Stichwort: Katechismus Autor, Quelle: Fluri, Einsicht in Insight Titel: intellectus agens, possibilis Index: Unterschied: intellectus agens - possibilis Kurzinhalt: Aquinas unterscheidet intellectus agens und intellectus possibilis, und er meint damit einerseits eine wirkende Potenz die etwas hervorbringt, andererseits eine natürliche Potenz, die etwas 'aufnimmt' Text: 1.2. Metaphysik des Verstehens
25 Metaphysik und Psychologie gehen bei Aquinas Hand in Hand. Am Übergang von der Psychologie zur Metaphysik steht die Intellekttheorie Aquinas'. Aquinas unterscheidet intellectus agens und intellectus possibilis, und er meint damit einerseits eine wirkende Potenz die etwas hervorbringt, andererseits eine natürliche Potenz, die etwas 'aufnimmt'. Die intellectus possibilis eines Lernenden und eines ausgebildeten Wissenschafters entsprechen einer passiven Potenz zur Aufnahme einer Form einerseits, einer aktiven Potenz zur Durchführung von Operationen andererseits. Wenn Aquinas zwischen intelligere und dicere für den Einsehensakt unterscheidet, dann ist mit dieser auf ersten Blick schwer verständlichen Komplizierung gemeint: intelligere ist nicht eine actio in dem Sinne, dass der intellectus possibilis diesen Akt hervorbrächte, sondern ein pati quoddam (siehe auch unsere Anmerkungen in Kapitel 8.1. - dicere ist ein Verstehen, insofern es das IW hervorbringt. Die emanatio intelligibilis ist die Qualität dieser geistigen Kausalität, sie ist das intelligente oder rationale Hervorbringen. Diese emanatio intelligibilis kann mit den processiones divinae in Verbindung gebracht werden (Verbum, Kapitel 3, Procession and Related Notions [97-140]). (11; Fs)
26 Wir haben also Subjekt und Objekt, das Objekt ist wirklich und soll vom Subjekt erkannt werden. Seelen unterscheiden sich durch ihre Potenzen, Potenzen durch ihre Akte, Akte durch ihre Objekte. Das schließliche Objekt des Intellekts ist das Wirkliche; das Wirkliche wird erkannt, indem für das immanente Objekt - die Definition - Wahrheit ausgesagt wird. Dieser Vorgang setzt voraus, dass die relevanten Daten auf ihre Evidenz überprüft worden sind. Es müssen also Objekte da sein, die bewegen. Es kann gesagt werden: das im Urteil sich ausdrückende Einsehen wird durch die relevante Evidenz bewegt, das in der Definition sich ausdrückende Einsehen wird durch ein (erhelltes) Phantasma bewegt. Die Erleichterung, die wir verspüren, wenn wir nach langem Bemühen zu einer Einsicht gelangen, zeigt uns, dass gewisse Formen und Habitus im intellectus possibilis erst entwickelt werden müssen. (11f; Fs)
27 Auf der Ebene der Intelligenz wirkt als bewegendes Objekt also die quidditas rei materialis. Sie wird erkannt in einem und durch ein Phantasma, das der intellectus agens erhellt. Intendiert wird dabei ein Begriff (und dahinter steht wieder das Sein als allgemeines Objekt des Intellektes). Auf Urteilsebene bewegt uns die vorhandene Evidenz und wir intendieren allgemein das Wahre als Qualität des wirklich Seienden (im Gegensatz zum eingebildeten, falsch erkannten oder undeutlich erkannten Seienden). Damit wäre der Zusammenhang von Erkennen (des Subjekts) und Sein (des Objekts) einmal angesprochen. Wichtig ist nun aber, wie im Einzelnen diese Objekterkenntnis vor sich geht. (12; Fs) (notabene)
28 Abstraktion geht von einer materiell gegebenen Basis aus. Für Aquinas ist es klar, dass sich auf metaphysischer und psychologischer Ebene Parallelen nachweisen lassen. Gemeint ist: wir haben einen aus Holz hergestellten Tisch; in der Außenwelt liegt also eine natürliche Materie vor, der eine Form gegeben worden ist, psychologisch gesehen abstrahieren wir im Einsehensakt von der materia sensibilis die forma intelligibilis. Metaphysisch kann demnach gesagt werden: das materielle Ding hat eine intelligible Komponente, und die ist die Form. Erkenntnis ist als Abstraktion der Form von der Materie möglich. Realistisch gesehen sind sowohl Erkenntnisakt wie erkanntes Objekt real. Das Objekt wird durch die Form eindeutig bestimmt. Indem wir erkennen, nähern wir uns der Form des Objekts (natürlich nicht so, dass wir zum Objekt würden). Aber durch das Einsehen erfassen wir eine Intelligibilität - die vorhandenen Daten sind uns nicht mehr unerschlossen und scheinen nicht mehr diffus, wir sehen sie im Licht der erfassten Intelligibilität nicht mehr als wirre Vielheit; Einsicht kann so als intelligentia indivisibilium, als ein Erfassen dessen, 'was zusammengehört' verstanden werden. Das Objekt wird demnach in einen für das Erfassen der Einheit notwendigen Teil N (auch etwa partes speciei, materia communis etc. genannt ) und in einen Rest R aufgeteilt (auch partes materiae genannt). Abstraktion besteht also im Erfassen von N und Beiseitelassen von R. Auch dieser Sachverhalt wird für Lonergan von ungemeiner Bedeutung sein. (12f; Fs)
29 Abstraktionen sind nun verschiedene vorstellbar: physikalische Abstraktion vernachlässigt die individuelle Materie, bestimmte Raum- und Zeitverhältnisse und die Möglichkeit der Veränderung; mathematische Abstraktion nimmt ihren Ausgang von sinnlich wahrnehmbarer Materie, abstrahiert völlig von ihr (drei Äpfel und vier Äpfel geben zwar sieben Äpfel - die Früchte sind aber hier ganz nebensächlich) und konzentriert sich auf die Verhältnisse. (13; Fs)
30 Für diese Abstraktionstypen lassen sich nun verschiedene Ebenen (und wir dürfen hier an die drei Ebenen der Erkenntnispsychologie - Sinneswahrnehmung, Verstehen, Urteilen, und des Bewusstseins - empirisches, intelligentes, rationales Bewusstsein erinnern) unterscheiden - natürlich wird Aquinas nicht bei diesen beiden stehenbleiben, aber sie eignen sich besonders gut für die Diskussion. Auf objektiver Stufe vollzieht sich die Erhellung des Phantasmas, des vorgestellten Objekts; auf apprehensiver Stufe1 wird der intellectus possibilis informiert und durch eine species qua aktualisiert, im vorgestellten Objekt wird eine intelligible species quae erfasst und einer Betrachtung unterzogen. Auf formativer2 Stufe schliesslich wird be-deutet, das Bedeutete wird gesetzt. Wollte man das Gesagte noch komplizieren, könnte man behaupten, die formative Abstraktion bestehe im Setzen einer universellen ratio oder intentio intellecta, und zwar in einer conversio intellectus zum Phantasma. (13; Fs); (eg: Anm.) ____________________________Stichwort: Katechismus Autor, Quelle: Rhonheimer, Natur als Grundlage der Moral Titel: intellectus agens : matera wie ratio naturalis : inclinationes naturales Index: Sinnliche Perzeption keine vollkommende Ursache der Erkenntnis; Materie : Form analog sinnliches Material : Intellekt Kurzinhalt: Intellekt: ... er verhält sich zur sinnlichen Erfahrung nicht nur wie ein "Empfänger"; aber auch nicht wie einer, der etwas "hinzu gibt", und schon gar nicht "schöpferisch", sondern eben wie das Licht, das sichtbar macht, ... Text: 214b Wenn auch Thomas daran festhält, daß alle Erkenntnis bei den Sinnen anhebt, ja daß überhaupt nichts erkannt werden könne, ohne daß es zuvor über die sinnliche Perzeption dem Intellekt vergegenständlicht worden wäre, und daß auch bei jedem Erkenntnisakt eine "conversio ad phantasmata" stattfinde, so reduziert jedoch Thomas nie und in keiner Weise in empiristischer oder sensualistischer Weise, die Leistung des Intellektes auf eine rein rationale "Verarbeitung" von Sinnesdaten; die spezifische Eigenleistung des Sichtbarmachens intelligibler Wahrheit durch das Licht des intellectus agens, "durch welches wir auf feststehende Weise die Wahrheit in den veränderlichen Dingen erkennen"1, wird dabei in keiner Weise geschmälert. Wenn man deshalb sagt, die intellektive Erkenntnis werde durch die sinnliche Perzeption verursacht, so heißt dies nicht, letztere sei etwa eine vollständige oder vollkommene Ursache, sondern eher die Materie der Ursache2; die Ursache in formeller Hinsicht ist jedoch vielmehr der Intellekt3; und das heißt: er verhält sich zur sinnlichen Erfahrung nicht nur wie ein "Empfänger"; aber auch nicht wie einer, der etwas "hinzu gibt", und schon gar nicht "schöpferisch", sondern eben wie das Licht, das sichtbar macht, was - in verborgener Weise und der sinnlichen Perzeption selbst nicht gegenständlichh - bereits "vorhanden" ist. Wir haben früher im Sinne dieses Verhältnisses zwischen intellectus agens und sinnlicher Materie der Erkenntnis auch die Beziehung der ratio naturalis zu den inclinationes naturales gedeutet, was sich nun erneut als sinnvoll erweist; es ist auch daran zu erinnern, daß dabei der Begriff der "Materie" - die materia circa quam als das obiectum, aber hinsichtlich seiner Materialität - analog zur materia der Kausalität des intellectus agens zu verstehen ist; hatte doch Thomas die Beziehung zwischen formeller und materieller Bestimmtheit des Objektes gerade mit der Metapher der Beziehung zwischen Farbe und Körper erläutert: die Farbe ist die "ratio visibilitatis" des Körpers; zugleich aber nicht etwas vom Körper Verschiedenes, sondern der ganze Körper "in tantum visibile est".4 (Fs) (notabene) ____________________________Stichwort: Katechismus Autor, Quelle: Rhonheimer, Natur als Grundlage der Moral Titel: Reditio, intellectus - ratio Index: Reditio: Ausgang: simpliciter intellecta - rationaler Diskurs - Heimkehr: simpliciter intellecta Kurzinhalt: Thomas begreift den rationalen Diskurs generell als einen Prozeß, der eine Explikation dessen ist, was im naturaliter cognitum der Prinzipien bereits implizit enthalten ist, aber aufgrund der Schwäche ... Text: .2.1 Die fundamentale Einheit von "intellectus" und "ratio"
217a Der inventive Akt der ratio naturalis erklärt sich, wie gesagt, als Entfaltung der Wahrheitserfassung eines intellectus imperfecuts, wie er dem Menschen eigen ist. Wenn wir sagten, der menschliche Akt als partizipiertes lumen naturale sei eine Fähigkeit der Wahrheitserfassung, so muß nun gezeigt werden, daß, nach Thomas, zu dieser Fähigkeit ebenfalls ein diskursiver Akt dieses Intellektes gehört. Dazu genügt es, die wichtigsten der diesen Zusammenhang erörternden Texte darzulegen. (Fs)
217b Thomas begreift den rationalen Diskurs generell als einen Prozeß, der eine Explikation dessen ist, was im naturaliter cognitum der Prinzipien bereits implizit enthalten ist, aber aufgrund der Schwäche des menschlichen Intellektes nicht auf spontan-natürliche Weise erkannt werden kann, sondern nur vermittels einer diskursiven inventio des Intellektes. Dieser diskurse Akt ist ebenfalls ein Akt des Intellektes, also derselben Potenz1, die -beim Menschen - durch den diskursiven Prozeß erst zur Entfaltung oder Aktualisierung ihrer ganzen Potentialität gelangt. (Fs) (notabene)
217c Der rationale Diskurs geht dabei jeweils von simpliciter intellecta aus; es sind die ersten Prinzipien: Auf ihnen beruht der Weg der inquisitio oder - ein Synonym - der inventio. Der Diskurs endet mit einer resolutio oder reditio zu den ersten Prinzipien, in denen das Gefundene durch ein iudicium geprüft wird.2 (Fs)
____________________________Stichwort: Katechismus Autor, Quelle: Lonergan, Bernard J.F., The Trinune God: Systematics Titel: Intellekt - Unendlichkeit Index: Natur, Wesen Gottes: Akt des Verstehens; Intellekt als passive Potenz; Kurzinhalt: Again, the infinite excludes potency ... Therefore, understanding that is in act with respect to its total object is not distinct from the intellect that understands Text: 195c Indeed, infinity so belongs to the very notion of intellect that an intellect in act with respect to its total object is infinite. For since the intellect is such as to become all things, and since 'all things' admits no specific or generic limitation, the object of intellect is the totality of being.1 It follows that intellect tends toward its object in such a way that it does not rest until it beholds God in God's essence;2 that every created intellect is a passive potency;3 that every created act of understanding is distinct from the substance of the creature, distinct from its act of existence, and distinct from its operative potency;4 and that an intellect in act with respect to its total object is infinite being.5 (Fs)
195d Moreover, infinite being cannot be from another; so intellect in act with respect to its total object is from itself. (Fs) (notabene)
197a Again, the infinite excludes potency; for what is in potency to a further perfection falls short of infinity by that very fact. (Fs)
197b Again, the intellect in act is the intelligible in act; and intellect differs from the intelligible only to the extent that both are in potency.6 But the infinite excludes potency. Therefore, understanding that is in act with respect to its total object is not distinct from the intellect that understands. Furthermore, the infinite itself as knowable or intelligible is not distinct from the act of understanding by which it is understood.7 Finally, the infinite act of understanding is true with respect to itself, not because of a likeness, as if the knowing and the known were two, but because of the absence of unlikeness.8 (Fs) (notabene)
1.Kommentar (28.05.08): Das "both" in "that both are in potency" ist irreführend. Cf. Thomas, F4_014: 'Das Sinnenfällige im Wahrgenommensein ist der Sinn im Wahrnehmen, und das Verstehbare im Verstandensein ist der Verstand im Verstehen' (Aristoteles). Denn dadurch fühlen oder erkennen wir etwas im Vollzug, wenn unser Verstand oder Sinn durch ein sinnenfälliges oder geistiges Bild im Vollzug geformt wird. Und nur insoweit unterscheiden sich Sinn und Verstand vom Sinnenfälligen und Verstehbaren, als [oder solange] sie beides nur der Möglichkeit nach sind. (9; Fs)
197c Again, the natural act of existence of the infinite is not different from its intentional act of existence. For the natural act of existence of some being is the act of existence by which it is; and its intentional act of existence is the medium by which it is known. But in the case of the infinite, the act of understanding by which the infinite is known is the same as the intelligible which is known. Therefore, the natural act of existence of the infinite is the same as its intentional act of existence.1 (Fs) (notabene)
____________________________Stichwort: Katechismus Autor, Quelle: Lonergan, Bernard J.F., The Trinune God: Systematics Titel: Intellectus agens, possibilis - phantasma Index: Intellectus agens: Staunen -> phantasma -> intellectus possibilis -> Wort Kurzinhalt: First, corporeal and individual matter is made known through the senses. Second, from the agent intellect a wondering arises that asks, 'What is it?' or 'Why is it so?' Third, a phantasm is formed ... Text: 203f But the true is one thing, and sufficient evidence is another; so the act by which evidence is grasped as sufficient is different from the act by which the true is affirmed and the false is denied. It is quite clear that these two acts are connected to each other by an intellectual emanation, for we are able to affirm the true because we have grasped evidence as sufficient.1 Therefore, as regards the second operation of intellect, by which we respond to the question, Is it? one must distinguish very carefully between the act of understanding by which the sufficiency of evidence is grasped and the act of affirming the true, which is a word uttered within. (Fs)
205a With respect to the first operation of intellect,2 the object that moves, which is external, is the quiddity or nature existing in corporeal matter. First, corporeal and individual matter is made known through the senses. Second, from the agent intellect a wondering arises that asks, 'What is it?' or 'Why is it so?' Third, a phantasm is formed in which the intelligible that is to be grasped in sensible data becomes more clearly manifest in the sensible data themselves. Fourth, the possible intellect, directed to the phantasm, grasps in the phantasm an intelligible, a quiddity, or another cause. Fifth, the possible intellect, since it now actually understands the quiddity of a reality, or another cause, utters a simple inner word, which is the definition of the reality through its quiddity or through another cause. (Fs) (notabene) ____________________________Stichwort: Katechismus Autor, Quelle: Lonergan, Philosophical and Theological Papers 1958-1964 Titel: Intelligibile in actu = intellectus in actu Index: Intelligibile in actu est intellectus in actu. Kurzinhalt: The intelligent in act and the intelligible in act are identical. The intelligible in potency and the intelligent in potency are distinct. Text: 137b Question: The next questioner asked the meaning of the dictum, Intelligibile in actu est intellectus in actu. (Fs)
Response: That's St Thomas and Aristotle. The intelligent in act and the intelligible in act are identical. The intelligible in potency and the intelligent in potency are distinct. The intelligible in potency can be understood, the intelligent in potency can understand. It depends on Aristotle's analysis of action and passion. Aristotle, and St Thomas commenting on the Physics, distinguish the mobile, the motivum, the motum, and the movens; these are the elements distinguished in motus, motion.1 Now is the motion in the mover or in the moved? Are there two motions or only one? Aristotle shows that there is only one and that it is in the moved. Then, in the third book of the De anima (lectio secunda of St Thomas's Commentary), he applies this analysis to sensation. Hearing - your ear - and the bell are distinct; what sounds in potency and what hears in potency are distinct. But the hearing in act and the sounding in act are one and the same. The bell rings in the desert - does it sound? Not in Aristotle's view. There is no sounding act unless there is an ear hearing in act. He applied the same thing to the intellectual order. Intellectus in actu and intelligibile in actu are identical, but in potency they are distinct. Because of this analysis Aristotle can conclude to what you could never arrive at in a Platonic philosophy: a prime mover that is intelligent. Aristotle's prime mover is not an object but an identity of subject and object. In his quae sunt sine materia idem est intelligens et intellectum.2 Now that is a basic analysis of knowledge, but it doesn't deal with die problem of objectivity. Analysis of the judgment has to be added. (Fs) (notabene) ____________________________Stichwort: Katechismus Autor, Quelle: Rahner, Geist in Welt Titel: Intellekt - reditio completa Index: Intellekt, Sinnlichkeit; reditio Kurzinhalt: Die Fähigkeit der einen menschlichen Erkenntnis, das in der Sinnlichkeit gegebene andere von sich weg in Frage zu stellen es zu beurteilen, ... nennen wir Denken, Intellekt Text: 79b Die Fähigkeit der einen menschlichen Erkenntnis, das in der Sinnlichkeit gegebene andere von sich weg in Frage zu stellen es zu beurteilen, es zu vergegenständlichen und damit den Erkennenden erst zum Subjekt, d. h. zu einem zu machen, der bei sich selber und nicht beim andern ist, der wissend in sich selbst steht, nennen wir Denken, Intellekt. Diese Möglichkeit der reditio completa in se ipsum ist für Thomas die metaphysisch entscheidendste Auszeichnung des Intellekts gegenüber [{80} gegenüber] der Sinnlichkeit1. Erst durch das Denken wird die in der Sinnlichkeit gehabte ungeschiedene Einheit von Sinnlichkeit und sinnlichem Gegenstand, von Subjekt und Objekt wirklich zum Subjekt, das in seiner Insichselberständigkeit eine Welt sich gegenüber hat, erst durch das Denken wird menschliche Erfahrung einer gegenständlichen Welt möglich. ____________________________Stichwort: Katechismus Autor, Quelle: Rahner, Geist in Welt Titel: intellectu agens - possibilis Index: intellectus agens; intellectus possibilis (Sinnlichkeit); "bei sich gegen anderes" Kurzinhalt: Das Beisichsein als Beisichselbersein und das Beisichselbersein als Gegen-anderes-gestellt-Sein machen die eine Grundverfassung des menschlichen Intellekts in dieser Doppeltheit aus ... Text: 91d In der Formulierung: "bei sich gegen anderes" ist schon ein Hinweis auf die genauere Erfassung dessen enthalten, was menschliches Denken ist. Das Beisichsein als Beisichselbersein und das Beisichselbersein als Gegen-anderes-gestellt-Sein machen die eine Grundverfassung des menschlichen Intellekts in dieser Doppeltheit aus, die in den thomistischen Begriffen von intellectus agens und intellectus possibilis zur Geltung kommt, wenn auch jeder dieser {92} beiden Titel die ganze Grundverfassung unter verschiedener Rücksicht ausdrückt. (Fs) (notabene)
92a Wäre nämlich dem menschlichen Denken ein Beisichselbersein ohne eine Gegenstellung gegen anderes möglich, so wäre das Erstgewußte (objectum proprium) das Sein des Erkennenden selber1. Es wäre dann für einen intellectus agens keine Möglichkeit, insofern dieser gerade die Fähigkeit besagt, ein allgemeines Gewußtes von einem anderen Seienden zur Abhebung zu bringen und dadurch erstmalig eine gegenstellende Hinbeziehung des Wissens vom Wissenden auf das Gemeinte zu ermöglichen. Es wäre aber auch nicht eigentlich Raum für einen intellectus possibilis, d. h. für eine Fähigkeit, Wissen über ein anderes als von diesem gegebenes hinzunehmen. Denn in der gemachten Voraussetzung hätte der Intellekt die Möglichkeit des Beisichselberseins immer schon durch sich selbst allein, er wäre darum schon im voraus bei sich und hätte sich schon immer erkannt, ohne davon abhängig zu sein, daß ein anderes sich ihm zeigt und ihm so die Möglichkeit gibt, in der Gegensetzung zu diesem bei sich selbst zu sein. Wäre umgekehrt die Erkenntnis Beisichsein, nicht als gegen anderes gestellte, sondern als nur beim anderen seiende, so wäre solche Erkenntnis bloße Sinnlichkeit, die ein Beisichselbersein wesensmäßig ausschließt; eine Ablösung des Seins (Wissens) von dem, worüber etwas gewußt wird, wäre unmöglich. Es bliebe nur noch die Fähigkeit einer passiven Hinnahme eines anderen in seinshafter Hingegebenheit an das andere. (Fs)
92b Aus diesen vorläufigen Formulierungen dessen, was thomistisch intellectus agens und intellectus possibilis bedeuten, zeigt sich schon, daß der intellectus agens das den Intellekt vorzüglich charakterisierende Moment ist. Denn der intellectus possibilis läßt sich nur als hinnehmendes Vermögen des anderen bestimmen, und wegen dieses Wartenmüssens auf das Begegnen des anderen ist er an sich leer (possibilis). Das aber ist eine Bestimmung, die formal auch auf die Sinnlichkeit zutrifft. Wird sie aber vom intellectus possibilis derart verstanden, daß die Hinnahme des Seins des Gewußten so geschieht, daß es von diesem abgehoben auf das Gewußte als ein anderes hinbezogen wird, dann wird die Intellektualität des hinnehmenden Vermögens gerade durch das bestimmt, was Funktion des intellectus agens ist. (Fs)
92c Was so kurz angedeutet wurde, soll lediglich eine Überlegung darüber sein, unter welchem thomistischen Titel wir das zu suchen haben, worum es in diesem Stadium der Arbeit geht: um die Möglichkeit der reditio completa. Was Thomas über den intellectus agens sagt, ist der Sache nach seine Antwort auf diese Frage. Der {93} intellectus agens setzt im Vollzug seiner Funktion durch die Abstraktion des Seins vom Seienden den Erkennenden gegen das Ansichseiende ab. (Fs) ____________________________Stichwort: Katechismus Autor, Quelle: Lonergan, Bernard J.F., The Trinune God: Systematics Titel: Intellekt - Bezug auf Sein Index: Definition - Intellekt: das, was alles werden kann; Intellekt bezogen auf Sein: als Potenz - als Akt Kurzinhalt: Intellect is defined by its relation to being; for intellect is that which can become all things, and 'all' is not restricted to any genus. But there is one intellect that is related as act to all being, Text: 337c This analogy is based proximately on the fact that divine persons and created persons are distinguished differently. Created persons are distinguished on the basis of substance - angels on the basis of specific substantial distinction, humans on the basis of numerical substantial distinction. The divine persons, however, are distinguished not on the basis of substance, since they are consubstantial, but on the basis of relations, as stated by the Council of Florence: 'everything is one where there is no distinction by relational opposition' (DB 703, DS 1330, ND 325). (Fs) (notabene)
337d If you wish to inquire further why there exists this difference between divine and created persons, you must refer to differences in intellectual nature. Intellect is defined by its relation to being; for intellect is that which can become all things, and 'all' is not restricted to any genus. But there is one intellect that is related as act to all being, and this is the infinite intellect of God, which comprehends in itself both itself and everything else. Another kind of intellect is related as potency to all being, and this in two ways: first, as one that is always in act with respect to its own intelligibles, and this is the angelic intellect; and second, as one that proceeds from potency to act, and this is the human intellect.1 (Fs) (notabene)
____________________________Stichwort: Katechismus Autor, Quelle: Eicher, Peter, Die anthropologische Wende Titel: Intellectus possibilis Index: Der hinnehmende Verstand (intellectus possibilis) Kurzinhalt: Der Geist ist passiv empfangend nur, insofern er die Sinnlichkeit aus sich entläßt; der Intellekt ist hinnehmender Intellekt nur, insofern er das Sinnesvermögen erwirkt, um zur Anschauung zu gelangen.
Text: 5.2 Der hinnehmende Verstand (intellectus possibilis)
265 Der Geist ist passiv empfangend nur, insofern er die Sinnlichkeit aus sich entläßt; der Intellekt ist hinnehmender Intellekt nur, insofern er das Sinnesvermögen erwirkt, um zur Anschauung zu gelangen. (324)
266 "Der Geist ist intellectus possibilis, d. h. empfangend, insofern er notwendig die Sinnlichkeit als seine hinnehmende Anschauung erwirkt ... Indem er die Sinnlichkeit in ihrem wechselnden bestimmten Vollzug aktiv erwirkt, 'erleidet' er eine Bestimmung, die über das Erwirken der Sinnlichkeit im allgemeinen hinausgeht." (GW 324: 324)
267 Obwohl der menschliche Verstand kein intuitives Vermögen sein kann (kein Vermögen der unmittelbaren gegenständlichen Anschauung), kommt er doch zur Intuition durch sein von ihm notwendig gebildetes Vermögen der Sinnlichkeit. (324)
268 Durch die Sinnlichkeit wird der Erkennende real identisch mit dem Gegenstand der materiellen Welt; durch die Geistigkeit wird der Gegenstand als angeschauter vom Erkennenden abgesetzt. (324)
____________________________Stichwort: Katechismus Autor, Quelle: Lonergan, Bernard J.F., The Trinune God: Systematics Titel: Intellectus possibilis Index: Intellectus possibilis (Beispiel: Feuer) Kurzinhalt: ... just as a body which is heated by fire is not moved by the heat it receives but by the fire. So too intellect is not moved by the species it has already received, nor by the truth which is the result of that species; but Text: 549b Furthermore, it is well known that the possible intellect is a passive potency and that to understand is a certain being-affected. However, since many are not convinced of this, it may help to add a few more detailed passages:
De veritate, q. 22, a. 5, ad 8m: '... the form received in something does not move the thing that receives it; but just as to have that form is itself to have been moved; but the thing is moved by an external agent; just as a body which is heated by fire is not moved by the heat it receives but by the fire. So too intellect is not moved by the species it has already received, nor by the truth which is the result of that species; but by some external thing which leaves an impression on the intellect, as the agent intellect, or phantasm, or something else of that nature.' (Fs) (notabene)
____________________________Stichwort: Katechismus Autor, Quelle: Lonergan, Bernard J.F., The Trinune God: Systematics Titel: intellectus: possibilis - agens Index: Verstehen, Intellekt, species intelligibilis, phantasma; intellectus: possibilis - agens; Potent: aktiv - passiv Kurzinhalt: But the agent intellect acts and the possible intellect is acted upon inasmuch as a phantasm is the instrument by which the agent intellect impresses an intelligible species upon the possible intellect. Text: 555b In the Aristotelian terminology, both the possible intellect and the species by which the intellect is informed are principles of the act of understanding. These principles, however, since they produce the act in that being in which the act is, are referred to not as passive potency or active potency but as nature. For a passive potency is the principle of motion or change from another as from that other; active potency is the principle of motion or change in another as in that other. Accordingly, the possible intellect is a passive potency in comparison with the agent intellect, and the agent intellect is an active potency in comparison with the possible intellect. But the agent intellect acts and the possible intellect is acted upon inasmuch as a phantasm is the instrument by which the agent intellect impresses an intelligible species upon the possible intellect. Moreover, just as whatever has produced a heavy or a light object also moves it locally, so in general an agent gives something not only a form but also the motion that is consequent upon the form. In this way the agent intellect is a mover whenever an act of understanding follows upon an intelligible species. (Fs) (notabene)
555c Beware of the common error of thinking that the mover [movens] is the sole principle of an act. For a mover as such is something extrinsic, and the more it contributes to an act the less perfect is the subject. Thus, if one is moving towards an act of understanding through one's possible intellect alone as the natural principle of this act, both the agent intellect and the teacher have the most work to do. But if one is moving towards the act not by one's possible intellect alone but also by an intelligible species as by the natural principles [of the act of understanding], then that person has no need of a teacher and operates whenever he or she wishes. And the larger a collection of well-ordered species one possesses (which is an intellectual habit), the more does one tend to understand, and the more easily does one understand and add new insights to what one has already understood. (Fs) (notabene)
____________________________Stichwort: Katechismus Autor, Quelle: Thomas, Aquin von, Joseph Bobik, Aquinas on Being and Essence Titel: Intellekt - 3 Tätigkeiten (Thomas) Index: 3 Tätigkeiten des Intellekts nach Thomas Kurzinhalt: ... (1) simple apprehension, the result of which is a concept; (2) composition and division, the result of which is a proposition; and (3) reasoning, the result of which is an argument Text: 5b Secondly, knowledge by intellect takes place by three different acts: (1) simple apprehension, the result of which is a concept; (2) composition and division, the result of which is a proposition; and (3) reasoning, the result of which is an argument. These three acts are so related to one another that the second cannot occur if the first does not; or can the third if the second does not; also, if the first does not, either can the third. This is to say that if simple apprehension does not occur, no intellectual activity at all occurs; or that whenever intellectual activity of any sort at all occurs, simple apprehension always occurs. This is also to say that propositions are per se constituents of arguments; and concepts, of propositions; i.e., just as propositions are analytically prior to arguments, so too concepts are analytically prior to propositions. Similarly, the concept of being, that which we expressed above as something-there, is so related to all our concepts about sensible things that nothing other than it can be conceived if it is not conceived; or whenever whatever else is conceived about sensible things, something-there is always conceived. Thus, something-there is a per se constituent of, or is analytically prior to, all other concepts about sensible things; but not vice versa. Thus, further, whenever the intellect does anything at all apropos of sensible things, it conceives something-there. The concept of being is the analytical beginning point of all human intellectual activity apropos of sensible things. (Fs; tblStw: Intellekt)
6a One can make an approach toward establishing that something-there expresses the content of our analytically first concept about sensible things by considering the human intellect's natural passing from potentiality to actuality in its acquisition of knowledge. The human intellect moves from knowing nothing to knowing something; humans are born with no knowledge; they are born only with powers for acquiring knowledge. In moving from no knowledge about sensible things to knowledge about them, the human intellect functions through the senses to move first to some (as opposed to a complete) knowledge; then, as one's sense experience with sensible things grows, to progressively more and more knowledge about them. But what is the least the intellect can possibly come to know about sensible things, when it first comes to know anything at all about them? Perhaps one can say: next to nothing. But to know next to nothing about sensible things, and to know this by intellect, is to know about them something which is at the highest possible level of universality. Knowledge by intellect is from the outset a universal knowledge; and the least possible knowledge by intellect is the most universal possible knowledge. It is such, therefore, that it is applicable to any and every individual sensible thing of any and every sort, but without expressing anything which is proper to, or distinctive of, any individual or sort. When the intellect first conceives the sensible thing, what can the intellect conceive about a sensible thing less than this, namely, something-there (where 'there' takes on its meaning in one's recognition, however implicit, that something other than himself is asserting itself, is doing things to his senses). For the intellect to conceive less than this would, clearly, imply that the intellect's first concept was uttered at once about things which are there and about things which are not there. This is clearly impossible; for 'what is not there' can be taken to mean (1) absolute nothing, which is of itself inconceivable; it is conceivable only in terms of a reference to what is there; or (2) something nonsensible, which we conceive only after, and in terms of a reference to, what is there. (Fs) ____________________________
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