspekte verlangen unsere Aufmerksamkeit. Es gibt die schon erwähnte Befangenheit, die aus den psychologischen Tiefen aufkommt und die normalerweise sich durch ihre sexuellen Obertöne auszeichnet. Es gibt weiter die individuelle Befangenheit des Egoismus, die Gruppenbefangenheit mit ihren Klassenkonflikten und eine allgemeine Befangenheit, die darauf tendiert, den Common Sense der Wissenschaft und der Philosophie entgegenzustellen. Über diese drei muß nun etwas gesagt werden. (263; Fs) ____________________________Stichwort: Dialektik Autor, Quelle: Melchin, History, Ethics and Emegent Probability Titel: Das neurale Mannigfaltige - psychische Integration Index: Das dramatische Subjekt; das neurale Mannigfaltige - Streben nach Integration; Vorurteil (bias) Kurzinhalt: The two principles of change, the drive to psychic integration and the exigence of the neural manifold for appropriate integration, operate not only in harmony but also in opposition. Text: 41/6 The two principles of change, the drive to psychic integration and the exigence of the neural manifold for appropriate integration, operate not only in harmony but also in opposition. Lonergan suggests that much fearful avoidance of questions and concerns, an unhappy subterranean life of questions, experiences and images, and some inhibited performance of psychically disturbed subjects has been explained in terms of the reordering of the neural and psychic manifolds around the repression of the 'dramatic bias.'1 In the measure that repressed questions, experiences, and images arise in wider or narrower dimensions of life, the demand of the neural processes for appropriate integration will continue to drive more or less relentlessly towards surfacing in other areas of conscious life. Thus they operate more or less powerfully as a force or principle that warps the rest of the subject's life of experiences, insights, judgments and decisions.2 (179; Fs) (notabene)
42/6 But the dialectical interaction between the ordering principle of psychic acts and the exigences of neural processes for appropriate order does not only manifest itself in dramatic bias and, at the extreme, psychic aberration.3 For this dialectic drives the subject towards further questions, and further experience when insights fail to satisfy the demands of a question, towards images, music and art when the operative values of a culture cease to nourish, and towards getting in touch with the subject's own feelings when projects, routines, and relations of life become mechanical and unreal. But as life is constituted as much by failure as success the resultant aberrations of dramatic bias will manifest themselves as a principle of social and historical decline, which stands in opposition to the historical operation of the drive of universal finality.4 Lonergan explains the historical principle of 'individual bias' in terms of this dialectic. The historical manifestation of this principle of bias will be discussed in greater detail in the next chapter.5 (179f; Fs) (notabene)
43/6 In response to this first objection, then, Lonergan would argue that there certainly remain neural and affective events which constitute the conditions for cognitional and responsible operations and which function in patterns or schemes that distort and limit the effective range of these operations.1 But such events and schemes of events do not order decisively and determine the cognitional and responsible acts. Rather, the neural and affective events and processes constitute a manifold to be ordered by such psychic operations. Because the ordering process involves the operation of two related but opposed principles of change the process will proceed dialectically as a linked set of changes in the intellect and in the neural manifold, such that each change conditions the occurence of the next. Each psychic integration of the neural manifold operates cumulatively on the materials presented by the previous acts and the combined effects of the linkage and opposition between the two principles both keeps the dialectical scheme operating circularly and keeps the subject either developing or, in the case of prolonged bias, declining until the repression either forces a reversal or destroys the subject. The cumulatively operating acts of integration recur in accordance with statistical laws. And in Lonergan's explanation it is the element of randomness, or absence of reason, at the centre of the statistical laws, which precludes a reductionist explanation and which accounts for the flexibility that dynamizes the operation of the dialectic.2 (180; Fs) (notabene)
44/6 While precluding a reductionist account of acts of meaning, this notion of dialectic put forward by Lonergan makes room for an explanation of human action in terms of the operation of psychic aberration and opens the way for an account of historical events and processes in terms of bias. The difference between the operation of bias and the developing orientation of the dialectic is to be understood in terms of a difference in the f-probable frequency of occurrence of competently performed, cumulatively integrating acts of intelligence and responsibility. Shifts in such probabilities in the lives of individual subjects and in the recurring activities of societies and cultures could be explained in terms of changes in conditions associated with experiences and life routines. And a psychological study of the myriad of ways in which bias manifests itself could well prove a powerful explanatory tool in the hands of the historian. But such shifts in probability, Lonergan would argue, constitute expansions or contractions in the range of effective freedom. Far from precluding essential freedom such shifts in probability demand the notion of essential freedom and its dynamic structure as an emergent integration of a lower order manifold.3 (180f; Fs) (notabene)
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