Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Thomas, Einfachheit, Unterscheidung, Sein, Wesen Kurzinhalt: distinctio realis, Sosein, Dasein; esse, existentia, 'hohe Wahrheit, 'Grundwahrheit der christlichen Philosphie' Textausschnitt: Fußnote zu 560:
Diese 'hohe Wahrheit', wie sie Thomas [C. G. I, 22] nennt, von der Seite Gottes genommen, schließt als offenbares Korrelat den gegensätzlichen Schluß in bezug auf die Geschöpfe ein. In jedem Geschöpf sind Sosein und Dasein unterschieden. Nach dem, was wir über den Gottesbeweis gesagt haben, braucht das kaum mehr betont zu werden. - Die Notwendigkeit, Gott anzunehmen, ruht in der Tat darauf, daß das den Gegenstand unserer Erfahrung bildende Sein sich selbst nicht genügt, daß es sich nicht durch sich selbst rechtfertigt, daß 'das, was es ist' - d. h. seine Wesenheit, sein So-Sein - in keiner Weise erfordert, daß es ist, und daß also sein tatsächliches Da-Sein einer ersten Ursache bedarf, einer Mitteilung dieser Ursache, d. h. also einer Zusammensetzung aus dem, was so mitgeteilt ist, und aus dem, dem es mitgeteilt ist. - Mit anderen Worten: Das, was also nicht erste Wirklichkeit ist, ist an sich bloß möglich; wenn ihm das Dasein verliehen wird, so empfängt es dasselbe als etwas, was ihm hinzugefügt wird. Nicht als ob wir aus Sosein und Dasein zwei Positivitäten machen wollten; aber es sind doch zwei verschiedene Dinge. Sie sind real verschieden, d. h. auf Grund einer wirklichen und tatsächlichen Zusammengesetztheit: nicht einer bloß gedachten Unterscheidung. Wenn man hier von einer bloß gedachten Unterscheidung sprechen wollte, so würde man damit behaupten, in der Wirklichkeit selbst ziehe das Sosein das Dasein nach sich; das Sosein existiere also durch sich selbst damit würde man es Gott entziehen; Gott würde überflüssig, insofern er die Ursache dafür ist, daß das, was ist, ist. Auf Grund dessen hat man sagen können, die reale Unterscheidung von Sosein und Dasein in den Geschöpfen und ihre Identität in Gott stelle die 'Grundwahrheit der christlichen Philosphie' dar.
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552 Zunächst folgt aus der Tatsache, daß Gott erstes Sein, erster Beweger, erste Ursache usw. ist, daß er vollkommen einfach ist. Es gibt in ihm keinerlei Zusammensetzung irgendwelcher Art: weder aus ausgedehnten Teilen wie bei den Körpern, noch aus Materie und Form, noch aus Träger und Wesenheit, noch aus Wesen und Dasein, noch aus Gattung und Artunterschied, noch aus Substanz und Akzi denz, noch aus irgend etwas anderm. Er ist einfach dadurch, daß er ganz er selbst durch sich allein ist und nicht mit irgend et was anderm zusammengezählt werden kann. (171; Fs)
553 Der Beweis für diese verschiedenen Sätze füllt die dritte quaestio der Summa. Daß Gott kein Körper ist, ist leicht einzu sehn. Kein Körper bewegt sich, ohne bewegt zu sein; wir haben aber Gott gefunden als den ersten unbewegten Beweger [erster Weg]. Mehr noch: Gott ist das erste Sein [vierter Weg]. Nun kann aber das erste Sein kein Körper sein, wie aus den Prinzipien her vorgeht, die wir, um Gott zu finden, angewandt haben. (171; Fs)
554 Überdies muß das erste Sein ganz 'Wirklichkeit' sein, denn dadurch allein ist es das Erste. Die Wirklichkeit geht der Möglichkeit voran [wie wir gesagt haben], denn nur durch eine vor hergehende Wirklichkeit läßt sich der Übergang von der Möglichkeit zur Wirklichkeit erklären [erster und zweiter Weg]. In unsern Gottesbeweisen haben wir also ein 'ganz in der Wirklichkeit Seiendes' bewiesen; es ist klar, daß ein derartiges Wesen kein Körper sein kann, weil dieser es mit dem Zusammenhängenden zu tun hat, das auf Grund seiner Definition unendlich teilbar, daher innerlichst mit 'Möglichkeit' vermischtest1. (172; Fs)
555 Ferner kann kein toter Körper an Wert dem lebendigen gleich kommen wollen; ein lebendiger Körper aber ist eben lebendig durch etwas, was ihm als Körper überlegen ist - wir nennen es seine Seele. Nun haben wir Gott gefunden als das höchste unter allen Wesen oder [besser gesagt] als das Wesen, das alle Werte des Seins gleichsam als Quelle in sich enthält [vierter Weg]; es ist also unmöglich, daß Gott ein Körper sei2. (172; Fs)
556 Hieraus folgt, daß er keine Materie in sich enthält; denn al les, was aus Materie und Form zusammengesetzt ist, ist ein Kör per, da ja die Ausdehnung, die das Kennzeichen der Körper ist, das erste Attribut der Materie darstellt3. Ferner ist die Materie in allen Dingen das Prinzip der 'Möglichkeit', und wir haben ge sagt, daß es in dem ersten Sein keine 'Möglichkeit' geben kann. (172; Fs)
557 Weiter: was aus Werden und Verwirklichung, aus Materie und Form zusammengesetzt ist, das ist vollkommen und gut durch seine Form, also nicht aus sich selbst und wesensmäßig, so wie wir es gefordert haben [vierter Weg], sondern nur kraft einer Teilnahme, das heißt, insofern seine Materie teil hat an einer bestimmten Form; das zwingt uns aber, ein höheres Prinzip für diese Teil nahme zu suchen, und es geht darum nicht an, ein so zusammenge setztes Sein als erste Ursache anzusehn. (172; Fs)
558 Da endlich die Tätigkeit zum Prinzip den Akt oder die Form hat, so muß auch derjenige, der aus sich selbst und wesensmäßig tätig ist [erster und zweiter Weg], aus sich selbst und wesens mäßig Akt und Form sein. Gott ist dies aber durch seine Wesenheit und nach seiner ganzen Wesenheit, sonst wäre er nicht der, den wir durch unsere Beweise gefunden haben4. (172; Fs)
559 Es folgt daraus unmittelbar, daß Gott - wenn man das Wort hier gebrauchen darf - ein 'Einzelwesen' auf Grund seiner Natur selbst und ohne irgendeine Zusammensetzung ist. Mit andern Worten: man kann nicht unterscheiden zwischen Gott und seiner Gottheit, zwischen Gott und dem Leben Gottes, noch irgend etwas ähnlichem. Die Vereinzelung geschieht, wie wir gesehn haben5, durch Aufnahme einer Form in eine Materie, und da eine derartige Zusammensetzung in Gott nicht angenommen werden darf, so folgt, daß Gott durch nichts anderes als seine Natur vereinzelt sein kann, wofern das Wort 'Natur' noch einen Sinn hat bei dem, der ganz 'Wirklichkeit' ist und infolgedessen jenseits der Scheidung des Seins in Naturen steht6. (173; Fs)
560 Weiterhin folgt, daß Gott und das Dasein Gottes sich vollkommen decken. Wenn man sie unterscheiden wollte, so müßte man Gott als ein Vermögen zum Sein auffassen und das Dasein als dessen Verwirklichung: es gäbe dann in Gott Möglichkeit und Wirklichkeit; er wäre also nur teilnehmendes Sein; er hätte eine Ursache und wäre nicht mehr erste Ursache [erster, zweiter und vierter Weg]7. (173; Fs)
561 Hieraus ergibt sich weiter, daß Gott keine Stelle in irgend einer Gattung einnehmen kann, und daß man ihn im eigentlichen Sinne weder als Substanz noch als Person, noch als mit Eigenschaften behaftet, noch als von Beziehungen betroffen bezeichnen kann, noch als irgend etwas, was ihn zu bestimmen beanspruchen könnte, so wie wir mit Hilfe der Kategorien die Gegenstände unserer Erfahrung bestimmen. (173; Fs)
562 Es kann ja etwas in zweifacher Weise zu einer Gattung gehö ren: einmal schlechthin und eigentlich, nämlich als Art, dann in folge einer Rückführung als Prinzip oder als entsprechendes Nega tiv einer Vollkommenheit: so lassen sich einerseits der Punkt und die Einheit auf die Gattung Quantität zurückführen als Prinzip der Linie und der Zahl, anderseits aber läßt sich auch die Blind heit und jedes andere Negativ auf die entsprechende positive Gattung zurückführen. (173; Fs)
563 Daß Gott kein Negativ ist, ist selbstverständlich. Eigentli ches Prinzip einer Gattung - wie die Einheit das Prinzip der Zahl ist - könnte er nur sein, wenn er in diese Gattung eingeschlossen wäre und damit aufhörte zu sein, was er ist.- das Prinzip des ganzen Seins [zweiter und vierter Weg]. Daß er nicht als Art einer Gattung in diese Gattung eintreten kann, ist leicht zu beweisen. jede Art wird begründet durch einen Artunterschied, der die Gattung näher bestimmt, und der also für sie das bedeutet, was der bestimmende Akt für die Unbestimmtheit der Potenz bedeutet. Nun gibt es aber in Gott keine Potenz. (173f; Fs)
564 Ferner ist die Gattung Teil der Wesenheit; die Wesenheit Got tes aber unterscheidet sich, wie gesagt, nicht von seinem Sein: es wäre also sein Sein Gattung für ihn, und wir wissen, daß das Sein keine Gattung ist, denn es gibt nichts außer ihm Seiendes, wodurch es näher bestimmt werden könnte. Überdies haben die Arten einer Gattung und die Einzelwesen dieser Arten untereinander die allgemeine Wesenheit, die sie verbindet, gemeinsam; aber sie un terscheiden sich durch ihr Dasein, und so gibt alles, was in einer Gattung oder einer Art ist, Anlaß zu jener Unterscheidung von Sosein und Dasein, die wir von Gott ausgeschlossen haben. (174; Fs)
565 Gott, der weder Gattung noch Artunterschiede hat, ist also undefinierbar, und was man von ihm aufzeigen kann, das kann man nur mittelbar - und von seinen Wirkungen aus - aufzeigen; denn wie sollte man etwas definieren, wenn nicht durch Gattung und Artunterschied, und woher sollte man die Bestandteile eines Be weises holen, wenn nicht aus einer definierten Wesenheit8? (174; Fs)
566 Gott ist nicht im eigentlichen Sinne eine Substanz, er ist ebensowenig eine 'Person', da das Wort Person nur ein besonderer Ausdruck für eine geistige Substanz bezeichnet. Wenn wir Gott Person nennen, so tun wir es, wie wir noch sehn werden, in analo ger Weise. Erst recht handeln wir so, wenn wir Gott nach den neun Arten der Akzidenzien bezeichnen, die unabhängig von der Substanz die Kategorien darstellen9. Es gibt kein 'zu-fäl-liges' Sein [Akzidenz] in Gott; was wir seine Weisheit, seine Macht, seine Erkenntnis usw. nennen, das ist nur analog gemeint. Das Akzidenz bestimmt ja die Substanz; es setzt sie also als bestimmbar vor aus, das heißt als in der Möglichkeit befindlich gegenüber dieser Bestimmung, und dem stehn immer wieder der erste und der zweite Weg entgegen. (174; Fs)
567 Überdies unterscheiden sich [wie gesagt] Gott und sein Sein nicht; positiv ausgedrückt heißt das: Gott ist sein Sein. Nun versteht man sehr wohl, daß das, was dieses oder jenes ist, durch etwas anderes bestimmt werden kann: zum Beispiel 'das Warme' kann gleichzeitig weiß sein. 'Die Wärme' aber kann eben nichts anderes als Wärme sein. So kann das, was sein Sein ist, in keiner Weise näher bestimmt werden: es ist in sich geschlossen, das Wort 'ist' kann nicht mehr in besonderer und unterschiedener Weise auf es angewandt werden. (174f; Fs)
568 Wenn Gott das erste Sein ist, kann ihm ferner alles nur durch sich zukommen. Wer aber Akzidenz sagt, der sagt Teilnahme, und wenn man selbst von Akzidenzien sprechen könnte, die Gott eigen wären, so würden diese zum wenigsten eine innere Ursächlichkeit einschließen, insofern von diesen Akzidenzien gesagt werden müßte, daß sie aus der Natur des Trägers Gott sich ergäben. Das kann aber der ersten Ursache [wie wir gesehn haben - vierter Weg] nicht zugeschrieben werden. (175; Fs)
569 Man kann übrigens ganz allgemein mit Hilfe der dargelegten Prinzipien beweisen, daß jede Zusammengesetztheit, welcher Art sie auch sei, von dem ersten Prinzip ausgeschlossen sein muß. Von jedem Zusammengesetzten und von jeder Art der Zusammensetzung gilt, daß das Zusammengesetzte später als seine Teile ist und so mit nicht das Erste sein kann; es gibt eine Ursache für die Vereinigung seiner Bestandteile, es ist also nicht erste Ursache; es gibt in ihm Bestimmendes und Bestimmtes, es ist also nicht ganz 'Wirklichkeit'; es gibt in ihm endlich etwas, was nicht es selbst oder ganz es selbst ist; es ist also nicht reine Form, das heißt Wirklichkeit und Sein im Zustand der Vollkommenheit10. (175; Fs)
____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Das Wollen und die Tätigkeit; Begehrungsvermögen (allgemein); Wille (Ablehnung - Überbetonung d. Ws); Thomas: Wille, Form, Neigung; appetitus naturalis - W. (geisiges Streben); Schwerkraft des nach d. Fülle strebenden Seins Kurzinhalt: In der Erkenntnis werde ich ein Anderes, und dieses Andere in mir strebt nach seinem Sein, seiner Vollendung, seinem Gut; denn ... Wenn also in der Erkenntnis die Form eines Andern meine Naturform wird, so muß diese Form in mir nach ihrer Vollendung ... Textausschnitt: SECHSTES Buch: Das Wollen und die Tätigkeit
Erstes Kapitel: Vom Begehrungsvermögen im allgemeinen
1817 IN BEZUG AUF DEN Willen haben sich immer zwei Standpunkte mehr oder weniger schroff gegenübergestanden; sie tun es auch in der Philosophie der Gegenwart. Der erste lehnt den Willen als eine besondere Wirklichkeit oder auch nur als einen ursprünglichen Gesichtspunkt ab; der zweite sieht dagegen im Willen den Ausgangspunkt alles bewußten Lebens, das er zuletzt nach all seinen Beziehungen auf den Willen zurückführen möchte. (519; Fs)
1818 Die Stellung des heiligen Thomas zwischen diesen beiden einander entgegengesetzten Standpunkten ist ebenso durch seine Seinslehre wie durch seine Erkenntnislehre festgelegt. 'Aus jeder Form folgt eine natürliche Neigung; so verbreitet das Feuer die Wärme, so folgt das Lebewesen einem Entwicklungsplan und strebt danach, ein Gleiches hervorzubringen. (519; Fs)
1819 Allein das mit Erkenntnis begabte Wesen verwirklicht die Form in einer höhern Weise als die der Erkenntnis entbehrenden Wesen. Bei diesen letzteren bestimmt die Form das eigene und natürliche Sein dessen, der sie besitzt; daraus folgt eine Neigung, die ein natürliches Begehren [appetitus naturalis] darstellt. Doch bei den mit Erkenntnis begabten Wesen ist das eigene und natürliche Sein durch die Form derart bestimmt, daß es zugleich empfänglich ist für die Form anderer Wesen. (519; Fs)
1820 So bildet sich der Sinn durch das Sinnliche und der Geist durch das Geistige dergestalt, daß die mit Sinn und Geist begabte menschliche Seele in gewisser Weise alle Dinge ist: darin nähert sie sich dem Bilde Gottes, in dem - wie Dionysius sagt - alles vorausbesteht. (519; Fs)
1821 Da also die Formen in den mit Erkenntnis begabten Wesen in einer Weise bestehn, die höher ist als die der Naturformen, so muß die daraus hervorgehende Neigung in ihnen ebenfalls von einer Art sein, die höher ist als die rein natürliche Neigung. Diese höhere Neigung ist jenes Vermögen der Seele, das wir Begehrungsvermögen nennen, ein Vermögen, durch welches das Lebewesen nicht allein das begehrt, auf das es durch seine Naturform hingerichtet ist, sondern auch das, was es wahrnimmt1.' (519; Fs)
1822 Die Stärke dieser Auffassung liegt in der In-Beziehung-Setzung von Erkenntnis und Sein. Erkennen heißt sein. Erkennen heißt für ein Wesen, zu gleicher Zeit es selbst und ein Anderes sein. Es selbst ist ein Wesen von Natur; ein Anderes wird es dadurch, daß seine Lebenstätigkeit auf etwas Anderes reagiert. Wenn nun etwas nach dem Maße seines Seins strebt, wenn das Sein in sich strebend ist, so müssen wir zu den natürlichen Strebungen, die dem entsprechen, was wir von Natur sind, noch erworbene Strebungen hinzufügen, die auf das bezogen sind, was wir durch ein Anderes werden; (519f; Fs)
1823 unsere Naturform ist der uns einwohnende Beweger unserer unbewußten Entwicklung - in welcher Richtung, ist bereits gesagt; die durch die Erkenntnis in uns eingeführten Formen zweiten Grades aber werden in uns in gleicher Weise zu bewegenden Kräften. Wie die Tatsache, daß wir ein Anderes werden, in uns ein allgemeines Vermögen einer Formenempfänglichkeit voraussetzt, so setzt die Tatsache, daß wir infolge eines Andern streben, in uns eine entsprechende Strebefähigkeit voraus. Wir nennen sie im allgemeinen Begehrungsvermögen und in dem besondern Fall, in dem es sich um ein geistiges Streben handelt, Willen2. (520; Fs; tblStw: Wille) (notabene)
1824 So enthüllt sich in seiner Fülle das metaphysische Wesen des Verlangens, wie es die thomistische Philosophie sieht. In der Erkenntnis werde ich ein Anderes, und dieses Andere in mir strebt nach seinem Sein, seiner Vollendung, seinem Gut; denn 'jedes Sein ist in Hinsicht auf seine natürliche Form so angelegt, daß es nach ihr strebt, wenn es sie nicht hat, und daß es in ihr ruht, wenn es sie besitzt. Es verhält sich damit genau so, wie mit jeder Vollkommenheit, die ein Naturgut ist'. (520; Fs) (notabene)
1825 Wenn also in der Erkenntnis die Form eines Andern meine Naturform wird, so muß diese Form in mir nach ihrer Vollendung, ihrem natürlichen Gut, ihrem Sein streben. Sie wird es finden in jener Entwicklung des Lebens, die durch das Verlangen geweckt wird, und die daran arbeitet, die durch die Erkenntnis nur eben angedeutete Synthese ständig zu bereichern und aufzufüllen. Es versteht sich von selbst, daß dieses Streben nach Vollendung, das für den Gegenstand natürlich und selbsttätig ist, in mir von einer besondern Art wird; es ist nicht so, als ob ich gewissermaßen 'abdankte', um statt meiner in mir die Welt der Dinge handeln zu lassen. (520f; Fs)
1826 Die Subjekt-Objekt-Synthese unterdrückt keines ihrer Glieder, und das Geheimnis der Erkenntnis muß also in dem Geheimnis des Wollens wiederkehren. Doch das bleibt bestehen, daß sich in der Analyse das geistige oder sinnliche Streben immer zurück führen läßt auf das natürliche Streben, das heißt auf die 'Schwerkraft' des nach der Fülle seiner Form strebenden Seins. Die Unterscheidung von Subjekt und Objekt macht den Fall etwas verwickelter; sie ändert jedoch seine ersten Gegebenheiten nicht. (521; Fs)
1827 Wie dieser Fall sich verwickelt, müssen wir durch eine ein gehende Untersuchung des Begehrungsvermögens in seinen verschiedenen Stadien darlegen. (521; Fs)
____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Umgang mit der Welt; Rede mit dem Gewicht des Schweigens Kurzinhalt: Our contacts with the outer world should be like those of the angel; Speech is weighty when one perceives silence beneath it Textausschnitt: 38/3 Our contacts with the outer world should be like those of the angel, who touches and remains untouched unless he wills, who gives and from whom one takes nothing away because he belongs to another world. (61; Fs) (notabene)
By moderation in speech, you will also attain that continuous recollection and that wise give and take which are so important a provision for you. To speak for the sake of what must be said, to express a timely feeling or a useful idea and then to be silent, is the secret of keeping possession of yourself while giving something to others, instead of letting your own torch go out as it lights other torches.
Besides, that is the way to give weight to one's words. Speech is weighty when one perceives silence beneath it, when it conceals and yet suggests a treasure behind the words, a treasure that it gives out little by little, as is fitting, without haste and frivolous excitement. Silence is the hidden content of the words that count. What makes the worth of a soul is the abundance of what it does not express. (61; Fs) (notabene) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Wille, Begehren (petere aliquid; tender in aliquid); Harmonie d. Welt; Verlangen - Tätigkeit - das Gute; Verbundenheit im Sein, ideale Erkenntnis: keine vollkommene Erklärung d. Verlangens; Erkennen, Synthese Kurzinhalt: ... wenn auch die Verbundenheit aller Dinge im Sein der letzte Grund des Verlangens und die ideale Verbundenheit in der Erkenntnis ... dessen unmittelbare Bedingung ist, doch weder das eine noch das andere dessen nächste ... Erklärung ist. Textausschnitt: 1828 Begehren heißt soviel wie: etwas fordern [petere aliquid]; es bedeutet: zu etwas hinstreben, weil man auf es hingeordnet ist [quasi tendere in aliquid, ad ipsum ordinatum]1. (521; Fs)
1829 Diese Hinordnung und dieses Streben wurzeln in einer Beziehung der Angemessenheit, indem die Seinswesen, die schon in dem Sein eine gewisse Beziehung der Verbundenheit haben, noch darüberhinaus durch besondere 'verwandtschaftliche' Beziehungen verbunden sind, die sie gegenseitig der Vervollkommnung fähig machen. Auf Grund der Harmonie, die das oberste Gesetz der Welt ist, ordnen diese Zweckverbindungen das eine dem andern zu. (521; Fs)
1830 Hieraus haben wir ja die Tätigkeit im allgemeinen erklärt; wir müssen auch das Verlangen seinem allgemeinsten Sinn nach von hier aus verstehn; denn das Verlangen ist die treibende Kraft der Tätigkeit. Wenn etwas ohne dies Verlangen sich betätigte, so wäre es Objekt einer Gewalt, und die Natur, die zusammengesetzt wäre aus derart von außen bewegten Wesen, wäre nicht mehr die Natur2. (521; Fs)
1831 Doch es gibt unter diesem Gesichtspunkt tiefe Unterschiede zwischen den Wesen. Einzelne verlangen unbewußt, da sie zwar das Prinzip, nach dem sie streben, das heißt jene 'verwandte' Form, von der die Rede war, in sich tragen, aber nichts besitzen, was ihnen selbst diese Verbundenheit innerlich vergegenwärtigt und sie zum Richter darüber macht. (521; Fs)
1832 Der Regen strebt nach der Erde, und die Erde wartet auf ihn; allein weder der Regen noch die Erde hat in sich die eigentlich bewegende Kraft des natürlichen Verlangens, das sie treibt. Diese bewegende Kraft ist das Gute, und das Gute ist hier dem Träger der Tätigkeit ganz und gar äußerlich; es hat in ihm keinerlei innere Vergegenwärtigung, es sei denn jene Angemessenheit, aus der das Streben erwächst und die eine reine Beziehung ist. (521f; Fs)
1833 Die erkennenden Wesen dagegen ganz gleich, ob sie bloß die Sinnes- und Einbildungskraft besitzen oder darüber hinaus auch die Vernunft [beide Fälle sind freilich wohl zu unterscheiden] - tragen in sich selbst die Kraft des Verlangens, nämlich das wahrgenommene und erfaßte Gut, das heißt eine vergegenwärtigende und vorstellende Form des ihnen verwandten Gegenstandes, in der die Verbundenheit sich kundgibt. (522; Fs)
1834 Diese letztere Bedingung ist wohl zu beachten, und man muß sich darüber klar sein, daß, wenn auch die Verbundenheit aller Dinge im Sein der letzte Grund des Verlangens und die ideale Verbundenheit in der Erkenntnis [secundum esse intentionale] dessen unmittelbare Bedingung ist, doch weder das eine noch das andere dessen nächste und vollkommen entsprechende Erklärung ist. Denn im ersten Falle würde alles nach allem streben, und im zweiten Falle würde ein erkanntes Ding schon rein als solches begehrt werden. Das ist aber, wie die Erfahrung lehrt, offensichtlich nicht der Fall; den tiefern - im Wesen des Seins liegenden Grund dafür haben wir soeben gesehn. (522; Fs) (notabene)
1835 Die Erkenntnis könnte das Subjekt nur in dem Fall immer zu dem Gegenstand hinziehn, wenn das Subjekt zugunsten des Objekts abdankte, und wenn die Erkenntnis, statt eine Synthese zu sein, eine Ablösung eines Seins durch ein anderes wäre. Der Gegenstand, der zu meinem Ich geworden ist, strebt in mir, doch da er durch mich strebt, muß er auch gemäß meiner Natur streben, denn wenn er sich, wie wir gesagt haben, vollenden will, so darum, weil er mich vollenden will, der ich seine Form zu der meinigen gemacht habe. (522; Fs) (notabene)
Kommentar (14.10.11): 1834 u. 1835 durchenken im Blick auf Lonergans Verständnis von Wille.
1836 Wenn Verlangen und nicht im Gegenteil Flucht vorliegen soll - auch die Flucht ist übrigens eine Art des Verlangens -, muß zwischen dem Erkennenden und dem Erkannten eine mehr oder minder große Ähnlichkeit der Natur vorliegen, mit der Besonderheit, daß das, was in dem Einen ist, der Reichtum eines Andern werden kann, das es bis dahin nur dem Vermögen nach besaß. (522; Fs)
1837 Man würde nicht verlangen, wenn man das, wonach man verlangt, nicht schon 'dem Vermögen nach' besäße; man würde freilich noch weniger verlangen, wenn man es schon tatsächlich besäße, dann würde man in dem Besitz ruhn. Das Verlangen gründet also auf einem Reichtum und auf einer Armut zugleich: auf der tatsächlichen Armut und dem möglichen Reichtum. Das ist der tiefste Sinn des berühmten Satzes: 'Du würdest mich nicht suchen, wenn du mich nicht schon gefunden hättest3.' (522f; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Wille; Erkenntnis: Bedingung u. Gegenstand d. Strebens; Naturform - intentionale Form; Gesichtspunkt: Zielstrebigkeit, Tun (quantum ad exercitium) - Wesenheit (quantum ad specificationem) Kurzinhalt: Das Gute ist das erste unter dem Gesichtspunkt der Zielstrebigkeit, und infolgedessen unter dem Gesichtspunkt des Tuns ... Unter dem Gesichtspunkt der Wesenheit dagegen, die den Akt artlich bestimmt [quantum ad specificationem], ist das Wahre ... Textausschnitt: 1838 Es ist indes zu bemerken, daß auch das Erkennen selbst, das auf seine Art ein Gut, ein Reichtum an Sein, eine Teilnahme an der Form eines Andern und das Ergebnis einer angleichenden Synthese ist, in dieser Hinsicht den Charakter des Begehrenswerten hat. Die Erkenntnis als solche ist eine Bedingung des Strebens; allein insofern sie ein Gut ist, ist sie ein Gegenstand des Strebens, und kein geistiger oder sinnlicher Akt würde entstehn, wenn die durch sie eingeführte Form nicht eine Antwort auf einen Ruf der Seele darstellt. (523; Fs)
Kommentar (14.10.11): Cf. Lonergan und Wille.
1839 Wir haben sehr genau unterschieden zwischen der Naturform eines jeden Dinges und jener Form zweiten Grades, die wir intentionale Form nennen1. Zwischen beiden ist ein so grundsätzlicher Unterschied, daß eine intentionale Angleichung die Erkenntnis ausmacht, während eine reale Angleichung die Erkenntnis gerade verhindert; darauf beruht die Notwendigkeit, das erkennende Vermögen von den Bestimmtheiten seines Gegenstandes abzulösen, und ebenso die Unfähigkeit zur Erkenntnis bei jenen Wesen, die nur diese Art von Bestimmtheit aufzunehmen vermögen2. (523; Fs)
1840 Doch wie relativ und teilhaft auch die durch die Erkenntnis verwirklichte Synthese sein mag, sie ist eine; sie wird [mit allem Andern] umfangen von dem allgemeinen Charakter des Guten, das identisch mit dem Sein ist; unter diesem Gesichtspunkt ist es also ganz richtig zu sagen, das Wahre sei in dem Guten enthalten oder [besser gesagt] der Gegenstand der Erkenntnis sei enthalten in dem Gegenstand des Strebens, wenn auch unter einem andern Gesichtspunkt umgekehrt das Gute in dem Wahren und der Gegenstand des Strebens in dem der Erkenntnis enthalten ist. (523; Fs)
1841 Das Gute ist das erste unter dem Gesichtspunkt der Zielstrebigkeit, und infolgedessen unter dem Gesichtspunkt des Tuns [quantum ad exercitium]; denn was bewegt, ist das Tätige, und das Tätige handelt in Hinsicht auf ein Ziel, das ein Gut darstellt: es ist also in diesem Fall das Gute, das den Vorrang hat; unter dem Gesichtspunkt der Tätigkeit oder der Untätigkeit der Seele erklärt das Streben die Erkenntnis, und nicht die Erkenntnis als solche das Streben3. (523f; Fs) (notabene)
1842 Unter dem Gesichtspunkt der Wesenheit dagegen, die den Akt artlich bestimmt [quantum ad specificationem], ist das Wahre das erste; man begehrt nur, was man erkannt hat. 'Jede große Liebe ist die Tochter einer großen Erkenntnis' - [ignoti nulla cupido]. Die Form bewegt nicht aus sich selbst; aber sie bestimmt die Bewegung, und da es keine allgemeine, unbestimmte Bewegung gibt, ist also in dieser Hinsicht die Erkenntnis das erste. (524; Fs) (notabene)
1843 Dieser Dualismus, der in der Natur ein verwickeltes Wechselspiel darbietet, löst sich auf in Gott, in dem jener Rückgang bis ins Unendliche [processus in infinitum], der sich daraus ergibt, daß das Streben die Erkenntnis und die Erkenntnis das Streben voraussetzt, aufgehoben ist. (524; Fs) (notabene)
1844 Was ohne vorherige Erkenntnis will, das erkennt durch Gott: es ist ein Licht, das kein Licht hat. Und was ohne vorheriges Wollen erkennt, das will durch Den, der ihm den ersten Akt des Erkenntnisvermögens verleiht4. (524; Fs) (notabene)
1845 Aus der Tatsache, daß das den erkennenden Wesen eigene Begehrungsvermögen - so wie jedes Begehrungsvermögen - sich durch den strebenden Charakter der Formen erklärt, ferner daraus, daß die Form, die das Prinzip der Erkenntnis und dadurch des Wollens ist, eine erfaßte und nicht eine dem tätigen Prinzip natürliche Form ist, ergibt sich als grundlegende Folgerung, daß die blinden Strebungen der Natur sich direkt auf das Gute an sich beziehn, daß aber das erkennende Begehrungsvermögen sich auf das erfaßte Gut richtet, insofern es erfaßt ist, dergestalt, daß das, was als ein Gut vorgestellt wird - auch wenn es in Wirklichkeit keines wäre -, doch eine bewegende Kraft entfalten wird. Daher sagt Aristoteles, das, was in der Form des Zweckes bewegt, sei das Gute oder etwas, was als gut erscheint5. Die moralischen und psychologischen Folgen sind unübersehbar. (524; Fs)
1846 Des weitern folgt, daß der Wille sich auf das gedachte wie auf das wirkliche Sein richten kann, auf die Verneinung wie auf die Bejahung, auf die Zukunft wie auf die Gegenwart, auf das Nichts wie auf das Sein; all dies kann ja in der Wahrnehmung den Charakter des Guten annehmen und darum bewegende Kraft werden6. Ein natürliches Streben dagegen kann nie auf die Zukunft als solche, nie auf das gedachte Sein, nie auf das Nichts gehn, weil es dann keine Form hätte, die es erklärt. (525; Fs)
1847 Die natürliche Form, auf Grund deren das Sein strebt, ist ihm gegeben von seiner natürlichen Umwelt; man muß daher in dieser Umwelt finden, was sie selbst enthält. Das ist der Sinn des metaphysischen Prinzips: das natürliche Streben kann nicht umsonst sein [desiderium naturae non potest esse inane], ein Prinzip, das uns seinen tiefsten Sinn enthüllt, wenn wir daran denken, daß die natürliche Umwelt Gott einschließt. (525; Fs)
1848 Das vernünftige oder sinnliche Streben dagegen findet seine unmittelbare Erklärung in der Erkenntnis, das heißt in dem, was 'erscheint', insofern es erscheint, und da hier Raum für den Irrtum ist, rückt die Sicherheit der Natur in die Ferne. Wenn man darum von einem Verlangen auf eine Realität schließen will, so muß man über die Erfassung hinaus hinabsteigen zu dem natürlichen Streben. (525; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Arten des Begehrungsvermögens: sinnlich - vernünftig; Wahrnehmungsvermögen - Begehrungsvermögen (nur 1 Wille) Kurzinhalt: Die Unterscheidung zwischen dem begehrten Ding, dem Begehrenswerten im konkreten Zustand und dem abstrakten Grund des Begehrenswerten muß man festhalten ... der Mensch alle drei Glieder dieser Unterscheidung in sich vereinigen, denn er ist zugleich ... Textausschnitt: Die Arten des Begehrungsvermögens
1849 Da der heilige Thomas das Erkenntnisvermögen in Sinnlichkeit und Verstand unterschieden hat, muß er dementsprechend auch das Begehrungsvermögen in ein sinnliches und ein geistiges Begehrungsvermögen unterscheiden. 'Das Begehrungsvermögen ist ein passives ["leidendes"] Vermögen, zu dessen Natur es gehört, daß es durch das wahrgenommene Gut bewegt wird. Deshalb hat Aristoteles gesagt, das wahrgenommene Gut sei ein unbewegter Beweger, das Begehrungsvermögen dagegen sei ein bewegter Beweger1. (525; Fs)
1850 Nun unterscheidet sich das Leidende und das Bewegte als solches so wie das Tätige und das Bewegende; denn das Bewegende muß im Verhältnis zum Bewegten, und das Tätige im Verhältnis zum Leidenden stehn, und überdies gewinnt das leidende Vermögen seinen Charakter gerade aus seiner Beziehung zu einem Tätigen. Wenn also der durch den Geist wahrgenommene Gegenstand als solcher zu einer andern Ordnung gehört als der durch den Sinn wahrgenommene, so folgt daraus, daß das geistige Begehrungsvermögen ein anderes ist als das sinnliche Begehrungsvermögen2.' (525f; Fs)
1851 Diese Bemerkung wird noch klarer, wenn wir den Vergleich des blinden Begehrungsvermögens mit dem erkennenden in seiner doppelten Form noch einmal aufnehmen. 'In jedem begehrten Gegenstand kann man zwei Dinge betrachten: das Ding, selbst, das begehrt wird, und den Grund, weshalb es begehrt wird, das heißt die Lust, den Nutzen usw. Nun strebt das natürliche Begehrungsvermögen nach dem begehrten Gegenstand, ohne daß in ihm etwas der Begehrbarkeit dieses Gegenstandes entspräche; denn das natürliche Begehrungsvermögen ist nichts anderes als eine passive Neigung, eine Hinordnung auf das, was ihm angemessen ist; so ist es beim Fallen des Steins. (526; Fs)
1852 Da nun jedes Naturding in seinem Sein bestimmt ist, so ist auch seine Neigung zu diesem Gegenstand bestimmt, und es braucht daher nicht die Erkenntnis, die ihm die Begehrbarkeit innerlich vorstellt, um das Begehrenswerte von dem Nicht-Begehrenswerten zu unterscheiden. Das tut der 'große Lehrer der Natur', der jedem Wesen sein eigenes, ihm angemessenes Streben verliehn hat. (526; Fs)
1853 Das höhere Begehrungsvermögen dagegen, der Wille, strebt direkt auf den Grund der Begehrbarkeit in seiner Absolutheit hin, so wenn der Wille zuerst und vor allem das Gute will, oder auch noch den Nutzen, oder irgend etwas Ähnliches, während er dieses besondere Ding mit einem abgeleiteten Willen - in zweiter Linie - will, insofern es an dem Charakter des Guten teilhat. (526; Fs)
1854 Der Grund dafür liegt darin, daß die vernünftige Natur eine so große Empfänglichkeit besitzt, daß ihr die Hinwendung zu einem bestimmten Gegenstand nicht genügt: sie braucht ihrer mehrere und mannigfaltige; darum ist sie von Natur aus auf etwas Allgemeines hin gerichtet, das sich in mehreren einzelnen Dingen verwirklicht, und auf Grund der Erfassung dieses allgemeinen Gegenstandes strebt sie zu den einzelnen Gegenständen hin, an denen sie dessen Erkennungszeichen findet. (526; Fs) (notabene)
1855 Das niedere oder sinnnliche Begehrungsvermögen strebt nach dem begehrenswerten Gegenstand, insofern sich in ihm das findet, was den Grund der Begehrbarkeit ausmacht, ohne daß jedoch dieser Grund selbst ihm erscheint. Das niedere Begehrungsvermögen strebt weder nach der Güte, noch nach dem Nutzen, noch nach der Lust an sich, sondern nach diesem nützlichen oder angenehmen Gegenstand. (526f; Fs) (notabene)
1856 Insofern steht das sinnliche Begehrungsvermögen unter dem vernünftigen; insofern es jedoch nicht nach diesem oder jenem Ding allein strebt, sondern nach allem, was nützlich oder angenehm ist, steht es über dem natürlichen Streben; [sic] eben darum aber bedarf es auch der Erkenntnis, durch die es das Angenehme von dem Unangenehmen zu unterscheiden vermag3.' (527; Fs)
1857 Diese Erklärungen, die von der Stufenleiter der Seinswesen ausgehn, kommen bei Thomas öfters wieder; sie erklären vollkommen die vorliegende Frage. Die Unterscheidung zwischen dem begehrten Ding, dem Begehrenswerten im konkreten Zustand und dem abstrakten Grund des Begehrenswerten muß man festhalten; besser kann man in drei Worten nicht die Seinslehre über das Streben zusammenfassen. (527; Fs) (notabene)
1858 Übrigens muß der Mensch alle drei Glieder dieser Unterscheidung in sich vereinigen, denn er ist zugleich Naturgegebenheit, sinnlich empfindendes Wesen und vernünftiges Geschöpf. Seine vegetative Tätigkeit sowie die elementaren Eigentümlichkeiten, die diesen dienen, offenbaren die Gesetze des Naturstrebens; seine animalischen Tätigkeiten bedienen sich des sinnlichen Begehrungsvermögens, sein höheres Leben aber wird beherrscht durch das vernünftige Begehrungsvermögens4. (527; Fs)
1859 Niemals läßt Thomas sich auf jenen voluntaristischen Monismus ein, der jede Grenze zwischen dem unbewußten Naturstreben, dem sinnlichen Begehren und dem vernünftigen Willen aufheben möchte. Wenn sie auch vereinigt sind in dem Begriff des strebenden Seins, dessen verschiedenartige Äußerungen sie sind, so sind sie darum doch nicht aufeinander zurückführbar. Hier muß man, wie überall, an dem rein analogen Charakter der grundlegenden Arten von Teilnahme am Sein festhalten [ens dicitur multipliciter]. (527; Fs)
1860 In bezug auf das sinnliche und vernünftige Begehrungsvermögen, auf die Thomas allein Nachdruck legt, erhebt sich die Frage, ob sie sich unterteilen lassen oder ihre Einheit bewahren, sei es beide, sei es wenigstens das eine von ihnen. Hierüber wird die folgende Erörterung Licht verbreiten. (527f; Fs)
1861 Wir wissen, daß 'der Akt der Begehrungsvermögen den der Wahrnehmungsvermögen voraussetzt, daß darum die Unterscheidung dieser für die Unterscheidung jener maßgebend sein muß. Nun finden wir bei den Wahrnehmungsvermögen, daß das höhere Vermögen gegenüber den gleichen Gegenständen eins und unteilbar bleibt, daß aber die niedern Vermögen sich teilen. Es ist das selbe geistige Vermögen, das sich auf alle sinnlichen Dinge richtet [das heißt, insoweit diese das geistige Vermögen angehn, nämlich in Hinsicht auf ihre Natur], während sich das sinnliche Vermögen ihnen gegenüber teilt [...] (528; Fs)
1862 Genau so verhält es sich mit den Begehrungsvermögen; der Grund ist in beiden Fällen der gleiche: das höhere Vermögen hat einen allgemeinen Gegenstand, die niedern Vermögen dagegen haben besondere Gegenstände. Viele Dinge sind nun in Hinsicht auf das Besondere wesentlich, während sie in Hinsicht auf das Allgemeine zufällig sind, und da nun ein zufälliger Unterschied die Art nicht ändert, während ein wesentlicher sie ändert, so ergibt sich, daß gegenüber den gleichen materiellen Wirklichkeiten die Kräfte der niedern Ordnung vielfach sind, während die Kraft einer höhern Ordnung nur eine ist5.' (528; Fs) (notabene)
1863 So gibt es also nur einen Willen, weil der Wille zum Gegenstand das Gute im Allgemeinen hat, während es in dem Tier oder in dem nach seiner animalischen Natur betrachteten Menschen sinnliche Begehrungsvermögen verschiedener Art gibt. Sprechen wir zunächst über die letzteren. (528; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Intellektuelle Berufung, i. Leben (life of study); Wille Kurzinhalt: A vocation is not fulfilled by vague reading and a few scattered writings. It requires penetration and continuity and methodical effort ... The most valuable thing of all is will, a deeply rooted will; to will to be somebody, to achieve something ... Textausschnitt: Chapter 1. The Intellectual Vocation
I. The Intellectual Has a Sacred Call
II. The Intellectual Does Not Stand Alone
III. The Intellectual Belongs to His Time
I
1/1 When we speak of vocation, we refer to those who intend to make intellectual work their life, whether they are entirely free to give themselves up to study, or whether, though engaged in some calling, they hold happily in reserve, as a supplement of their activity and as a reward, the development and deepening of their mind. (3; Fs)
2/1 I say the deepening, in order to set aside the idea of a superficial tincture of knowledge. A vocation is not fulfilled by vague reading and a few scattered writings. It requires penetration and continuity and methodical effort, so as to attain a fulness of development which will correspond to the call of the Spirit, and to the resources that it has pleased Him to bestow on us. (3; Fs)
3/1 This call is not to be taken for granted. To start precipitately on a road which one could not tread with a firm step would be merely to prepare the way for disillusionment. Everyone has the duty to work; and after a first early and toilsome training no one acts wisely if he lets his mind fall gradually back into ins primitive ignorance; but the effortless maintenance of what one has acquired is one thing, and it is juite another to consolidate from the foundations upwards a sum of knowledge recognized as merely provisional, seen to be simply and solely a starting-point. (3f; Fs)
3/1 This second state of mind is that of one who has the vocation. It implies a serious resolution. The life of study is austere and imposes grave obligations. It pays, it pays richly; but it exacts an initial outlay that few are capable of. The athletes of the mind, like those of the playing field, must be prepared for privations, long training, a sometimes superhuman tenacity. We must give ourselves from the heart, :f truth is to give itself to us. Truth serves only its slaves. (4; Fs)
4/1 This was of life must not be entered on without long self-examination. The intellectual vocation is like every other: it is written in our instincts, in our powers, in a sort of inner impulse of which reason must judge. Our dispositions are like the chemical properties which determine, for every body, the combinations into which that body can enter. A vocation is something that cannot be had for the asking. It comes from heaven and from our first nature. The whole point is to be docile to God and to oneself as soon as they have spoken. (4; Fs)
5/1 Understood in this sense, Disraeli's saying that you may do what you please, provided it really pleases you, contains a great meaning. Our liking, if correlated to our fundamental tendencies and to our aptitudes, is an excellent judge. If St. Thomas could say that pleasure characterizes functions and may serve to classify men, he must be led to conclude that pleasure can also reveal our vocation. Only we must search down into the depths where liking and the spontaneous impulse are linked up with the gifts of God and His providence. (4f; Fs)
Besides the immense interest of realizing oneself in one's fulness, the investigation into an intellectual vocation has a more general interest which no one may disregard. (5; Fs)
6/1 Christianized humanity is made up of various personalities, no one of which can refuse to function without impoverishing the group and without depriving the eternal Christ of a part of His kingdom. Christ reigns by unfolding Himself in men. Every life of one of His members is a characteristic moment of His duration; every individual man and Christian is an instance, incommunicable, unique, and therefore necessary, of the extension of the "spiritual body." If you are designated as a light bearer, do not go and hide under the bushel the gleam or the flame expected from you in the house of the Father of all. Love truth and its fruits of life, for yourself and for others; devote to study and to the profitable use of study the best part of your time and your heart. (5; Fs)
7/1 All roads but one are bad roads for you, since, they diverge from the direction in which your action is expected and required. Do not prove faithless to God, to your brethren and to yourself by rejecting a sacred call. (5; Fs)
8/1 That presupposes you to come to the intellectual life with unselfish motives, not through ambition or foolish vanity. The jingling bells of publicity tempt only frivolous minds. Ambition offends eternal truth by subordinating truth to itself. Is it not a sacrilege to play with the questions that dominate life and death, with mysterious nature, with God - to achieve some literary or philosophical celebrity at the expense of the true and independently of the true? Such aims, and especially the first mentioned, would not sustain the seeker; his effort would speedily be seen to slacken, his vanity to fall back on some empty satisfaction, with no care for the reality of things. (6; Fs)
9/1 But it presupposes also that to the acceptance of the end you add the acceptance of the means; otherwise there would be no real obedience to your vocation. Many people would like to possess knowledge! A vague aspiration turns the eyes of the multitude towards horizons that the greater number admire from afar off, as the victim of gout or asthma looks up to the eternal snows. To get something without paying for it is the universal desire; but it is the desire of cowardly hearts and weak brains. The universe does not respond to the first murmured request, and the light of God does not shine under our study lamp unless your soul asks for it with persistent effort. (6; Fs)
10/1 You are consecrated by your vocation. Will what truth wills; consent for the sake of truth to bestir yourself, to take up your abode within its proper realm, to organize your life, and, realizing your inexperience, to learn from the experience of others. (6f; Fs)
"If youth but knew!" The young, above all, need this warning. Science in the broad meaning of the word, scientia, is knowledge through causes; but actively, as to its attainment, it is a creation by causes. We must recognize and adopt the causes of knowledge, then provide them, and not defer attention to the foundations of our building until the moment of putting up the roof. (7; Fs)
11/1 In the first free years after early studies, when the ground of our intelligence has been newly turned-up, and the seed sown, what splendid tillage could be undertaken! That is the time that will never come again, the time that we shall have to live on by and by. What it is, we shall be; for we can hardly put down new roots. The future is always the heir of the past; the penalty for neglecting, at the right time, to prepare it, is to live on the surface of things. Let each one think of that, while thinking may be of some avail. (7; Fs)
12/1 How many young people, with the pretension to become workers, miserably waste their days, their strength, the vigor of their intelligence, their ideal! Either they do not work-there is time enough!-or they work badly, capriciously, without knowing what they are nor where they want to go nor how to get there. Lectures, reading, choice of companions, the proper proportion of work and rest, of solitude and activity, of general culture and specialization, the spirit of study, the art of picking out and utilizing data gained, some provisional output which will give an idea of what the future work is to be, the virtues to be acquired and developed, - nothing of all that is thought out and no satisfactory fulfillment will follow. (7f; Fs)
13/1 What a difference, supposing equal resources, between the man who understands and looks ahead, and the man whc proceeds at haphazardl "Genius is long patience," but it must be organized and intelligent patience One does not need extraordinary gifts to carry some work through; average superiority suffices; the rest depends on energy and wise application of energy. It is as with a conscientious workman, careful. and steady at his task: he gets somewhere, while an inventive genius is often merely an embittered failure. (8; Fs)
14/1 What I have just said is true of everyone. But I apply it especially to those who know that they have at their disposal only a part of their life, the least part, in which to give themselves to the labors of the mind. They, more than others, must be men consecrated by their vocation. What they cannot spread out over all their years, they must concentrate in a small space. The special asceticism and the heroic virtue of the intellectual worker must be their daily portion. But if they consent to this double self-offering, I tell them in the name of the God of truth not to lose courage. (8; Fs)
15/1 If genius is not necessary for production, still less is it necessary to have entire liberty. What is more, liberty presents pitfalls that rigorous obligations may help us to void. A stream narrowly hemmed in by its banks will flow more impetuously. The discipline of some occupation is an excellent school; it bears fruit in the hours of studious leisure. The very constraint will make you concentrate better, you will learn the value of time, you will take eager refuge in those rare hours during which, the claims of duty satisfied, you can turn to your ideal and enjoy the relaxation of some chosen activity after the labor imposed by the hard necessity of getting a livelihood. (8f; Fs)
16/1 The worker who thus finds in a fresh effort the reward of previous effort, who prizes it as a miser prizes his hoard, is usually passionately devoted to his ideal; he cannot be turned aside from a purpose thus consecrated by sacrifice. If his progress seems slower, he is capable of getting farther. Like the poor drudging tortoise, he does not dawdle, he persists, and in a few years' time he will have outstripped the indolent hare whose agile movements were the envy of his own lumbering gait. (9; Fs)
17/1 The same is true of the isolated worker, deprived of intellectual resources and stimulating society, buried in some little provincial spot, where he seems condemned to stagnate, exiled far from rich libraries, brilliant lectures, an eagerly responsive public, possessing only himself and obliged to draw solely on that inalienable capital. (9; Fs)
He must not lose courage either. Though he have everything against him, let him but keep possession of himself and be content with that. An ardent heart has more chance of achieving something than a crammed head abusing the opportunities of great cities. Here again strength may spring from difficulty. It is in the steep mountain passes that one bends and strains; level paths allow one to relax, and a state of uncontrolled relaxation quickly becomes fatal. (9f; Fs)
18/1 The most valuable thing of all is will, a deeply rooted will; to will to be somebody, to achieve something; to be even now in desire that somebody, recognizable by his ideal. Everything else always settles itself. There are books everywhere and only a few are necessary. Society, stimulation, one finds these in spirit in one's solitude: the great are there, present to those who call on them, and the great ages behind impel the ardent thinker forward. As to lectures, those who can have them do not follow them or follow them but ill, if they have not in themselves, at need, the wherewithal to do without such fortunate help. As to the public, if it sometimes stimulates, it often disturbs, scatters the mind; and by going to pick up two pennies in the street, you may lose a fortune. An impassioned solitude is better, for there every seed produces a hundredfold, and every ray of sunlight suffuses the whole landscape with autumnal gold. (10; Fs) (notabene)
19/1 St. Thomas of Aquin, as he was coming to settle in Paris and descried the great city in the distance, said to the brother who was with him: "Brother, I would give all that for the commentary of Chrysostom on St. Mattlew." When one feels like that, it does not matter where one is nor what resources one has, one is stamped with the seal; one is of the elect of the Spirit; one has only to persevere, and to trust life, as it is ruled for us by God. (10f; Fs) (notabene)
20/1 You, young man who understand this language and to whom the heroes of the mind seem mysteriously to beckon, but who fear to lack the necessary means, listen to me. Have you two hours a day? Can you undertake to keep them jealously, to use them ardently, and then, being of those who have authority in the Kingdom of God, can you drink the chalice of which these pages would wish to make you savor the exquisite and bitter taste? If so, have confidence. Nay, rest in quiet certainty. (11; Fs)
21/1 If you are compelled to earn your living, at least you will earn it without sacrificing, as so many do, the liberty of your soul. If you are alone, you will but be more violently thrown back on your noble purposes. Most great men followed some calling. Many have declared that the two hours I postulate suffice for an intellectual career. Learn to make the best use of that limited time; plunge every day of your life into the spring which quenches and yet ever renews your thirst. (11; Fs)
22/1 Do you want to have a humble share in perpetuating wisdom among men, in gathering up the inheritance of the ages, in formulating the rules of the mind for the present time, in discovering facts and causes, in turning men's wandering eyes towards first causes and their hearts towards supreme ends, in reviving if necessary some dying flame, in organizing the propaganda of truth and goodness? That is the lot reserved for you. It is surely worth a little extra sacrifice; it is worth steadily pursuing with jealous passion. (11f; Fs)
23/1 The study and practice of what Père Gratry calls Living Logic, that is, the development of our mind, the human word, by contact direct or indirect with the Spirit and the Divine Word-that serious study and persevering practice will give you entry into the wondrous sanctuary. You will be of those who grow, who enrich themselves, and who make ready to receive magnificent gifts. You too, one day, if God so wills, will have a place in the assembly of noble minds. (12; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Kurzinhalt: Textausschnitt: Das sinnliche Begehrungsvermögen: Die Leidenschaften
1864 Das sinnliche Begehrungsvermögen muß - im Verhältnis - wie die angeborenen Strebungen der Naturdinge gedacht werden; denn die Anlagen, welche in uns durch die sinnliche Erkenntnis geschaffen werden, haben hier dieselbe Bedeutung wie das, was man in der Außenwelt körperliche Qualitäten nennt1. (528f; Fs)
1865 Diese haben ein doppeltes Ziel: das Passende zu erwerben und das Schädliche fernzuhalten. Ebenso strebt das sinnliche Begehrungsvermögen danach, das zu erlangen, was ihm entspricht, und das zu überwinden, was ihm widerspricht. (529; Fs)
1866 Das sind zwei verschiedene Strebungen, die nicht durch ein gleiches unmittelbares Prinzip erklärt werden können, da nämlich die erste eigentlich passiv [quasi per modum receptionis], die zweite eigentlich aktiv ist. Überdies ist die Anstrengung oft das Gegenteil des Genusses, und sie entfernt von ihm. Ein Tier, das sinnliches Behagen empfand, läßt die Lust um des Kampfes willen, und es läßt sich auch durch das Leiden nicht davon abhalten. Es gibt also in dem sinnlichen Begehrungsvermögen ein Streben, das durch die bloße Begierde nach Genuß nicht erklärt werden kann, wenn diese auch Ausgangs- und Endpunkt dieses Strebens darstellt. (529; Fs)
1867 Tatsächlich entschließt sich das Tier ja unter dem Eindruck eines seiner Lust hingegebenen Tieres zum Kampf, und der Sieg oder die Niederlage lösen sich in ähnliche Eindrücke auf. [sic] Man sagt, daß es hier zwei Vermögen gibt, von denen das eine das andere benutzt und vollendet; das erste ist das konkupiszible, das zweite - sein Schildknappe - ist das iraszible. Jenes ist grundlegender, dieses aber edler; es entspricht dem, was wir bei den erkennenden Vermögen die sinnliche Urteilskraft genannt haben. Es steht der Vernunft näher, von der es eine Art Teilnahme oder Spiegelung ist. (529; Fs)
1868 Daß das Tier begehrt, was ihm angenehm ist, das gehört direkt zu seiner sinnlichen Natur; daß es aber das Angenehme im Stich läßt um des Unangenehmen willen, wenn auch in der Absicht, es in höherem Grade wiederzufinden, das ist eine Art von Vernunft. Daher halten wir auch beim Menschen die Maßlosigkeit im Zorn für weniger schändlich als die Maßlosigkeit im Genuß. Die erstere erniedrigt eine Regel, die zweite dagegen handelt überhaupt ohne Regel2. (529; Fs)
1869 Die verschiedenen Bewegungen des sinnlichen Vermögens nennen wir Leidenschaften. Diejenigen, welche auf das Konkupiszible bezogen sind, sind erstens die Liebe oder die Neigung zu dem wahrgenommenen Gut - als Gut genommen, ohne weitere Besonderheit -, und der Haß als das Gegenteil der Liebe; zweitens das Verlangen oder die Neigung zu dem abwesenden, aber erwarteten Gut und die Furcht als dessen Gegenteil; drittens die Freude oder die Ruhe in dem erlangten oder als erlangt angesehnen Gut, und die Traurigkeit oder die Niedergedrücktheit unter dem Einfluß des gegenteiligen Übels. (529f; Fs)
1870 In bezug auf das Iraszible bezeichnen vier Leidenschaften die verschiedenen Bewegungen der Seele: erstens die Hoffnung, das heißt das Streben nach einem abwesenden Gut, dessen Erwerb zwar schwer, aber doch möglich ist; zweitens die Verzweiflung, die angesichts des Unmöglichen entsteht; drittens die Kühnheit, die durch ein drohendes, aber nicht unüberwindliches Übel her vorgerufen wird; viertens der Zorn, die heftige Neigung, ein Übel durch die Schädigung dessen zu rächen, der es verursacht hat. (530; Fs)
1871 Diese Leidenschaften hat Thomas mit großer Aufmerksamkeit studiert und tiefsinnig erörtert. Seine Abhandlung über die Leidenschaften in der Summa theologica3 ist für jene, die sich ernstlich damit beschäftigen, eine unerschöpfliche Fundgrube; die Abhandlung über die Tugenden4 nimmt die Begriffe noch einmal auf und wendet sie mit einem viel zuwenig beachteten psychologischen und moralischen Sinn an. Alle unsere innern Bewegungen in ihrem Ursprung, ihren Wirkungen und Rückwirkungen werden hier aufgedeckt und in Beziehung gesetzt. Thomas macht sich dabei die Klugheit des Aristoteles und die tiefen Gedanken der Kirchenväter dienstbar; aber er geht weit über den erstern hinaus, und auch die Kirchenväter übertrifft er durch die Kraft einer Zusammenordnung, die keiner von ihnen in dem gleichen Grad besessen hat. (530; Fs)
1872 Wir können hier nur auf diese Abschnitte hinweisen. Wer sie gründlich studiert, wird sicherlich vieles lernen und vielleicht auch - wenn er sieht, wie hier die abstrakten Gedanken des Thomas auf eine konkrete Frage angewandt werden - sich be freunden mit den hohen Abstraktionen der thomistischen Philosophie. (530; Fs)
1873 Es versteht sich übrigens von selbst, daß die Einteilung in das Iraszible und Konkupiszible als allgemeiner Rahmen für uns nicht mehr von Bedeutung ist; es ist eine jener vorläufigen, wenn auch nicht willkürlichen Einteilungen, die der Wissenschaft das Feld für genauere Bestimmungen freilassen. (530; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Wahrheit - Liebe - Tugend; das tätige Genie: tugenhaft u. heilig Kurzinhalt: Truth visits those who love her, who surrender to her, and this love cannot be without virtue. For this reason, in spite of his possible defects, the man of genius at work is already virtuous; it would suffice for his holiness if he were ... Textausschnitt: 6/2 Truth visits those who love her, who surrender to her, and this love cannot be without virtue. For this reason, in spite of his possible defects, the man of genius at work is already virtuous; it would suffice for his holiness if he were more completely his true self. (19; Fs) (notabene)
The true springs up in the same soil as the good: their roots communicate. Broken from the common root and therefore less in contact with the soil, one or other suffers; the soul grows anemic or the mind wilts. On the contrary, by feeding the mind on truth one enlightens the conscience, by fostering good one guides knowledge. (19; Fs)
7/2 By practising the truth that we know, we merit the truth that we do not yet know. We merit it in the sight of God; we merit it also with a merit which brings its own reward; for all truths are linked together, and homage in act being the most decisive of all, when we pay that homage by living the truth of life, we draw near to the supreme light and to all that flows from it.1 If I embark on the tributary, I reach the river, and then the sea. (19; Fs)
Let us look a little more closely into this doctrine which is so important,- so important that simply to recall it would have made the writing of this little work worthwhile. (20; Fs)
8/2 Is not virtue the health of the soul? And who will say that health does not affect the sight? Ask the oculist. An intelligent practitioner is not satisfied with measuring the curve of the crystalline lens and choosing glasses, he does not merely advise ointments and lotions; he is curious about your general health, your teeth, your regime, your internal organs. Do not be surprised if that specialist in a single organ even questions you about your moral conduct. (20; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Feinde des Wissens u. d. Erkenntnis; Trägheit, Sinnlichkeit; Reinheit des Denkens - Reinheit d. Seele Kurzinhalt: ... what enemies do you fear? What about sloth, the grave of the best gifts? What of sensuality, which makes the body weak and lethargic ... dulls the intelligence, scatters the memory? ... Purity of thought requires purity of soul ... Textausschnitt: 11/2 All contemporary psychologists are in agreement here; the fact is plain to see, admitting of no doubt. The "psychology of the feelings" governs practice, but also, to a large extent, thought. Knowledge depends on the direction given to our passions and on our moral habits. To calm our passions is to awaken in ourselves the sense of the universal; to correct ourselves is to bring out the sense of the true. (21; Fs) (notabene)
12/2 Carry your analysis further. What are the enemies of knowledge? Plainly, lack of intelligence; there fore in discussing vices and virtues and their role in the pursuit of knowledge we presuppose persons who are equal in other respects. But, stupidity apart, what enemies do you fear? What about sloth, the grave of the best gifts? What of sensuality, which makes the body weak and lethargic, befogs the imagination, dulls the intelligence, scatters the memory? Of pride, which sometimes dazzles and sometimes darkens, which so drives us in the direction of our own opinion that the universal sense may escape us? Of envy, which obstinately refuses to acknowledge some light other than our own? Of irritation which repels criticism and comes to grief on the rock of error? (21f; Fs) (notabene)
Without these obstacles, a man of study will rise to heights greater or less according to his resources and his environment; but he will reach the level of his own gifts, of his own destiny.
13/2 We must notice that all the faults just mentioned bring one another more or less in their train; they intersect, they ramify, they are with regard to love of the good or contempt for the good what intersecting streamlets are to the spring. Purity of thought requires purity of soul; that is a general and undeniable truth. The neophyte of knowledge should let it sink deeply into his mind. (22; Fs)
14/2 Let us rise higher, and speaking of springs, let us not forget the Supreme Spring. The surest metaphysic tells us that at the summit of things, the true and the good are not only connected, but are identical. (22; Fs)
We must state for exactness' sake, that the good thus spoken of is not properly speaking moral good; desirable good is what is directly referred to; but a little circuit brings us back from the latter to the former. (22f; Fs)
15/2 Moral good is nothing else than desirable good measured by reason and set before the will as an end. Ends are related. They all depend on one ultimate end. It is this ultimate end which links up with the true and is one with it. Connect these propositions, and you will find that moral good, if not identical in every way with the true, still depends on it through the ends aimed at by the will. There is, therefore, between the two, a bond more or less loose or close, but unbreakable. (23; Fs)
It is not by the individuality in us that we approach truth; it is in virtue of a participation in the universal. This universal, which is at one and the same time the true and the good, cannot be honored as the true-we cannot enter into intimate union with it, discover its traces, and yield ourselves to its mighty sway-unless we recognize and serve it equally as the good. (23; Fs)
16/2 Climb up the Great Pyramid by those giant steps that so exactly represent the ascent of the true: if you go up by the northern edge, can you reach the summit without getting nearer and nearer to the southern edge? To keep away from it would be to stay on the low levels; to turn away from it would be to go sideways and downwards. Similarly the genius of the true tends of itself to join the good; if it diverges it is at the expense of its upward impulse towards the summits. (23; Fs)
17/2 Blessed are the pure of heart, said the Lord, they shall see God. "Preserve purity of conscience," says St. Thomas to his student; "do not fail to imitate the conduct of the saints and of good men." Responsiveness of the soul to the ineffable spring, its filial and loving dispositions, lay it open to receive light after light, and ever-increasing fervor and rectitude. Truth, when loved and realized as a life, shows itself to be a first principle; one's vision is according to what one is; one participates in truth by participating in the Spirit through whom it exists. Great personal intuitions, piercing lights, are in men of equal powers the consequence of moral progress, of detachment from self and from the usual commonplace things, of humility, simplicity, discipline of the senses and the imagination, of an eager impulse towards the great ends. (24; Fs) (notabene)
18/2 There is no question now of proving one's skill, of showing off the brilliance of one's powers, as of a jewel; one desires to get into communion with the radiant center of light and life; one approaches this center in its unity, as it is; one adores it, and renounces what is opposed to it in order to be flooded with its glory. Is not all that something like the meaning of the famous words: "Great thoughts come from the heart"?1 (24; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Organisation des intellektuellen Lebens; Zeit: sparsamer Umgang; keine unnötigen Verpflichtungen Kurzinhalt: Do not let yourself get entangled in that mesh of occupations which little by little monopolizes time, thought, resources, powers... Vocation means concentration. The intellectual is consecrated; let him not scatter himself in exacting futilities. Textausschnitt: Chapter 3. The Organization of Life
I. Simplification
II. Solitude
III. Cooperation with One's Fellows
IV. Cultivation. of Necessary Contacts
V. Safeguarding the Necessary Element of Action VI. Preservation of Interior Silence
I
1/3 In order that everything in you should be directed towards your work, it is not enough to organize yourself within, definitely to settle your vocation and to make wise use of your powers; you must further arrange your exterior life, I mean in respect of its framework, its obligations, its contacts, its setting. (41; Fs)
One word suggests itself here before any other: you must simplify your life. You have a difficult journey before you-do not burden yourself with too much baggage. Perhaps you are not absolutely free to do this, and so you think there is no use laying down rules. That is a mistake. Given the same external circumstances, a desire for simplification can do much, and what one cannot get rid of outwardly, one can always remove from one's soul. (41; Fs)
2/3 "Thou shalt not plow with an ox and an ass together" says the Law: wise and peaceful work must not be associated with the noisy and spasmodic interruptions of a life all on the outside. Under this form again a certain asceticism is the duty of the thinker. Contemplation, whether religious or secular, scientific, artistic, or literary, is not compatible with the complications and burdens of an excessively comfortable life. "Big men have little beds," notes Henri Lavedan. There is a luxury tax to be paid on intellectual greatness. Our talent will not be ruined by the ten per cent which is the price of our privilege. The tax is paid, rather, by our faults, and certainly by our temptations; and this brings us a double advantage. (42; Fs)
If you want to entertain knowledge as your guest, you do not need rare furniture, nor numerous servants. Much peace, a little beauty, certain conveniences that save time, are all that is necessary. (42; Fs)
3/3 Slacken the tempo of your life. Receptions, visits that give rise to fresh obligations, formal intercourse with one's neighbors, all the complicated ritual of an artificial life that so many men of the world secretly detest-these things are not for a worker. Society life is fatal to study. Display and dissipation of mind are mortal enemies of thought. When one thinks of a man of genius, one does not imagine him dining out. (42; Fs) (notabene)
Do not let yourself get entangled in that mesh of occupations which little by little monopolizes time, thought, resources, powers. Conventions must not dictate to you. Be your own guide; obey your convictions, not mere custom; and the convictions of an intellectual must correspond to the goal at which he is aiming. (42f; Fs)
4/3 Vocation means concentration. The intellectual is consecrated; let him not scatter himself in exacting futilities. Let him throw all his resources into the fire of inspiration, as Bernard Palissy sacrificed his furniture. The work and the conditions that further it are the whole thing. Money and attention squandered on trifles would be much better spent in collecting a library, providing for instructive travel or restful holidays, going to hear music which rekindles inspiration, and so on. (43; Fs)
5/3 Whatever furthers your work is always timely; what impedes it and entangles you is to be put away, for, besides the immediate drawbacks, you are thus driven to work for profit and you deflect your effort. The priest has the right to live by the altar and the man of study by his work; but one does not say Mass for money and one must not think and write for money. (43; Fs)
Suppose you are of the number of those who have to earn their living otherwise than by the work they love, how will you preserve the few hours at your disposal if your life is over-full? You must reduce matter to the minimum, so as to lighten and liberate the spirit.
In this respect the wife of an intellectual has a mission that it is perhaps well to point out; it so often happens that she forgets it, and, instead of being Beatrice, succeeds in being merely a spendthrift and a chatterbox. (43; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Thomas: Ratschläge an Intellektuelle (7 von 16 Ratschlägen: Leben der Zurückgezogenheit) Kurzinhalt: To enter into that dwelling, we must give up commonplace things; we must practice retirement, of which the monastic cell is the symbol. "In the cells, and along the great corridors," writes Paul Adam (Dieu, p. 67), "silence is like a splendid person ... Textausschnitt: 11/3 In the organization of our life, the essential point to safeguard, in view of which all the rest is necessary, is the wise provision of solitude, exterior and interior. St. Thomas is so deeply convinced of this that of sixteen counsels to the intellectual, he devotes seven to external contacts and to the retired life. "I want you to be slow in speaking and slow in going to the parlor." "Do not inquire at all about the actions of others." "Be polite to everyone" but "be familiar with none, for too much familiarity breeds contempt and gives matter for many distractions." "Do not busy yourself about the words and actions of those in the world." "Avoid useless outings above everything." "Love your cell, if you desire to be admitted to the wine-cellar." (46; Fs)
The wine-cellar mentioned here, in an allusion to the Canticle of Canticles and to the commentary of St. Bernard, is the secret dwelling-place of truth, of which from afar the perfume attracts the spouse, that is the fervent soul; it is the abode of inspiration, the radiant center of enthusiasm, of genius, of invention, of ardent search; it is the scene of the activity of the mind and its wise delight. (47; Fs)
To enter into that dwelling, we must give up commonplace things; we must practice retirement, of which the monastic cell is the symbol. "In the cells, and along the great corridors," writes Paul Adam (Dieu, p. 67), "silence is like a splendid person, clad in the whiteness of the walls, keeping watch." What does she keep watch over, if not prayer and work? (47; Fs)
12/3 Therefore, be slow to speak and slow to go to those places where people speak, because in many words the spirit is poured out like water; by your amiability to all, purchase the right really to frequent only a few whose society is profitable; avoid, even with these, the excessive familiarity which drags one down and away from one's purpose; do not run after news that occupies the mind to no purpose; do not busy yourself with the sayings and doings of the world, that is with such as have no moral or intellectual bearing; avoid useless comings and goings which waste hours and fill the mind with wandering thoughts. These are the conditions of that sacred thing, quiet recollection. Only in this way does one gain access to the royal secrets which are the happiness of the Spouse; only by this mode of living does one hold oneself respectfully face to face with truth. (47f; Fs) (notabene) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Zurückgezogensein (retirement) als Werkstätte des Geistes; Wüste; Dichter (Offenbarung d. Stille); Legion - Zerstreutheit Kurzinhalt: Retirement is the laboratory of the spirit; interior solitude and silence are its two wings. All great works were prepared in the desert, including the redemption of the world... If the Spirit is to lead us into the regions of interior solitude ... Textausschnitt: 13/3 Retirement is the laboratory of the spirit; interior solitude and silence are its two wings. All great works were prepared in the desert, including the redemption of the world. The precursors, the followers, the Master Himself, all obeyed or have to obey one and the same law. Prophets, apostles, preachers, martyrs, pioneers of knowledge, inspired artists in every art, ordinary men and the Man-God, all pay tribute to loneliness, to the life of silence, to the night. (48; Fs) (notabene)
In the primeval night and its solemn emptiness the universe was shaped by the creative hand. He who desires the joy of creating must not be in a hurry to pronounce his fiat lux, nor especially to pass in review all the animals in the world; in propitious darkness let him take time, like God, to prepare the material of the stars.
13/3 The most exquisite songs in nature are heard at night. The nightingale, the crystal-voiced toad, the cricket, sing in the darkness. The cock proclaims the day, and does not wait for it. All who bear a message, all poets, all seekers also and those who are on the alert to pick up the truths that lie scattered round us, must plunge deep into the vast emptiness which is plenitude. (48; Fs) (notabene)
14/3 No great man has tried to escape this law. Lacordaire said that he had made for himself in his room between his soul and God "a horizon wider than the world"; and had procured for himself "the wings of rest." Emerson proclaimed himself "a savage." Descartes shut himself up in his "heated room." Plato declared that he used "more oil in his lamp than wine in his goblet." Bossuet would get up at night to find the genius of silence and inspiration; great thoughts came to him only when he was far from futile noises and preoccupations. Has not every poet the impression that in his verses he is but translating the mysterious revelations of silence, which according to the formula of Gabriele d'Annunzio he hears as "a voiceless hymn"? (48f; Fs)
15/3 The things that count must set up a barrier between him and the things that do not count. Commonplace life and the ludibria that St. Augustine spoke of, the games and the quarrels of children ending in a kiss, must cease under the kiss of the muse, under the delight-giving and tranquilizing caress of truth. (49; Fs)
"Why hast thou come?" St. Bernard asked himself about the cloister: ad quid venisti? And you, thinker, why have you come to this life outside the ordinary life, to this life of consecration, concentration, and therefore of solitude? Was it not because of a choice? Did you not prefer truth to the daily lie of a scattered life, or even to the noble but secondary preoccupations of action? That being so, will you be unfaithful to the object of your devotion by falling-back into the grip of what you have freely given up? (49; Fs)
16/3 If the Spirit is to lead us into the regions of interior solitude, as He led Jesus into the desert, we must first offer Him the solitude we have created. Without retirement, there is no inspiration. But within the circle of the lamplight, the stars of thought gather above us, as it were in a firmament. (49f; Fs)
17/3 When silence takes possession of you; when far from the racket of the human highway the sacred fire flames up in the stillness; when peace, which is the tranquility of order, puts order in your thoughts, feelings, and investigations, you are in the supreme disposition for learning; you can bring your materials together; you can create; you are definitely at your working point; it is not the moment to dwell on wretched trifles, to half live while time runs by, and to sell heaven for nothings. (50; Fs)
Solitude enables you to make contact with yourself, a necessity if you want to realize yourself-not to repeat like a parrot a few acquired formulas, but to be the prophet of the God within you who speaks a unique language to each man. (50; Fs)
18/3 We shall come back later, at length, to this idea of an equipment special to each person, of a mental training which is education, that is, the drawingout and unfolding of a soul: a soul that is unique, that has not had nor will have its like in all the ages, for God does not repeat Himself. But we must bear in mind that one can only unfold oneself in that fashion by first living with oneself, closely, in solitude. (50; Fs)
19/3 The author of the Imitation said: "I have never gone amongst men without coming back less a man." Carry that idea further and say: without coming back less the man that I am, less myself. In the crowd one loses one's identity, unless one keeps firm hold of oneself, and this hold must first be created. In the crowd, one has no self-knowledge, being burdened by an alien self, that of the multitude. (50f; Fs) (notabene)
"What is thy name?-Legion." That would be the answer of your spirit dispersed and scattered in the life outside you. (51; Fs)
20/3 Hygienists recommend three things for the body: the bath, the air bath, and the inward bath of pure water; I should like to add for the soul the bath of silence, in order to tone up the organism of the spirit, to accentuate the personality, and to produce the active consciousness of it, as the athlete feels his muscles and prepares their play by the inner movements which are their very life. (51; Fs)
Ravignan said: "Solitude is the homeland of the strong, silence is their prayer." What a prayer indeed there is to truth, and what a power of cooperation with its influence in prolonged recollection-frequently resumed at specified times, as it were for a meeting which will gradually become a continuous contact, a life in close community! One cannot, says St. Thomas, contemplate all the time but he who lives only for contemplation, directs everything else towards it, and resumes it when he can, gives it a sort of continuity, as far as may be on earth.1 (51; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Cella continuata dulcescit; Zurückgezogenheit - Dienst am Nächsten (Beispiel: Jesus) Kurzinhalt: One can only achieve union with anything through interior liberty. To allow oneself to be possessed, to be pulled hither and thither, whether by people or by things, is to promote disunion... Textausschnitt: 21/3 Delight will be found in it, for "the cell, if you stay in it, grows sweet: cella continuata dulcescit." Now the delight of contemplation is a part of its efficacy. Pleasure, St. Thomas explains, fastens the soul to its object, like a vise [eg: hier Schraubstock]; it rivets attention and liberates the acquisitive faculties, which sadness or boredom would constrain. When truth takes possession of you and slips her downy wing beneath your soul to lift it gently and harmoniously in upward flight, that is the moment to rise with her and to float, as long as she supports you, in the upper air. (51f; Fs)
You will not thereby live in the isolation that we have condemned; you will not be far from your brethren because you have left their noise behind you-the noise which separates you from them spiritually, and therefore prevents true brotherhood. (52; Fs) (notabene)
For you, an intellectual, your neighbor is the person who needs the truth, as the neighbor of the good Samaritan was the wounded man by the wayside. Before giving out truth, acquire it for yourself; and do not waste the seed for your sowing. (52; Fs)
22/3 If the words of the Imitation are true, you will be more a man and more with men when you are far from them. In order to know humanity and to serve it, we must enter into ourselves, where all the objects we pursue are together in contact, and get from us either our strength of truth or our power of love. (52; Fs) (notabene)
One can only achieve union with anything through interior liberty. To allow oneself to be possessed, to be pulled hither and thither, whether by people or by things, is to promote disunion. Out of sight, near the heart. (52; Fs)
23/3 Jesus shows us truly that one can be entirely recollected, and entirely devoted to others-entirely given to men and living entirely in God. He preserved His solitude: He touched the crowd only with a soul of silence, to which His words were like a narrow doorway for the interchanges of divine charity. What sovereign efficacy there was in that contact which reserved everything except the precise point through which God could pass and souls reach Him! (53; Fs) (notabene)
The fact is that there would be no place between God and the multitude, except for the Man-God and for the man of God, the man of truth, who is ready to give. He who thinks himself united with God without being united with his brothers is a liar, says the apostle; he is but a false mystic, and, intellectually, a false thinker; but he who is united to men and to nature without being hiddenly united to God-without being a lover of silence and solitude-is but the subject of a kingdom of death. (53; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Vorbereitung: intellektuelle Arbeit; Hauptlektüre, Nebenlektüre, 4 Arten des Lesens Kurzinhalt: I distinguish four kinds of reading. One reads for ones formation and to become somebody; one reads in view of a particular task; one reads to acquire a habit of work and the love of what is good; one reads for relaxation. There is fundamental reading ... Textausschnitt: III
13/7 To be a little more precise, I distinguish four kinds of reading. One reads for ones formation and to become somebody; one reads in view of a particular task; one reads to acquire a habit of work and the love of what is good; one reads for relaxation. There is fundamental reading, accidental reading, stimulating or edifying reading, recreative reading. (152; Fs) (notabene)
All these kinds of reading must be regulated as we have just said; each kind has also its particular requirements. Fundamental reading demands docility, accidental reading demands mental mastery, stimulating reading demands earnestness, recreative reading demands liberty. (152; Fs)
14/7 When one's mind is in process of formation and one has almost everything to learn, the hour has not come for individual initiative. Whether one is at the earlier stage, acquiring all-round culture, or taking up a new branch of study, a problem hitherto neglected, the authors consulted for this purpose must be believed rather than criticized, and followed in their own line of thought rather than used according to the reader's views. To launch out into action too soon interferes with the process of acquisition; it is wise at first to be docile. "You must believe your master," says St. Thomas, repeating Aristotle. He himself did this and found it to his advantage. (152f; Fs)
It is by no means a question of blind obedience, a noble mind does not go in chains; but as the art of commanding is learned only by obedience, mastery of thought is obtained only through discipline. A provisional attitude of respect, confidence, faith, as long as one does not possess all the elements of judgment, is so evident a necessity that only the conceited and the presumptuous refuse to accept it. (153; Fs)
15/7 No one is infallible, but the pupil is much less so than the master; and if he refuses to listen, for once that he is right he will miss the truth a dozen times and will fall a victim to appearances. On the contrary, to give credence to the master and to be relatively passive, conceding to him something of what is due to truth, is to the advantage of truth itself, and enables the pupil at last to utilize even the deficiencies and illusions of the teacher. One only knows what a man lacks by estimating his wealth. (153; Fs)
It is elementary wisdom beforehand to choose among a thousand the guides whom one will thus trust. The choice of an intellectual father is always a serious thing. We have advised St. Thomas for the highest doctrines. One cannot confine oneself to him; but all that is necessary is to know thoroughly three or four authors for ones specialty, and about the same number for each problem that arises. One will have recourse to other books for information, not for formation, and the attitude of mind will no longer be the same. (153f; Fs) (notabene)
16/7 It will even in certain respects be the inverse, for the person who seeks information, who wants to use it, is not in a state of pure receptivity; he has his own idea, his plan; the work consulted becomes his servant. A modicum of docility is always necessary; but now it is directed to truth rather than to the writer; and in as far as the writer is concerned, it gives him credence to the point perhaps of not disputing his conclusions, yet does not slavishly follow every step of his procedure. (154; Fs)
These questions of attitude are extremely important; for to consult books in the same way as you study them is loss of time; and to study as if you were merely consulting them means remaining your own master and losing the benefits of formation offered you by one who could initiate you into his subject. (154; Fs)
17/7 He who reads in view of a piece of work has his mind dominated by what he aims at doing; he does not dive into the water, he draws from it; he stands on the bank, preserves the freedom of his movements; he confirms his own idea at each borrowing instead of sinking it in the idea of another; and he lays down his book enriched, not dispossessed of what he brought to it - for that would happen if the fascination of the reading interfered with the purpose of utilizing it which was its justification. With regard to stimulating reading, the choice, apart from our general rules, must depend on each ones experience. What has already helped you may very likely help you again. An influence may in the long run wear itself out; but at first it acts more strongly every time, habit quickens it, a deeper penetration acclimatizes it in us; the association of ideas and feelings connects a given page with states of soul that it brings back. (154f; Fs)
18/7 It is an immense resource in movements of intellectual or spiritual depression to have in this way your favorite authors, your inspiriting pages; to keep them at hand, always ready to invigorate you. I know certain persons who for years whenever their spirits flagged got a fresh start from the peroration of the Oraison funèbre on the Great Condé.1 Others, in the spiritual domain, are irresistibly moved by Pascal's Mystère de Jésus, by a Prayer of St. Thomas, by a chapter of the Imitation or by one of the parables. Each one should watch himself, note what helps him, keep at hand together his remedies for the sicknesses of the soul and not hesitate to go back and back to the same cordial or the same antidote until these have utterly lost their efficacy. (155; Fs)
19/7 In the matter of reading for relaxation choice seems much less important. Relatively indeed it is so; but let no one imagine that it is all the same to find distraction in this or in that, when the object is to come back in the best of conditions to what is our raison d'étre. Certain kinds of reading are not recreative enough; others are too much so, to the detriment of the recollection that must come afterwards; others again may divert2 you, in the etymological sense, I mean, that is turn you aside from your path. (155f; Fs)
I know a man who rested from a laborious piece of work by reading Zeller's History of Greek Philosophy: it was a distraction, but not a sufficient one. Others read highly spiced or fantastic stories which provide a complete change of mental scene; for others their light reading is an indulgence in temptations which discourage them from work and harm their soul. All that is bad. If books are your servants like other objects that you use in daily life, those in particular that play only an accessory part must be made to serve. Do not sacrifice yourself to your fan. (156; Fs)
20/7 Many thinkers have found habitual relief and attraction in stories of travel and exploration, in poetry, art criticism, reading of plays, memoirs. Each one has his tastes, and taste in this matter is the capital thing. One thing alone according to St. Thomas gives real rest: joy; to seek distraction in something boring would be a delusion.
Read something that you like, that does not excite you too much, that does not harm you in any way; and since even when you seek distraction you are leading the consecrated life, have the intelligence to read, among the books that are equally effective in resting your mind, what will also be useful otherwise, helping you to develop your personality, to adorn your mind, to be a man. (156f; Fs)
13/7 To be a little more precise, I distinguish four kinds of reading. One reads for ones formation and to become somebody; one reads in view of a particular task; one reads to acquire a habit of work and the love of what is good; one reads for relaxation. There is fundamental reading, accidental reading, stimulating or edifying reading, recreative reading. (152; Fs) (notabene)
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All these kinds of reading must be regulated as we have just said; each kind has also its particular requirements. Fundamental reading demands docility, accidental reading demands mental mastery, stimulating reading demands earnestness, recreative reading demands liberty. (152; Fs)#
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14/7 When one's mind is in process of formation and one has almost everything to learn, the hour has not come for individual initiative. Whether one is at the earlier stage, acquiring all-round culture, or taking up a new branch of study, a problem hitherto neglected, the authors consulted for this purpose must be believed rather than criticized, and followed in their own line of thought rather than used according to the reader's views. To launch out into action too soon interferes with the process of acquisition; it is wise at first to be docile. "You must believe your master," says St. Thomas, repeating Aristotle. He himself did this and found it to his advantage. (152f; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Vorbereitung: intellektuelle Arbeit; Licht d. Verstandes; Bücherwissen - Wissen aus/um Sein; Kurzinhalt: Indeed, in the last analysis, God is our only Master ... It is not what a writer says that is of first importance to us; the important thing is what is. Textausschnitt: 37/7 St. Thomas, going more deeply into the question, observes that the spoken and written word do not even reach the mind directly; their whole function is by means of sounds and signs to supply the soul with matter. The sound rings out; the light vibrates; our senses perceive and pass on the signal; and, by an inverse movement this signal, springing from the idea, has the mission of awakening a similar idea. But in all that process, minds do not touch one another; the signals of one mind make only indirect contact with the other; and what produces knowledge is not the system of signs put before us, it is the work of our own reason on those signs. (168; Fs) (notabene)
At bottom, the intellectual propositions that are put to us remain as much outside our intelligence as the things themselves that we want to know; they have only this advantage, that they correspond, as signs, to ideas already worked out and set in order. That facilitates our thought but does not take its place. All that teaching does is to provide us with means of mental activity, as medicine offers our bodies means of getting well; but just as no medicine can act on an inert organism, no teaching can succeed with a negligent mind. (168f; Fs)
38/7 In reality nature herself operates the cure; and the mind is enlightened only by its own light, unless we say: by the light of God infused into it according to the words of the Psalm: "The light of Thy countenance, O Lord, is signed upon us." (Ps. 4:7.) Indeed, in the last analysis, God is our only Master, »He who speaks within us, and from Him within us all instruction comes; strictly speaking, thought is incommunicable from man to man.1 (169; Fs) (notabene)
This penetrating analysis has practical consequences. If the idea does not reach us from without, if it is necessarily within us that it must come to birth, let us make it our endeavor that the intellectual matter provided by the book — those signals from a silent interlocutor — may really raise us to the thought expressed and even beyond it, for an idea evoked in an active mind should always rouse some further idea. (169; Fs)
39/7 We enter into the intimacy of genius only by sharing the same inspiration; to listen from outside is to condemn oneself not to hear. It is not with the eyes, nor with the ears, that one hears a great saying, it is with a soul on the level of what is revealed to it, with an intelligence illuminated by one and the same light. (169; Fs) (notabene)
The source of knowledge is not in books, it is in reality, and in our thought. Books are signposts; the road is older, and no one can make the journey to truth for us. (169f; Fs)
40/7 It is not what a writer says that is of first importance to us; the important thing is what is. Our mind has the task not of repeating but of comprehending—that is, we must "take with" us, cum-prehendere, we must vitally assimilate, what we read, and we must finally think for ourselves. When we have heard the words, we must, after the author and perhaps thanks to him but in the last resort independently of him, compel our own soul to re-express them. We must recreate for our own use the sum total of knowledge. (170; Fs)
In any case the principal profit from reading, at least from reading great works, is not the acquisition of scattered truths, it is the increase of our wisdom. Amiel, comparing the French with the German mind, said: "The Germans bring the bundles of wood to the woodpile; the French provide the sparks." That judgment is perhaps too absolute; but certainly it is the sparks that start the flame.
To develop wisdom was the first object of our education; it is still that of the education that we essay to provide for ourselves. Without wisdom, what we take in would be worthless, it would be as useless as was the first when it was on the library shelf. In ourselves also there are volumes and texts of great value that we do not read. (170; Fs)
41/7 What an abuse it is to associate with great minds and to get from them nothing but formulas! And how clearly it will appear when, in writing ourselves, we want to utilize them! Such parroting is speedily seen for what it is, and it is soon evident that the writer is a nobody. (170f; Fs)
42/7 To make real use of another is invention. Even when one quotes literally, if the passage is introduced in a setting in which it has its exact place, and if the setting is on the same level, is of a piece and makes a living unity with what it borrows, one is showing an originality equal in a sense to the master's. The glory given to another redounds to oneself. The quotation is in this case like the word one finds in the dictionary, but which one still creates as the soul creates the body.
That is how St. Thomas, Bossuet, Pascal, quote. And we who aspire to quite humble tasks must apply to them the same laws of the mind. Truth is all men's ancestor; wisdom addresses her invitation to all; we must not leave to the greatest the monopoly of making a superior use of what is offered us. Compared with men of genius we are only children, but we are children with an inheritance. What they give us is ours because it belongs to eternity; from eternity they themselves received it. We must contemplate, while they speak to us, what was before them and is above them, what God makes ready for us all. (171; Fs)
It is on these conditions that we may attain originality; and we may count fully, if some day our wisdom grows, on doing original work in the true sense of the term. If we are to produce something truly ours, reading can only serve to stimulate us—to enrich our personality, not our pages. That is in another sense what I said, about finding in books what is not in them, finding a way of entry through them into new domains. (171f; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Verhältnis: Autor - Leser; Buch als Jungbrunnen (kein Grab) Kurzinhalt: A book is a cradle, not a tomb. Physically we are born young and we die old; intellectually, because of the heritage of the ages, "we are born old; we must try to die young. Textausschnitt: 43/7 If it is true that it is only by our work that we acquire ordinary knowledge, it is still more evidently true that we cannot make our contribution of new thought to the world except by our own effort. I should like, when I read, to find some happy suggestion, some starting-point for a fresh train of ideas in my book; but then to lay it down as soon as possible, to shake myself free with a feeling of indebtedness. It is my duty to be myself. What is the good of repeating others? However unimportant I am, I know that God makes none of His spiritual beings without a purpose — He does not make the least natural object without a purpose. I am obeying my Master by setting myself free. I am alive, I am not a mere reflection, and I want to live a fruitful life. Whatever engenders nothing is non-existent; my reading must enable me to engender thought in the likeness, not of the author who inspires me, but of myself! (172; Fs) (notabene)
44/7 That is, I think, the last word on the question of books. A book is a signal, a stimulant, a helper, an initiator—it is not a substitute and it is not a chain. Our thought must be what we ourselves are. When we read, our masters must not be a goal for us, but a starting-point. A book is a cradle, not a tomb. Physically we are born young and we die old; intellectually, because of the heritage of the ages, "we are born old; we must try to die young."1 (172f; Fs) (notabene)
Men of real genius do not want to pinion us, but to make us free. But if they did aim at enslaving us, we should have to resist them, to be on our guard against an invasion of our liberty that would be so much the more destructive as we have not equal resources for the struggle. We must emancipate our soul. The more our thought springs from our inner depths, from what is incommunicable in us, the more it will reflect man, and the more readily will other men recognize themselves in it. Human respect loses touch with humanity, spontaneity gets near to it. Repetition of others' thoughts, whether open or disguised, soon proves wearisome. "If you speak of nothing but what you have read," says Schopenhauer, "no one will read you." (173; Fs) (notabene)
45/7 In fine, let us work with truth for our companion, with God for our companion. Our model is in the creative Thought. Men of genius are but a shadow. To be the shadow of a shadow is a poor thing for one, who, whether small or great, is here on earth a spiritual entity, incomparable, unparalleled, unique.
Man is multiple and each of us is a separate specimen of mankind; God is in all men; let us have the wisdom to honor man and to respect God in ourselves. (173; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Kreative Arbeit; Schreiben - Stil; wahr, nicht gekünstelt, einfach; Austausch zw. Seele und Sprache Kurzinhalt: "Style is the man." ... "Look in thy heart and write," said Sidney. The man who writes like that, without pride or artifice, as if it were for himself, is in reality speaking for humanity ... Textausschnitt: Chapter 8 - Creative Work
I. Writing
II. Detachment from Self and the World
III. Constancy, Patience, and Perseverance
IV. Doing Things Well and Finishing Everything
V. Attempting Nothing beyond One's Powers
I
Writing ()eü)
1/8 You have come now to the moment for producing results. One cannot be forever learning and forever getting ready. Moreover, learning and getting ready are inseparable from a certain amount of production, which is helpful to them. One finds one's way only by taking it. All life moves in a circle. An organ that is used grows and gets strong; a strong organ can be used more effectively. You must write throughout the whole of your intellectual life. (199; Fs) (notabene)
2/8 In the first place one writes for oneself, to see clearly into one's personal position and problems, to give definition to one's thoughts, to keep up and stimulate attention which sometimes flags if not kept on the alert by activity—to make a beginning on lines of investigation which prove to be necessary as one writes, to encourage oneself in an effort that would be wearisome in the absence of some visible result, lastly to form one's style and acquire that possession which puts the seal on all the others, the writer's art. (199f; Fs)
When you write, you must publish, as soon as good judges think you capable of it and you yourself feel some aptitude for that flight. The young bird knows when he can venture into space; his mother knows it more surely. Relying on yourself and on a wise maternity of the spirit, fly as soon as you can. (200; Fs)
3/8 Contact with the public will compel you to do better; well-deserved praise will stimulate you; criticism will try out your work; you will be, as it were, forced to make progress instead of stagnating, which might be the result of perpetual silence. To father some intellectual work is to sow a good and fruitful seed. Every work is a wellspring.
Pere Gratry insists strongly on the efficacy of writing. He would like people always to meditate pen in hand; and to devote the untroubled morning hour to this contact of the mind with itself. We must take account of varying individual dispositions; but it is certain that for the majority of people, the pen as it runs plays the part of the trainer at games. (200; Fs)
4/8 To speak is to listen to one's soul and to the truth within it. To speak alone and wordlessly, as one does by writing, is to listen and perceive truth with a freshness of sensation like that of a man who rises in the early morning and holds his ear to nature. (200; Fs) (notabene)
Everything must have a beginning. "The beginning is more than the half of the whole," said Aristotle. If you produce nothing you get a habit of passivity; timidity grows continually and the fear caused by pride; you hesitate, waste your powers in waiting, become as unproductive as a knotted tree-bud. (200f; Fs)
5/8 I have said that the art of writing requires long and early application and that this gradually becomes a mental habit and constitutes what is called style. My style, my pen, is the intellectual instrument which I use to express myself and to tell others what I understand of eternal truth. This instrument is a quality of my being, an interior bent, a disposition of the living brain, that is, it is a particular evolution of my self. "Style is the man." (201; Fs) (notabene)
6/8 Therefore in each person the style is formed according as the writer himself is formed; silence is a diminution of the personality. If you want fully to exist from the intellectual point of view, you must know how to think aloud, to think explicitly, that is to shape both within you and for the outside world the word which is the expression of your mind. (201; Fs)
Perhaps it is in place here to say briefly what style should be if it is to correspond to the aim we have been suggesting to the intellectual.
7/8 Alas! In order to venture to say how to write, one should oneself abstain. It is not difficult to be humble when one has fallen under the spell of a master style, or experienced the resulting sense of liberation and expansion in reading, say Pascal, La Fontaine, Bossuet, Montaigne. One can at least acknowledge the idea one is aiming at and falling short of; to describe it is to admit one's shortcomings, but it does one honor to prize what passes judgment on one's own writing. (201f; Fs)
The qualities of style may be set out under as many headings as you will; but they can all be contained, I think, in these three words: truth, individuality, and simplicity; unless you prefer to sum it all up in a single formula; one must write truly. (202; Fs)
8/8 A style is true when it corresponds to a necessity of thought and when it keeps intimate contact with things.
The expression of thought in word is an act of life: it must not stand for a clean cut in life, which is what happens when we fall into artificiality, conventionality, what M. Bergson would call the "ready-made." To write with one part of one's being, to live one's sincere and spontaneous life with another, is an insult to the spoken word and to the harmonious unity of human nature. (202; Fs)
9/8 The ceremonial discourse is the type of those things that are said because they have to be said, in which the thought is merely an effort at apt expression, an expenditure of that eloquence which is the laughingstock of genuine eloquence.1 And indeed the ceremonial discourse is often but a mere passing impersonal thing. There may be genius in it — Demosthenes and Bossuet are examples; but that only happens if the occasion draws from our substance something that would in any case surge up of itself, something connected with our habitual outlook, our constant meditations. (202f; Fs)
The virtue of the word, spoken or written, is abnegation and sincerity: abnegation which puts our personality aside lest it mar the exchange between truth speaking within and the listening soul; sincerity which expresses simply what inspiration has revealed, with no addition of verbiage. (203; Fs) (notabene)
10/8 "Look in thy heart and write," said Sidney. The man who writes like that, without pride or artifice, as if it were for himself, is in reality speaking for humanity, provided he has the talent that will carry true words far and wide. Humanity will recognize itself in him, because it is human nature that has inspired the discourse. Life recognizes life. If I give my neighbor just black marks on white paper, he will perhaps look at the thing curiously, but then he will throw it down; if I am like a tree offering foliage and fruit full of rich sap, if I give my whole self, I will convince him, and like Pericles, leave the dart in men's souls. (203; Fs) (notabene)
If I obey the laws of thought, I cannot but show myself in close contact with things, or rather in the heart of things. Thinking is conceiving what is; writing truly, that is writing according to one's thought, is revealing what is, not stringing sentences together. And so the secret of writing is to stand and study things ardently, until they speak to you and themselves determine their own expression. (203f; Fs)
11/8 Speech and writing must correspond to the truth of life. The listener is a man; the speaker must not be a shadow. The listener brings you a soul to heal or to enlighten; do not put him off with words. While you are developing your periods, he must be able to look outside himself and within himself, and to feel the correspondence with what you say. (204; Fs)
Truth in style avoids the stereotyped expression, the cliché. A cliché is an old truth, a formula that has become common property, a set of words that once was fresh, and is no longer so precisely because it has lost contact with the reality whence it sprang—because it floats in the air, a silly foolish tinsel ornament that takes the place of a flow of living metal, of a direct and immediate transcription of the idea. (204; Fs)
12/8 As Paul Valéry observes, it is automatic use that kills languages. We are alive, he says, when we use syntax "with full consciousness," taking trouble watchfully to bring out every element, avoiding certain effects that arise of themselves and obtrusively claim priority. That claim is precisely the reason for turning away these parasites, these intruders, these unwanted visitors. (204; Fs)
Greatness of style consists in discovering the essential links between the elements of thought and in expressing them with an art that completely excludes every tentative approximation. What an ideal2 that is which Emerson formulates, to write as the dew is deposited on the leaf, and stalactites on the walls of the grotto, as the flesh grows out of the blood, and the woody fiber of the tree is formed from the sap! (204f; Fs)
13/8 We said that the proud and disturbing element in personality will be absent from such writing; but the personal quality of the expression will be all the clearer and more pronounced. What comes out of me, independently of me, must of necessity resemble me. My style is my countenance. A countenance has the general characteristics of the species, but it always has a striking and incommunicable individuality; it is unique in the world and in all the ages; that is, in part, what gives such a fascinating interest to portraits. (205; Fs) (notabene)
14/8 Now, our mind is certainly still more original; but we hide it behind general formulas that we have picked up, behind traditional phrases, word combinations that merely represent old habits and not our own ardor of conviction. To show our mind as it is, basing ourselves on acquired habits of expression common to all, but not losing ourselves in them, would be to rouse inexhaustible interest, and it would be art. (205; Fs)
The style that suits a mind is like the body that belongs to a soul, or the plant that grows from a particular seed; it has its own proper structure. To imitate is to forego your thought; to write without character is to declare it vague or puerile. (205; Fs)
15/8 One should never write "in the manner of" so-and-so, even if the so-and-so were oneself. One must not have a manner; truth has none; it is there, objectively real; it is always fresh and new. But truth cannot fail to have an individual ring on each of its instruments. (205f; Fs)
"All really great men have been original," writes Jules Lachelier;3 "but they did not aim at it nor think themselves so; on the contrary, it was by trying to make of their words and acts an adequate expression of reason that they found the particular form under which they were destined to express it." (206; Fs)
Every instrument has its timbre. If mannerism is an affectation, genuine originality is a manifestation of truth; it intensifies instead of weakening the impression to be produced on the reader, who in his turn will take in what he can, according to his own capacity. What we are proscribing is not the personal feeling which renews and glorifies everything it touches, but self-assertiveness setting itself up against the sway of truth. (206; Fs)
16/8 Simplicity of style results from these principles. Embellishment is an offense against thought, unless it be an expedient to conceal its void. There are no embellishments in the real; there are only organic necessities. Not that there is no brilliance in nature; but the brilliance itself is organic, it has its rightful existence, it is supported by substructures that never break down. (206; Fs)
In nature, the flower is as important a thing as the fruit, and the foliage as the branch; the whole springs from the roots and is but the manifestation of the germ which holds within itself the idea of the species. Now style, in a good workman's hand, imitates the creations of nature. A sentence, a passage, must be constituted like a living branch, like the fibers of a root, like a tree. Nothing super-added, nothing aside, everything in the direct unbroken curve that goes from germ to germ—from the germ that has come to fruition in the writer to that which is to come to fruition in the reader and to propagate truth or human goodness. (206f; Fs)
17/8 Style is not for its own sake; to attach importance to it on its own account is to misuse and degrade it. How little one must care about truth to let oneself be caught by form, to become a rhymester instead of a poet, a stylist instead of a writer! He who has the necessary talent should carry his style to perfection, which is the right of everything that exists; everyone legitimately wishes to become as expert in writing as an old blacksmith at his iron work; but the blacksmith does not amuse himself twisting his metal into ornamental curves, he makes bars, locks, gates. (207; Fs)
18/8 Style excludes everything useless; it is strict economy in the midst of riches; it spends whatever is necessary, saves in one place by skillful arrangement, and lavishes its resources elsewhere for the glory of the truth. Its role is not to shine, but to set off the matter; it must efface itself, and it is then that its own glory appears. "The beautiful is the removal of all superfluity," said Michelangelo, and Delacroix points out in him "the big settings, the simple cheek lines, the noses broadly drawn." He notes that such a style can only fit in with very firm contours as in Michelangelo, Leonardo, and especially Velasquez; but not in Van Dyck; and that too is a lesson. (207f; Fs)
Strive to write in the form that is inevitable, given the precise thought or the exact feeling that you have to express. Aim at being understood by all, as is fitting when a man speaks to men, and try to reach whatever in them is directly or indirectly an instrument of truth. "A complete style is that which reaches all souls and all their faculties."4 (208; Fs)
19/8 Do not court fashion; your time will of itself influence you and will subordinate itself to the uses of eternity. Give your readers pure spring water, not bitter drugs. Many writers today have a system: every system is a pose, and every pose is an insult to beauty. (208; Fs) (notabene)
Cultivate the art of omission, of elimination, of simplification: that is the secret of strength. The masters end by repeating only that which St. John repeated: "Love one another." The innocent nudity which reveals the splendor of living forms—thought and reality, creations and manifestations of the Word—is the law and the prophets in the matter of style. (208; Fs)
20/8 Unfortunately this bare purity of the mind is rare; when it does exist it is often allied with empty-headedness. And so only two kinds of mind, the mind of limited power and the mind of genius, seem predisposed to simplicity; the others have to acquire it laboriously, cumbered by their possessions, and unable to limit themselves at their will. (208; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Kreative Arbeit; Schreiben 2; Zurückgezogenheit; Wahrheit - Erfolg, Ehrgeiz, Öffentlichkeit; Bestätigung von Gott; "intellektuelle" Zirkel: Konventionen, nicht Wahrheit; Kurzinhalt: Detachment from Self and the World ... The essential thing is not the reception accorded to our words, but the reception that we ourselves have given to truth ... what is less eternal than an ambitious aim? Textausschnitt: 21/8 Style, and speaking more generally, all creative work require detachment. Our obsessing personality must be put aside, the world must be forgotten. When one is thinking of truth, can one allow one's attention to be turned from it by self? What is to be expected of the man who stops short at self? I hope in the man who goes straight forward, beyond his ephemeral personality, towards the immense and the eternal-in the astronomer walking in the company of the stars; in the poet or philosopher or theologian plunged in the study of animate or inanimate matter, of man individual and social, of souls, of angels, and of God. I believe in such a one because the spirit of truth dwells in him, not some wretched preoccupation with self. (209; Fs)
We have seen that it is not enough to work with the intelligence alone: the whole man is necessary. But the man who engages in the work must not be the creature of passion, vanity, ambition, or vain desire to please. (209; Fs) (notabene)
22/8 Everyone is passionate at times, but passion must at no moment get the upper hand. Everyone is inclined to vanity, but it is a vice if the work itself at bottom is vanity. The important thing is not what we shall get out of knowledge, but what we can give to it. The essential thing is not the reception accorded to our words, but the reception that we ourselves have given to truth, and that we are disposing others to give to it. Of what weight, in view of that sacred purpose, are our petty selfish calculations? Many men who appear to be heartily intent on some work care less for it than for trifling successes. The formation of worlds, the ascent of species, the history of man in society, the economy of labor, serve to get them a purple or red ribbon; their poetry aims at nothing higher than to attract a following of admiring disciples; their pictures aspire to being hung on the line; Corneille once interpreted by Talmax turns into a mere pretext for showing off the actor's powers. It is obvious that a mind degenerates when so turned from the subject to itself. Such aims can only degrade work; and even if one is indifferent to immediate success, counting on succeeding later through one's very disinterestedness, the result is the same. (209f; Fs) (notabene)
23/8 Inspiration is incompatible with selfish desire. Whoever wants something for himself sets truth aside: the jealous God will not sojourn with him. We must work, we said, in a spirit of eternity; what is less eternal than an ambitious aim? You are consecrated to truth, you must serve, not use it. (210; Fs) (notabene)
One throws oneself wholeheartedly only into causes that one would die for. Are you ready to die for the truth? Everything that a real lover of truth writes, everything that he thinks should be like the letters that St. Peter Martyr traced with the blood of his wound as he was dying: Credo. (210; Fs)
24/8 The selfish personality lessens every value that it touches; it contaminates everything, cheapens everything, it disorganizes our powers. The man who goes ahead, taking his inspiration from truth and leaving the responsibility for consequences to God, that man is a worthy thinker. "For me, to live is Christ," said St. Paul: that was a vocation and a certainty of victorious action. One is not really an intellectual unless one can say: For me, to live is truth. (210f; Fs)
25/8 A form of personality particularly harmful to work is that almost universal hypocrisy which consists in displaying an appearance of knowledge where sincerity would force us to acknowledge ignorance. That he hides intellectual indigence under the cloak of words is the reproach we make to the chance scribbler, the journalist spinning out an article, or the uneducated deputy; but every writer who questions himself honestly will have to admit that he yields every moment, on this point, to the suggestions of pride. One wants to keep one's secret; one hides one's lack of competence; one poses as big, knowing oneself to be little; one "asserts," "declares," "is sure"; at bottom one does not know; one imposes on the public; and, half-duped by one's own game, one deceives oneself. (211; Fs)
26/8 Another fundamental fault is to affect in our thought that pseudo-originality that a moment ago we condemned in style. It is intolerable pride to try to force truth into our personal mold, and it ends in stupidity. Truth is essentially impersonal. When it borrows our voice and our mind it will take the color of our personality without any effort of ours: it will do this all the more that we are not thinking about ourselves: but to exert pressure on truth so as to make it resemble us is to warp it-is to violate immortal reality by substituting for it our ephemeral self. (211f; Fs)
30/8 Seek the approval of God; be intent only on truth, for yourself and others; do not be a slave; make yourself worthy to say with Paul: "The word of God is not bound." (213; Fs)
This virtue of independence is so much the more necessary as the public, in the mass, has all the qualities needed to pull you down. The public has the elementary school mentality. In most circles and by the majority of its votes it proclaims conventions, not truths; it likes to be flattered; it fears above everything to have its quietude disturbed. To get it to listen to the essential truths, you must impose them by sheer insistence. You can do it, and the solitary thinker must try to exercise this felicitous violence. (213f; Fs) (notabene)
31/8 The thinker's power to succeed in this comes from taking his stand on his own thought and on the nature of things, from "striking like a deaf man" as Madame de Sévigné" said of Bourdaloue, and from shouting out the danger-cry which ends by rousing and subduing souls. (214; Fs)
The only really powerful and really compelling force is strong conviction joined to a character which offers guarantees to poor humanity. The very people who require you to court their favor despise a flatterer and surrender to a master. If you are of this world, this world will love you because you are its own; but its silent disdain will be the measure of your fall. (214; Fs)
32/8 This perverse world loves, at bottom, only saints; this cowardly world dreams of heroes; Roger Bontemps grows grave and has thoughts of conversion when he sees an ascetic. In such a world you must not yield to public opinion and write as if humanity were looking over your shoulder. You must shake yourself free of other people, as well as of yourself. In the intellectual domain as in every other, to rise above man is to prepare wondrous things, for it is opening the way to the Spirit. (214; Fs)
33/8 Seated at your writing table and in the solitude in which God speaks to the heart, you should listen as a child listens and write as a child speaks. The child is simple and detached because he has as yet no self-will, no pre-established positions, no artificial desires, no passions. His naive confidence and direct speech have an immense interest for us. A mature man, enriched by experience, who should yet preserve this simplicity of the child would be an admirable repository of truth, and his voice would reecho in the souls of his fellow men. (214f; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Kreative Arbeit; Schreiben 3; Schwierigkeiten beim Schreiben; Beständigkeit, Geduld, Durchhaltevermögen (Nicole); Mut Kurzinhalt: The true intellectual is by definition a man who perseveres; he loves truth with his whole being; he is consecrated to his work Textausschnitt: III
Constancy, Patience, and Perseverance (eü)
34/8 Creative work calls for other virtues also; its demands are on a level with its worth. I speak here together of three of these requirements, which subserve one another and insure results that are not poor or inadequate. You must bring to your work constancy which keeps steadily at the task; patience which bears difficulties well; perseverance which prevents the will from flagging. (215; Fs)
35/8 "You must not imagine," says Nicole, "that the life of study is an easy life. [...] The reason is that there is nothing more against nature than uniformity and stillness, because nothing gives us more occasion to be alone with ourselves. Change and external occupations take us out of ourselves and distract us by making us forget ourselves. Moreover, this medium of words has always something dead about it, it has nothing that piques our self-love or rouses our passions strongly.1 It is devoid of action and movement. [...] It speaks little to us of ourselves and gives us little ground for contemplating ourselves with pleasure. It affords little encouragement to our hopes; and all this tends strangely to mortify our self-love, which, being unsatisfied, causes us weariness and distaste in everything that we do."2 This analysis, which recalls Pascal's theory of diversion,3 might take us far. I merely pick out the fact that as "weariness and distaste" are in our case formidable enemies, we must plan to overcome them. (215f; Fs) (notabene)
36/8 Everyone knows those intellectuals who work spasmodically, in fits interrupted by spells of laziness and indifference. There are rents in the fabric of their destiny: they make of it a tattered garment roughly drawn together, instead of a noble drapery. We, on the contrary, mean to be intellectuals all the time, and we intend others to recognize the fact. People will know what we are by our way of resting, of idling, of tying our shoes: still more will it be evident in our fidelity to work, in our prompt and regular return to our task, and in its continuity. When Edison was asked one day to say to a child something that he might remember, the great inventor uttered with a smile the words: "My boy, don't keep your eye on the clock." Edison himself was so little in the habit of watching the clock that on the day of his marriage—a love-match—he had to be sent for; he had got lost in one of his investigations. (216f; Fs)
37/8 It is a glorious thing to be wholly engaged in what one is doing, like God, who is not separate from His work. But if an occupation is beneath one's personality, one might as well put nothing of oneself into it. (217; Fs)
One is often tempted to lose time because "it's not worthwhile settling down," because " it's just on the hour." We forget that these odds and ends of time, which indeed do not lend themselves to anything serious, are just the moments for preparing the work or touching it up, for verifying references, looking up notes, sorting papers, etc. That would be so much out of the way for the hours of really serious application, and the moments so turned to account would be as useful as the others, because these secondary tasks belong to the work and are indispensable to it. (217; Fs)
38/8 Even during real working hours, there is a temptation to interrupt our effort as soon as the slightest happening brings back the "weariness" and rouses the "distaste" of which Nicole spoke. The ruses of sloth are endless, like those of children. Looking for a word that will not come, one begins to sketch something on the margin of the paper and the drawing must be finished. Opening the dictionary, one is attracted by some curious word, then by another, and there one stays, tangled in a thicket. Your eyes fall on some object: you go to put it in its place, and you find yourself led on to waste a quarter of an hour on a trifle. Someone passes by: there is a friend in the next room: you think of a telephone call, or the newspaper comes, you glance at it, and you are soon lost in it. It may be even that one idea brings another in its train and that the work itself prevents you from working; some thought sets you dreaming and carries you away along the vistas of imagination. (217f; Fs)
39/8 In inspired moments these snares are less to be feared: the joy of discovery or of creation carries you along: but bad hours always come, and while they last, temptation is very strong. Sometimes it takes real strength of soul to get over these small difficulties. All workers bewail the moments of depression that break in on the hours of ardor and threaten to bring their results to nothing. When the disgust with work lasts long, one feels that one would rather plant cabbages than pursue a wearisome study; one envies the laborer who on his side calls you a good-for-nothing because you sit quietly in your chair. What danger there is of giving up when you are in this distressing state of mind! (218; Fs) (notabene)
It is most of all at turning-points in our study that we must look out for sudden or insidious attacks of this kind. In every work there are troublesome transitions; to make one part follow closely on another is the great difficulty in study and creation. Everything depends on the connection of ideas. One is moving forward in a straight line, and there comes a bend of which it is hard to measure the angle; one does not sense the new direction; one hesitates, and it is then that the demon of laziness comes on the scene. (218f; Fs) (notabene)
40/8 Sometimes it is good to stop for a while, when one does not see the right succession of ideas and is exposed to the grave danger of making artificial transitions. It may be that later on light will come without any seeking. I said that there are graces of the night, of the bright morning, of moments of effortless musing. But to break off for a while is not laziness. Take up some other side of the work and transfer your keen application to that. (219; Fs)
Reject vigorously every unjustified interruption. If you are too tired, make a deliberate pause so as to pull yourself together. Nervous exhaustion would lead you nowhere. Possible remedies for fatigue are, for example, reading a few pages of a favorite author, reciting something aloud, kneeling down and saying a prayer so as to modify the state of the organism and therefore more or less refresh the mind, a few rhythmical movements or breathing exercises in the open air. Then get back to your effort. (219; Fs)
41/8 Some people have recourse to stimulants; but that is a fatal method. The effect is only momentary; it grows less with use; the quantity has to be increased daily; and the progression ends in physical and mental degeneracy. (219; Fs)
Walking, whether in the open air or in one's study, is a more harmless stimulant. Many workers thus set their brain in motion by means of the motion of their limbs. "My foot is a writer too," said Nietzsche. (219f; Fs)
42/8 But your most normal stimulant is courage. Courage is sustained, not only by prayer, but by calling up anew the vision of the goal. The prisoner who wants to escape from prison contrives to develop every kind of energy; he does not weary of remote preparations, or of resuming them after a setback: liberty is calling him. Have you not to escape from error, to win the liberty of the mind in a finished work? Keep your eyes on its completion and that vision will give you fresh courage. (220; Fs)
Another effect of constancy is to overcome those impressions of imaginary weariness which affect the mind as well as the body. At the beginning of a walking excursion, it often happens that the first steep ascent finds you inert and breathless; vour limbs ache; you are almost inclined to give up and go home. But if you keep on, the joints grow supple, the muscles act freely, the chest expands and you feel the delight of activity. It is the same with study. You must not yield to the first sense of fatigue; you must push on; you must force the inner energy to reveal itself. Little by little the mechanism gets into play, you adapt yourself, and a period of enthusiasm may follow on the first painful inertia. (220; Fs)
43/8 Whatever be the cause of your difficulties you must go through them without flinching, keeping your self-mastery. Each spell of work is like a racecourse with a certain number of obstacles. You jump a hedge; a little farther on you come to a ditch, then a bank, and so on. You do not stop at the first hurdle, you jump it; and between the obstacles there are quiet stretches where you go ahead at a good pace. One difficulty overcome shows you how to overcome others; one effort spares you three or four; a minute's courage carries you through a day and the hard work ends by being fruitful and joyous. (220f; Fs)
In your life as a whole this tenacity will help to make your activity easier and easier. One acquires facility in thinking just as one acquires facility in playing the piano, in riding, or painting: St. Thomas used to dictate in his sleep. The mind gets into the way of doing what is often demanded of it. Even if you have no memory, you acquire memory for the subject always before your mind; if you are inclined to be scatterbrained, you attain the degree of attention of a professional; if you have little aptitude for distinguishing ideas, your judgment grows keener and surer by persevering contact with great thinkers. In every subject-matter, after a certain number of efforts to start, your motor warms up, and the road flies past. (221; Fs)
44/8 Amiel one day asked himself in his Journal: "Why are you weak? Because times without number you have given in. So you have become the plaything of circumstances. It is you who have made them strong, not they who have made you weak." (221; Fs)
Learn constancy by persistent application and by obstinately returning to the interrupted study: a day will come when the recurring fits of weariness will vanish, when moments of distaste will have little effect; you will have become a man; the inconstant worker is a mere child. (221f; Fs)
45/8 Experience shows that many difficulties are overcome in advance by the man who throws himself energetically into his work, like a runner starting off with a bound. Still, there will always remain a considerable number that must be gotten over by a virtue akin to constancy, patience. (222; Fs)
Great thinkers have all complained of the tribulations of the life of thought, declaring that their labors, although for them a necessity and a condition of happiness, caused them long-drawn-out torment, sometimes even real agony. (222; Fs)
46/8 The laws of the brain are obscure; its workings depend but little on the will; when it refuses its service, what is to be done? When the threads of knowledge grow tangled and the hours go by in vain, when a painful feeling of powerlessness takes hold of you and there is not the least sign that this trial will soon end, where are you to turn and what help can you call on but the help of God? (222; Fs)
When you succeed your reader will think it all quite simple; he will criticize your weaknesses without mercy; he will not suspect the cost of the work. But indeed he must not be allowed to suspect it. "Creations realized at the price of a great deal of work," said Michelangelo, "must in spite of the truth appear easy and effortless. [...] The great rule is to take much trouble to produce things that seem to have cost none." Did not Boileau somewhat similarly boast that he had taught Racine the art of making easy verses with difficulty? In the domain of science, Biot said: "There is nothing so easy as what was discovered yesterday, nor so difficult as what will be discovered tomorrow." But the public does not suspect this. You must carry your burden alone, and great men warn you that this burden of thought is the heaviest that man can carry. (222f; Fs)
47/8 In research, you must be as indomitable as the polar or Central African explorer. In attacking or resisting error, you will need the endurance and ardor of Caesar or of Wellington. Work requires heroism just as a battle does. One's study is sometimes a trench where one has to stand firm, like a good martyr. (223; Fs)
When you feel yourself defenseless, overcome; when the road stretches out before you interminably, or when, having no doubt mistaken your direction, you have the impression of being lost, completely astray, wrapped in a thick fog, then is the time to draw on stores of energy held in reserve. Persist, stand up to the difficulty, be patient in the great sense of the word, which calls up the Passion of the Master. Ardor is easier than patience but both are necessary and success is the reward of their combination. (223; Fs)
48/8 To the alpinist walking through a cloud it seems as if the universe were plunged in night; he goes on and he finds the sunlight beyond. In a closed room in bad weather, the elements outside seem impossible to face; you go out, you make your way quietly and fine weather comes back. (223f; Fs)
It is principally the length of time required that makes the art of thinking so forbidding and so out of proportion to the degree of courage that people ordinarily possess. Ars longa, vita brevis. There is plenty of scope here for the virtue of patience. By respecting the laws of birth and development, and by not insulting knowledge through ill-judged hurry, you will gain more than by a headlong rush. Truth and nature proceed at an even pace, and nature operates through periods of duration in comparison with which the life and death of our globe are a mere sunrise and sunset. (224; Fs)
49/8 "What goes on in the depths of the springs," writes Nietzsche, "goes on slowly; one must wait long to find out what has fallen into their depths."4 The soul is that secret spring: do not try prematurely to clear up its mystery. The stores of time belong to God; little by little He doles them out to us; but it is not our part to demand them or to grow impatient. Nothing is precious but what comes at the right moment. (224; Fs)
Avoid the fuss and flurry of the man who is pressed for time. Hasten slowly. In the realm of mind, quietness is better than speed. There more than elsewhere the proverb is verified: All things come to him who waits. "A well-filled life is long," said Leonardo da Vinci. To the man who takes his time belongs all duration, itself situate in eternity. Work then in a spirit of eternity. Do not confuse the impetus of a noble enthusiasm with the exciting stimuli which are almost its opposite, for they break its rhythm. The ordering of ideas and the delicate elaboration of new thoughts is a work needing peace; you cannot accomplish it in a state of disturbance. Do you want to lose time through the foolish fear of not having enough? (224f; Fs)
50/8 As a Christian, you must respect God in His providence. It is He who lays down the conditions of knowledge: impatience is a revolt against Him. When feverish excitement takes hold of you, spiritual slavery is close at hand, interior liberty vanishes. It is not now you yourself who act, still less Christ in you. You are no longer doing the work of the Word. (225; Fs)
Why press on immoderately, when the road itself is a goal, the means an end? When one looks at Niagara, does one long to see it hurry? Intellectual activity has its own worth at every stage. Effort is a virtue and a conquest. He who works for God and as God wills abides in God. What does it matter if time runs on, when one is established in God? (225; Fs)
51/8 The consummation of steady constancy and patience is perseverance, which completes the work. "He that shall persevere unto the end, he shall be saved," says the Gospel. Intellectual salvation has no other law. "No man putting his hand to the plow and looking back" is worthy, in the intellectual order either, of the kingdom of heaven. (225; Fs)
How many workers have given up plowing and sowing, and foregone the harvest! The whole world is peopled with these deserters. In the pursuit of knowledge the first experiments have the character of eliminatory tests; one after another the weak characters give up, the valiant hold out; at the end there are left only the three hundred of Gideon, or the thirty of David. (225f; Fs)
52/8 To persevere is to will; he who does not persevere does not will, he only plans. He who lets go has never really held; he who ceases to love has never loved. Our destiny is one; a work which is a part of it is still more necessarily one. The true intellectual is by definition a man who perseveres. He takes on himself the task of learning and teaching; he loves truth with his whole being; he is consecrated to his work; he does not give it up prematurely. (226; Fs) (notabene)
Great lives have all displayed this supreme mark of superiority. They end like a glorious day. The red light of the setting sun is no less beautiful than the first golden gleams of morning and it has grandeur in addition. The man of character who has worked unfailingly throughout a long life can go down like the sun into a quiet and splendid death; his work follows him, and at the same time remains to us. (226; Fs)
53/8 You who walk in the footsteps of the great, be not of the number of those cowardly wayfarers who desert—who go a stage, stop, lose the way, sit down as if exhausted and go back sooner or later to the trodden places. You must hold out to the end of the journey. "Fair and softly goes far in a day," and a few great strides without perseverance are mere useless movements leading nowhere. (226f; Fs)
Strengthen your will and entrust it to the Lord so that He may set His seal on it. To will is to be subject, to be enchained. The necessity imposed by duty, or by a deliberate resolution even though it carry no obligation, must be as compelling for us as the necessities imposed by nature. Is not a moral bond more than a material bond. (227; Fs)
54/8 Learn then, after having decided on your task, to stick to it with resourceful inflexibility; shut out even lesser duties, and still more, of course, all infidelity to your undertaking. Strive to deepen your work, so as to force duration into your service in that one of its dimensions that is directly accessible to you. Carried along on its stream, you will take advantage of it until it fails you. You will be of the line of faithful thinkers. The giants of work, such men as Aristotle, Augustine, Albert the Great, Thomas of Aquin, Leibnitz, Littre", Pasteur, will acknowledge you for their son; and you will go worthily to meet Him who is patiently waiting for you. (227; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Kreative Arbeit; Schreiben 4, Schwierigkeiten d. intellektuellen Lebens; Thomas: "der dumme Ochs aus Sizilien"; der Weise verteidigt sich nicht Kurzinhalt: Dissatisfaction with oneself, sluggishness of inspiration, the indifference of those about one, envy, misunderstandings ... all these things can be part of the cross, and all of them come in their turn. Textausschnitt: III
Accepting Our Trials (eü)
22/9 This balanced alternation of work and restful joy is all the more necessary because the trials of the worker are many. We have suggested this more than once already. In knowledge, as in everything, one attains salvation only through the cross. Dissatisfaction with oneself, sluggishness of inspiration, the indifference of those about one, envy, misunderstandings, sarcastic remarks, acts of injustice, the desertion of leaders, the falling-away of friends, all these things can be part of the cross, and all of them come in their turn. (248; Fs) (notabene)
"Superiority has to face so many obstacles and to endure so much suffering," wrote George Sand apropos of Balzac, "that the man who fulfils the mission of talent with patience and gentleness is a great man." You will not take the last word to yourself; but if in any degree you become someone, you must expect rare trials and be prepared to taste to the full their different qualities: the trial of the ideal which appears further off the more eagerly you strive to reach it; the trial of fools who do not understand a word of what you say and take scandal at it; the trial of jealous rivals who consider you impudent because you have passed beyond their line of battle; the trial of the good who waver in their confidence, suspect you, and throw you over; the trial of the mediocre who form the mass and whom you make uncomfortable by your silent affirmation of a superior world. "If you had been of the world, the world would love its own," declares our Saviour; "but because you are not of the world [...] therefore, the world hateth you." (John 15:19.) (248f; Fs) (notabene)
23/9 The distractions mentioned above as means of relaxation may help you here also. Everything that affords rest from work helps also to soothe suffering. However, have recourse above all to supernatural means, and among them to work done for a supernatural motive—which is our one and only purpose. (249; Fs) (notabene)
Work cures the pains of work and those of the worker; it is the foe of annoyances, sickness, and sin; it lifts us into a high region where the vexations of life and the weaknesses of the body find alleviation. The urge it rouses, the direction it gives to our energy, are an anodyne for worry and release us from wretched preoccupations. (249; Fs)
24/9 If you are idle and investigate your body, you will probably feel a good deal of vague discomfort of various kinds; work energetically and you will forget it all. We can say the same about the troubles of the soul. When I ask myself what remedy I shall use against the fits of anxiety and dullness that come over me in my work, I find only one answer: work. What stimulus can I find for my courage, if I lose heart about my work? Work. What means have I of resisting those who are hostile to my endeavor and those others who are jealous of my success? Work. Work is the remedy, work is the balm, work carries me along through every trial. Add to work its companion, silence, and its inspiration, prayer; rest in some loving friendship if God grants it to you, and you can overcome everything. (249f; Fs)
Work maintains the balance of the soul; it brings about interior unity. Along with the love of God, which regulates the hierarchy of values, it brings our powers into due subordination, and the soul becomes stable. Otherwise, the need for unity can be satisfied only by some hobby or by some passion, and all our weaknesses will resume their sway. (250; Fs)
25/9 Not in vain is idleness called the mother of all vices; it is also the mother of discouragement and of trials, or at least it contributes to them. The sense of victory springing from work combats such depression; the expenditure of our powers in an orderly rhythm tones them up and regularizes them, giving them something of the spirit of the boat's crew which sings while rowing. (250; Fs)
Truth is another defense; it steadies and strengthens us; it gives us delight; in its company we are consoled for our own shortcomings and those of others; its discovery is a reward, its manifestation a noble vengeance on days of contradiction. (250; Fs)
The worker is exposed, among other annoyances, to that which is perhaps most keenly felt by the intellectual, and even by the man: criticism does not spare him. When the criticism is superficial and unjust, he is hurt, he is inclined to be irritated; but if it touches his weak point and picks out in his productions or in his character faults that not being able to overcome he would like to forget or conceal, it is then that he is cut to the quick. (250f; Fs)
26/9 What adequate retort can he find and what attitude is he to take up? The same as before. "To every reproach I know now but one answer," says Emerson, "namely to go again to my own work."1 It is said of St. Thomas also that when he was attacked, which happened much oftener than his posthumous triumph would lead one to suppose, he tried to consolidate his position, to define and clear up his doctrine, and was then silent. "The dumb ox from Sicily" was not going to let himself be turned from his path by the gestures and cries of a crusade of children. (251; Fs) (notabene)
To correct one's mistakes and to keep silence is the great maxim; those who have practiced it have always risen to the heights; they turned the force that aimed at pulling them down into a forward impetus to victory; with the stones cast at them they built their dwelling. (251; Fs) (notabene)
27/9 It is childish to defend one's work or to try to establish its worth. Worth defends itself. The solar system does not intervene to settle the dispute between Ptolemy and Copernicus. Truth is; true works share in its being and in its power. To fuss and be disturbed about them weakens you. Be silent; humble yourself before God; distrust your judgment, and correct your mistakes; then stay firm as the rock lashed by the waves. The time and strength you would expend in defending a piece of work will be better employed in producing another, and your peace is worth more than some commonplace success. (251f; Fs) (notabene)
"The truly wise man does not dispute," writes Keyserling; "he does not defend himself. He speaks or he listens; he states or he tries to discover the meaning of things." (252; Fs)
28/9 When a reproach is leveled at you, instead of rebelling interiorly or exteriorly like an animal bristling up, observe like a man the bearing of what is said; be impersonal and honest. If the criticism is right and you wrong, do you mean to resist truth? Even if it had its origin in some enmity, have the courage to acknowledge your error, and the noble purpose of utilizing the ill-will that God puts at your service. For evil itself is in the hands of God, and ill-natured criticism, because it is the sharpest, can turn most to your profit. (252; Fs)
Having thus drawn your advantage from it, leave the rest to the Lord who judges for you and will do justice in His good time. Do not listen any further. "People do not speak ill," writes St. Augustine, "before the man who does not listen." Envy is a tax levied on the income of glory, distinction, or work. Work, invulnerable in itself, demands its price from the worker. Let him pay and not complain. "Great souls suffer in silence," says Schiller. (252; Fs)
29/9 When there is nothing to be gotten out of an attack, one must still get oneself out of it—one must come out of it in the first place intact, free from weakening of purpose and from rancor; and then greater, improved by the trial. Real spiritual strength is intensified in persecution; it murmurs sometimes but its murmuring is like that of every creature which "groaneth and travaileth in pain," as the Apostle says. (252f; Fs)
We have said that intellectual life is heroism: would you want heroism to cost nothing? Things have value in exact proportion to what they cost. Success is for later on; for later on praise, not perhaps that of men but that of God and of His court who will make your conscience their prophet. Your brother workers will also recognize you in spite of their apparent defection. Many little meannesses, and sometimes big villainies, are committed among intellectuals; but a tacit classification none the less puts its seal on real values, even if they are not publicly acknowledged. (253; Fs) (notabene)
30/9 If you have to defer your usefulness also until later on—who knows? perhaps until you are no longer in this world—be satisfied; posthumous honor is the most disinterested, and posthumous utility is a sufficient fulfilment of the real purposes of your work. What do you desire? Vain glory? Profit? Then you are but a pseudo-intellectual. Truth? It is eternal. There is no need for eternity to be turned to utility. (253; Fs) (notabene)
Truth is revealed little by little; those who bring it out of the shadow have not the right to ask it to make them a halo; they serve, that is enough; to gird on the hero's sword for a single moment or to carry his shield is their reward. (253f; Fs)
31/9 Is not work worthwhile for its own sake? It is one of the crimes of our age to have belittled it and to have substituted for its beauty the ugliness of fierce self-seeking. Noble souls live a glorious life and expect it to be fruitful in addition. They work not only for the fruit, but for the work; they work in order that their lives may be pure, upright, and manly, like that of Jesus, and ready to be united with His. And so disappointments do not stop them. Love does not fear disappointments, nor does hope, nor faith that has really strong roots. (254; Fs) (notabene)
No matter if one works without apparent fruit, if one sows and does not reap, if one swims and is continually buffeted back from the shore, if one walks and sees nothing ahead but limitless space: none of these things disappoints one who believes and hopes; and they are even a happiness for one who loves, because love is better proved when one works for the pleasure of work, for the pleasure of the beloved and of his service. (254; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Kreative Arbeit; Schreiben 5, Freuden d. intellektuellen Lebens; Intellektuallität - Heiligkeit; Kurzinhalt: It is an astonishing thing that the true intellectual seems to escape those sad effects of age ...; that sanctity and intellectuality are of the same essence. Indeed, truth is the holiness of the mind... Textausschnitt: IV
Appreciating Our Joys (eü)
32/9 However, there are other things in work besides vexations; it has its joys; and it is a happy thing when joy alone disposes us to work and affords us relaxation after our effort. (254; Fs)
We ought to be joyous even in afflictions and contradictions, after the example of the Apostle: I exceedingly abound with joy in all our tribulation. Sadness and doubt kill inspiration; but they kill it only when one yields to them. To rise above them by Christian joy is to rekindle the drooping flame. (254f; Fs)
"The weak brood over the past," writes Marie Bashkirtseff, "the strong take their revenge on it." That can always be done, and to help us to do it, God allows us sometimes to rest in tranquil joy. (255; Fs)
33/9 A sense of altitude awes but also thrills the soul of the worker; he is like the mountaineer amid rocks and glaciers. The world of ideas opens up scenes more sublime than those of the Alpine landscape, and they fill him with rapture. "To see the order of the universe and the dispositions of divine Providence is an eminently delightful activity," says St. Thomas of Aquin.1 (255; Fs)
According to the Angelic Doctor, contemplation begins in love and ends in joy; it begins in the love of the object and the love of knowledge as an act of life; it ends in the joy of ideal possession and of the ecstasy it causes.2
34/9 The Catholic intellectual has chosen renunciation; but renunciation enriches him more than proud opulence. He loses the world, and the world is spiritually given to him; he sits on the throne from which the twelve tribes of Israel are judged. (Luke 22:30.) His reality is the ideal; it replaces the other reality and swallows up its blemishes in beauty. Detached from everything in spirit, and very often literally poor, he grows by all that he gives up or that gives him up, for hiddenly he enters again into magnificent possession of it. If he is completely immersed in the most absorbing interior activity, he might from the depth of that apparent sleep say with the Spouse: "I sleep and my heart watcheth." "In my bed by night I sought him whom my soul loveth. ... I hold him, and I will not let him go." (255f; Fs)
35/9 When one has the necessary dispositions and one's whole soul is in what one is doing, when one studies well, reads well, makes notes well, when one takes unconsciousness and night into one's service, the work that one is preparing is like the seed beneath the sun, or like the child whom its mother brings forth in anguish; but in her joy that a man is born into the world she does not remember the anguish any longer. (John 16:21.) (256; Fs)
The reward of a work is to have produced it; the reward of effort is to have grown by it. (256; Fs)
It is an astonishing thing that the true intellectual seems to escape those sad effects of age that are death before their time to so many men. He remains young up to the end. One would think that he had a share in the eternal youth of the true. He generally matures early, and is still mature, neither soured nor spoilt, when eternity gathers him in. (256; Fs) (notabene)
36/9 This exquisite lasting quality is also found in the saints; it would suggest that sanctity and intellectuality are of the same essence. Indeed, truth is the holiness of the mind; it preserves it; as holiness is the truth of life and tends to fortify it for this world and for the next. There is no virtue without growth, without fruitfulness, without joy; neither is there any intellectual light that does not produce these effects. Savant according to its etymology would mean sage, and sagesse, wisdom, is one, comprising the double rule of thought and action. (256f; Fs) (notabene) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: The Intellectual Life Titel: The Intellectual Life Stichwort: Kreative Arbeit; Schreiben 6, Freuden, Früchte d. intellektuellen Lebens; Lohn geistiger Anstrengung Kurzinhalt: Give out all that is in you, and if you are faithful to yourself, and faithful up to the end, you may be sure of attaining the perfection of your work— your work, I say, the work that God expects from you and that corresponds to His graces... Textausschnitt: V
Looking Forward to the Fruits (eü)
37/9 This brings us to the last words we have to say to him who has listened to our theory, short and yet too long, of the intellectual life. "If you follow this course," says St. Thomas to his disciple, "you will bear in the Lord's vineyard foliage and fruit that will be useful all the time of your life. If you put these counsels into practice, you will attain what you desire. Adieu." (257; Fs)
Is it not a noble farewell that pledges the honor of truth to him who labors hard and faithfully, assuring whoever fulfils the conditions that he will attain the results he desires? One cannot promise anything to one who has not the necessary gifts. But presupposing the vocation, we have the right to say that cultivation of the mind is not principally the result of genius; it springs from work-properly so-called, organized, and sustained, as we have tried to describe it. (257; Fs)
Work creates its instrument for itself. Like the blacksmith who tempers his tools, it forms our character and gives us solidity and therefore confidence. (257; Fs)
38/9 This confidence which is founded on a natural law is attached to the work rather than to the worker; however the worker also must have faith in himself. Has he not with him the God who said: He that seeketh, findeth, and to him that knocketh, it shall be opened? We all have Truth behind us, and it drives us on through our intelligence; we have it before us, beckoning; above us, inspiring. (257f; Fs)
The soul is equal in all men; the Spirit breathes in all; what differs, besides degrees of courage, is the brain-structure, with its elements more or less free and active, more or less trammelled; now we know that with our earthly and heavenly helps, we can overcome many deficiencies. The light can trickle in through cracks that our effort widens; when it is there, of itself it extends and intensifies its sway. (258; Fs)
39/9 We must not lean on ourselves; but to God within us we cannot accord too much trust. We never have too high an idea of the self, if it is the divine self. Besides we may expect a permanent contribution to our resources from those who initiate us into intellectual work, from our friends, and from our fellow-workers. We have the men of genius on our side. Great men are not great for themselves alone; they bear us up; our confidence is implicitly grounded on their existence. With their help, we can make for ourselves a life as great as theirs, except for the disproportion between our powers and theirs. The true intellectual need not fear sterility, inutility: it is enough that a tree be a tree to bear its seed. Results sometimes come late, but they come. The soul gives a return; events give a return. If we cannot rise to the height of what we admire, we can always rise to our own height, and we must say it once again, that is our only goal. (258f; Fs)
Every individual is unique: therefore every fruit of the spirit is unique also. What is unique is always precious, always necessary. Let us not fail God, and God's success will in part be ours. That can console us for our inferiority, and if we produce anything, encourage us in face of the deluge of books. (259; Fs)
40/9 Give out all that is in you, and if you are faithful to yourself, and faithful up to the end, you may be sure of attaining the perfection of your work— your work, I say, the work that God expects from you and that corresponds to His graces, interior and exterior. At that moment you will have to say to yourself that many works and many lives are finer than yours, but you will be able to add: none is finer for me, and there is no other similar. (259; Fs) (notabene)
I add this also, which is among our motives for confidence: when fidelity is asked of us, and persistent and well-ordered work, this is not meant completely to exclude every lapse; promises made under such a condition would be a mockery. To err is human; but if we hold habitually to what is essential in the prescriptions laid down, that is the sum total about which we are told that it is enough; but that it is indispensable. (259; Fs)
41/9 It would be desirable that our life should be a flame without smoke or ashes, that no part of it should be lost, that nothing in it should be impure. That cannot be; but what is possible is a fine achievement and its fruits are fair and of rich savor. (259f; Fs)
Having made up your mind to pay the price, engrave your firm resolution, today if you have not done so already, on the tablets of your heart. I advise you also to write it down in black and white, legibly, and to put the words before your eyes. When you sit down to work, and after praying, you will renew your resolve each day. You will take care to note down especially what is least natural and most necessary for you—for you, as you are. If need be, you will repeat the formula aloud, so that your word may be more explicitly given to yourself.
Then add, and repeat with full certainty: "If you do that, you will bear fruit and you will attain what you desire." Adieu. (260; E04, 25-03-2004) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Prinzip (Axiom): Intus apparens prohibet extraneum (Satz des Werdens); Unstofflichkeit der denkenden Seele Kurzinhalt: Wenn ich nun etwas Unstoffliches werden soll, so muß ich dem Vermögen nach etwas Unstoffliches sein Textausschnitt: 1614 Der Verstand findet in dem Sinnlichen den Stoff für eine Anschauung, die das Sinnliche übersteigt; er vermag die Wesenheit zu 'lesen' [intelligere, intus-legere]1, zu 'verstehn' ['Verstand']. Diese Wesenheit muß auf der Ebene des Allgemeinen, Zeitlosen und Notwendigen liegen. Wir müssen sie also - wenigstens negativ - 'abziehn' von einer äußern oder innern Umwelt, die der Bewegung, der zeitlichen und räumlichen Besonderung und der Zufälligkeit ausgeliefert ist. Erkennen ist Sein. (467; Fs)
1615 Wenn ich nun etwas Unstoffliches werden soll, so muß ich dem Vermögen nach etwas Unstoffliches sein. 'Dadurch, daß die Seele die allgemeinen Naturen der Dinge auffaßt, gibt sie sich davon Rechenschaft, daß die Form, nach der sie erkennt, unstofflich ist; sonst wäre sie verzweifelt und führte in keiner Weise zur Erkenntnis des Allgemeinen. Dadurch, daß die geistige Form unstofflich ist, versteht man, daß der Geist, dessen Form sie ist, irgend etwas [res quaedam] von der Materie Unabhängiges ist'2. (467f; Fs)
1616 So kommen wir zu jenem einzigartigen Vermögen, das der Seele, die der Akt eines Körpers ist, angehört und doch selber nicht Akt des Körpers ist. Es ist gewissermaßen ein 'Auftauchen' des Aktes, wodurch die Seele über ihre stofflichen Bedingtheiten hinausragt, so wie die rote Spitze der Pyramiden hinausragt über die Morgennebel. Auf der Grenze zweier Welten stehend nimmt die Seele von beiden Welten; sie nimmt - bei der Erkenntnis, wie bei allem andern - die charakteristischen Merk male des Menschen sowohl vom Stoff als vom Geist. (468; Fs)
1617 Man hat die Gedanken, mit denen Thomas - übrigens im Verein mit Aristoteles - seine Behauptung von der Unstofflichkeit der denkenden Seele begründet, häufig als oberflächlich kritisiert, weil man sie nicht verstanden hat. Ihr Obersatz ist der Grund satz: Intus apparens prohibet extraneum. Der Untersatz stammt aus der Erfahrung: unser Gegenstand sind alle sinnfälligen Naturen. Daraus schließen wir: keine der in Frage stehenden Naturen darf also in uns als erkennenden Wesen vorhanden sein. Das Vermögen also, mit dem wir die sinnlichen Naturen erreichen, muß diesen fremd, es muß unstofflich sein. (468; Fs)
1618 In dieser Abkürzung ist die Schlußfolgerung sicherlich nicht klar; aber man muß in sie einzudringen versuchen. Der Satz 'Intus apparens prohibet extraneum' ist kein Erfahrungssatz, sondern eine besondere Anwendung der Metaphysik des Werdens. (468; Fs)
____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Beziehung (relatio): 3 Arten; Wirklichkeit der Seinsweise der Beziehung <- Ordnung des Kosmos; Kurzinhalt: ... wenn man die Beziehung als 'wirklich' erklärt, so will man sie damit nicht in törichter Weise in die Reihe der 'Dinge' stellen. Denn auch damit würde man ja die Ordnung der Dinge, die man gerade retten möchte, zerstören, weil ... Textausschnitt: Die Beziehung
352 Man weiß zur Genüge, welche Streitigkeiten innerhalb und außerhalb der Scholastik die Frage nach der Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit der Beziehung hervorgerufen hat. Ist die Beziehung eine reine Schöpfung unseres Geistes, oder hat sie eine 'Grundlage'? Und wenn ja, gibt dann diese Grundlage der Beziehung ihr ganzes Sein? Oder anders ausgedrückt: Muß man annehmen, daß das Wirkliche so weit reiche, 'daß jenes, dessen ganzes Sein in einem Sichverhalten zu einem andern besteht' [cuius totum esse se habet ad aliud], noch in ihm Platz hat? (116; Fs)
353 In dieser verwickelten Frage nimmt Thomas jene Stellung ein, die ihm sein System von vornherein vorschreibt. Es ist klar, daß es Beziehungen 'des bloßen Verstandes' gibt, das heißt, Beziehungen, die wir allein in unserm Denken zwischen den Dingen herstellen. (116f; Fs)
354 So ist die Beziehung des als Art betrachteten Menschen zu dem als Gattung betrachteten Sinnenwesen eine Beziehung des bloßen Denkens. Wenn man aber zum Beispiel sagt, daß ein Ding aus einem andern als seinem Prinzip hervorgeht, so kann es nicht anders sein, als daß beide: das, was hervorgeht, und das, aus dem es hervorgeht, einer gemeinsamen Ordnung angehören, und daß also die zwischen ihnen bestehende Beziehung nicht bloß eine 'gedachte', sondern eine 'wirkliche' Beziehung ist1. (117; Fs)
355 In einem grundlegenden Artikel2 ordnet Thomas die verschiedenen Arten der Beziehung methodisch unter dem Gesichtspunkt der ihnen nach seiner Meinung zukommenden Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit. Da die Beziehung zwei Glieder erfordert, sind im Hinblick auf ihr Wirklichsein oder ihr Gedachtsein drei Fälle möglich. (117; Fs)
356 Im ersten Fall ist die Beziehung beider Teile rein im Denken, so wenn man sagt: Etwas ist identisch mit sich selbst. Denn die hier vollzogene Verdoppelung ist das Werk des reinen Denkens. So ist es auch in allen Fällen einer Beziehung zwischen dem Sein und dem Nichtsein, denn das Nichtsein, das nicht ist, muß von unserm Denken verwirklicht werden, ehe es in Beziehung zu dem andern Glied gesetzt werden kann; ferner bei den Beziehungen zwischen gedachten Wesenheiten oder einem gedachten Sein und einem wirklichen Sein. Die Gattungen, Arten und Wesensbestimmungen sind somit das Feld rein gedachter Beziehungen. (117; Fs)
357 Zur zweiten Klasse gehören Beziehungen, die sich auf beiden Seiten als wirklich darstellen, wenn nämlich die Beziehung zwischen zwei Wesen sich aus etwas ergibt, was beiden wirklich zu kommt. Das ist der Fall bei allen Beziehungen, die mit der Quantität zu tun haben, wie zum Beispiel das Große und das Kleine, das Doppelte und die Hälfte usw. Denn die Quantität, die hier die Grundlage der Beziehungen ist, ist auf beiden Seiten wirklich. Das gleiche ist von den Beziehungen zu sagen, die aus einem Tun und einem Empfangen sich ergeben; dahin gehören die Beziehung zwischen dem Bewegenden und dem Bewegten, zwischen Vater und Sohn und ähnliche. (117f; Fs)
358 Im dritten Fall endlich kann die Beziehung auf der einen Seite wirklich, auf der andern bloß gedacht sein; das ist allemal dann der Fall, wenn die beiden Bezugspunkte nicht derselben Ordnung angehören. So stehn die Sinne und der Geist in Beziehung zum sinnlich oder geistig Erkennbaren; diese aber als Naturwirklichkeiten stehn außerhalb der geistigen oder sinnlichen Ordnung, und darum ist im Verstand und der sinnlichen Wahrnehmung die Beziehung zum erkannten Gegenstand wirklich, insofern beide wirklich darauf hingeordnet sind, die Dinge zu erkennen und wahrzunehmen; die Dinge selbst aber - in sich betrachtet - liegen außerhalb dieser Ordnung; daher gibt es in ihnen auch keine wirkliche Beziehung auf die geistige und sinnliche Erkenntnis, sondern es gibt eine Beziehung allein nach unserer Art des Begreifens, insofern die Vernunft sie sich als Zielpunkte der Beziehungen des Geistes und der Sinne vorstellt. So wird man auch von einer Säule nicht sagen, daß sie rechts ist, außer in bezug auf ein lebendiges Wesen, da rechts und links nur auf dieses bezogen werden kann; das lebendige Wesen ist also das Subjekt der in Frage stehenden Beziehung, nicht aber die Säule. Der wichtigste Fall dieser letzten Kategorie betrifft Gott. (118; Fs)
359 Gott übersteigt jede Ordnung der Geschöpfe1; alles ist auf ihn als seinen ersten und vollständigen Ursprung in einer Unzahl von Beziehungen hingeordnet; er selber aber ist auf nichts hingeordnet; daher ist es klar, daß die von unserm Geist zwischen Gott und seinem Werk aufgestellten Beziehungen auf unserer Seite wohl wirklich sind, auf der Seite Gottes dagegen nicht; er bleibt der 'Große, von allem Geschiedene', gegenüber dem alles, was man sagen kann, nur Wert hat als Ausdruck dessen, was wir und alle Geschöpfe in Beziehung zu Ihm sind. (118; Fs)
360 Welches ist nun die Seinsweise dieses seltsamen 'Bezogen-Seins', das wir nicht zu einem vollen Sein machen können, das wir aber ins Nichts oder bloß in das Reich des Geistes zu versetzen uns in gleicher Weise weigern? Thomas gibt die Antwort in Ausdrücken, die heute als überrealistisch erscheinen könnten; aber die Sprache ist hier ein grobes Werkzeug: durch die sinnliche Vorstellung und zunächst für sie geformt, vermag sie das Abstrakte nur sehr schlecht auszudrücken, besonders auf der Stufe, auf der es uns hier begegnet. Darauf ist vielleicht der Spott zu rückzuführen, den sich die 'realen Beziehungen' der Thomisten unverdienterweise zugezogen haben. (118f; Fs)
361 Thomas unterscheidet bei der wirklichen Beziehung ihr Sein, insofern sie akzidentelle Wirklichkeit ist, und ihre besondere Wesenheit [propria ratio], die sie zu einem Akzidenz von dieser Art macht. Unter dem ersten Gesichtspunkt muß man die Beziehung beurteilen wie jedes Akzidenz, dem es eigen ist, einem Träger in der Form eines bestimmenden Elementes anzuhaften. Unter dem zweiten dagegen spielt die Beziehung eine besondere Rolle; denn andere Akzidenzien - wie die Ausdehnung oder die Beschaffenheiten - bestimmen die Substanz in sich selbst, sie üben eine 'innere' Funktion aus: eine Funktion des Maßes, beziehungsweise der Ordnung; die Beziehung dagegen hat ihren Grund in einer 'äußeren' Ordnung, die sie den Dingen zubringt, ohne sie jedoch in sich zu berühren2; sie 'verknüpft', sie 'bezieht'. Bildlich könnte man sagen: sie haftet - unter diesem Gesichtspunkt - nicht sowohl an dem Träger, als an dem 'Kontakt', [adsistens], insofern sie ein Glied mit einem andern verknüpft [quodammodo contingentem ipsam rem relatam prout ab ea tendit in alterum]3. (119; Fs)
362 Es liegt also hier eine Art angelehnter, 'berührender' Wirklichkeit vor, die nicht auf besonders festen Füßen zu stehn scheint; ihre Teilnahme am Sein erscheint entweder schwer über trieben oder völlig unbegreiflich. Man kommt über diese Schwierigkeiten hinweg, wenn man sich darüber klar wird, daß Thomas, wenn er so spricht, nicht daran denkt, irgend etwas zu 'erklären'. Es sind Worte für Kinder, die er gebraucht [manuductiones] ; der reife Mensch jedoch wird begreifen, daß, wenn das Sein hier wie überall geheimnisvoll sich verbirgt, dies kein Grund ist, eine seiner Seiten zu leugnen und gerade dem die Wirklichkeit abzusprechen, was das Beste in der Welt ist, nämlich der 'Ordnung'. (119; Fs)
363 Denn es ist zu beachten, daß hier - den von der Philosoplie des Thomas eingenommenen realistischen und objektivistischen Standpunkt vorausgesetzt - die Ordnung der Welt in Frage stellt1. Die Ordnung verwirklicht sich in vielfältigen Beziehungen; wenn eine jede von diesen nur abstrakt - nur eine Schöpfung des Geistes - ist, so wird auch die Ordnung des Ganzen und schließlich das Weltall selbst, das nur das Ergebnis dieser Ordnung, ist, selbst abstrakt sein; dann sind wir es, die ihm Bestand verleihen; dann wird der Mensch' das Maß der Dinge'. (119f; Fs) (notabene)
364 Wenn man dagegen will, daß das Universum in sich sei, und daß es Ordnung sei, so muß man die Wirklichkeit der Seinsweise der Beziehung zugeben; denn wenn die Dinge wirklich in Beziehung stehn, so müssen offensichtlich auch ihre Beziehungen wirklich sein - und zwar außerhalb des Geistes, wie außerhalb der Dinge selbst. Wenn man gesagt hat: dieser Körper ist wirklich warm, so muß man doch zugeben, daß irgendwie die Wärme eine Naturwirklichkeit ist. Es gibt nur wenige, die diese Notwendigkeit begreifen, weil es nur wenige gibt, die bis zu dem Punkt vordringen, an dem sich das Problem stellt, das heißt: bis zu jener ersten Gestaltung der Welt, wo nichts mehr unterstellt werden darf und keine heimliche und verschwiegene und unbewußte 'Voraussetzung' mehr im Spiele ist. (120; Fs) (notabene)
365 Wenn die Dinge einmal da sind, so stellt der physikalisch denkende Geist sich sogleich vor, daß sie Beziehung zueinander haben; doch das ist eine Täuschung; das Ding ist etwas anderes als die Beziehung; wenn jenes diese nach sich zieht, so heißt das nicht ohne weiteres, daß es sie einschließt, und wenn unser Geist - Pascal würde sagen: freventlicherweise - daran geht, die einzelnen Bestandteile der ganzen Mischung des Universums aufzuzählen, so kann er nicht an der Beziehung vorbeigehn, als ob diese ganz von selbst entstünde, oder als ob das Ganze, das heißt die Bestandteile des Ganzen, eben mit Hilfe der Ordnung 'das Ganze' bilden könnten, ohne daß die Ordnung selbst etwas wäre. (120; Fs)
366 Es gibt [wie wir gesehn haben] moderne Philosophen, die in der Ordnung und Beziehung die einzige Naturwirklichkeit sehn. Thomas steht nicht auf ihrer Seite; er hält es nicht für sinnvoll, den festen Grund der Dinge zu opfern, dadurch daß man die Substanz beiseite schafft oder auflöst, und ebenso unsere Ontologie zu schmälern, dadurch daß man das Akzidenz auf eine einzige grundlegende Seinsweise einschränkt. Aber was viele Philosophen überall sehn wollen, das findet er wenigstens irgedwo vor. Nach seiner Ansicht wäre es Unrecht, in seiner Lehre eine 'Materialisation' der Begriffe zu sehn: genau das Gegenteil ist der Fall. (120f; Fs)
367 Denn wenn man die Beziehung als 'wirklich' erklärt, so will man sie damit nicht in törichter Weise in die Reihe der 'Dinge' stellen. Denn auch damit würde man ja die Ordnung der Dinge, die man gerade retten möchte, zerstören, weil man damit eben die Ordnung selbst unter die Dinge zu versetzen versuchte, die man eigentlich ordnen will. Nein, wenn man so spricht, so muß man den Begriff des Seins so sehr erweitern, daß er noch mitumfaßt, was jenseits der wirklich gesetzten Dinge liegt. (121; Fs) (notabene)
368 Ist nicht selbst das Nicht-Sein in manches philosophische System eingeschlossen? Auch bei Thomas ist das ja unter den angegebenen Bedingungen der Fall2. Jedenfalls ist hier die Entscheidung weniger schwer. Man sagt: alles, was ist, ist; aber nicht ist alles, was ist, ein Seiendes. Kein Akzidenz ist Seiendes, und die Beziehung am allerwenigsten. Man weist nur die Auffassung zurück, als ob die Ordnung nichts wäre oder bloß eine Schöpfung unseres Geistes. (121; Fs) (notabene)
369 Die Ordnung ist - nicht allein, wenn wir sie einführen, um zu denken; sondern vor jeder Erfassung unsererseits ist sie in das Seinsganze derart eingebettet, daß es nicht bloß Tatsachen und Tatsachen, Dinge und Dinge gibt, sondern auch Verbindungen zwischen den Tatsachen, Verknüpfungen zwischen den Dingen, Verbin dungen und Verknüpfungen, die zwar in anderer Weise Anteil am Sein haben [aber darum nicht weniger] als jene. Und hierin sind ja schließlich alle einig, wenigstens solange man sie nicht fragt und dieser 'unwirklichen Wirklichkeit 'gegenüberstellt, die unbegreiflich und doch offenkundig ist, die unmöglich zu denken ist, wenn auch das Denken von ihr lebt und nicht davon lassen kann, sie zu erforschen3. (121; Fs) ____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Sein: das Zuersterkannte (primum cognitum); Pantheismus; Einheit des Seins (analog, äquvik, univik); Transzendentalien; keine Gattung; erste Bestimmungen des Seins: Transzendentalien: Einheit, Wahrheit, Güte Kurzinhalt: Die Addition zum Sein kann auf eine doppelte Weise geschehn: durch die Analyse der Eigenschaften, die jedem Seienden zukommen, die jedoch das Wort 'Sein' durch sich selbst nicht ausdrückt, und durch die Erforschung der grundlegenden Weisen, durch ... Textausschnitt: Zweites Kapitel: Die Einteilungen des Seins
14 DA ALSO DIE METAPHYSIK die Wissenschaft vom Sein und den Prinzipien des Seins ist, geht es darum, diesen ersten Begriff zu erfassen. Das Sein, das heißt das, was ist [cujus actus est esse], können wir seinem Wesen nach nicht durch etwas dieser aller ersten Idee Vorangehendes bestimmen. Für die thomistische Schule ist das Sein das zuerst Erkannte [primum cognitum] in dem Sinne, daß vom Geiste nichts - nicht einmal das Nichts selbst - unabhängig von diesem ersten Begriff, der wie ein vages und unbestimmtes Gefäß alle andern Begriffe umschließt und vereinigt, erkannt werden kann1. (40; Fs)
15 Allein auf Grund seiner Allgemeinheit ist ein solcher Begriff, wenn er sich selbst überlassen bleibt, vollständig leer: er drückt nichts 'Unterschiedenes' und darum nichts 'Greifbares' aus. Der antike Pantheismus, der das Sein 'verwirklichen' und doch zugleich seine Allgemeinheit festhalten wollte, ist darum zu der Behauptung gekommen, das Sein sei 'eines'; daher konnte er in der Verschiedenheit der Substanzen und Phänomene nur noch 'Erscheinungen' sehn. In Wirklichkeit ist die Idee des Seins nur eine Art Klammer: einen bestimmten Sinn hat das Sein nur in seinen Arten, das heißt den Kategorien; darum sagt man: das Sein ist ein analoger und kein eindeutiger [univoker] Begriff2. (40; Fs)
16 Eindeutig ist das, was mehreren Dingen in gleicher Weise [secundum eandem rationem]3 zukommt. Zweideutig [äquivok] ist das, was verschiedenen Dingen in völlig verschiedener Weise zu kommt; hier ist nur noch das Wort gemeinsam. Das Analoge ist ein Mittleres, es bedeutet einen wirklich gemeinsamen Begriff und schafft eine wirkliche Beziehung zwischen den Begriffen, die es verknüpft, ohne daß sie indessen an ihm in gleicher Weise teilhaben. (40; Fs; ARKAT_homonym_synonym)
1.29.10.94; eg:
Der antike Pantheismus dachte sich somit Sein als univoken Begriff. Das Sein als das "eine", daß den Dingen in gleicher Weise zukommt. Damit ist gegeben, daß die Verschiedenheiten der Substanzen und Phänomene nur noch Erscheinungen sind.
17 Die Einheit des Seins ist von dieser letzteren Art; sie ist eine Einheit der Analogie: sie umfaßt alles, was man mit Sein bezeichnen kann und was als solches gemeinsame Eigentümlichkeiten und reale Beziehungen hat, ohne deshalb eine reale Einheit unter der es einigenden Klammer zu bilden. (40; Fs)
18 Wenn nun aber das Sein in den verschiedenen Arten seiner Teilnahme 'eines' sein soll, dann müßte man, wenn anders man nicht in den Pantheismus verfallen will, außerhalb seiner jene 'Unterschiede' auffinden, die seine Fülle beschränken und es in die unteren Gattungen und Arten überführen könnten. Allein wo wäre ein Unterschied zu finden, in dem nicht das Sein eingeschlossen wäre, da das Sein transzendent und der allgemeinste Begriff überhaupt ist4? (40f; Fs)
19 Überdies ist die Substanz ein Sein an sich; das Akzidenz ist ein Sein durch sie; es ist mehr das Sein eines Seins [ens entis] als selber Sein, dergestalt, daß es sich nur mit Hilfe der Substanz bestimmen läßt. Wie soll man aber zwei eindeutige Begriffe durch einander bestimmen können, wenn gerade 'eindeutig' [univok] bedeutet, daß zwei Dinge in gleicher Weise ein gemeinsames Merkmal haben? Es liegt also hier eine zweifache Weise des Seins vor, in der man einen transzendentalen Unterschied sehn muß. (41; Fs)
20 Wir stehn hier vor einem ersten negativen Merkmal: Das Sein ist keine Gattung5. Und doch läßt sich nichts begreifen außer durch 'Addition' zu diesem allgemeinen Begriff. Er ist 'das, worin sich all unsere Begriffe auflösen'. Aber wie ist es zu verstehn, daß diese sich aus jenem ableiten, und wie soll man von diesem auf dem Wege der Auflösung [per viam resolutionis] gefundenen allgemeinen Sein auf dem umgekehrten Weg [per viam compositionis] die ganze Wirklichkeit wiederfinden und die Natur gewissermaßen wieder zusammensetzen können? (41; Fs; eg: s. BWAR Nr. 204; Index.ask: BWAR_Gattung_Seiendes)
21 Die Addition zum Sein kann auf eine doppelte Weise geschehn: durch die Analyse der Eigenschaften, die jedem Seienden zukommen, die jedoch das Wort 'Sein' durch sich selbst nicht ausdrückt, und durch die Erforschung der grundlegenden Weisen, durch die sich das Sein in verschiedenen Formen offenbart6. (41; Fs)
22 Der erste Fall nimmt der allgemeinen Idee des Seins nichts von ihrer ersten Allgemeinheit und Transzendenz; sie macht aber nichtsdestoweniger diesen Begriff fruchtbarer, und sie bereichert ihn mit neuen Merkmalen. (41; Fs)
23 Man kann zum Sein etwas hinzufügen, indem man es zunächst - als Wesenheit betrachtet - auf sich selbst bezogen sieht, und dann tritt zum Begriff des Seins der des Dinges hinzu, das heißt dessen, 'was' ist, und das Dasein wird dann dessen Verwirklichung7. (41; Fs)
24 Zweitens aber kann man es in seiner Beziehung zum Nichtsein sehn als dem ihm - mit umgekehrtem Vorzeichen - entsprechenden Begriff, und so entsteht der Begriff des Gegensatzes, die erste Wurzel der transzendentalen Einteilung, und man kommt zum Begriff des 'Etwas' im strengen Sinne von aliquid = aliud quid, der seinerseits - durch einen neuen, ihm entsprechenden Gegensatz verneint - den Begriff der Einheit erzeugt.8 (41f; Fs)
25 Ein Ding als eines ist in der Tat ein in sich Ungeteiltes, das geschieden ist gegenüber allen andern Dingen, so daß also diese drei grundlegenden Begriffe: Ding, Etwas, Ungeteilt zusammen den ersten transzendentalen Begriff darstellen, der aus der Idee des Seins sich ergibt und auf alles anwendbar ist, das heißt den Begriff der Einheit.9 (42; Fs)
26 Drittens kann man das Sein in seiner Beziehung zur Erkenntnis und zu dem der Erkenntnis folgenden Begehren nehmen. Seine Transzendenz bleibt auch hier noch völlig unangetastet; denn die geistige Seele hat, ganz allgemein genommen, Beziehung zu allem, da sie durch die Erkenntnis 'alles werden kann' [quodammodo fit omnia], und das Begehren kann ihr hierin immer folgen. (42; Fs)
27 Man kann also die Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung des Seins [und zwar des wirklichen und des möglichen Seins] mit der Erkenntniskraft ins Auge fassen, und dann weiter die Entsprechung oder Nichtentsprechung des Seins und des Begehrungsvermögens. In dem ersten Falle nennt man die Übereinstimmung das Wahre, die Nichtübereinstimmung das Falsche; im zweiten die Entsprechung das Gute und ihr Gegenteil das Böse. (42; Fs)
28 Einheit, Wahrheit und Güte sind also die drei Eigenschaften, die nach unserer Auffassung dem Sein, und zwar dem Sein als solchem vor jeder 'Abstufung' seines Begriffs durch irgendeine Teilung in Kategorien zukommen. Ihr Gegenteil: die Vielheit, der Irrtum und das Böse, gehören hiernach in die Reihe des Nichtseienden. Allein wir müssen diesen Begriff noch vertiefen. (42; Fs)
29 Diese drei 'Eigentümlichkeiten' sind das, was man in der thomistischen Philosophie die Transzendentalien nennt. Man kann zu ihnen noch die Schönheit hinzufügen, von der zwar weniger häufig die Rede ist, die aber trotzdem in dem System ihren genau bestimmten Platz hat. Sie drückt das Sein aus, insoweit es Beziehung zur Erkenntniskraft hat, aber nicht insofern diese einfachhin erkennt - das ist ja das Wahre -, sondern insofern durch die in der Betrachtung sich vollziehende ideale Berührung ein Wohlgefallen geweckt wird, und zwar dadurch, daß das erkennende Wesen [Subjekt] in dem Gegenstand [Objekt] in gewisser Weise sich selber wiederfindet. (42f; Fs)
30 Die Sinneskraft und der Geist sind bestimmt, in den Dingen die Ordnung und den vernünftigen Sinn zu entdecken; darum sind sie selber ihrer Anlage nach Ordnung und Vernunft. Da nun alle Erkenntnis durch eine 'Angleichung' an den Gegenstand zustande kommt10, und infolgedessen das 'Ähnliche' in der Seele, die sich dieser Ähnlichkeit bewußt wird, ein Wohlgefallen zu erwecken vermag, so lösen die Ordnung und der Sinn der Dinge, ihre Wahrheit und Güte, mit einem Wort: ihre 'rechte Beschaffenheit' in dem erkennenden Wesen ein besonderes Gefühl aus, das man das Gefühl der Schönheit nennt11. (43; Fs)
____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Sein: Einteilungen des Seins; Ordnung der Transzendentalien; Einheit, Wahrheit, Schönheit, Güte Kurzinhalt: Unmittelbar unter dem Sein steht die Einheit; dann kommt die Wahrheit, dann die Schönheit und zuletzt die Güte. Der Grund dafür liegt darin, ... Textausschnitt: 31 Welches ist nun die Ordnung dieser transzendentalen Merkmale? Unmittelbar unter dem Sein steht die Einheit; dann kommt die Wahrheit, dann die Schönheit und zuletzt die Güte. Der Grund dafür liegt darin, daß die Güte in dem Sein etwas voraussetzt, was uns vervollkommnet, und zwar nicht allein durch eine ideale Mitteilung, wie es bei der Wahrheit und Schönheit ist, sondern durch eine Mitteilung von realen Werten, die das Sein enthält. Darum setzt das Suchen nach dem Guten bei uns die vorhergehende Erkenntnis des als wahr angesehenen Seins voraus, genau so, wie umgekehrt das als wahr Erkannte in uns eine Neigung zum Guten hervorruft. Das Gute kommt also zum Wahren hinzu und setzt es voraus. (43; Fs)
32 Geradeso ist es mit der Schönheit, die ihrerseits auch eine Beziehung zur Erkenntnis hat, jedoch in der Freude der Betrachtung einen Gesichtspunkt des Guten damit verbindet, so daß sie in die Mitte zwischen beide Begriffe tritt. Die Wahrheit anderseits setzt die Einheit voraus; denn nichts kann in den Geist eingehn, was nicht in sich eine Einheit ist oder als solche aufgefaßt wird; etwas erkennen, was nicht eine Einheit ist, hat Aristoteles gesagt, heißt nichts erkennen. (43; Fs)
33 Es ist jedoch zu beachten, daß diese Ordnung sich umkehrt, wenn diese Merkmale nicht mehr nach dem, was sie in sich selbst sind, sondern nach der wirklichen Teilnahme des Seins an ihnen geordnet werden sollen. (43f, Fs)
34 Das Gute kommt allem Sein zu, während das Wahre nur die erkennenden Wesen angeht, aber selbst diese haben nur zeitweilig an ihm teil, und zwar nachdem das Gute schon seine Wirkung gesetzt hat, da es sich in uns einfach dadurch spiegelt, daß wir sind.1 (44, Fs)
35 Es versteht sich von selbst, daß die hier aufgestellten Unterscheidungen nur in Gedanken vollzogen werden. Denn wenn sie, anstatt einfach die Gesichtspunkte des Seins zu erklären, dieses wirklich teilen wollten, könnten sie nicht erste Merkmale sein, so wie das Sein selbst ein Erstes ist, und sie könnten nicht transzendental sein2. (44, Fs)
36 Die Beziehung, die wir so dem Sein in bezug auf das Erkennen und Wollen zuschreiben, ist eine wirkliche Beziehung nur auf unserer Seite, nicht aber auf der Seite des Seins. Das Sein steht in sich da, und es hängt in keiner Weise real von uns ab. Wir hängen vielmehr von ihm ab, denn hinsichtlich des Wahren und Guten ist es unser Maß und die wirkende Kraft unserer Vervollkommnung. Wenn wir also sagen, das Sein sei gut oder wahr in bezug auf uns, so heißt das im Grunde, daß wir gut oder wahr werden in bezug auf das Sein3. (44, Fs)
____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Transzendentalien: Einheit 1; ungeteilt in sich selbst, geschieden von allem andern; transzendentale numerische E.; Sein, Teilung: Quantität - 'formale Gegensätze'; ens et unum convertuntur
Kurzinhalt: Aber diese Philosophen ... wußten nicht zu unterscheiden zwischen der 'transzendentalen' Einheit, die sie meinten, wenn sie die Einheit als identisch mit dem Sein erklärten, und der 'numerischen' Einheit ... Das Sein wird aufgefaßt als eine in sich ...
Textausschnitt: 37 Die Einheit hat im Altertum zu berühmten Streitigkeiten Anlaß gegeben. Pythagoras und Plato hatten richtig gesehn, daß die Einheit zum Sein nichts Wirkliches hinzufügt, sondern es bezeichnet - insoweit jedes bestehende oder gedachte Ding, wenn anders es mit Recht den Namen eines Seienden trägt, notwendigerweise als 'ungeteilt in sich selbst und als geschieden von allem andern' angesehn werden muß. (44, Fs)
38 Was wäre ein Sein ohne Einheit? Jedes Wesen ist entweder einfach oder zusammengesetzt. Das Einfache ist eine Einheit sowohl der Wirklichkeit als der Möglichkeit nach, da es ungeteilt und unteilbar ist. Das Zusammengesetzte dagegen ist teilbar; wenn man es jedoch als geteilt setzt, so ist es nicht mehr es selbst: ein geteiltes Viereck sind zwei Dreiecke; ein in zwei Stücke zerbrochener Stein ist als solcher nicht mehr vorhanden, vorhanden sind nur noch zwei Bruchstücke. Das Sein eines jeden Dinges setzt also seine Ungeteiltheit voraus; daher kommt es, daß jedes bestehende Sein wie der Zerstörung seines Seins, so auch der seiner Einheit widerstrebt1. (44f, Fs)
39 Aber diese Philosophen wußten nichts von den Kategorien, oder sie erkannten ihren Wert nicht. Sie wußten nicht zu unterscheiden zwischen der 'transzendentalen' Einheit, die sie meinten, wenn sie die Einheit als identisch mit dem Sein erklärten, und der 'numerischen' Einheit, die im übrigen ihr ganzes Denken beherrschte. Daher kommt die Zweideutigkeit, die die ganze Philosophie dieser großen Denker verdirbt. (45, Fs)
40 Anstatt aus der Quantität eine besondere Gattung zu machen, von der die Zahl eine Art ist - und die Einheit das Prinzip dieser Art -, machten sie aus ihr eine transzendentale Bestimmung. Die Zahl, die aus der mit dem Sein identischen Einheit erst folgt, wurde so die Substanz der Dinge selbst2. (45; Fs)
41 Die Einteilung des Seins in Kategorien, deren Prinzip wir später auseinandersetzen werden, hilft über diesen Irrtum hinweg. Die Quantität ist nur eine Seinsweise unter vielen andern, sie ist nicht eine allgemeine Eigentümlichkeit des Seins. Darum ist auch die Substanz an sich nicht Quantität, und sie hat mit der Zahl nichts zu tun. Wenn die Zahl ihr anhaftet, so ist sie ihr gegenüber nur ein Akzidenz. Genau so ist es mit der Einheit als Prinzip der Zahl3. (45; Fs)
Kommentar (01.10.09): Cf F1_011a1ad1
42 Die transzendentale Einheit ist etwas ganz anderes. Sie ist zunächst einmal das, was das Gute im allgemeinen wäre, im Gegensatz zum moralisch Guten, das die Regel der menschlichen Handlungen ist. 'Transzendental' bezeichnet das, was über allen Gattungen steht und ihnen allen eigen ist; die so verstandene Einheit gilt also in allen Bereichen: sie bestimmt das, was ist, insofern es notwendigerweise ungeteilt ist: nicht quantitativ ungeteilt - das hieße ja die Einheit zu einer Gattung machen -, sondern frei von jeder auf das Sein in seiner Fülle anwendbaren Teilung. (45; Fs)
43 Denn das Sein teilt sich nicht wie die Quantität. Nicht durch Zerstückelung wird es ein Vielfaches, sondern durch 'formale Gegensätze', das heißt durch die Unterscheidung der 'Wesenheiten', mögen diese wirklich einander entgegengesetzt oder nur einfach voneinander verschieden sein, mögen sie positive Setzungen oder bloß Beziehungen sein4. (45f; Fs) (notabene)
44 Hier erscheint einer der fundamentalen Gesichtspunkte des ganzen Systems. Den eben bezeichneten gegensätzlichen Auffassungen zum Trotz geht von Pythagoras und Plato über Aristoteles die Auffassung des Seins aus, auf der alle großen thomistischen Thesen beruhen. (46; Fs)
45 Das Sein wird aufgefaßt als eine in sich unbegrenzte Natur, die sich in Wesenheiten entfaltet5. Jedes Ding hat seine Wesenheit, die seinen Anteil am Sein bestimmt6. Die Gesamtheit der Wesenheiten, der wirklichen und der möglichen, wäre gewissermaßen die volle Ganzheit des gesamten Seins; sie würde seinen Begriff erschöpfen; allein das ist nur ein 'Grenzfall', den keine Macht, auch die göttliche nicht, erreichen könnte. (46; Fs) (notabene)
46 Ebenso wie es nach jeder Zahl immer noch eine Zahl gibt, und wie keine Größe die Idee der Größe erschöpft, so ist die Entfaltung des Seins in Wesenheiten von Natur aus ohne Grenzen. Das Sein ist unerschöpflich; seine 'Verwirklichungsmöglichkeiten' stellen ein Unendliches dar. (46; Fs)
47 Die Einheit besteht also für jede dieser Arten des Seins darin, daß sie sie selbst ist: daß sie in sich selbst geschlossen und [wie gesagt] von allem andern abgeschlossen ist. Daher ist die schicksalhafte Formel: Das Sein und das Eine fallen zusammen [ens et unum convertuntur], unmittelbar einsichtig. (46; Fs)
48 Es ist ebenso klar, daß es überall da Einheit gibt, wo es Sein gibt; und zwar so, daß die Vielheit selbst, wenn sie als solche ihr Sein hat, auch ihre Einheit hat, ohne daß hier irgendein Widerspruch vorläge. Denn nichts ist absolut Vielheit: sonst könnte man nicht mehr von ihr sprechen, denn von ihr sprechen heißt ja, sie als Einheit begreifen; das 'Eine' allein ist erkennbar. Jedoch kann, was in dieser Beziehung eine Einheit darstellt, in einer andern Beziehung eine Vielheit bilden. (46; Fs)
49 Es kann zum Beispiel etwas, was seiner Wesenheit nach eins ist, seinen Bestimmungen nach geteilt sein; was als Träger eins ist, kann vielfach sein in den Eigenschaften; was als Akt eins ist, kann vielfach sein in den Potenzen; was als Ganzes eins ist, kann vielfach sein in seinen Teilen. In all diesen Fällen wird man sagen, daß das betreffende Ding eins 'schlechthin' [simpliciter] ist, daß es vielfach ist 'in einer gewissen Hinsicht' [secundum quid]. (46f; Fs)
50 Umgekehrt: Was in sich vielfach ist, kann in unserm Denken eins sein; was vielfach in seiner Verwirklichung ist, kann einfach sein in seiner Ursache; was vielfach ist in der Zahl, kann einfach sein in der Art, und in diesem Fall wird man sagen, daß absolut gesprochen [simpliciter] eine Vielheit vorliegt, in einer gewissen Hinsicht dagegen eine Einheit. (47; Fs)
51 Allein in all diesen Fällen wird man sagen müssen, daß das betreffende Ding nur unter dem bestimmten Gesichtspunkt ein Sein ist, in Wirklichkeit aber ein Nichtsein; denn im Denken existieren, heißt nicht, wirklich existieren; in seinen Ursachen sich 'eins' wissen, heißt auch noch nicht existieren; und auch die Art als Einheit hat keine Existenz außerhalb der Einzelwesen. In all diesen Fällen hängen diese beiden Begriffe zusammen. Das Sein zerfällt in das Eine und das Viele nur dann, wenn man von absoluter Einheit und relativer Vielheit spricht. (47; Fs)
52 Wenn es sich um eine absolute Vielheit handelte, so wäre von einem Sein keine Rede mehr, und man könnte es daher nicht mehr teilen, oder anders gesagt: man käme zu einem relativen Sein, das in Wirklichkeit ein Nichtsein wäre. So ergibt sich also auch durch den Gegenbeweis, daß das Sein und das Eine völlig identisch sind7. (47; Fs)
53 Hieraus folgt dann, daß alles, was von einem andern in seinem Sein abhängt, auch in seiner Einheit von ihm abhängt. Darum wird das Akzidenz, das gewissermaßen auf die Substanz 'aufgepfropft' ist und ihr sein Sein entleiht, einfach oder vielfach sein, je nachdem sein Träger einfach oder vielfach ist8. (47; Fs)
54 Ebenso wird, da die Wirkung von ihrer Ursache in ihrem Sein abhängt, auch ihre Einheit in gleichem Maße von ihr abhängen. Daraus läßt sich schließen, daß der Zufall, der keine eigentlich bestimmte Ursache hat, keinerlei Einheit besitzt und darum - streng gesprochen - auch ein Sein nicht sein kann9. Weiter läßt sich schließen, daß die Welt, die die Wirkung einer einzigen geistig handelnden Ursache ist, auch selbst eine Einheit - im Sinne einer Einheit der Ordnung - sein muß. (47; Fs)
55 Da ferner die menschliche Seele nur in ihrer Tätigkeit, aber nicht in ihrem Sein vom Stoff abhängt, so kann sie ihre Einheit auch dann bewahren, wenn die Einheit des Körpers zerstört ist; daher nennen wir sie unzerstörbar oder unauflöslich.10 (47f; Fs) (notabene)
56 Ebenso müssen wir, da jedes Wesen durch seine Form besteht und von ihr seine Einheit hat, schließen, daß das Mischwesen [mixtum], das seine Einheit in wirklich artlich besonderen Eigentümlichkeiten offenbart, eine eigene Form besitzt, unter der die einzelnen Teilformen nur der Kraft nach [virtuell], aber nicht mehr tatsächlich [aktuell] vorhanden sind11. (48; Fs)
57 Man wird noch weiter schließen, daß gewisse Tiere, die eine der Möglichkeit nach vielfache Form haben, wegen der Einfachheit der Anlagen, die jene Form erfordert, selbst der Möglichkeit nach eine Vielheit sind: daher die Möglichkeit der Fortpflanzung durch Teilung. Solche Fälle finden sich in Menge. (48; Fs)
58 Weiter ergibt sich aus diesem Satz, daß der Grad der Teilnahme am Sein den Grad der Teilnahme an der Einheit bestimmt, dergestalt, daß die niedrigste uns bekannte Stufe, der reine Stoff oder die 'erste Materie', aus sich selbst gar keine Einheit hat, sondern im Gegenteil der Sitz der reinen Vielheit ist, die Quelle der gleichartigen Teilung, und zwar der allergröbsten, da sie ohne Gewinn für das Sein ist, vielmehr dem Nichtsein sich nähert durch die Zerstückelung ihres Trägers, während die Teilung durch einander entgegengesetzte Formen den Reichtum des Seins entfaltet und vervielfältigt. (48; Fs) (notabene)
59 Die transzendentale Vielheit liegt in der Mitte zwischen der untersten Art der Vielheit und der reinen Einheit. Sie ist insofern unvollkommen, als keines ihrer einzelnen Glieder das Sein schlechthin ist, sondern nur eine Weise des Seins verwirklicht und also Raum läßt für andere, sie ergänzende Offenbarungen des Seins, die für jene erste Art gewissermaßen 'Grenzen' sind. (48; Fs)
60 Die reine Einheit wird verwirklicht durch das 'Erste Sein', das in vollem Maße Sein ist und darum keine Wesenheit besitzt, die es begrenzt, das alles in sich enthält, was die andern Wesen in einer vielfältigen Art verwirklichen, und das darum vollkommen 'eins' oder, besser gesagt, 'Das Eine' ist. (48; Fs)
____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Transzendentalien: Einheit 2; Zeit: zeitliche Vielheit - aevum - Ewigkeit; transzendentale - numerische E.: Maß, Zahl, Vielheit Kurzinhalt: Die materiellen Wesen, die in ihrer Substanz selbst veränderlich sind, besitzen ihren Anteil am Sein nicht auf einmal: man könnte sagen, sie sind ständig auf der Suche danach, und in dem Maße, in dem sie ihn erreichen, verlieren sie ihn: ...
Textausschnitt: 61 Übrigens sind alle Dinge nicht allein in Hinsicht auf ihren Bestand dem Gesetz des Einen und des Vielen im Verhältnis zu ihrem Sein unterworfen, sondern in gleicher Weise auch in bezug auf ihre zeitliche Entwicklung. (48f; Fs)
62 Die materiellen Wesen, die in ihrer Substanz selbst veränderlich sind, besitzen ihren Anteil am Sein nicht auf einmal: man könnte sagen, sie sind ständig auf der Suche danach, und in dem Maße, in dem sie ihn erreichen, verlieren sie ihn: ihr Leben ist ein fortwährender Tod. Ihre Dauer ist also eine wirkliche Vielheit und überdies eine unbegrenzbare Vielheit, wie die Bewegung und die Materie, die unendlich teilbar sind. Hier haben wir also noch einmal die Vielheit im vollendeten Zustand und das Mindestmaß von annehmbarer Einheit1. (49; Fs)
63 Die immateriellen Wesen - zum wenigsten als solche - haben, da sie ihrem Wesen nach sich nicht entwickeln, aus sich keine 'Dauer', es sei denn, daß man das Wort in einem weiteren [seine ursprüngliche Bedeutung verneinenden] Sinn nähme, in welchem Fall man dieses Maß der Dauer aevum nennt, um seine bleibende Unbewegtheit auszudrücken. Es liegt also hier eine grundlegende Einheit vor, und nur deshalb, weil diese Wesen zwar auf einmal 'ihr' Sein besitzen, aber trotzdem nicht das ganze Sein, unterliegen die aeviterna der Entwicklung und darum - in dieser Beziehung - einer Vielheit der Dauer. Diese Vielheit, die sich nur auf ihre Vermögen bezieht, die durch ihre innere Armut nach außen gewiesen werden auf das Sein hin, das sie sich angleichen können, steht in der Mitte zwischen zeitlicher Vielheit und göttlicher Unbewegtheit. (49; Fs)
64 Das 'Erste Sein' endlich, das nichts zu erwerben braucht, da es die Fülle nicht nur 'seines' Seins, sondern 'des' Seins überhaupt besitzt, ist der Entwicklung in keiner Weise unterworfen, und wenn man auf es den Begriff der Dauer anwenden will, so kann dies nur durch eine Analogie geschehn, die aus der Welt der Geschöpfe genommen ist, das heißt, man muß sagen, daß diese 'Dauer' unteilbar und also vollkommen 'eins', das heißt, daß sie die Ewigkeit ist2. (49; Fs) (notabene)
65 Die transzendentale Einheit ist also etwas ganz anderes als die numerische Einheit; beide sind jedoch nicht ohne Beziehung zueinander. Was die erstere kennzeichnet, ist allein ihre Ungeteiltheit; sie ist daher auf alle Gattungen anwendbar. Die zweite dagegen ist bestimmt durch das Merkmal des Maßes, und zwar des gleichartigen Maßes, denn ein wirkliches Maß muß ja dem Gemessenen gleichartig sein; sie ist daher bloß auf die Ausdehnung anwendbar; denn gleichartige Vielheit findet sich nur dort, wo sich die Materie findet, deren allererste Eigentümlichkeit die Ausdehnung ist3. (49f; Fs)
66 Allein ebenso wie die Einheit, die aus sich selbst Maß der Zahl ist, sich in zweiter Linie auf die Raum-, Zeit- und Bewegungsmaße anwenden läßt, insofern in ihnen ein Zusammenhängendes enthalten ist, das eben der Möglichkeit nach eine Zahl ist, ebenso läßt sich - wenn auch bloß in analoger Weise [per quandam similitudinem] - der transzendentalen Einheit die Rolle des Maßes zuschreiben, und zwar nicht allein für die Gattung Quantität, sondern für alle Gattungen4. (50: Fs)
67 Denn es ist ja klar, daß man - wenn die Zahl den Begriff des Maßes einschließt - diesen Begriff auf alles anwenden kann, was meßbar ist, insoweit es meßbar ist; meßbar aber sind alle Dinge, je nachdem sie mehr oder weniger ein Ausgedehntes und infolgedessen auch teilbar sind. Nun entsteht die transzendentale Vielheit aus der Entgegengesetztheit der Formen, in die das Sein zerfällt, und wenngleich dies keine Teilung im eigentlichen Sinne ist, da das Sein nicht gleichartig und ferner auch keine Gattung ist, so kann man doch in einem gewissen Sinne von einer Teilung sprechen und darum analogerweise sagen, daß die Formen, in die das Sein zerfällt, eine Zahl bilden. (50: Fs)
68 Es ist hierbei nur genau zu beachten, daß die Zahl hier eine reine Abstraktion ist, weil das Geteilte selbst etwas Abstraktes ist, und nur unser Geist die Einheit des Seins wahrnimmt, und weil es schließlich in Wirklichkeit ein gemeinsames Maß nicht geben kann für Dinge, die nicht durch die Gemeinsamkeit der Materie miteinander verbunden sind. (50: Fs)
69 Die prädikamentale Zahl dagegen ist eine Naturwirklichkeit5. Der Thomismus bezeichnet den Unterschied zwischen diesen beiden Fällen dadurch, daß er das Wort 'Zahl' für die materielle Mehrheit und das Wort 'Vielheit' für die transzendentale Mehrheit gebraucht. Auf die erste richtet sich die ganze Arbeit der mathematischen Wissenschaften. Mittelbar kommt das auch der zweiten zugute, wieder mit Hilfe der Analogie, insofern die aus der Entgegengesetztheit der Formen entstehende Teilung demselben Gesetz folgt wie die quantitative Teilung, und die Vielheiten darum in einem gewissen Verhältnis zueinander stehn6. (50: Fs)
____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Transzendentalien: Wahrheit (verum) 1; in quod tendit intellectus; das Gute - Begehren = Erkennen - Ding; gött. Erkennen - Ding - menschliches E. Kurzinhalt: Die Wahrheit ist ihrem allgemeinsten Sinne nach das, wonach der erkennende Geist strebt [in quod tendit intellectus]. Dieses Streben ist keine von innen nach außen gehende Bewegung, wie es das Begehren ist, ...
Textausschnitt: Die Wahrheit
70 Die Wahrheit ist ihrem allgemeinsten Sinne nach das, wonach der erkennende Geist strebt [in quod tendit intellectus]. Dieses Streben ist keine von innen nach außen gehende Bewegung, wie es das Begehren ist, das nach einem Gut strebt, sondern es ist eine von außen nach innen gehende Bewegung, indem der Geist sich in seinem Zentrum sammelt, um dort eine Berührung zu gewinnen mit dem, was von außen durch die Sinne in ihn hineingeleitet wird. Es verhält sich so, wie schon oben gesagt wurde: Das Gute als Ziel des Begehrens liegt in den Dingen; das Wahre als Ziel des Erkennens liegt in diesem selbst. (51; Fs)
71 Indessen, wie das in den Dingen liegende Gute das Begehren bestimmt, das auf diese Dinge sich hinrichtet, so bestimmt das im Erkennen liegende Wahre die Dinge, insofern sie auf uns Bezug haben. Wir wissen freilich, daß die Beziehung der Dinge zu uns nichts in ihnen selbst Liegendes ist. Träger dieser Beziehungen sind ja wir. (51; Fs)
72 Die Philosophie des Thomas ist realistisch. sie schreibt den Dingen ihr eigenes Leben zu und betrachtet es als zufällig für ihr Sein, ob sie von uns erkannt sind oder nicht. Nichtsdestoweniger wird man, wenn man an die idealen Beziehungen der Dinge zu uns denkt, sagen, daß die Dinge wahr sind, insofern sie dem Begriff entsprechen, den wir uns von ihnen gemacht haben. (51; Fs)
73 Man sagt von einem Menschen: er ist ein wahrer Mensch, um auszudrücken, daß das also bezeichnete Einzelwesen vollkommen dem Begriff entspricht, den wir uns vom Menschen machen. Von diesem Gesichtspunkt aus ließe sich eine ganze Philosophie der Wahrheit und eine ganze Ästhetik aufbauen. Mehr noch; wenn es auch für die Dinge zufällig ist, ob sie eine Beziehung zu unserm Erkennen haben, da dieses für sie weder Ursache, noch Norm, noch irgend etwas anderes ist, was eine wirkliche Beziehung begründen könnte, so wird die Sache doch anders, sobald wir von der schöpferischen Erkenntnis sprechen. (51; Fs)
74 Die Erkenntnis, die Gott von den Dingen hat, kommt ihm nicht von den Dingen her; sondern die Dinge leiten sich von der Erkenntnis her, die Gott von ihnen hat [scientia Dei est causa rerum]. So geht das Haus aus der künstlerischen Vorstellung des Baumeisters hervor, und dieser beurteilt das Werk, nachdem er es geschaffen hat, nicht aber wird seine Erkenntnis von dem Werk bestimmt. Jedes Ding ist also mit dem göttlichen Geist als seiner Quelle verbunden; es hängt wesentlich von ihm ab; er ist also seine erste Norm. (51f; Fs)
75 Nur mittelbar, insofern unsere Erkenntnis ein Abglanz der schöpferischen Erkenntnis ist, ist die Wahrheit der Dinge auf uns bezogen und insofern von uns abhängig. So sagte Aristoteles, der Weise sei das Maß des Guten und ihm gehöre die Herrschaft: so sagt der heilige Thomas von dem Gottmenschen, er sei 'gewissermaßen ein beseeltes Gesetz und eine beseelte Gerechtigkeit' [quasi quaedam lex et quaedam justitia animata]. (52; Fs)
76 Da nun unsere eigentliche Aussage über ein Ding sich nicht auf das Mittelbare und Zufällige stützen darf; da es aber anderseits für die Dinge zufällig ist, ob sie von uns - die wir nur mittelbar und durch Teilnahme über sie zu urteilen vermögen - in ihrer Wahrheit beurteilt werden, so muß man sagen, daß die transzendentale Wahrheit zuerst und eigentlich in dem Sein der Dinge selbst besteht, insofern es der schöpferischen Erkenntnis entspricht1. (52; Fs)
77 Hierauf beruhen die berühmten Definitionen der Scholastik; die Augustins: 'Die Wahrheit ist die vollkommene Übereinstimmung eines jeden Dings mit seinem Prinzip', die Anselms: 'Die Wahrheit ist die durch den Geist festgestellte Richtigkeit'; die Avicennas: 'Die Wahrheit eines Dinges besteht in der Eigentümlichkeit des Seins, das ihm zugeteilt ist.' Die Definition des Isaak, die Thomas allen andern vorgezogen hat: 'Die Wahrheit ist die Übereinstimmung der Dinge und des erkennenden Geistes' [adaequatio rei et intellectus], hat einen doppelten Sinn. Sie bezeichnet entweder die Wahrheit 'in uns' oder die 'transzendentale' Wahrheit, je nachdem man unter dem erkennenden Geist unsern Geist oder den schöpferischen Geist versteht. (52; Fs)
78 'Zwischen dem göttlichen und menschlichen Erkennen stehend, wird das Naturding wahr genannt, insofern es mit dem einen und dem andern übereinstimmt2.' Diese Formel hat durch ihre Kürze und Allgemeinheit den heiligen Thomas für sich eingenommen und durch ihn ihre große Bedeutung gewonnen3. (52; Fs) (notabene)
____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Transzendentalien: Wahrheit (verum) 2; Idee (Plato, Thomas); Gattung - Art (Wirklichkeit in Gott); Zwitterwesen; Akzidenz (dem Träger zukommend); Ideen - Vielheit; Intellektualismus; Wirklichkeit - Logos - Erkennbarkeit
Kurzinhalt: ... wenn sie auch ihrem Sein nach [secundum esse] mit der göttlichen Wesenheit zusammenfallen, so begründen sie doch nichtsdestoweniger gewisse rationes distitictae, die Gott in seiner Einfachheit umfaßt, ohne sie zu vermischen.
Textausschnitt: 79 Man sieht deutlich: dieser Wahrheitsbegriff führt die Lehre von den Ideen wieder ein, und er nähert uns dem Platonismus. In der Tat nimmt Thomas den Satz Augustins auf: 'Die Lehre von den Ideen ist von solcher Fruchtbarkeit, daß man, ohne sie zu begreifen, kein Weiser werden kann4.' (52f; Fs)
80 Wenn Aristoteles sie nicht entwickelt hat, so ist das aus einer Reaktion gegen offensichtliche Mißbräuche zu verstehn und daraus, daß die Ideen nach Plato schließlich etwas An-Sich-Seiendes darstellten, das heißt eine Art von Zwischenwelt, die eine unnütze Verdoppelung dieser Welt bedeutet5. (53; Fs)
81 Mit andern Worten: Plato, dem es durch seine dialektischen Analysen gelungen war, die allgemeinen Bedingungen der Existenz bloßzulegen, war über dieses Ziel hinausgeschritten und hatte die Bedingungen zu formalen Bestandteilen gemacht, als wenn die Welt nicht in sich selbst bestände, sondern aus ihnen gemacht wäre und in ihnen ihre eigentliche Wirklichkeit hätte. Gegen diese Verwirrung hatte Aristoteles sich mit aller Kraft erhoben; aber nach der Auffassung des Thomas hätte Aristoteles nichtsdestoweniger die Gründe aller Dinge [rationes omnium rerum]6 als in Gott bestehend angenommen und so die platonischen Forderungen erfüllt, die letzthin doch darauf hinzielen, die Wahrheit zu begründen. (53; Fs)
82 Wie dem auch sei, Thomas bejaht die Ideen und begründet ihre Notwendigkeit auf die folgende Weise. 'Unter Ideen versteht man die Form der Dinge, die außerhalb der Dinge selbst besteht. Nun kann eine solche Form in einem doppelten Sinn genommen werden, einmal als Vorbild und dann als Erkenntnisprinzip, das heißt, insofern man sagt, daß die Form des Erkannten in dem Erkennenden ist. In beider Hinsicht sind die Ideen notwendig. Denn bei allen Dingen, die nicht durch Zufall entstehn, muß die Form des Hervorgebrachten das Ziel der Tätigkeit des Hervorbringenden sein. (53; Fs)
83 Nun kann aber keiner in Hinsicht auf die Form tätig sein, wenn er diese nicht in irgendeiner Weise in sich trägt. Das aber kann auf eine zweifache Weise sein. Entweder kam man die Form des Erzeugten ihrem natürlichen Sein nach besitzen [secundum esse naturale], wie es bei allen materiellen Kräften der Fall ist, oder aber ihrem erkennbaren Sein nach [secundum esse intelligibile], wie es bei den geistigen Kräften der Fall ist [...] Wenn also die Welt nicht das Ergebnis des Zufalls ist, sondern wenn sie von Gott ausgeht und wenn Gott geistigerweise tätig ist, so muß man in dem göttlichen Geist eine Form annehmen, nach deren 'Bild' die Welt geschaffen ist; hierin aber besteht das Wesen der Idee7.' (53f; Fs)
84 Eine solche These scheint auf den ersten Blick einen gewissen Anthropomorphismus und dazu noch jenen 'Intellektualismus' einzuschließen, gegen den man sich heute so kräftig wehrt. Es liegt ein Intellektualismus darin, daß man die Rahmen, in die unser Geist das Wirkliche einschließt, um es zu begreifen, als wirklich, 'außerhalb der Dinge selbst' annimmt. Gattung und Art sind hier mehr als ein Schema, mehr als ein 'Moment' des Wirklichen, mehr als eine bloße 'Tatsache': sie sind ein ewiges und unerschütterliches 'Recht'. Man setzt sie keineswegs real auf seiten des Dinges: aber wenn man dem positivistischen Geiste dies auch einräumt, so hält man doch daran fest, daß sie im göttlichen Geiste wenigstens Bestand haben, daß sie dort ihre Bestimmtheit und auf eine gewisse Weise ihre 'Unterschiedenheit' haben, denn wenn sie auch ihrem Sein nach [secundum esse] mit der göttlichen Wesenheit zusammenfallen, so begründen sie doch nichtsdestoweniger gewisse rationes distitictae, die Gott in seiner Einfachheit umfaßt, ohne sie zu vermischen. (54; Fs)
85 Den Beweis dafür, daß man es so richtig versteht, findet man in den Zwitterwesen, die zu keiner Art oder besser zu zweien zu gehören scheinen, so daß man nicht zu sagen weiß, welcher Idee sie entsprechen. Ebenso unterscheidet man unter den individuellen Akzidenzien solche, die dem Träger immer zukommen und nicht von ihm getrennt werden können, und solche, die ihm infolge einer mit der Idee gar nicht zusammenhängenden Verbindung zukommen. Von den ersteren gibt es keine besondere Idee, sie vervollständigen nur die Idee des betreffenden Seins. Von den zweiten dagegen gibt es eine Idee, weil sie zu dem schon als wirklich gesetzten Träger hinzukommen, 'wie die Gemälde oder andere derartige Dinge zu dem in seinem Wesen schon bestehenden Haus hinzukommen'. (54; Fs)
86 Man sieht, wie sehr dieses Weltbild absticht von dem, das die meisten modernen Philosophen zeichnen. Das eine ist gezeichnet - wie von Michelangelo - in breiten, aber harten Zügen; das andere gleicht den Gemälden von Carriére, die kaum aus dem Nebel auftauchen, um gleich wieder darin zu verschwinden. (54f; Fs)
87 Es ist ganz offenbar, daß die thomistische Betrachtungsweise, wenn man sie wirklich im Sinne ihres Urhebers nimmt, von einem Vertrauen auf den menschlichen Geist zeugt, das die Mehrheit unserer Zeitgenossen übertrieben findet, und zwar weil sie unsere geistigen Schemata, anstatt sie höchstens bloß in der Natur 'begründet' zu sehn, ins Absolute erhebt und uns so auf eine gewisse Weise zum 'Maß der Dinge' macht. Man sagt zweifellos, daß wir es 'durch', Gott sind, aber heißt das nicht: zuerst Gott etwas leihen, was man ihm wieder nehmen will, und ihn so zu unserm Bild machen? Indessen, man täusche sich nicht; wenn man sich in die Sache vertieft, sieht man, wie korrekt diese Auffassung ist, wenn sie auch offensichtlich mißbraucht werden kann. (55; Fs)
88 Zunächst sind die Ideen Gottes identisch mit seiner Wesenheit; die Wirklichkeit, die ihnen zukommt, ist einzig und allein die von Verwirklichungsmöglichkeiten [von respectus], die nur unserm unzulänglichen Begriffsvermögen als real voneinander verschieden erscheinen. In sich selbst drücken sie die Erkenntnis aus, die Gott von den Dingen hat, die er schaffen will, insoweit diese Dinge in verschiedener Beziehung, zu der einzigen Wesenheit stehn, an der sie teilhaben und die im Grund ihre gemeinsame Idee ist. (55; Fs)
89 Nur insofern die Kreaturen gegenüber diesem ersten Urbild unzulänglich sind - unzulänglich eine jede auf ihre Weise -, werden sie durch diese zerstückelte Teilnahme vielfach und begründen dadurch gegenüber der schöpferischen Wesenheit ein verschiedenes Verhältnis, dessen alles übersteigende Erkenntnis in Gott, menschlich gesprochen, ihre Idee heißt. (55; Fs)
90 Die Vielheit liegt also hier einzig auf seiten der Kreaturen: sie ist in keiner Weise in der vorbildlichen Ursache, die - selbst als solche - in sich vollkommen eins bleibt, und zwar so sehr, daß der heilige Thomas sagen kann: Die transzendentale Wahrheit ist eine, und jedes Ding ist 'wahr' durch seine Beziehung zu dieser einen und einzigen ersten Wahrheit8. (55; Fs)
91 Ebensowenig findet sich die Vielheit im aktiven Erkennen Gottes, das mit seinem Sein identisch ist9. Wenn man daher in Gott mehrere Ideen annimmt, so will man nur sagen, daß die Vielheit, die sich in den Kreaturen findet, von Gott gewollt und darum als solche, erkannt ist, ohne daß es darum notwendig wäre, die Vielheit auf Gott selbst zu übertragen. Hier ist darum keine Spur von Anthropomorphismus. Gott bleibt bei Thomas wie bei Aristoteles 'das Denken des Denkens', er bleibt der, bei dem das Erkennbare und die aktuelle Erkenntnis wirklich zusammenfallen10. (55f; Fs)
92 Was nun den erwähnten Intellektualismus angeht, so muß man, wenn man ihn kritisieren will, sich hüten, ihn so naiv zu nehmen, daß er einfach nichts anderes als die Naivität seiner Kritiker beweist. Diese 'Form' der Dinge, von der wir behaupten, daß sie als Vorbild im schöpferischen Geiste besteht, ist in keiner Weise die logische Wesenheit, so wie sie unsere Definitionen ausdrücken, jene blutlosen Formeln, in denen das Wirkliche, reduziert auf ein Minimum an Substanz, nur scheinbar noch lebt. (56; Fs)
93 Es ist zunächst die Wesenheit, aufgefaßt als eine Idee der Natur mit ihren unendlichen Kräften, deren Reichtum die Erkenntnis herausfordert; es ist zweitens - und diesmal im eigentlichen Sinne - die reale, individuierte Wesenheit [propria ratio subjecti], in ihrer grundlegenden Einheit betrachtet; aber Einheit hier im transzendentalen Sinn genommen, insofern das Eine identisch ist mit dem Sein, nicht in einem abstrakten Sinn nach Art eines leeren Begriffs. Ein Intellektualismus in dem von den Kritikern angenommenen engen Sinne liegt also hier keineswegs vor. (56; Fs)
94 Der thomistische Intellektualismus ist etwas ganz anderes als eine 'Vergöttlichung' der abgezogenen Wesenheiten; er ist eine Vergöttlichung des Wirklichen, das heißt in dem Sinn, daß das Wirkliche, gerade insofern es göttlich ist, eine wesentliche Beziehung auf die Erkenntnis hat. Das Wirkliche, insoweit es wirklich ist, ist erkennbar, da es aus der höchsten Wirklichkeit, die das höchste Erkennbare ist [in prinicipio erat Verbum], hervorgeht. Der erkennende Geist aber, insofern er erkennender Geist ist, ist ebenfalls göttlich [signatum est super nos lumen vultus tui Domine]; er hat also ein Recht auf alle Wirklichkeit. Er kommt ihr gleich, und in dem höchsten Sinne dieser Worte sind der erkennende Geist als solcher und das Erkennbare als solches identisch. (56f; Fs)(notabene)
1.eg: siehe Kommentar: Identität von Seins- und Denkgesetz (Anm01-txt
95 Es steht außer Zweifel, daß diese hohe Auffassung mehr als einen bedeutenden Denker gegen sich hat. Ein Descartes, ein so großer Intellektualist er auch auf seine Art ist, würde ihr keineswegs zustimmen. Aber auch einige Väter der Kirche würden ihr widersprechen, da sie unter der göttlichen Ordnung sich etwas dachten, was die geistige Ordnung ebenso überragt, wie diese die Sinne und wie die Sinne die chemische Tätigkeit, oder - anders ausgedrückt - etwas, was wie ein vierdimensionaler Raum unserm Raum transzendent wäre und alle unsere sogenannten Axiome zu falschen Sätzen machen würde. Daher kommt es aber, daß Descartes behaupten kann, Gott könne einen quadratischen Kreis schaffen. Thomas leugnete das und, wenn er auch so klar wie nur irgendeiner die göttliche Transzendenz festhält11, so erklärt er sie doch in einem Sinne daß sein hoher Intellektualismus durchaus unversehrt bleibt. (57; Fs)
96 Für ihn ist die Ordnung des Geistes die göttliche Ordnung selbst, 'denn Gott ist Geist', und daraus folgt, daß das Erkennen die 'Fähigkeit des An-Sich' ist, daß etwas in dem Maß, in dem es Erkennen ist - es gibt da unendliche Abstufungen -, das Sein erreicht, und daß es keine sogenannte höhere Ordnung gibt, für die die Gesetze des Seins, so wie der Geist sie erkennt, keine Geltung hätten. (57; Fs;)(notabene)
97 Das ist der Intellektualismus des Thomas, dessen Charakter wir noch oft hervorheben werden. Sein transzendentaler Charakter zwingt dazu, ihn jeweilig dem Gegenstand, auf den er angewendet wird, besonders anzupassen. In seiner Fülle und Ganzheit kommt er nur in der Theologie zur Geltung. Anders dagegen ist es in der Psychologie, weil der Mensch den Geist nur auf eine unzulängliche und dunkle Weise, nur in einer schwachen Teilhabe besitzt. (57; Fs)
98 Daher kommt es, daß Thomas stärker als jeder andere das verurteilt, was wir den 'Intellektualismus des Abstrakten' nennen; denn wenn das Erkennbare das Wirkliche ist, so ist das Abstrakte nur ein Schatten, und wenn dieser Schatten des Wirklichen uns auch etwas von dem Wirklichen sagt, so vermag er uns doch nicht das Sein in die Hand zu geben. (57; Fs)(notabene)
99 In unsern Wesensbestimmungen durch Gattung und Artunterschiede versuchen wir das Wirkliche auszudrücken, und man glaubt wirklich, es teilweise in diese Rahmen einzuspannen. Aber zunächst weiß man, daß die 'Jagd' nach dem 'Begriff' [venare quod quid est] niemals völlig zum Ziel führt, und daß die Unterschiede, die das Wesen vollständig bezeichnen, oder besser gesagt: der Grundunterschied, aus dem alle andern hervorgehn, von uns meist nicht zu 'ergreifen' ist. Multae differentiae rerum sunt nobis ignotae, wiederholt Thomas oft12. (57f; Fs)
100 Er bemerkt nicht weniger häufig, daß wir bei dieser unserer Unkenntnis des Grundes der Dinge gezwungen sind, sie nach zufälligen Bestimmungen zu ordnen und zu benennen. Damit ist sehr deutlich ausgesprochen, daß unsere Erkenntnis-Schemata in seinen Augen nur einen relativen Wert haben. (58; Fs)
101 Selbst wenn übrigens der Unterschied bekannt wäre, so wäre er doch nicht völlig erkannt, und man glaube doch ja nicht, den Grund der Dinge zu besitzen. Es bildet sich doch niemand ein, der Begriff eines 'vernünftigen Wesens' drücke die ganze Wirklichkeit des Menschen aus, und ein Weltbildner könne, bewaffnet mit diesem Begriff und im Besitz einer entsprechenden Materie, das Haupt des 'denkenden Schilfrohrs' zum Himmel erheben. (58; Fs)
102 Mit Aristoteles macht Thomas gern hinter die Definitionen Punkte, um anzuzeigen, daß das Wirkliche darüber hinaus noch Unausgedrücktes und Unausdrückbares enthält. Animal rationale bipes [...]13. (58; Fs)
103 Erst recht wird man mit seiner Kritik vorsichtig sein müssen, wenn man bedenkt, daß die thomistischen Ideen [wie gesagt] in keiner Weise mit Gattung und Art zusammenfallen. Schon Plato nahm keine Ideen für die Gattungen an, da er in ihnen reine Abstrakta sah. Wenn er für die Arten Ideen annahm, oder besser gesagt, wenn er die Arten realisierte, so tat er es deshalb, weil das Einzelding für ihn nur ein 'Schatten' war, da die Materie in seiner Philosophie sich so verflüchtigte, daß sie mit dem Raum zusammenzufallen schien, so daß man für die Wissenschaft, um sie zu retten, einen anderen Gegenstand suchen mußte. (58; Fs)
104 Für Thomas hat die Frage ein ganz anderes Gesicht. Das Wirkliche ist für ihn das Einzelding; die Materie 'ist', und sie ist 'durch Gott'; die Arten aber 'sind' nicht: sie sind 'Rahmen', sicherlich haben diese Rahmen einen Wert, selbst für Gott, denn sie drücken in Wahrheit die großen Linien des Schöpfungsplanes aus; aber sie sind nicht - eigentlich gesprochen - die 'Idee' der Wesen. (58f; Fs)
105 Die Idee eines Dinges, insbesondere wenn sie schöpferisch sein soll, muß offensichtlich all das ausdrücken, was in dem Ding ist, insofern es ein bestimmtes Wesen ist; da aber das Sein immer ein Einzelding ist, nicht eine Art, so muß sein Wesensgrund, seine propria ratio, seine 'Idee' auch individuell sein, und - weit entfernt, ein leerer Rahmen zu sein - wird sie vielmehr alles enthalten, was notwendig ist, damit unter dem Hinzutreten des göttlichen Willens die Wirklichkeit sie aufnehme und trage.14 (59; Fs)
106 Man sieht, wie fern diese Auffassung dem banalen Konzeptualismus, dem Notionalismus steht, den man ihr so gern zuschreibt. Der Notionalismus ist die Philosophie Taines, in der die schöpferische Idee ein 'Axiom' ist und das ganze Sein aufgefaßt wird wie eine Zusammenschachtelung von ewigen Sätzen, gegenüber deren Masse unser Geist 'zusammenknickt', während er sie einzeln zu bewältigen vermag. Gegenüber einem derartigen Philosophen ist die Ironie Pascals berechtigt: 'Er hält mich für einen Satz.' Das Sein wird hier auf das Logische beschränkt. (59; Fs)
107 Thomas geht genau in der entgegengesetzten Richtung. Er setzt zuerst das Sein, und zwar als 'in sich erkennbar'; aber 'erkennbar' heißt nicht 'in Begriffen faßbar'. Die Erfassung in Begriffen ist nur eine unzulängliche Art der Erkenntnis, und zwischen beiden ist ein derartiger Unterschied, daß man strenggenommen sagen kann: je mehr ein Ding an Erkennbarkeit hat, um so weniger ist es in Begriffen zu erfassen. Der Beweis liegt darin, daß Gott, das höchste Erkennbare, überhaupt nicht mehr in Begriffen erfaßbar ist. (59; Fs) (notabene)
108 Das Sein also, das an sich erkennbar ist, ist in Begriffen nur für die unzulänglichen Geister erfaßbar, die in sein Geheimnis nicht einzudringen vermögen. Wir schweben über der Oberfläche des Seins; wir dringen nicht in es ein. Wir 'setzen zusammen' und 'teilen' mit unserm Verstand und versuchen in unsern 'Ur-teilen' uns Rechenschaft zu geben von dem, was ist. Aber das, was ist, ist - insoweit es in unsere Sätze eingeht und unsere Wissenschaften begründet - nicht das Sein selbst, sondern nur sein schwacher Abglanz. (59f; Fs)
109 Die reine Anschauung des Seins ist uns versagt; wir bilden 'Begriffe', aber wir 'begreifen' das Sein selber nicht. Man sage also nicht [so wird ein Thomist sprechen], unsere Philosophie opfere das Sein dem Begriff. Der Begriff ist in unsern Augen nicht mehr als ein Schatten. Die vollentfaltete geistige Erkenntnis geht über ihn hinaus und damit über alles, was auf ihm beruht: über Axiome, Prinzipien, Sätze und Gesetze. Das liegt daran, daß Raum und Zeit hier in etwas eingeführt werden, was an sich raum- und zeitlos ist. All das ist nur menschliche Redeweise und deshalb zum Teil dem Stoff verhaftet. Wenn wir also Intellektualisten sind, so sind wir es darum, weil wir an die wahre Intellektualität denken. Nur im Hinblick auf diese sagen wir: das Erkennbare und das Wirkliche fallen zusammen [ens et verum convertun tur]. (60; Fs)
110 Es bleibt noch zu sagen, daß die Wesensbestimmungen durch Gattung und Artunterschied und darum auch die Urteile und die Wissenschaft für die thomistische Philosophie einen Seinswert, und nicht - wie für gewisse moderne Systeme - einen bloß heuristischen und logischen, beziehungsweise praktischen Wert haben. Sie sagen eine allgemeine Wesenheit aus, die, indem sie eine echte Seite des Schöpfungsplanes darstellt, in dieser Beziehung die Wahrheitsnorm der Einzeldinge ist, ebenso wie der Wesensgrund jedes Einzeldings seine Wahrheitsnorm für seine weitere Entwicklung ist15. Wenn man das Intellektualismus nennen will, so ist die thomistische Philosophie intellektualistisch. Aber wer ihr daraus einen Vorwurf machen will, der muß zunächst die Berechtigung seiner gegenteiligen Anschauung beweisen: hic labor, hoc opus. (60; Fs)
111 Wenn man aber [von einem andern Gesichtspunkt aus] in der thomistischen Philosophie eine Neigung feststellen würde, die logische Rolle der Ideen zu übertreiben, das heißt den idealen, von der Wirklichkeit abgezogenen Rahmen einen größeren Wert zuzugestehen, als ihnen für die Definition der Wirklichkeit zukommt, so kann man die Berechtigung einer solchen Kritik ruhig zugeben. Das Gefühl für die Natur und ihre unerschöpflichen Reichtümer hat nur langsam und stufenweise den menschlichen Geist durchdrungen. Im Rausch einer Entdeckung ist man immer geneigt, ihre Bedeutung zu übersteigern. (60f; Fs)
112 Die Griechen und in ihrem Gefolge die mittelalterlichen Philosophen waren zu sehr mit der Logik beschäftigt und zu wenig mit der Erfahrung vertraut, als daß sie nicht bisweilen der ersten eine Stelle eingeräumt hätten, die eigentlich der zweiten zukommt. Man verstand sich auf die Prinzipien, und man mußte sich hier dem Zug der Zeit einfach überlassen. Das konnte man um so ruhiger tun, als der wesentlich theologisch gerichtete Geist alle auf das bewegte Sein bezüglichen Fragen in den Hintergrund rückte und der nach oben gerichtete Blick ganz von selber das menschliche Erkennen dem doch so ganz anders gearteten Erkennen der reinen Geister anzunähern strebte. Aus diesen und noch andern Gründen geschah es, daß gewisse Übertreibungen, gegen die sich die größten Geister nicht immer genügend wehrten, zu gewissen Zeiten bei den Schülern geradezu zur Regel wurden. Den Sinn für das Wirkliche und für seine Gehheimnisse immer mehr und besser zu entwickeln: das ist eine der Aufgaben des Thomismus von heute, wenn anders er die Versprechungen erfüllen will, die in seinem Namen von denen gemacht werden, die an seine Zukunft und Erneuerungskraft glauben. (61; Fs)
____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Transzendentalien: Wahrheit (verum) 3; Thomas: ewige Wahrheiten - W. als Verhältnis (Beziehung); W. (Zukunft, Vergangenheit); Allgemeinbegriff (universalia) Kurzinhalt: Die Wahrheit ist nichts Absolutes; sie ist ein 'Verhältnis', und zwar das Verhältnis des Seins zur Erkenntnis. Wenn es also keine Erkenntnis gibt, gibt es auch keine Wahrheit; wenn es kein Sein gibt, gibt es ebenfalls keine Wahrheit ...
Textausschnitt: 113 Wie dem auch sei, der letzte Grund der Lehre von den Ideen ist unangreifbar. Wer nicht völlig in den Agnostizismus verfallen will, muß zugeben, daß unsere Analysen der Wirklichkeit, so unzulänglich sie auch sein mögen, und selbst wenn man als ihre erste Quelle die Tat ansähe, in der Natur begründet sind; wenn sie das sind, so muß auf die eine oder andere Weise die natura naturans sie enthalten. Von hier bis zu den Ideen ist nur ein Schritt, vorausgesetzt, daß die natura naturans etwas anderes ist als eine blinde Macht, ein unbewußtes Streben oder ein Wille ohne Ziel. (61; Fs)
114 Diese Lehre von der Wahrheit wird noch deutlicher werden, wenn wir die Gottes- und die Erkenntnisfrage aufgreifen. Sie wird schon klarer, wenn wir sehn, wie Thomas [ausgehend von seinen Prinzipien] die berühmte Frage nach den 'ewigen Wahrheiten 'behandelt. Die Frage nach den ewigen Wahrheiten hat der augustinische Platonismus im Mittelalter mit einer solchen Leidenschaft gestellt, daß Thomas nicht gut an ihr vorübergehen konnte. 'Nichts ist ewiger als das Gesetz des Kreises', hatte Augustin gesagt; 'nichts ist ewiger, als daß zwei und drei gleich fünf ist16.' 'Man mag die wahren Dinge zerstören, die Wahrheit bleibt17', fügt Anselm hinzu. (61f; Fs)
115 Sagt man nicht mit Recht, daß die Allgemeinbegriffe außerhalb von Raum und Zeit stehn? Was ist nun allgemeiner als die Wahrheit? Die Wahrheit hat also weder Anfang noch Ende; was heute ist, von dem ist immer wahr gewesen, daß es sein werde, und es wird immer wahr sein, daß es gewesen ist, so daß, wenn man an nähme, die Wahrheit habe angefangen oder höre auf, immer noch dies gelten würde, daß es in der angenommenen Vergangenheit oder Zukunft keine Wahrheit gäbe, und das wäre ja selbst eine Wahrheit; so sehr ist es also wahr, daß die Wahrheit von allem unabhängig und daß sie ewig ist. 'Mag man sagen: die Wahrheit hat einen Anfang und ein Ende, mag man behaupten, sie hat sie nicht: kein Prinzip und kein Ende schließen sie ein18.' (62; Fs)
116 Diese dunkeln Gedanken hat der heilige Thomas mit einer vollendeten Klarheit aufgehellt. Die Wahrheit ist nichts Absolutes; sie ist ein 'Verhältnis', und zwar das Verhältnis des Seins zur Erkenntnis. Wenn es also keine Erkenntnis gibt, gibt es auch keine Wahrheit; wenn es kein Sein gibt, gibt es ebenfalls keine Wahrheit; (62; Fs) (notabene)
117 die Fiktion, die Wahrheit gehe sich selbst voran als eine Wahrheit, die einmal sein wird, oder sie überlebe sich selbst als eine Wahrheit, die einmal gewesen ist, ist nur eine leere Einbildung, wenn man nicht auf der einen Seite ein Wesen annimmt, das die Wahrheit erfassen kann, und auf der andern Seite ein Ding, in dem sie gründet. Das Ding, in dem die Wahrheit gründet, braucht freilich nicht 'wirklich' zu bestehn; denn auch die 'Möglichkeit' ist ein Sein; (62; Fs) (notabene)
118 eine Sache kann wahr sein in der Zukunft unter der Voraussetzung, daß sie in ihren Ursachen besteht, und so kann man tatsächlich, wenn eine ewige Ursache besteht, die Wahrheit der Dinge ewig nennen, insofern sie in der schöpferischen Macht und dem schöpferischen Willen begründet ist. Immer aber muß man zuerst das Dasein dieser Ursache aufzeigen; man kann es nicht umgekehrt aus dem Bestehn einer ewigen Wahrheit erschließen, ohne die Ordnung der Begriffe und der Tatsachen umzustoßen19. (62f; Fs)
119 Was aber zu halten ist von dem phantastischen Gedanken einer Wahrheit, die sich auf das Nichts stützt - ein Gedanke, den gewisse Beweisgänge voraussetzen und überdies so darstellen, als ob die Wahrheit aus sich heraus etwas Für-sich-Bestehendes wäre -, sieht man leicht ein. Wenn man auch die Verneinung des Seins ebensogut wie seine Bejahung setzen kann, so verhalten sich doch diese beiden Gegenstände des Denkens der Wahrheit gegenüber nicht in gleicher Weise, und zwar darum, weil sie sich nicht in gleicherweise der Erkenntnis gegenüber verhalten: eben in diesem Verhältnis des Gegenstandes zur Erkenntnis besteht ja die Wahrheit. (63; Fs)
120 Das Sein besteht in sich selbst, und es kann jegliches Ding begründet; das Nicht-Sein dagegen ist ein bloßer Begriff unseres Geistes, der in Wirklichkeit nichts begründen kann. Wenn man also sagt: Wenn die Wahrheit nicht ist, so ist es wahr, daß die Wahrheit nicht ist, so kann dies wohl dazu dienen, einen Skeptiker in Widerspruch mit sich selbst zu bringen, und ihm indirekt beweisen, daß das Leben des Geistes die Wahrheit in sich trägt; aber es kann nichts als notwendig und ewig ins Sein setzen, da eben diese behauptete Wahrheit in sich keinerlei Fundament hat20. (63; Fs) (notabene)
121 Ebenso ist die Wahrheit in ihrer psychologischen Wesenheit, die ihre eigentliche Wesenheit ist [das heißt: obwohl begründet in den Dingen, ist sie doch in der Erkenntnis], offensichtlich nicht ewiger als die Erkenntnis selbst. Setzen wir den unmöglichen Fall, es gäbe ein Sein, aber keinen Geist, es zu denken, so gäbe es keine Wahrheit, sondern nur etwas, in dem sie 'gründete' - für den Tag, an dem ein Geist existieren würde21. Nur eine leere Vorstellung unserer Einbildung, die uns in diesen hypothetischen Bereich versetzt, läßt uns hier noch sagen: diese Sache hier ist wahr. In diesem Fall würde das in Rede stehende Ding 'sein', vorausgesetzt, daß es wirklich ein Sein wäre, aber es wäre nicht 'wahr'. (63; Fs)
122 So unmöglich es auch erscheint, anzunehmen, daß etwas sei, ohne zugleich anzunehmen, daß es wahr sei, so darf man sich doch den Folgerungen dieses Gedankens nicht entziehn. Wenn man einmal annimmt, daß jeder denkende Geist fehle, so darf man ihn nicht heimlich wieder einschmuggeln. Was sich uns als Bedingung des Denkens aufzwingt, zwingt sich uns darum noch nicht als Gegenstand des Denkens auf, und wir können sehr wohl das Sein setzen, ohne zu gleicher Zeit das Wahre zu setzen22. (63f; Fs)
123 Die Wesenheiten sind Sein, und ihre Beziehungen untereinander sind Beziehung: das Ganze ist Wahrheit nur in Beziehung auf uns oder irgendeinen andern erkennenden Geist. Wenn wir also die einzigen Geister sind [und zwar nicht ewige], so gibt es keine ewige Wahrheit. Das 'Gesetz des Kreises' und alle andern wären dann als solche bloße Möglichkeiten, und die Allgemeinbegriffe, die tatsächlich nur in uns bestehn, wären ohne uns auf ihre negative Ewigkeit zurückgeführt. (64; Fs)
124 Diese Dinge, sagt man, 'abstrahieren von Raum und Zeit'; aber das will doch einfach besagen, daß wir sie davon abziehen; was aber würde aus dieser 'Abstraktion', wenn kein Geist sie mehr vollzöge23? (64; Fs)
125 Ebensowenig aber vermag auch die transzendentale Wahrheit, die in der Übereinstimmung eines jeden Dinges mit seinem Urbild besteht, noch zu sein, wenn der denkende Geist nicht mehr ist. Wenn es kein erstes Denken gibt, so gibt es kein erstes Maß und infolgedessen noch weniger ein abgeleitetes Maß, und unser Begriff der idealen Wahrheit der Dinge kann dann wohl noch nützlich sein, aber als Gesetz der Wesenheiten ist er ohne Wert. Es gibt in diesem Fall überhaupt keine Wahrheit mehr in dem von uns angenommenen Sinn; um so weniger gibt es eine ewige Wahrheit. (64; Fs)
126 Wenn dagegen ein ewiger Geist existiert, dann gibt es - durch ihn - in jedem Sinne des Wortes eine ewige Wahrheit. Das aber ist eben die erste Frage. Von der Existenz einer ewigen Wahrheit an sich ausgehn und von ihr aus Gott beweisen wollen, ist nur ein trügerisches Spiel. Wer es versucht, kann zwar ad hominem schließen; darüber hinaus aber vermag man ihm nicht zu folgen, denn seine Behauptung hat keinerlei unbedingte Geltung. (64; Fs)
____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Transzendentalien: das Gute (bonum); Das Gute - Sein (Akt, Potenz); Thomas, Plato; Möglichkeit, Potnez - privatio (Irrtum: Plato); bonum non univoce dicitur de bonis; modus, species, ordo; utile, delectabile, honestum; Ziel (2-fach)
Kurzinhalt: Man kann ein Sein auf zweierlei Weise betrachten: erstens in Hinsicht auf seine ideale Natur oder Wesenheit, zweitens in Hinsicht auf die Wirklichkeit, die an dieser Natur Anteil hat ... Das Sein, 'insofern es begehrt wird', ist das Gute.
Textausschnitt: 127 Das dritte Attribut des Seins unterscheidet sich von dem zweiten auf die folgende Weise. Man kann ein Sein auf zweierlei Weise betrachten: erstens in Hinsicht auf seine ideale Natur oder Wesenheit, zweitens in Hinsicht auf die Wirklichkeit, die an dieser Natur Anteil hat. (65;Fs)
128 Wenn nun das Sein zu uns Beziehung hat als unser Maß und unsere Vervollkommnung, so kann dies in doppelter Weise geschehn: Entweder vervollkommnet es uns, insoweit es Natur ist [secundum rationem speciei], und dann betrachten wir es unter dem Gesichtspunkt des Wahren; oder aber es vervollkommnet uns, insoweit es eine Naturwirklichkeit ist [secundum esse quod habet in rerum natura], und dann ist es das Gute. Daher haben wir von dem Wahren gesagt, daß es zuerst und eigentlich in uns ist [verum est in mente], von dem Guten dagegen, daß es in sich ist und uns anzieht [bonum in rebus est; bonum habet rationem finis]1. (65;Fs) (notabene)
129 Dieser Grundbegriff ist näher zu betrachten. Das Gute ist das, wonach jedes Ding begehrt, hat Aristoteles gesagt. Diese schöne Definition, die Thomas ungezählte Male wiederholt, ist für ihn die Grundlage all seiner Sätze über diesen Gegenstand2. Das Gute ist also das Begehrenswerte; wer die Quelle des Begehrens aufdeckt, der hilft, das Gute selbst zu definieren. (65;Fs)
130 Was macht ein Ding begehrenswert, wenn nicht seine Vollkommenheit? Sucht nicht jedes Ding das, was es in dieser oder jener Hinsicht vervollkommnen kann? Die erste Vollkommenheit eines jeden Dinges aber ist sein Wirklichsein selbst [in tantum est perfectum unumquodque, in quantum est actu]. (65;Fs)
131 Das mögliche Sein [das Sein in Potenz] ist als solches noch keinerlei Vollkommenheit. Das Wirklichsein aber im allgemeinsten Sinn ist das Sein. Das transzendentale Sein, vor jeder Einteilung in Kategorien oder derartiges, ist also die Substanz des Guten selbst [bonum et ens convertuntur secundum supposita]3, und wir haben so - durch den Gegenbeweis - die Identität, von der wir ausgegangen waren, um die Beschaffenheit des Seins zu bestimmen und seine Attribute festzustellen. (65;Fs)
132 Das Sein, 'insofern es begehrt wird', ist das Gute. Infolge dessen kann man mit vollem Recht sagen: jedes Sein ist gut, vorausgesetzt, daß man hinzufügt: Genau insoweit als es ein Sein ist4. Das Böse findet sich allein in der Sphäre des Mangels [privatio], und wo alles Gute völlig fehlt, da ist eben das Nichts. (65f; Fs)
133 Es ist indessen folgendes zu bemerken: Gerade weil das Sein und das Gute zusammenfallen, sind sie in der Allgemeinheit gleich, und sie werden in paralleler Weise geteilt. Wenn - wie wir später sehn werden -5 das Sein in Potenz und Akt zerfällt, so folgt das Gute dieser Einteilung, und selbst die reine Materie wird gut sein, und auch die Hoffnung auf ein Gut wird ein Gut sein, dergestalt, daß auch das Nicht-Seiende auf eine gewisse Weise am Guten teilhat, unter der Voraussetzung jedoch, daß es nicht absolutes Nichtsein ist, sondern als 'Potenz' auf das Sein gleichsam aufgepfropft wird6. (66; Fs)
134 Durch die letzte Einschränkung wird der Irrtum der Platoniker berichtigt, die unter dem Vorwand, daß die reine Möglichkeit ein Nicht-Sein sei, den Bereich des Guten über den des Seins hinaus ausdehnten. Das kommt daher, daß sie die Materie nicht von dem Mangel [der 'Beraubung' = privatio] unterschieden, wie sich Aristoteles ausdrückt. Dieser letztere ist in der Tat reines Nicht-Sein; die Materie aber gehört schon zum Sein, denn sie ist wirkliches Werden, positive Möglichkeit7. (66; Fs) (notabene)
135 Von einem andern Gesichtspunkt aus kann das absolute Nicht-Sein bisweilen als ein Gut erscheinen; aber das ist eine Täuschung: denn die Analyse zeigt in diesem Fall, daß im Grunde das Sein das wirklich Begehrte ist. Wenn zum Beispiel irgendein Übel unerträglich ist, und man, um ihm in entrinnen, an das Nicht-Sein denkt, so kann einem dies als begehrenswert erscheinen. Aber in Wirklichkeit begehrt man doch die Unterdrückung des Übels, weil dieses Übel einen eben eines Gutes beraubt, dessen Verlust unerträglich ist. Man wünscht also das Nicht-Sein per accidens und in Hinsicht auf ein Gut; in Wirklichkeit richtet sich also das Begehren auf ein Sein, und dieses ist also immer das Gute8. (66; Fs)
136 Daraus, daß das Sein und das Gute zusammenfallen und daß je des Sein gut ist, gerade insofern es Sein ist, ergibt sich, daß Plato in die Irre ging, wenn er behauptete, alle Dinge seien gut durch Teilnahme am Guten - wobei er unter dem Guten ein An-sich-Seiendes verstand, eine der Ideen, und zwar die allgemeinste von allen, die selbst auf das Nicht-Sein zu wirken vermöchte, und ohne die kein Ding, selbst wenn es ein Sein wäre, gut sein könnte. (66f; Fs) (notabene)
137 Diese Behauptung fällt dahin, erstens weil es die Ideen an sich, wie Aristoteles überzeugend nachgewiesen hat, nicht gibt, zweitens, weil der Begriff der Teilnahme nur dann etwas erklären könnte, wenn - was eigentlich gerade Plato zugeben müßte - das Teilgenommene als das Gleiche in den vielen Teilnehmenden sich vorfände, nicht aber in jedem einzelnen Falle nach der Natur des teilnehmenden Wesens sich besonderte. (67; Fs)
138 Die Güte des Menschen ist nun aber der Mensch, die Güte des Baumes der Baum. Es gibt also keine allgemeine Güte [bonum non univoce dicitur de bonis]; es ging also - selbst in dem System der Ideen - nicht an, ein Gutes an sich außerhalb der Naturen zu setzen. (67; Fs) (notabene)
139 Wenn man Gott das Gute nennt, so meint man ihn immer als Schöpfer, der sein eigenes Sein und also auch seine Güte mitteilt; diese mitgeteilte Güte wohnt den Dingen inne wie ihr Sein; sie fällt mit diesem Sein zusammen und bezeichnet es nur nach einem besondern Gesichtspunkt. (67; Fs)
140 So kann das erste Gute [bonitas prima] als das Vorbild und die Wirkursache alles Guten bezeichnet werden, und man kann in diesem Sinne sagen: Alle Dinge sind gut durch die Güte Gottes. Wenn man aber sagt, sie seien gut von der Güte Gottes her, als ob ihr eigenes Sein nicht genüge, um sie als gut zu kennzeichnen, so hieße das, eine Abstraktion für eine reale Wesenheit nehmen, es hieße, eins der wesentlichen Attribute alles Seins verkennen, da das Sein gut ist auf Grund dessen, daß es ist9. (67; Fs) (notabene)
141 Maß man noch eigens betonen, daß das Gute den Begriff des Zweckes einschließt? Weil es das ist, 'was alle Dinge begehren', ist es für den, der es besitzt, ein Gegenstand des Wohlgefallens, für den, der es erwartet, ein Gegenstand der Sehnsucht. Es ist für ihn ein Ziel oder ein Zweck. Wenn man also einem Gut eine Ursächlichkeit zuschreibt, so wie man es gemeinhin tut, so kann dies nur die Ursächlichkeit sein, die dem Zweck eignet: das Gute ist seinem Wesen nach Zweckursache10. (67; Fs)
142 Man muß sich also vor der Zweideutigkeit hüten, die aus dem berühmten Satz entstehn könnte: Es liegt in der Natur des Guten, sich mitzuteilen [bonum est diffusivum sui]. Der Einfluß, von dem man dann spricht, darf nicht als irgendein 'Bewirken' verstanden werden, so als ob das Gute handelte, gerade insofern es gut ist. Das gute Sein handelt, und seine Güte liegt ohne Zweifel seiner Tätigkeit zugrunde, weil es tätig ist, insofern es Sein ist, und weil es, insofern es Sein ist, gut ist; (67f; Fs) (notabene)
143 nichtsdestoweniger ist sein Gutsein etwas anderes als sein Tätigsein. Insoweit es tätig ist, ist es Prinzip; insoweit es gut ist, ist es Vollkommenheit und Maß. Insoweit es tätig ist, teilt es seine Form mit; insofern es gut ist, kann es als Zweck dienen und in diesem Sinn Ursache - nicht allein seiner Form nach, sondern - dem ganzen Sein nach werden. Das Sich-Mitteilen des Guten geht also über den Bereich seines Bewirkens hinaus; es gehört einer andern Ordnung an11. (68; Fs)
144 Diese Art Tätigkeit ist übrigens die erste von allen, weil der Zweck die Ursache der Ursachen ist. Deshalb hatte Aristoteles an die Spitze der Schöpfung das Gute gesetzt, das höchste Begehrenswerte, das nach Art einer Zweckursache bewegt, ohne selbst bewegt zu sein. (68; Fs)
145 Der Verfasser des Buches über die Göttlichen Namen12 nennt die erste Ursache das Gute, noch ehe er sie das Sein nennt. Eine Tätigkeit setzt ja zuallererst einen Zweck voraus. Durch ihn, und zwar nur durch ihn wird die Tätigkeit des Tätigen in Gang gesetzt, und auf Grund dieses Zweckes bearbeitet das Tätige den Stoff und prägt ihm die Form ein. So ist also das Gute in der Ordnung der Ursächlichkeit das erste13. Als Wirkung dagegen ist es das letzte, da die Ordnung des Entstehens immer umgekehrt ist. (68; Fs)
146 Das Gute setzt, insoweit (eg (notabene)) es verwirklicht wird, die Wesenheit voraus, die das Sein, in dem das Gute gründet, bestimmt, und es setzt ebenfalls die Wirkkraft voraus, die aus dem Sein folgt und aus der Wesenheit fließt als das Zeichen und der natürliche Ausfluß der Vollkommenheit, die sie besitzt14. (68; Fs)
147 Um die Idee des Guten noch genauer darzulegen, zieht der heilige Thomas gern die augustinische Tradition heran, nach der das Gute in drei Dingen bestehn soll, die man als modus, species und ordo bezeichnet hat; sie entsprechen den biblischeu Worten: 'Alles hast du nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet' [omnia in numero, pondere et mensura disposuisti]. (68; Fs)
148 Ihr Sinn ist dieser: Ein Ding wird nach dem Gesagten gut genannt in dem Maße, als es vollkommen ist. Nun nennt man aber vollkommen das, dem nichts von dem fehlt, was es jeweils nach dem Grad seiner besondern Vollkommenheit haben muß. Da aber jedes Ding das, was es ist, durch seine Form ist, die seine Wesenheit bestimmt, und da diese Form gewisse Voraussetzungen hat und gewisse notwendige Folgerungen mit sich bringt, so muß ein Ding, wenn es vollkommen und gut genannt werden soll, sowohl die ihm zukommende Form, als auch die wesensnotwendigen Voraussetzungen und die natürlichen Folgen in sich vereinigen. (69; Fs)
149 Das Gute hat also eine dreifache Rolle: es mißt die Voraussetzungen, die Prinzipien des Dinges [modus], es bestimmt die Arten [species] und kennzeichnet die dem Dinge eigenen Strebungen [ordo]; allein es verliert dadurch in keiner Weise die Einheit seines Begriffs und seine ursprüngliche Identität mit dem Sein15. (69; Fs)
150 Ohne diese letztere Wahrheit aus dem Auge zu verlieren und ohne den Gedanken aufzugeben, daß das Gute, als tatsächlich mit dem Sein zusammenfallend, auch real mit diesem geteilt werden muß, kann man doch hier eine Einteilung einführen, die das Gute in sich [secundum propriam rationem] erfaßt, ohne seine Transzendenz anzugreifen. (69; Fs)
151 So haben Aristoteles und nach ihm die Väter der Kirche das Gute in das 'Ehrenhafte', 'Nützliche' und 'Angenehme' eingeteilt. Diese Einteilung hat in Wahrheit einen doppelten Sinn: einen ausschließlich menschlichen und einen allgemeinen oder metaphysischen. Der erste steht hier nicht in Frage, mit dein zweiten aber verhält es sich so16. (69; Fs)
152 Ein Sein ist gut, insofern es begehrt wird; anders ausgedrückt: insofern es für die Bewegung des Begehrens ein Ziel darstellt. Unter einem Ziel der Bewegung kann man aber ein Doppeltes verstehn: ein absolutes Ziel, in dem die Bewegung aufhört, und ein relatives [oder Zwischen-Ziel], durch das die Bewegung hindurch muß, um das letzte Ziel zu erreichen. Dieses letzte Ziel kann man übrigens noch einmal in doppelter Weise fassen: erstens als das Ding selbst, das erworben wird [eine Art, eine Form, eine neue Eigenschaft], und zweitens als das Ruhn des Sich-Bewegenden in dem, was es erworben hat. (69f; Fs)
153 Wenn es sich nun um das Begehren handelt, so ist das, was seine Bewegung nicht endgültig beendigt, sondern nur Mittel und Zwischenstation ist, das Nützliche [utile]; das letzte Ziel, zu dem es durch diese Zwischenstation hinstrebt, und das es als gut in sich ansieht, ist das Ehrenhafte [honestum]; das aber, was die Bewegung des Begehrens als Ruhe in dem Begehrten beendigt, ist das Angenehme [delectabile]. Dieser letzte Satz enthält eine Lehre von der Lust, auf die wir noch zurückkommen17. (70; Fs)
154 Es sei bemerkt, daß diese Einteilung, wenngleich sie nicht 'Dinge' setzt, da sie transzendental ist, doch dazu dienen kann, diese in ihrem gegenseitigen Verhältnis zueinander zu bestimmen und einander gegenüberzustehen, indem sie Hauptmerkmale unterstreicht, beziehungsweise Gesichtspunkte festlegt, die als solche ausschließend wirken. (70; Fs)
155 So nennt man im besondern angenehm, was im Gegensatz zum Ehrenhaften und Nützlichen nur um der Lust willen erstrebt wird, während man nützlich nennt, was - ob angenehm oder nicht - Mittel ist, ein anderes Gut zu erwerben, ehrenhaft aber nennt man jenes Gut, das man - unter welchem Gesichtspunkt auch immer - als begehrenswert um seiner selbst willen ansieht18. (70; Fs)
156 Bemerken wir indessen noch einmal, daß diese drei Arten, in denen sich somit das Gute entfaltet, es keineswegs gleichberechtigt teilen, sondern nach einer Ordnung, deren genaue Kennzeichnung die Grundlage der Moral bildet. In erster Linie steht natürlich das Ehrenhafte, weil es seinen Wert in sich selbst trägt und die Idee des Guten selbst verkörpert; dann kommt das Angenehme, das ebenfalls den Charakter des Zieles hat, wenn es auch nur in zweiter Linie - um der Lust willen - gewollt ist, die in ihm gefunden wird; an letzter Stelle endlich steht das Nützliche, weil es den Charakter des Zieles und darum des Guten nicht in sich selbst, sondern nur mit Rücksicht auf ein Anderes in sich trägt19. (70; Fs)
____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Das Übel; Ü.: Mangel - Verneinung; Beispiel: Blindheit Kurzinhalt: Das Übel ist also keine eigentliche Naturwirklichkeit; es ist kein Sein. Wenn es ein solches wäre, ... Kann man nun daraus, daß das Übel keine Naturwirklichkeit ist, schließen, daß es überhaupt nicht ist?
Textausschnitt: Das Übel
157 Das Wesen des Übels [des Bösen] läßt sich offensichtlich von dem Guten aus, dessen Gegensatz es darstellt, begreifen. Das Gute ist seinem Wesen nach begehrenswert; alles, was begehrenswert ist, ist also gut. Ein Übel kann also nur dasjenige sein, was in keiner Weise Gegenstand eines Begehrens sein kann. Etwas derartiges gibt es aber unter den positiven Wirklichkeiten der Natur nicht; das Übel muß daher in der Sphäre des Nicht-Seins liegen. (70f; Fs)
158 Da alles, was ist, sein eigenes Sein wünscht und zu erhalten sucht, so ist zu schließen, daß alles, was ist, allein dadurch, daß es ist, in gewisser Weise zu begehren ist; das Begehren entscheidet also eigentlich über das Gute, dessen Wesenheit sein eigentlicher Gegenstand ist.1 (71; Fs)
159 Auf der andern Seite zeigt jedes Sein eine Tätigkeit und infolgedessen irgendeine natürliche Neigung; jedes Sein ist also auf etwas außer ihm Liegendes hingerichtet, und dieses Etwas ist für es ein Gut. Das Übel aber an sich ist nicht auf ein Gut hingerichtet, da das Gute und das Böse einander entgegengesetzt sind. Es gibt also kein Sein, dem das Böse in ausschließlicher Weise entsprechen könnte. Das Übel ist also keine eigentliche Naturwirklichkeit; es ist kein Sein. Wenn es ein solches wäre, so wäre es unmöglich, daß es weder begehrte noch begehrt würde und infolgedessen weder handelte noch sich bewegte; denn jede aktive oder passive Tätigkeit geschieht mit Rücksicht auf ein Ziel, das will heißen: mit Rücksicht auf ein Gut. Das Sein also, das weder handelt noch leidet, ist nur eine Chimäre: in der Wirklichkeit gibt es derartiges nicht2. (71; Fs) (notabene)
160 Kann man nun daraus, daß das Übel keine Naturwirklichkeit ist, schließen, daß es überhaupt nicht ist? Das hieße einen berechtigten Sinn des Wortes Sein verkennen. Dieses Wort schließt zwei Bedeutungen ein. Es kann entweder den Seinsgehalt eines Dinges selbst bezeichnen - und in diesem Sinne redet man vom Sein, wenn man die Kategorien aufstellt -, oder aber die Wahrheit eines Satzes bedeuten, die in einer durch den Geist [der Ordnung der Dinge entsprechend] vollzogenen Zusammensetzung besteht -; dies drückt das Wort Sein aus, wenn auf die Frage: Ist dieses Ding geantwortet wird. Das Sein im letzten Sinne erstreckt sich also über die Sphäre der Naturwirklichkeit hinaus. (71; Fs) (notabene)
161 So sagt man: die Bejahung 'ist' der Gegensatz der Verneinung, und damit wird 'in der Wirklichkeit' nichts gesetzt. Ebenso sagt man: die Blindheit 'ist', und man will damit ausdrücken, daß das Auge von ihr betroffen ist, man will aber nicht behaupten, daß die Blindheit etwas Seinshaftes im eigentlichen Sinne ist. In diesem Sinn also darf man von dem Übel sagen: es 'ist', das heißt als ein 'Mangel', und dieses Wort Mangel trifft genau das, was hier bezeichnet werden soll3. (71; Fs)
162 Wir sagen 'Mangel' und nicht 'Verneinung', weil das letztere, das nichts irgendwie inhaltlich Bestimmtes ausdrückt, eben dies sehr wohl existierende und bestimmte Etwas nicht zu bezeichnen vermag, das Wir das Übel nennen. Der Verfasser der Göttlichen Namen hat in dem Sinne gesagt, daß das Übel dem Sein fernsteht, aber daß es dem Nicht-Sein noch ferner steht. Es ist also nicht eine Verneinung4. Die Verneinung ist in Wahrheit etwas Unendliches. Man kann sie einem Sein, soweit man will, zuschreiben, ohne daß es irgendwie bestimmt und als gut oder böse davon berührt würde. (72; Fs) (notabene)
163 Wenn die reine und bloße Abwesenheit eines Guten ein Übel wäre, so wäre zwar das, was nicht ist, ein Übel; aber ebenso wären alle Dinge ein Übel, einfach deshalb, weil jedem einzelnen von ihnen die Vollkommenheiten der andern felhten. So wäre der Mensch ein Übel, weil er nicht die Lebhaftigkeit der Ziege und die Kraft des Löwen; hat. Anders aber verhält es sich mit dem 'Mangel', der das Gute verneint bei einem Wesen, das dieses Gute haben müßte, wie die Blindheit die Sehfähigkeit bei einem von Natur aus mit ihr begabten Wesen verneint. (72; Fs)
164 Ein solches Wesen, das mit einem Mangel behaftet ist, ist nun notwendigerweise ein Sein, ein mögliches oder wirkliches; da aber das Sein als solches gut ist, so folgt also aus der Natur des Übels selbst, daß es sich nur an einem Guten finden kann. So also hat die Blindheit, die ein relatives Übel ist, zum Träger einen schon bestehenden und darum guten Organismus. So haben auch die Vernichtung und der Tod, die höchsten Übel des physischen Seins, zum Träger die erste Materie, die - insoweit sie positive Möglichkeit ist - ein Gut ist, da sie eben dadurch auf ein Gut hingeordnet ist, daß sie auf das Sein hingeordnet ist5. (72; Fs)
165 Hieraus folgt ferner, daß das Übel bei seinem Träger niemals eine derartige Bedeutung gewinnen kann, daß es das Gut vollständig aufzehrte. Man kann unter diesem Gesichtspunkt bei dem Wesen, das von dem Übel betroffen wird, ein dreifaches Gut unterscheiden: zunächst ein Gut, das offensichtlich von dem Übel unterdrückt wird; es ist jenes, das ihm genau entgegengesetzt ist: so wird das Gut des Sehens durch das Übel der Blindheit vollständig unterdrückt; daher ist auch nicht das Sehen selbst der Träger der Blindheit, sondern das des Sehens fähige Wesen, das Lebewesen6; (72f; Fs)
166 dann ein zweites Gut, das durch das Übel weder unterdrückt noch selbst gemindert wird; das ist der Träger als solcher selbst; dieser kann nämlich, da er das Übel gewissermaßen 'trägt', nicht zugleich von ihm betroffen werden: die Finsternis ändert nichts an der Substanz der Luft; die Blindheit als solche macht es dem Lebewesen nicht unmöglich zu leben, und der Tod selbst berührt in keiner Weise die Materie; (73; Fs)
167 endlich ein drittes Gut, das immer durch das Übel, das den Träger gewisser Kräfte 'beraubt', gemindert wird; es besteht in der Fähigkeit des Trägers, seine Anlagen zur Verwirklichung zu bringen. Diese Minderung des Guten darf jedoch nicht so aufgefaßt werden, als ob hier quantitativ etwas weggenommen würde, so daß schließlich bei einer vielfachen Wiederholung das ganze Kräftekapital aufgezehrt würde; sondern es handelt sich um eine Minderung, eine 'Schwächung' [remissio], wie sie bei den Qualitäten und den Formen vorliegen kann. (73; Fs)
168 Die Anlagen der Materie sind für ein Sein gewisse Vorbedingungen seiner Tätigkeit; wenn diese Anlagen sich vervollkommnen, so erhöht sich die Tätigkeit; wenn sie dagegen abnehmen, so nimmt das Tätigkeitsvermögen mit ihnen ab. Nun gibt es aber Fälle, in denen die Abnahme der materiellen Anlagen eine von der Natur der Dinge selbst gesetzte Grenze hat, und andere, wo dies nicht der Fall ist; allein es ist klar, daß, solange der Träger bleibt, diese Anlagen nicht völlig unterdrückt werden können, da sie in ihrer Wurzel wenigstens, das heißt: in dem in sich bestehenden Träger selbst, fortbestehn7. (73; Fs)
169 Das Problem des Übels ist das Kreuz der Philosophen; seinen beängstigenden Charakter hat es jedoch nicht in der Metaphysik. Wir werden anderswo darauf zurückkommen8. Für den Augenblick mag es genügen, die wesentlichen Punkte festgestellt zu haben. Wir wollen hier unsere vorläufigen Betrachtung der Transzendentalien abbrechen; sie werden uns immer wieder beschäftigen. (73f; Fs)
____________________________Autor: Sertillanges A. D. (Gilbert) Buch: Der heilige Thomas von Aquin Titel: Der heilige Summa von Aquin Stichwort: Transzendentalien: Zusammenfassung -> Kategorien, Prädikamente (allgemein)
Kurzinhalt: Die Transzendentalien teilen [wie wir gesagt haben] das Sein einzig in seinen Beziehungen zum Verstand; denn ... Überdies: wenn das allgemeine Sein seine Transzendenz verliert, indem es sich in Seinsweisen entfaltet, so nähert es sich damit der ... Textausschnitt: 170 Die Transzendentalien teilen [wie wir gesagt haben] das Sein einzig in seinen Beziehungen zum Verstand; denn es ist das Sein selbst in seiner ganzen Fülle, in all seinen Äußerungen, das 'eins' genannt wird, insofern es ungeschieden in sich selbst und geschieden von allem andern ist; das 'wahr' ist in seiner Bezogenheit auf die Erkenntnis, nach der es gebildet ist oder die es vervollkommnet; das 'gut' genannt wird in seiner Bezogenheit auf das Begehren, dem es entspricht. (74; Fs) (notabene)
171 Jetzt kommen wir zu andern, wirklichen Einteilungen, weil nämlich das Sein [außerhalb der bisher betrachteten allgemeinen Bezogenheiten] verschiedene Seinsweisen in sich schließt, Verwirklichungen verschiedener Ordnungen, die in sich selbst und nicht mehr bloß infolge ihrer Beziehung auf das Erkennen und Wollen verschieden sind. (74; Fs)
172 Hier verliert die Idee des Seins natürlich ihre Transzendenz. In sich selbst jeder besondern Bestimmung fremd, ist das Sein bisher nach Art einer allgemeinen Natur aufgefaßt worden; wenn wir ihm jetzt 'Seinsweisen' zuschreiben, so teilen wir es wirklich und zerstören es in gewisser Weise, das heißt im Sinne der Einheit des Parmenides. Das Sein ist nicht 'eindeutig', hieß es oben: hier muß man sich daran erinnern. (74; Fs)
173 Überdies: wenn das allgemeine Sein seine Transzendenz verliert, indem es sich in Seinsweisen entfaltet, so nähert es sich damit der Wirklichkeit, und es gibt der Erkenntnis genauere und nutzbarere 'Rahmen' an die Hand. Dem scheinbaren Verlust entspricht somit ein wirklicher Gewinn. Das haben viele Philosophen - platonische Idealisten und andere, für die die höchsten Abstraktionen die höchsten Wirklichkeiten waren - nicht begriffen. (74; Fs)
174 Thomas folgt hier dem Aristoteles. Er läßt die Einteilung des Seins in 'Kategorien' oder 'Prädikamente'zu1, und er bemüht sich, sie zu rechtfertigen, das heißt, er teilt es in allgemeine Seinsweisen [in eine Art von wirklichen loci communes], die uns instand setzen, die Seinsweise jedes Dinges zu bestimmen und so zu jenen 'Aussageweisen' [praedicationes] zu kommen, die gewissermaßen die Sprache der Wissenschaft und ihr einziges Ausdrucksmittel sind2. (74; Fs)
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