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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theolgie XV

Titel: Das christliche Verständnis der Erlösung

Stichwort: Erlösung, Gnade; Unmündige; Fremderlösung, Selbsterlösung, Unsterblichkeit

Kurzinhalt: Kein Gegensatz: Gnade - Freiheit; Fremderlösung - Selbsterlösung;

Textausschnitt: () ... es ergibt sich daraus unmittelbar, daß zwischen Fremderlösung und einer sogenannten Selbsterlösung kein wahrer und echter Gegensatz besteht, wenn doch in einem christlichen Gottesverständnis von vornherein klar ist, daß das 'Selbst' Setzung des Gottes selber ist, der der andere, aber nicht der fremde ist ...
()
... wenn wir uns klarmachen, daß nach christlicher Lehre ohne Glaube, Hoffnung und Liebe die Erlösung als endgültiges Heil gar nicht möglich ist und diese Erlösung in ihrem Endstadium nichts anderes als eben die Vollendung von Glaube, Hoffnung und Liebe ist, dann ist es eben einfach nicht wahr, daß Selbsterlösung und Fremderlösung sich gegenseitig ausschließen.
()
Wenn man sagen würde, der Mensch ist derjenige, der seine absolute Transzendenz in Glaube, Hoffnung und Liebe als Tat seiner Freiheit vollzieht und dadurch sich selber erlöst, dann hat man noch nichts Unchristliches gesagt.
()
zumal es nach meiner unmaßgeblichen Meinung doch eine offene Frage sein darf, ob wirklich, wie man traditionell denkt, der Glaubenssatz des 5.Lateranischen Konzils über die Unsterblichkeit der Seele notwendig auch als für die geistigen Personen gültig zu denken ist, die nie durch eine Freiheitsgeschichte hindurchgegangen sind.

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theolgie XV

Titel: Das christliche Verständnis der Erlösung

Stichwort: Erlösung, Transzendentalität, Geschichte; Erlösungstheorien

Kurzinhalt: Erlösung besagt das Heil des ganzen Menschen (ü); Erlösung -> Heil des ganzen Menschen; kein Entweder-Oder zw.Transzendenz und Geschichte

Textausschnitt: () Man könnte nämlich sinnvollerweise die möglichen Erlösungstheorien in der Menschheit in solche einteilen, die die Erlösung entweder als reine Sache der Transzendentalität des Menschen allein oder der Geschichte allein sehen, oder diese Alternative verwerfen und die Erlösung sich in der totalen Geschichte ereignen lassen, in der die Geschichte dieser Transzendentalität sich selber ereignet. ... Erlösungskonzeptionen, die ein Entweder-Oder zwischen Transzendenz und Geschichte bedeuten.
()
Für einen wirklich christlichen Erlösungsbegriff aber ist Geschichte immer Geschichte derjenigen menschlichen Freiheit, die in einer absoluten Transzendentalität auf Gott schlechthin ausgerichtet ist, und umgekehrt ist Transzendentalität nur wirklich dort vollzogen und heilswirksam für den Menschen, wo sie sich in konkreter Geschichtlichkeit vollzieht.

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theolgie XV

Titel: Das christliche Verständnis der Erlösung

Stichwort: Erlösung, Selbstmitteilung, Scheinglück

Kurzinhalt: Erlösung geschieht in der endgültigen Selbstmitteilung Gottes (ü); falsches Beglücktsein, Befriedigtsein: selige Form der Verdammtheit

Textausschnitt: Hier berühren wir die radikalste Schwierigkeit einer christlichen Ontologie: nämlich die Koexistenz der unendlichen Seinsfülle des absoluten Gottes und des endlichen, subjekthaften Seienden. Für den Christen ist die Wahrheit der Erlösung nicht das Verschwinden des Endlichen, ist auch keine Vollendung des Endlichen in sich selber neben dem unendlichen Gott, der dann nur als die der Vollendung selber äußere Ursache ihrer und als ihr Garant aufgefaßt würde, sondern diese unendliche Seinsfülle ist die Vollendung dieses Endlichen selbst, die diese Vollendung nicht schafft, sondern selber ist.

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theolgie XV

Titel: Das christliche Verständnis der Erlösung

Stichwort: Erlösung, Sünde, Natur, Gnade

Kurzinhalt: Erlösung liegt der Sündigkeit voraus (ü); Natur und Gnade im voraus zur Schuld; Erlösungsbedürftigkeit (3 Bedeutungen); Geschichte des Erlösungsbegriffs

Textausschnitt: () Der Unterschied zwischen Natur und Gnade und zwar auch im voraus zur Sünde ist für eine katholische Gnadenlehre unaufgebbar, so daß Gnade und Schuldvergebung eben nicht einfach identisch sind.
() Der christliche Erlösungsbegriff hat eine Geschichte gehabt und wird sie weiter haben. Im traditionellen Erlösungsbegriff der katholischen Theologie ist dafür Platz, weil Erlösung und Erlösung von eingetretener Schuld keine identischen Begriffe sind.

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theolgie XV

Titel: Das christliche Verständnis der Erlösung

Stichwort: Erlösung, Jesus, Heilswille, Wirkung, Ursache; Leiden, Stellvertretung, Satisfaktionstheorie, Selbsterlösung

Kurzinhalt: Herkunft der Erlösung von Jesus Christus (ü); erlösende Ursächlichkeit des Kreuzes Christi, signum efficax, Realsymbol, 2 Heilswillen; Kreuz -> Ursache: formal, material (transeunt, effizient)

Textausschnitt: () ... Frage, wie die Erlösung als Selbstmitteilung Gottes von diesem geschichtlichen Ereignis abhängig sein und als abhängig gedacht werden könne, wenn doch, was auch selbstverständlich ist, dieses geschichtliche Ereignis Jesu Christi selbst wieder Wirkung und Erscheinung eines von vornherein gegebenen Heils-und Erlösungswillens Gottes ist, der also zugleich Ursache und Wirkung des Kreuzesereignisses selbst ist.
()
Die Erlösung von Jesus Christus her hebt die Selbsterlösung des Menschen nicht auf, sondern konstituiert sie. Die Leugnung dieses Satzes ... wird vermutlich getragen von einem falschen Verständnis des an sich durchaus legitimen Satzes, daß der Mensch durch das 'stellvertretende' Leiden Jesu erlöst sei. Dieses falsche Verständnis der Stellvertretung des Menschen durch Christus setzt stillschweigend voraus ...
() ...daß in meiner Freiheit selbst ein Erlösungs-, ein Befreiungs-, ein Heiligungsvollzug gegeben ist, wie er ja nicht höher, massiver, radikaler gedacht werden könnte.

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theolgie XV

Titel: Das christliche Verständnis der Erlösung

Stichwort: Erlösung, Entmythologisierung,

Kurzinhalt: Gegen eine Verkürzung der Erlösungslehre (ü), Entmythologisierung -> Leerstelle

Textausschnitt: () ... bei der man die radikalen Veränderungen auch nicht bedenkt, die der Mensch dabei notwendig erleidet, dann ist solche Entmythologisierung doch eine nur bedingt erleuchtende Sache.

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theolgie XV

Titel: Das christliche Verständnis der Erlösung

Stichwort: Erlösung, Erlösungsbedürftigkeit, Natur, Gnade

Kurzinhalt: Erlösungsbedürftigkeit liegt der Sündigkeit voraus, Befreiung v. Schuld -> nicht letzter Sinn des Christentums,

Textausschnitt: () Die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen ist nicht in erster Linie und einfachhin und von vornherein zu verstehen als die Bedürftigkeit für die Aufhebung einer eigentlichen Sündigkeit des Menschen, sondern seine Erlösungsbedürftigkeit liegt der, faktisch natürlich gegebenen, Sündigkeit des Menschen voraus. Das Christentum kann in seinem letzten Wesen nicht erfahren und begriffen werden durch die Sündigkeit des Menschen und die Befreiung von Schuld.
()
Der Unterschied zwischen Natur und Gnade und zwar auch im voraus zur Sünde ist für eine katholische Gnadenlehre unaufgebbar, so daß Gnade und Schuldvergebung eben nicht einfach identisch sind.

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Herders Theologisches Taschenlexikon

Titel: Rechtfertigung

Stichwort: Rechtfertigung: simuls justus (iustus) et pecator; keine Sicherheit bezüglich der Sündigkeit

Kurzinhalt: keine endgültige Sicherheitk ob die tägl. Sündigkeit Deckmantel eines verhohlenen zu Gott ist;

Textausschnitt: 7. Ist auch die rechtfertigende Gnadentat Gottes am Menschen so, daß sie ihn selbst wahrhaft trifft und verändert, wird sie auch in einem bedingungslos hoffenden Glauben ergriffen, so ist das Ereignis der Rechtfertigung doch nicht etwa nur einmal durch die freie Tat Gottes gewirkt, sondern bleibt dauernd von seiner souveränen Gnade abhängig. Es ist für die die Glaubenshoffnung verlassende, theoretisierende Reflexion unzugänglich und beläßt den Menschen unter der Bedrohung der Sündenmacht der Welt. Darüber hinaus kann der Mensch nie, sich selbst freisprechend, mit Sicherheit entscheiden, ob seine tägliche Sündigkeit, die er anerkennen muß, wenn er sie auch als nicht vom Reich Gottes ausschließend hofft, nicht doch Vorbote, Erscheinungsform und Deckmantel eines verhohlenen, radikalen Neins zu Gott ist. In diesem Sinn kann und muß auch katholisch von einem 'Simul iustus et peccator' durchaus gesprochen werden, muß gesagt werden, daß der Mensch nur gerechtfertigt ist, indem er immer neu von sich weg in Glaubenshoffnung zur rettenden Gnade Gottes flieht. Die 'Zuständlichkeit' seiner Rechtfertigung ist die von Gottes -> Heilswillen dauernd zugesagte wirkl. Möglichkeit, in Hoffnung auf Gottes Erbarmen von sich immer neu wegzugehen. (136; Fs)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: ZUR THEOLOGIE DES SYMBOLS

Stichwort: 1. Satz: Grundprinzip einer Ontologie des Symbols: das Seiende ist von sich selbst her notwendig symbolisch

Kurzinhalt: 1. Grundsatz einer Ontologie des Symbols

Textausschnitt: 1. Der erste Satz, den wir als Grundprinzip einer Ontologie des Symbols aufstellen, lautet: das Seiende ist von sich selbst her notwendig symbolisch, weil es sich notwendig "ausdrückt", um sein eigenes Wesen zu finden. (Fs) (notabene)

278b Wir wären schon bei bloß abkünftigen Weisen des Symbolseins, würden wir davon ausgehen, daß zwei Wirklichkeiten, die je für sich in ihrer Washeit als schon bestehend und je in sich verständlich vorausgesetzt werden, durch irgend etwas an ihnen "übereinkommen" und diese "Übereinkunft" die Möglichkeit gebe, daß jedes von ihnen (und natürlich vor allem das uns bekanntere [bekanntere] und näherliegendere) auf das andere hinweise, auf es aufmerksam machen könne, eben als - Übereinkunft, als Symbol für das andere von uns verwendet werde, und sich Symbole somit nur mehr noch abwandeln (und so unterscheidbar sein können) durch den Grad und die genauere Weise dieser nachträglichen Übereinkunft der beiden Wirklichkeiten. Dieser Ansatz für ein Symbolverständnis würde (da schließlich jedes mit jedem irgendeine Übereinkunft hat) keine Möglichkeit haben, wirklich echte Symbole ("Realsymbol") von bloß arbiträr festgelegten "Zeichen", "Signalen" und "Chiffren" ("Vertretungssymbol") zu unterscheiden. Es könnte alles von allem Symbol sein, die Richtung von Symbol zum Symbolisierten könnte auch umgekehrt verlaufen oder wäre nur vom zufälligen und dem Sachverhalt selbst äußerlichen Blickpunkt eines menschlichen Betrachters bestimmt (dem gerade das eine näherliegt als das andere). Solche abkünftige, sekundäre Fälle des Symbolischen gibt es natürlich auch, so daß nicht immer leicht anzugeben ist, wo auf Grund des Überwiegens der bloß zeichenhaften Verweisungsfunktion vor der eigentlichen "Ausdrucksfunktion" ein Symbol sein "Plus an Bedeutung" (Fr. Th. Vischer) verliert und zum symbolarmen Zeichen herabsinkt. Die Übergänge sind hier fließend. (Man bedenke nur, daß unsere Zahlen einmal religiös-sakralen Charakter hatten). Es ist sogar vielfach so, daß in einem mehr kunstgeschichtlichen und ästhetischen Sprachgebrauch "Symbol" einen sehr abgeleiteten Fall des Symbolischen darstellt, so daß in dieser Terminologie beispielsweise das Symbol (z. B. ein Anker, ein Fisch usw.) einen niedrigeren Grad des Symbolischen bedeutet als z. B. ein Kultbild. Auf alle diese Dinge soll hier nicht weiter eingegangen werden. Wir stellen uns nur die Aufgabe, die höchste und ursprünglichste Weise der Repräsentanz einer Wirklichkeit für eine andere zu suchen (in einer zunächst rein formal-ontologischen Überlegung) und nennen auch diese höchste und ursprünglichste Repräsentanz, in der eine Wirklichkeit eine andere (primär "für sich" und dann erst für andere) gegenwärtig macht, "da-sein" läßt, Symbol. (Fs)

279a Um einen ursprünglichen Begriff des Symbols zu erreichen, müssen wir davon ausgehen, daß ein Seiendes (d. h. jedes) in sich plural1 ist und in dieser Einheit des Pluralen - eines2 in dieser Pluralität wesentlich Ausdruck eines anderen in dieser pluralen Einheit ist oder sein kann3. Der erste Teil des Satzes ist für eine Ontologie des Endlichen selbstverständlich. Das Endliche hat als ein solches schon darin das Stigma des Endlichen, daß es nicht absolut "einfach" ist, vielmehr innerlich plural, innerhalb der bleibenden und umfassenden Einheit seiner Wirklichkeit (als Wesen und Dasein) nicht einfach in einer toten, in sich selbst hineinstürzenden Identität einerleihaft dasselbe ist, sondern eine wirkliche Pluralität von sich her hat, die nicht bloß eine gedanklich unterscheidende Teilung ist, die der Wirklichkeit selbst äußerlich wäre und so nur der begrenzten Erkenntniskraft des äußeren und endlichen Beschauers entspränge, der die absolut einfache Fülle des Seienden nur sich selbst in mehreres auseinanderlegte (falls dies unter diesen Voraussetzungen überhaupt noch denkbar wäre). (Fs)

280a Damit ist aber nun doch wieder nicht gesagt, daß die innere Pluralität und Unterschiedenheit immer nur Stigma der Endlichkeit eines Seienden sein müßte. Wir wissen vielmehr aus dem Geheimnis der Trinität (wir treiben theologische Ontologie, die unbefangen auch Daten der Offenbarung heranziehen darf), daß es in der höchsten Einfachheit Gottes doch eine wahre und reale (wenn auch "nur" relative) Unterschiedenheit der "Personen" gibt und somit, wenigstens in diesem Sinn, eine Pluralität. Wenn wir nun noch weiter bedenken, daß (entsprechend einer Theologie4 der "Spuren" und "Abbilder" der innertrinitarischen Pluralität) durchaus daran gedacht werden kann, daß der Pluralismus im geschöpflich Endlichen nicht nur Folge und Anzeichen der Endlichkeit (als bloß negativer Qualifizierung), sondern auch Folge jener göttlichen Pluralität ist (wenn auch nicht als solche natürlich erkennbar), die nicht Unvollkommenheit und Seinsschwäche und -grenze besagt, sondern höchste Fülle der Einheit und gesammelten Kraft eines Seienden, dann dürfen wir unbefangen, wenn auch mit Vorsicht, den Satz: Das Seiende ist in sich plural, als allgemeinen Satz ohne Einschränkung formulieren. Wir brauchen ihn (mit den gemachten Voraussetzungen) gar nicht bloß als einen Satz der Ontologie des Endlichen als solchen aufzufassen, sondern können in ihm auch noch dort, wo er sich in eine Pluralität des Endlichen als solchen hinein verdeutlicht, lesen als einen Satz, der sogar die Pluralität des Endlichen noch versteht als einen (wenn auch sich erst in der Offenbarung enthüllenden) Hinweis auf eine Pluralität, die mehr ist als eine ununterscheidbare Identität und Einfachheit, wie wir sie von uns aus dächten, würden nicht auch unsere sublimsten ontologischen Ideale nochmals gerichtet werden durch die Selbstoffenbarung des auch über diese unsere Ideale nochmals unendlich erhabenen Gottes, der durch diese Überbietung unserer nur asymptotisch erreichbaren metaphysischen Ideale uns und unserer Endlichkeit dann wieder plötzlich merkwürdig (d. h. wunderbar und geheimnisvoll) nahekommt. Es bleibt also dabei: ein Seiendes in sich (noch ganz unabhängig von einer Vergleichung mit schlechthin anderem) ist in seiner Einheit plural. (Fs)

281a Diese pluralen Momente aber, in der Einheit eines Seienden, die wegen der Einheit des Seienden eine innere Übereinkunft unter sich haben müssen (so sehr diese Pluralität der Momente des Seienden gerade durch die Verschiedenheit dieser Momente unter sich konstituiert sein muß), können aber diese Übereinkunft [Übereinkunft] nicht haben als gewissermaßen einfach nebeneinanderliegende Momente, die gleichursprünglich da sind. Denn dies liefe auf eine Leugnung der Einheit dieses Seienden hinaus; die Einheit wäre die nachträgliche Zusammenfügung von Getrennten und zunächst einmal nur in sich selbst Ruhenden. Es wäre der tiefe Grundsatz bei Thomas verraten: non enim plura secundum se uniuntur. Eine Pluralität in einer ursprünglichen und als ursprünglich übergeordneten Einheit kann nur so begriffen werden, daß das Eine sich entfaltet, das Plurale also aus einem ursprünglichst "Einen" in einem Entsprungs- und Abfolgeverhältnis herkommt, die ursprünglichste Einheit, die auch die das Plurale einende Einheit bildet, sich selbst behaltend in eine Vielheit sich entläßt und "ent-schließt", um dadurch gerade sich selbst zu finden. Der Blick auf die Trinität zeigt, daß dieses so begriffene "Eine" von Einheit und Pluralität ein letztes ontologisches Datum ist, das nicht auf eine abstrakte, bloß scheinbar "höhere" Einheit und Einfachheit reduziert, nicht in eine leere und tote Identität zurückgeführt werden darf. Es wäre eine theologische Häresie und muß darum auch ein ontologischer Nonsens sein, zu meinen, Gott wäre eigentlich noch "einfacher" und darum noch vollkommener, wenn in ihm auch die Unterschiedenheit realer Art der Personen nicht existierte. Es gibt also eine Unterschiedenheit, die an sich eine "perfectio pura" ist und die schon im ersten Ansatz eines theologischen Seinsverständnisses mitgedacht werden muß. Sie ist nichts Vorläufiges, sondern etwas absolut Letztes, eine Letztheit der sich mitteilenden Einheit als solcher selbst, durch die diese Einheit selbst konstitutiert und nicht gewissermaßen wider ihren Sinn halb zurückgenommen wird. Das Seiende als solches und somit als eines (das "ens" als "unum") geht zur Vollendung5 seines Seins und seiner Einheit in eine Pluralität aus (deren höchste Weise die Dreieinheit ist). Das zur Vollendung des Einen und seiner Einheit aus ihm selbst unterschieden Gesetzte kommt seinem Wesen, d. h. seiner am und im anderen gewonnenen Herkunft nach, von dieser ursprünglichsten Einheit her und hat darum mit ihr eine ursprünglichere und gründigere "Übereinkunft" als alle abkünftig effektiv-kausale usw. Damit ist aber gesagt: dem Seienden als dem Einen kommt eine (Vollkommenheit bedeutende) Pluralität zu, die durch Herkünftigkeit (eigener Art) des Pluralen aus der ursprünglichsten Einheit gebildet wird, so daß das Plurale eine ursprunghafte Übereinkunft mit seinem Entsprang hat und darum "Ausdruck" des Ursprungs in herkünftiger Übereinkunft ist. Da dies vom Seienden überhaupt gilt, können wir sagen: jedes Seiende bildet (natürlich je in seiner Weise, also vollkommener oder unvollkommener, dem Grad seiner Seinsmächtigkeit entsprechend) "zu" seiner eigenen Vollendung das von ihm Unterschiedene und doch mit ihm Eine (wobei die Einheit und Verschiedenheit korrelate, im selben Maße wachsende, nicht sich gegenseitig bis zur widersprüchlichen Ausschließlichkeit herabmindernde Größen sind), und dieses Unterschiedene und doch ursprünglich Eine ist als Herkünftiges ein Übereinkommendes und als herkünftig Übereinkommendes ein Ausdrückendes. Daß das herkünftig Übereinkommende und so mit dem Ursprung Eine und doch von ihm Verschiedene als "Ausdruck" des Ursprungs und der ursprünglichsten Einheit gedacht werden muß, bedarf noch einer weiteren Erklärung. Die Übereinkunft des innerhalb der Einheit als verschieden Gesetzten mit seinem Ursprung (wegen seiner Herkunft) ist in einem gewissen Sinn schon die Konstitution des Herkommenden als eines Ausdrucks. Denn es besteht eine Übereinkunft, die sich aus der Herkunft erklärt. Wir können daher von der Frage absehen, ob eine solche Herkunft immer formell als Setzung der Übereinkunft als solcher (und so formell) immer als Ausdruck zu denken ist. Wir können es ruhig einer spezielleren Ontologie (regionaler Art) als Frage anheimstellen, ob und wann und warum dies in bestimmten Fällen gerade so zu denken ist. Wir werden später solchen Fällen im theologischen (zweiten) Anblick der Sache noch begegnen. Aber schon jetzt können wir, von dieser Frage absehend, sagen: zu jedem Seienden als solchen gehört eine Pluralität als inneres Moment seiner bedeutungserfüllten Einheit; diese Pluralität ist eine durch Herkunft aus einer ursprünglichen Einheit als deren Vollendung (oder: wegen deren Vollendetheit) sich konstituierende derart, daß das als unterschieden Gesetzte eine Übereinkunft und somit (mindestens in einem spezifikativen, wenn nicht schon immer reduplikativen Sinn) den Charakter des Ausdrucks oder "Symbols" gegenüber seinem Ursprung hat. Damit ist aber auch schon unser erster Satz im ganzen erreicht: das Seiende ist an sich selbst symbolisch, weil es sich notwendig " ausdrückt". Dieser Satz ist von dem eben Gesagten her noch etwas zu klären und dann in seiner Anwendbarkeit auf bekannte Sachverhalte aufzuzeigen. (Fs) (notabene)

284a Das Seiende drückt sich aus, weil es durch eine Pluralität in Einheit sich vollziehen muß, wobei diese Pluralität oft und in vieler Hinsicht Indiz der Endlichkeit und der Seinsschwäche ist, aber auch durchaus eine Positivität sein kann und davon mindestens eine "Spur" auch in derjenigen Pluralität übrigbleibt, die formell mit der Endlichkeit eines Seienden gegeben ist. Der Pluralität setzende Selbstvollzug eines Seienden, der zu seiner Vollkommenheit führt oder (unter Umständen auch eher) eine mit der Vollkommenheit dieses Seienden gegebene Wirklichkeit ist, ist aber das, was die Bedingung der Möglichkeit des wissenden und liebenden Selbstbesitzes ist. In tantum est ens cognoscens et cognitum, in quantum est ens actu. Dieser Satz gilt natürlich auch umgekehrt: der Grad der "reditio completa in seipsum" ist die Anzeige des Grades der Seiendheit. Das Beisichselbersein ist nur ein anderes Wort für die Aktualität, also für den inneren Selbstvollzug des Seienden. Daraus aber ergibt sich: im Ausdruck, in der herkünftigen Übereinkunft des als anderes Gesetzten und doch in der Einheit als deren Vollendung Behaltenen kommt ein Seiendes zu sich, da der Vollzug in Pluralität hinein und das Beisichselbersein nicht einfach disparat in einem Seienden nebeneinanderliegende Größen sein können, wenn anders das (wissende und liebende) Beisichsein nicht irgendeine, sondern die Inhaltlichkeit dessen ist, was wir mit Sein (und somit mit dessen Selbstvollzug) bezeichnen. Und in dem Maße es sich in dieser Pluralität setzenden Weise vollzieht, kommt es so zu sich6. Das aber bedeutet: das Seiende ist (in dem Maße es Sein hat und vollzieht) zunächst einmal sich selbst "symbolisch". Es drückt sich aus und hat darin sich selber. Es gibt sich in das andere von sich weg und findet darin wissend und liebend sich selber, weil es in dem Setzen des inneren "Anderen" zu (oder: aus) seiner Selbstvollendung kommt, die die Voraussetzung oder der Akt der wissenden und liebenden Sichselbstgegebenheit ist. (Fs)

285a Das Symbol ist also nicht nur nicht ursprünglich anzusetzen als ein nachträgliches Verhältnis zwischen zwei verschiedenen Seienden, zwischen denen eine Verweisfunktion durch ein drittes oder durch einen eine gewisse Übereinkunft feststellenden Beobachter gestiftet wird; das Symbolische ist nicht nur in dem Sinn eine innere Eigentümlichkeit eines Seienden in sich, als dieses, um zu seinem eigenen Seinsvollzug zu kommen, das in der Einheit behaltene andere von sich setzt und dieses eine Übereinkunft mit der entspringenlassenden ursprünglichen Einheit hat und so deren Ausdruck ist. Das Seiende ist vielmehr in sich selbst auch darum "symbolisch", als der übereinkommende Ausdruck, den es behaltend als das andere setzt, die Weise ist, in der es sich selbst zu sich in Erkenntnis und Liebe vermittelt ist. Durch "Ausdruck" kommt das Seiende zu sich selbst, soweit es überhaupt zu sich selbst kommt. Der Ausdruck, also das "Symbol" (so verstanden, wie sich das Wort jetzt durch die vorausgehenden Überlegungen ergeben hat), ist die Weise der Selbsterkenntnis, der Selbstfindung überhaupt. (Fs) (notabene)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: ZUR THEOLOGIE DES SYMBOLS

Stichwort: non enim plura secundum se uniuntur; Trinität: Einheit - Pluralität

Kurzinhalt: Das Seiende als solches und somit als eines (das "ens" als "unum") geht zur Vollendung1 seines Seins und seiner Einheit in eine Pluralität aus (deren hchste Weise die Dreieinheit ist)

Textausschnitt:

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: ZUR THEOLOGIE DES SYMBOLS

Stichwort: Vollzug in Pluralität, Symbol: Voraussetzung des liebenden Selbstbesitzes;

Kurzinhalt: In tantum est ens cognoscens et cognitum, in quantum est ens actu

Textausschnitt:

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: ZUR THEOLOGIE DES SYMBOLS

Stichwort: Theorie des Symbols: Vollzug eines Seienden als Symbol Voraussetzung für dessen Erkenntnis; eidos - morphe

Kurzinhalt: ens est cognitum et cognoscibile, inquantum ipsum est actu

Textausschnitt: 285b Erst von da aus läßt sich eine allgemeine Theorie des Symbols richtig erreichen, insofern es die Wirklichkeit sein soll, in der ein anderer zur Erkenntnis eines Seienden kommt. Die Erkenntnis eines Seienden durch einen anderen ist ja (streng scholastisch gedacht) nicht der Vorgang, der bloß ein solcher im Erkennenden allein wäre und somit nur von dessen Möglichkeit und dessen Aktualität abhinge und der sich auf einen in seiner eigenen Wirklichkeit völlig unberührt verharrenden "Gegenstand" bezöge. Die Erkennbarkeit und die aktuelle Erkenntnis eines Seienden (als Gegenstandes der Erkenntnis) hängt vielmehr von dem Aktualitätsgrad des zu Erkennenden selbst ab: ens est cognitum et cognoscibile, inquantum ipsum est actu. Daraus aber ergibt sich: wenn das Seiende von sich selbst her symbolisch ist, insofern es sich selbst in seine plurale Aktualität hinein vollzieht, und in dieser herkünftigen Übereinkunft des anderen mit seinem ursprünglichen Ursprung sich selbst hat, dann gilt dies auch für die Erkenntnis dieses Seienden durch einen anderen. Es ist erkennbar und erkannt, insofern es selbst ontisch (an sich), weil ontologisch (für sich), symbolisch ist. Der ursprüngliche Sinn von Symbol und symbolisch, wonach jedes Seiende an sich und für sich und deswegen (und insofern) für einen andern symbolisch ist, besagt also dies: indem ein Seiendes sich in seine eigene innere (wesenskonstitutive) Andersheit, in seine innere und (im Selbstvollzug entschlossen) behaltene Pluralität als in seinen herkünftigen und so übereinstimmenden Ausdruck vollzieht, macht es sich kund. Dieser zur Konstitution des Seienden selbst gehörige, herkünftige und übereinstimmende Ausdruck ist das von dem zu erkennenden Seienden auf das erkennende Seiende selbst (nachträglich nur, weil schon anfänglicher in der Tiefe der beide konstituierenden Seinsgründe) hinkommende Symbol, in dem dieses Seiende erkannt wird und ohne das es überhaupt nicht erkannt werden kann, und so erst das Symbol im ursprünglichen (transzendentalen) Sinn des Wortes. (Fs) (notabene)

286a Der so erreichte Begriff des Symbols ist nun noch mit einigen in der scholastischen Philosophie bekannten Sachverhalten zu konfrontieren, um auf diese Weise sein Verständnis noch zu erleichtern. Es würde ein zu großer Gang durch die Geschichte der Philosophie erforderlich sein, wollte mal das Gesagte erläutern mit einer Darlegung der Spannweite der Begriffe eidos und morphe (in der philosophia perennis seit den Griechen bis in die klassisch scholastische Philosophie). Wäre ein solcher Gang hier möglich, so könnte gezeigt werden, daß die beiden äußersten Punkte dieser Spannweite, nämlich erscheinende, anblickbare "Gestalt" (eidos und morphe zusammengenommen) einerseits und gestaltbildendes "Wesen" anderseits, echt die Sinnfülle eines Begriffes zusammenschließen, weil eben der gestaltbildende Wesensgrund eines (zunächst materiellen) Seienden wirklich, um sich selbst zu setzen und zu vollziehen, die anblickbare Gestalt als sein - Symbol, seine (ihn selbst da-sein lassende, in die Ek-sistenz bringende) Erscheinung aus sich heraussetzt und gerade so ("Im-Andern-Beisich") behält. Dieser Wesensgrund ist gerade durch seine Erscheinung für sich selbst und für andere da (in dem "analogen" Maße freilich, in dem je nach seinem Seinsmaß ein Seiendes überhaupt für sich und für andere gegeben ist). (Fs) (notabene)

287a Für eine tiefere Kenntnis der thomistischen Ontologie ergibt sich, daß Thomas1 in den verschiedensten Formen einen "Selbstvollzug" eines Seienden kennt, der nicht auf den Nenner einer transeunt-effizienten Kausalität gebracht werden kann. Schon der Begriff der causa formalis gehört hierher. Die "Form" gibt sich mitteilend an die Materialursache weg, sie wirkt nicht " von außen" und nachträglich auf sie ein, indem sie ein (wesensfremd) anderes von sich in ihr bewirkte, sondern der "Effekt" ist das "Wirkende" selbst, insofern es selbst die Wirklichkeit, der "Akt" der Materialursache als ihrer eigenen " Potenz " werdend, ist. Insofern die Formalursache dies aber ist, ist sie doch nicht einfach dasselbe, als was sie gedacht werden muß im voraus zu ihrer aktuellen Formursächlichkeit. Es gibt ja nach Thomas solche "Formen", die sich nicht in ihrer Formalursächlichkeit erschöpfen, weil sie nicht ganz "ausgegossen" sind über ihre Materie; ihre Ursprünglichkeit ist also noch "vorbehalten". Nicht jede Form also vollzieht ihr Sein so, daß und indem sie, sich völlig entäußernd, sich wegbegibt als Akt des sie verzehrend anderen (der "materia prima"), so daß der Unterschied zwischen der Form und ihrer aktuellen Formalursächlichkeit kein schlechthin bloß gedachter sein kann, sowenig dieser Unterschied auch gedacht werden kann wie der zwischen einer (ihren "Form"-gründen schon entsprungenen) statisch gedachten Substanz und ihrem akzidentell "zweiten " Akt. Das Formgeben des Formgrundes, die "formatio actualis" der Potenz durch die (substantielle) Form, "bewirkt" das Geformte, die Gestalt (wobei es uns hier noch nicht auf die vielfältige Vermittlung dieses Vorgangs ankommt in der Unterscheidung zwischen der Dimension der Substanz selbst und des formal quantitativ Raumzeitlichen). Diese Gestalt als Erscheinung des substantiellen Grundes, der forma, ist einerseits (nach den eben angedeuteten Grundlehren der Scholastik) von der forma als solcher verschieden, zeigt aber in dieser Verschiedenheit dennoch diesen Formgrund, ist sein Symbol, das vom Symbolisierten als sein eigener Wesensvollzug gebildet wird, und zwar so, daß in diesem unterschiedenen "Symbol" das Symbolisierte, die forma selbst (in der analogen Weise der Seinsmächtigkeit die "ontologisch-symbolische Differenz" von Realsymbol und Vertretungssymbol bildend) anwesend ist, da sie ja das von ihr andere Gestaltete setzt, indem und sofern sie selbst ihre eigene Wirklichkeit an es mitteilt. (Fs) (notabene)

288a In den Bereich eines kundmachenden und so (im weitesten, aber ursprünglichen Sinn) Symbol setzenden Selbstvollzugs gehören aber über den Begriff der Formalursächlichkeit hinaus noch andere Begriffe der thomistischen Ontologie. So ist hier der Begriff der "Resultanz" zu erwähnen. Thomas kennt ja ein endliches Seiendes nicht nur als einfach fertige, in ihrem Wesen und ihren Fähigkeiten von Gott konstituierte Wirklichkeit, die als solche statisch-passive Wirklichkeit dann ihre einzelnen akzidentellen, von der Substanz effizient-kausal zwar getragenen und insofern diese selbst "bestimmenden", aber sie in ihrer inneren Natur doch unberührt lassenden Akte (transeunter oder immanenter Art) setzt, sondern er weiß von einem inneren Selbstvollzug (natürlich unter der schöpferischen Wirkmacht Gottes) des totalen Wesens selbst im voraus zu seinen akzidentellen "zweiten" Tätigkeiten, von einem Selbstvollzug, der sachlich und begrifflich bei Thomas nicht einfach auf die formalmateriale Kausalität zurückgeführt werden kann, so wie wir diese gewöhnlich in der traditionellen Schulphilosophie kennen, und noch weniger unter die Kategorie der üblichen (zweiten) "Tätigkeit" subsumiert werden kann. Thomas kennt so z. B. eine Resultanz, ein "Erfließen" der Fähigkeiten aus dem Substanzgrund. Er kennt also einen Selbstaufbau des totalen Wesens (zu dem ja auch die Fähigkeiten gehören unbeschadet ihres Akzidenzseins); der substantielle Grund geht aus in seine Fähigkeiten und kommt so erst eigentlich zu seiner eigenen Möglichkeit; er findet sich selbst (denn er selbst muß ja z. B. geistig usw. sein), indem er das "Andere" seiner Fähigkeit (die ja nach Thomas real vom substantiellen Grund verschieden ist) aus sich heraussetzt. Mit dieser Setzung des anderen in Resultanz innerhalb der Einheit desselben Seienden, durch die das Wesen erst vollendet gegeben ist, ist zwar noch nicht ohne weiteres ein inneres und konnaturales Symbol als zum Seienden gehörendes Moment seines Selbstvollzugs gegeben (bzw. soll der Gedanke hier nicht in diese Richtung weiterverfolgt werden), aber, was hier genügt, aus der Theorie des Entsprungs und der Resultanz einer Fähigkeit, eines Vermögens, eines Akzidenz ist doch nachgewiesen, daß der Ansatzpunkt für unsere vorgetragene Theorie des Symbols durchaus thomistisch ist. Und das genügt hier. Nur in einer bestimmten Richtung sei das eben Gesagte weitergeführt: Die Resultanz ist nach Thomas auch als gegeben anzusetzen bei der Bildung der bestimmten Quantität als solcher (von räumlich abgegrenzten Dimensionen) und als des Trägers anderer qualitativer Eigenschaften in einem materiellen Seienden. Indem die substantielle "Form" ("ausgegossen werdend") sich weggibt an die materia prima als den ontologischen (von sich noch ohne bestimmte Dimensionen seienden) Grund der Raumzeitlichkeit, wird in dieser Mitteilung auch die bestimmte Quantität erwirkt als real von der Substanz (aus forma substantialis und materia prima) verschiedene und ihr doch entspringende Wirklichkeit. Diese Quantität (heute würden wir das Gemeinte abgesetzte, konkrete Raumzeitlichkeit oder raumzeitliche Gestalt nennen) mit ihren bestimmten qualitativen (aber auf dieser Raumzeitlichkeit basierenden) weiteren Bestimmungen ist nun aber nach Thomas eindeutig aufzufassen als die "species"2, die Gestalthaftigkeit, der Anblick, den der substantielle Grund sich erwirkt, um sich selbst zu vollziehen, sich so "auszudrücken" und anzuzeigen. Die "species" der materiellen Dinge ist unzweifelhaft das vom Wesensgrund her erwirkte, in der unterschiedenen Einheit mit dem Wirkgrund behaltene, die notwendige "Vermittlung" des Selbstvollzugs seiende "Symbol", in dem sich das materielle Seiende hat und sich anzeigend (in der Variationsbreite seines Wesens) darbietet. Im Fall der species der materiellen Dinge haben wir (auf dieser bestimmten Seinsebene und den damit gegebenen Voraussetzungen) bei Thomas wirklich alle Elemente, die wir in einer allgemeineren Ontologie des pluralen Seienden für den ursprünglichen Begriff des Symbols entwickelt haben: die Bildung des Symbols als eines Selbstvollzugs des Symbolisierten selbst, die innere Zugehörigkeit des Symbols zum Ausgedrückten selbst, die Selbstverwirklichung durch die Bildung dieses wesensentspringenden Ausdrucks. Auf eine andere Lehre, auf die zur Bekräftigung des gewonnenen Symbolbegriffs aus der Scholastik hingewiesen werden kann, kommen wir ausführlicher in einem anderen Zusammenhang zurück: auf die Lehre von der Seele als "forma" des Leibes und des Leibes als Ausdruck der geistigen Grundwirklichkeit des Menschen. (Fs) (notabene)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: ZUR THEOLOGIE DES SYMBOLS

Stichwort: Formalursache (causa formalis) -> Weggabe an die Materialursache; Form - Gestalt (Symbol d. forma)

Kurzinhalt: Die "Form" gibt sich mitteilend an die Materialursache weg, sie wirkt nicht " von außen" und nachträglich auf sie ein ...;

Textausschnitt: 287a Für eine tiefere Kenntnis der thomistischen Ontologie ergibt sich, daß Thomas1 in den verschiedensten Formen einen "Selbstvollzug" eines Seienden kennt, der nicht auf den Nenner einer transeunt-effizienten Kausalität gebracht werden kann. Schon der Begriff der causa formalis gehört hierher. Die "Form" gibt sich mitteilend an die Materialursache weg, sie wirkt nicht " von außen" und nachträglich auf sie ein, indem sie ein (wesensfremd) anderes von sich in ihr bewirkte, sondern der "Effekt" ist das "Wirkende" selbst, insofern es selbst die Wirklichkeit, der "Akt" der Materialursache als ihrer eigenen " Potenz " werdend, ist. Insofern die Formalursache dies aber ist, ist sie doch nicht einfach dasselbe, als was sie gedacht werden muß im voraus zu ihrer aktuellen Formursächlichkeit. Es gibt ja nach Thomas solche "Formen", die sich nicht in ihrer Formalursächlichkeit erschöpfen, weil sie nicht ganz "ausgegossen" sind über ihre Materie; ihre Ursprünglichkeit ist also noch "vorbehalten". Nicht jede Form also vollzieht ihr Sein so, daß und indem sie, sich völlig entäußernd, sich wegbegibt als Akt des sie verzehrend anderen (der "materia prima"), so daß der Unterschied zwischen der Form und ihrer aktuellen Formalursächlichkeit kein schlechthin bloß gedachter sein kann, sowenig dieser Unterschied auch gedacht werden kann wie der zwischen einer (ihren "Form"-gründen schon entsprungenen) statisch gedachten Substanz und ihrem akzidentell " zweiten " Akt. Das Formgeben des Formgrundes, die "formatio actualis" der Potenz durch die (substantielle) Form, "bewirkt" das Geformte, die Gestalt (wobei es uns hier noch nicht auf die vielfältige Vermittlung dieses Vorgangs ankommt in der Unterscheidung zwischen der Dimension der Substanz selbst und des formal quantitativ Raumzeitlichen). Diese Gestalt als Erscheinung des substantiellen Grundes, der forma, ist einerseits (nach den eben angedeuteten Grundlehren der Scholastik) von der forma als solcher verschieden, zeigt aber in dieser Verschiedenheit dennoch diesen Formgrund, ist sein Symbol, das vom Symbolisierten als sein eigener Wesensvollzug gebildet wird, und zwar so, daß in diesem unterschiedenen " Symbol" das Symbolisierte, die forma selbst (in der analogen Weise der Seinsmächtigkeit die "ontologisch-symbolische Differenz" von Realsymbol und Vertretungssymbol bildend) anwesend ist, da sie ja das von ihr andere Gestaltete setzt, indem und sofern sie selbst ihre eigene Wirklichkeit an es mitteilt. (Fs)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: ZUR THEOLOGIE DES SYMBOLS

Stichwort: Resultanz; Ausgießung der substanziellen Form in die materia prima (Quantitä)

Kurzinhalt: Indem die substantielle "Form" ("ausgegossen werdend") sich weggibt an die materia prima als den ontologischen

Textausschnitt: 288a In den Bereich eines kundmachenden und so (im weitesten, aber ursprünglichen Sinn) Symbol setzenden Selbstvollzugs gehören aber über den Begriff der Formalursächlichkeit hinaus noch andere Begriffe der thomistischen Ontologie. So ist hier der Begriff der "Resultanz" zu erwähnen. Thomas kennt ja ein endliches Seiendes nicht nur als einfach fertige, in ihrem Wesen und ihren Fähigkeiten von Gott konstituierte Wirklichkeit, die als solche statisch-passive Wirklichkeit dann ihre einzelnen akzidentellen, von der Substanz effizient-kausal zwar getragenen und insofern diese selbst "bestimmenden", aber sie in ihrer inneren Natur doch unberührt lassenden Akte (transeunter oder immanenter Art) setzt, sondern er weiß von einem inneren Selbstvollzug (natürlich unter der schöpferischen Wirkmacht Gottes) des totalen Wesens selbst im voraus zu seinen akzidentellen "zweiten" Tätigkeiten, von einem Selbstvollzug, der sachlich und begrifflich bei Thomas nicht einfach auf die formalmateriale Kausalität zurückgeführt werden kann, so wie wir diese gewöhnlich in der traditionellen Schulphilosophie kennen, und noch weniger unter die Kategorie der üblichen (zweiten) "Tätigkeit" subsumiert werden kann. Thomas kennt so z. B. eine Resultanz, ein "Erfließen" der Fähigkeiten aus dem Substanzgrund. Er kennt also einen Selbstaufbau des totalen Wesens (zu dem ja auch die Fähigkeiten gehören unbeschadet ihres Akzidenzseins); der substantielle Grund geht aus in seine Fähigkeiten und kommt so erst eigentlich zu seiner eigenen Möglichkeit; er findet sich selbst (denn er selbst muß ja z. B. geistig usw. sein), indem er das "Andere" seiner Fähigkeit (die ja nach Thomas real vom substantiellen Grund verschieden ist) aus sich heraussetzt. Mit dieser Setzung des anderen in Resultanz innerhalb der Einheit desselben Seienden, durch die das Wesen erst vollendet gegeben ist, ist zwar noch nicht ohne weiteres ein inneres und konnaturales Symbol als zum Seienden gehörendes Moment seines Selbstvollzugs gegeben (bzw. soll der Gedanke hier nicht in diese Richtung weiterverfolgt werden), aber, was hier genügt, aus der Theorie des Entsprungs und der Resultanz einer Fähigkeit, eines Vermögens, eines Akzidenz ist doch nachgewiesen, daß der Ansatzpunkt für unsere vorgetragene Theorie des Symbols durchaus thomistisch ist. Und das genügt hier. Nur in einer bestimmten Richtung sei das eben Gesagte weitergeführt: Die Resultanz ist nach Thomas auch als gegeben anzusetzen bei der Bildung der bestimmten Quantität als solcher (von räumlich abgegrenzten Dimensionen) und als des Trägers anderer qualitativer Eigenschaften in einem materiellen Seienden. Indem die substantielle "Form" ("ausgegossen werdend") sich weggibt an die materia prima als den ontologischen (von sich noch ohne bestimmte Dimensionen seienden) Grund der Raumzeitlichkeit, wird in dieser Mitteilung auch die bestimmte Quantität erwirkt als real von der Substanz (aus forma substantialis und materia prima) verschiedene und ihr doch entspringende Wirklichkeit. Diese Quantität (heute würden wir das Gemeinte abgesetzte, konkrete Raumzeitlichkeit oder raumzeitliche Gestalt nennen) mit ihren bestimmten qualitativen (aber auf dieser Raumzeitlichkeit basierenden) weiteren Bestimmungen ist nun aber nach Thomas eindeutig aufzufassen als die "species" , die Gestalthaftigkeit, der Anblick, den der substantielle Grund sich erwirkt, um sich selbst zu vollziehen, sich so "auszudrücken" und anzuzeigen. Die "species" der materiellen Dinge ist unzweifelhaft das vom Wesensgrund her erwirkte, in der unterschiedenen Einheit mit dem Wirkgrund behaltene, die notwendige "Vermittlung" des Selbstvollzugs seiende "Symbol", in dem sich das materielle Seiende hat und sich anzeigend (in der Variationsbreite seines Wesens) darbietet. Im Fall der species der materiellen Dinge haben wir (auf dieser bestimmten Seinsebene und den damit gegebenen Voraussetzungen) bei Thomas wirklich alle Elemente, die wir in einer allgemeineren Ontologie des pluralen Seienden für den ursprünglichen Begriff des Symbols entwickelt haben: die Bildung des Symbols als eines Selbstvollzugs des Symbolisierten selbst, die innere Zugehörigkeit des Symbols zum Ausgedrückten selbst, die Selbstverwirklichung durch die Bildung dieses wesensentspringenden Ausdrucks. Auf eine andere Lehre, auf die zur Bekräftigung des gewonnenen Symbolbegriffs aus der Scholastik hingewiesen werden kann, kommen wir ausführlicher in einem anderen Zusammenhang zurück: auf die Lehre von der Seele als "forma" des Leibes und des Leibes als Ausdruck der geistigen Grundwirklichkeit des Menschen.

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: ZUR THEOLOGIE DES SYMBOLS

Stichwort: 2. Satz einer Ontologie d. Symbols; Realsymbol - Selbstvollzug

Kurzinhalt: Das eigentliche Symbol (Realsymbol) ist der zur Wesenskonstitution gehörende Selbstvollzug eines Seienden im anderen.

Textausschnitt: 290a Um das bisher erreichte Resultat nochmals zusammengefaßt zu verdeutlichen, können wir den ersten Satz, den wir als Grundprinzip einer Ontologie des Symbols aufstellten, umkehren, indem wir sagen und als zweiten Satz aufstellen:

2. Das eigentliche Symbol (Realsymbol) ist der zur Wesenskonstitution gehörende Selbstvollzug eines Seienden im anderen. (Fs) (notabene)

290b Wo ein solcher Selbstvollzug im anderen (als notwendige Weise der eigenen Wesensverwirklichung) gegeben ist, haben wir ein Symbol des betreffenden Seienden. Die Frage, für wen dieser Selbstvollzug im anderen das Seiende ausdrückt und so präsent macht, wer in einem solchen Symbol dieses Seiende hat (ob das betreffende Seiende selbst oder ein anderes), die Frage, in welchem (wesentlich verschiedenen) Grad und in welch verschiedener Weise dieser Selbstvollzug im Symbol und diese Gegebenheit realisiert werden (ob im eigentlich erkennenden und liebenden Sichselbstfinden oder in einem dazu relativ defizienten Modus), das alles sind Fragen, die im Vergleich zu diesen beiden ersten Prinzipien nach Unterschieden fragen, die gegenüber dieser allgemeinen Ontologie des Symbols sekundär sind und deswegen entstehen, weil der Begriff des Seienden eben ein "analoger", d. h. den je verschiedenen Selbstvollzug jedes Seienden anzeigender Begriff ist, Sein in sich selbst und gerade darum auch der Begriff und die Wirklichkeit des Symbols abwandelbar sind; weil diese aber schon notwendig mit dem allgemeinen Begriff des Seienden und Seins mitgesetzt sind (als die "unverborgene" Gestalt der ursprünglichsten "Wahrheit" des Seins), darum teilt das Symbol auch diese "analogia entis" mit seinem Symbolisierten, dem Sein. (Fs) (notabene)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: ZUR THEOLOGIE DES SYMBOLS

Stichwort: Trinität, Logos, Symbol; der Logos als Symbol des Vaters

Kurzinhalt: der Vater ist er selbst, indem er das ihm wesensgleiche Abbild als den von sich anderen sich gegenüberstellt und so sich selbst hat

Textausschnitt: 291a Wenn das bisher Gesagte richtig ist, dann ist von vornherein zu erwarten, daß sich eine Theologie nicht durchführen läßt, ohne daß sie auch eine Theologie des Symbols, der Erscheinung und des Ausdrucks, der Selbstgegebenheit in dem als anderem Gesetzten wird. Tatsächlich kann die ganze Theologie, ohne nicht auch wesentlich eine Symboltheologie zu sein, sich gar nicht begreifen, sowenig man im allgemeinen auf diesen ihren Grundcharakter ausdrücklich und systematisch achtet. Und umgekehrt: weil eine einfache Durchmusterung der dogmatischen Aussagen auf dem ganzen Gebiet der Theologie zeigt, wie sehr sie des Symbolbegriffes bedarf und ihn (obzwar in den verschiedensten Fassungen und Wendungen) gebraucht, darum ergibt sich auch eine rückläufige Bestätigung der Notwendigkeit unserer allgemeinen ontologischen Überlegungen. (Fs)

291b Wir müssen uns natürlich mit wenigen Andeutungen begnügen. Dem aufmerksamen und theologisch geschulten Leser wird nicht entgangen sein, daß im Hintergrund der ontologischen Darlegungen immer schon der Gedanke an das Mysterium der Trinität stand. Wir haben uns ja in unserer Methodenfreiheit insofern schon ausdrücklich auf dieses Geheimnis berufen, als wir es zum Beweis verwandten, daß eine Pluralität in einem Seienden nicht immer und überall als ein Index der Endlichkeit und Unvollkommenheit betrachtet werden darf, daß also eine allgemeine Ontologie (die nur vom Seienden streng als solchem reden will) durchaus davon ausgehen darf, daß ein jedes Seiende eine innere Pluralität unbeschadet seiner (eventuell höchsten) Einheit und Vollkommenheit gerade als die Vollkommenheit seiner Einheit in sich trägt. Darum kann eine mehr regionale Ontologie und ebenso eine Theologie fragen, was dies in Hinsicht auf den Symbolcharakter der einzelnen Seienden bedeutet. (Fs)

292a Wir haben aber bei der Entwicklung der Symbolontologie uns nicht sonderlich bemüht, diese Ontologie so zu formulieren, daß sie unmittelbar und in untadeliger Orthodoxie auch für die Trinitätstheologie verwendbar ist. Es soll auch jetzt die Konvergenz dieser Ontologie und der Trinitätstheologie (besonders der Logostheologie) nicht ausdrücklich hergestellt werden. Für unsere Zwecke genügt es, ganz schlicht darauf hinzuweisen, daß die Logostheologie eigentlich eine, ja die höchste, Symboltheologie ist, wenn wir dem Wort den schon erarbeiteten Sinn belassen, und nicht ganz abkünftige Bedeutungen diesem Wort zugrunde legen, wie sie die vulgäre Alltagssprache kennt. Der Logos ist das "Wort" des Vaters, sein vollkommenes "Abbild", sein "Charakter", sein Abglanz, seine Selbstaussage. Wie immer es um die Antwort auf die Frage bestellt sein mag, welche theologische Verbindlichkeit die augustinische psychologische Trinitätstheologie hat, ob der Vater das ewige Wort sagt, weil er sich selbst erkennt oder um sich selbst zu erkennen, an zwei Daten wird man auf jeden Fall festhalten müssen: der Logos (als Wirklichkeit des immanenten göttlichen Lebens) ist "gezeugt" als Abbild und Aussage des Vaters vom Vater, und dieser Prozeß ist ein mit dem göttlichen Selbsterkennen notwendig gegebener Vorgang, ohne den der absolute Akt des erkennenden göttlichen Selbstbesitzes nicht sein kann. Hält man aber an diesen beiden Daten der traditionellen Theologie (um keine höhere Qualifikation zu geben) fest, dann kann und muß man unbedenklich sagen: der Vater ist er selbst, indem er das ihm wesensgleiche Abbild als den von sich anderen sich gegenüberstellt und so sich selbst hat. Das aber heißt: der Logos ist das "Symbol" des Vaters, und zwar in ebendem Sinn, den wir dem Wort gegeben haben: das innere und doch vom Symbolisierten verschiedene, von diesem selbst gesetzte Symbol, in dem der Symbolisierte sich selbst ausdrückt und sich so selbst hat. - Wir übergehen die Frage, was dies bedeutet (im voraus zu einer Theologie der Inkarnation) für das Verständnis des Vaters und seines Verhältnisses zur Welt. Wenn man mit einer theologischen Tradition erst seit Augustinus einfach als selbstverständlich voraussetzt, daß jede der göttlichen Personen, je für sich, ein eigenes hypostatisches Verhältnis zu einer bestimmten Weltwirklichkeit eingehen und so "erscheinen" könne, dann hätte der Logos durch seine innergöttliche Abbildlichkeit im Bezug auf den Vater noch keinen besonderen, ihm durch seine Ursprungsbeziehung zum Vater allein zukommenden Symbolcharakter für die Welt. Der Vater könnte sich gewissermaßen auch am Sohn vorbei offenbaren und "erscheinen". Wenn man aber diese augustinische Voraussetzung nicht macht, die sicher keinen klaren Anhaltspunkt in der Augustin vorausgehenden Tradition1 (und noch weniger in der Schrift) hat, dann kann man ruhig annehmen, daß das Symbolverhältnis des Logos zum Vater (bei aller Gemeinsamkeit des Handelns des dreifaltigen Gottes nach außen) auch für dieses Handeln Gottes nach außen seine Bedeutung hat. Weil Gott sich innergöttlich "ausdrücken" "muß", kann er sich auch nach außen aussagen; die geschöpflich-endliche Aussage nach außen ist eine (freie, weil einen endlichen Gegenstand habende) Fortsetzung der innergöttlichen Setzung von "Bild und Gleichnis" und geschieht wirklich (in einem hier nicht näher zu bestimmenden Sinn) "durch" den Logos (Jo 1, 3). Aber dieses schwierige Thema soll hier nicht eigentlich behandelt werden. Nur im Vorbeigehen sollte es erwähnt werden, weil dieser Zusammenhang zwischen einer innergöttlichen und außergöttlichen Symbolwirklichkeit nicht ausgelassen werden konnte, da er doch auch in der Tradition irgendwie gesehen wird. (Fs)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: ZUR THEOLOGIE DES SYMBOLS

Stichwort: Symbol, Christologie, Inkarnation, Logos; Annahme der menschlichen Natur (Livree), Anthropologie

Kurzinhalt: Der menschgewordene Logos ist das absolute Symbol Gottes in der Welt, das unberbietbar mit dem Symbolisierten erfüllt ist; daß Zeichen und Bezeichnetes eigentlich disparat wären

Textausschnitt: 293a Wenn eine Theologie der Symbolwirklichkeit geschrieben werden sollte, dann müßte selbstverständlich die Christologie als Lehre von der Inkarnation des Logos das zentrale Kapitel darin bilden. Und dieses Kapitel brauchte fast nur eine Exegese des Wortes zu sein: Wer mich sieht, sieht den Vater (Jo 4, 9). Daß der Logos Bild, Ebenbild, Abbild, Repräsentanz, Gegenwart (und zwar mit der ganzen Fülle der Gottheit erfüllte) ist, das braucht hier nicht lange dargelegt zu werden. Ist es aber so, dann ist auch der Satz verständlich: Der menschgewordene Logos ist das absolute Symbol Gottes in der Welt, das unüberbietbar mit dem Symbolisierten erfüllt ist, also nicht nur die Anwesenheit und Offenbarung dessen in der Welt, was Gott in sich selbst ist, sondern auch das ausdrückende Da-sein dessen, was (oder besser: wer) Gott in freier Gnade der Welt gegenüber sein wollte, und zwar so, daß diese Haltung Gottes, weil so ausgedrückt, nicht mehr zurückgenommen werden kann, sondern die endgültige und unüberbietbare ist und bleibt. (Fs) (notabene)

294a Doch muß zu der allgemein bekannten dogmatischen Lehre, die wir hier voraussetzen dürfen, einiges hinzugefügt werden, was (wenn auch nicht denselben theologischen Sicherheitsgrad besitzend) doch notwendig erscheint, um ein wirkliches Verständnis der Inkarnationslehre als einer Symboltheologie zu erzielen. Wenn wir einfach nur sagen: der Logos hat eine menschliche Natur angenommen, und diese definierte Glaubenslehre als adäquate Aussage dessen betrachten, was das Inkarnationsdogma sagen will (obwohl diese Formulierung der hypostatischen Union diesen Anspruch gar nicht erhebt), dann kommt eigentlich der volle Sinn der Symbolwirklichkeit, die die Menschheit des Logos diesem gegenüber darstellt, nicht zur deutlichen Aussprache. Denn wenn diese Menschheit, die angenommen wurde, nur als jene uns bekannte Wirklichkeit betrachtet wird, die wir von uns her kennen, und die nur in einem ganz allgemeinen Sinn "Bild und Gleichnis" Gottes ist, und wenn wir diese Menschheit nur in einem statisch-ontischen Sinn subsistieren, also "getragen" und "angenommen" sein lassen durch den Logos, dann eignet dieser Menschheit dem Logos gegenüber zwar die Funktion eines Signals, einer Livree, aber nicht in voller Wahrheit die Funktion jenes Symbols, dessen Sinn wir bisher entwickelt haben. Der Logos würde sich verlautbaren, vernehmen lassen durch eine an sich ihm fremde, von außen zufällig angenommene, in ihrer inneren Wesenheit nichts mit ihm zu tun habende Wirklichkeit. Der Grad der "Verbundenheit" des Sich-Verlautbarenden und des Verlautbarungsmittels könnte, so radikal er auch gedacht werden mag (eben als eine Hypostatische Union), daran nichts mehr ändern, daß Zeichen und Bezeichnetes eigentlich disparat wären und es sich darum nur um ein arbiträres Zeichen handeln könnte. Oder noch genauer: Die angenommene Menschheit wäre das mit dem Verlautbarenden substantiell verbundene Mittel seiner Verlautbarung, aber noch in keiner Weise diese Verlautbarung selber; sie selbst würde nur etwas -von sich selbst sagen; vom Logos könnte sie nur etwas aussagen, insofern dieser sie zu Worten und Taten benützt, die, von ihm gestaltet und gesteuert, durch ihren Sinn und das Wunderbare daran mehr als bloß Menschliches, also etwas vom Logos selbst verlautbaren würden. Kein Wunder, daß eine Theologie, die diese Voraussetzungen stillschweigend und unreflex, aber wirksam macht, Jesus konkret doch nur durch seine Lehre, nicht aber durch das, was er in seiner menschlichen Natur ist, zur Offenbarung Gottes des Vaters und seines inwendigen Lebens kommen läßt. Höchstens käme in einer solchen Auffassung noch eine Offenbarung durch sein (tugendhaftes) Handeln in Frage. (Fs)

295a Um hier weiterzukommen und um den unausschöpfbaren Inhalt der Glaubensformel von der Menschwerdung des Logos zu einer größeren Verdeutlichung zu bringen, könnte man zunächst anknüpfen an die thomistische Lehre, daß die Menschheit Christi durch das Sein des Logos existiert. Freilich müßte man bei dieser These sich verdeutlichen, daß dieses Sein des Logos auch wieder nicht gedacht werden darf als die Wirklichkeit, die gewissermaßen (bloß wegen ihrer Unendlichkeit) jedwedem denkbaren "Wesen" Dasein verleihen könnte, für jedwede Essenz den in sich dafür indifferenten Boden des Daseins bieten könnte, für den es völlig gleichgültig wäre, was so als daseiend ent-steht. Dieses Sein des Logos (natürlich als das durch Ausgang vom Vater erhaltene) muß als selber sich entäußernd gedacht werden, so daß (unbeschadet seiner Unveränderlichkeit in sich selbst und an sich selbst) es selbst in Wahrheit die Existenz einer geschaffenen Wirklichkeit wird, und dies eben in aller Wahrheit und Wirklichkeit von ihm, diesem Sein des Logos, ausgesagt werden muß, weil es so ist. Dann aber kommen wir von diesen thomistischen Ansatzpunkten zu Überlegungen und Einsichten, die deutlich machen, daß und in welchem radikalen Sinn die Menschheit Christi wirklich die "Erscheinung" des Logos selbst, sein Realsymbol, im eminentesten Sinn ist, und nicht nur das ihm und seiner Wirklichkeit an sich Fremde, das nur wie ein Instrument von außen her angenommen wurde, um sich zu verlautbaren, so daß es selber eigentlich doch nichts von dem es Verwendenden zeigt. Aber eben diese Überlegungen wurden schon in einem früheren Kapitel über das Geheimnis der Inkarnation angestellt. Dort wurde gezeigt, daß die Menschheit Christi eben nicht als Livree und Vermummung Gottes, als Signal bloß, dessen er sich bedient, aufzufassen ist, so daß erst das durch dieses Signal Verlautbarte etwas über den Logos aussagt, sondern als die Selbstverlautbarung des Logos selbst, so daß, wenn Gott, sich selbst aus-sagend, sich selbst ent-äußert, eben gerade das erscheint, was wir die Menschheit des Logos nennen, Anthropologie also selbst ihren letzten Ursprungsort nicht bloß in einer Lehre von den Möglichkeiten eines unendlichen Schöpfers hat (der aber sich doch nicht eigentlich selbst verrät, wenn er schafft), sondern in der Lehre von Gott selbst, insofern darin auch gesagt wird, was " erscheint", wenn er in seiner Selbstentäußerung in das von ihm andere hinein aus sich selbst heraustritt. Aber eben für diese Erwägungen muß auf das frühere Kapitel verwiesen werden. (Fs)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: ZUR THEOLOGIE DES SYMBOLS

Stichwort: Kirche, Ursymbol

Kurzinhalt: Kirche: das Gegenwärtigbleiben des menschgewordenen Wortes in Raum und Zeit

Textausschnitt: 296a Aus dem dort Gesagten ergibt sich, daß der Logos als Sohn des Vaters in seiner Menschheit als solcher in aller Wahrheit das offenbarende, weil das Geoffenbarte selbst gegenwärtig setzende Symbol ist, in dem der Vater sich in diesem Sohn selbst der Welt sagt. Aber damit wäre eigentlich eine Theologie des Symbols von der Inkarnationslehre her erst am Anfang, nicht am Ende. Denn von hier aus müßte nun bedacht werden, daß die natürliche Tiefe der (an sich innerweltlichen oder bloß natürlich auf Gott transzendierenden) Symbolwirklichkeit aller Dinge realontologisch eine unendliche Ausweitung dadurch erhalten hat, daß diese Wirklichkeit auch Bestimmung des Logos selbst oder seiner Umwelt geworden ist. Jede gottentsprungene Wirklichkeit, wo sie echt und unverdorben ist, wo sie nicht zu einem rein menschlichen Mittel und Nutzwert degradiert ist, sagt ja viel mehr als nur sich selbst, meint und tönt immer das Ganze der Wirklichkeit überhaupt (in seiner je eigenen Weise). Spricht die einzelne Wirklichkeit im Anwesendseinlassen des Ganzen auch von Gott (letztlich durch die transzendentale Verwiesenheit auf ihn als die exemplarische, effiziente und finale Ursache), so erhält diese Transzendenz eine (wenn auch nur für den Glauben erfaßbare) Radikalität dadurch, daß nun in Christo diese Wirklichkeiten nicht mehr bloß auf Gott als die Ursache, sondern auf den Gott hinweisen, dem diese Wirklichkeiten selbst als seine substantielle Bestimmung oder seine ihm eigene Umwelt angehören. Das fleischgewordene Wort läßt alles in sich bestehen (Kol 1,17), und darum hat alles auch in seiner Symbolhaftigkeit eine unergründliche Tiefe, die nur der Glaube auszuloten vermag. Was so ganz abstrakt gesagt ist, gälte es im einzelnen, angewendet auf die Einzelwirklichkeiten (Wasser, Brot, Hand, Auge, Schlaf, Hunger und tausend andere Dinge des Menschen und seiner ihn tragenden und auf ihn bezogenen Umwelt) zu verdeutlichen, wenn man wissen wollte, welche Theologie der Symbolwirklichkeit eigentlich dadurch begründet worden ist, daß der Logos als das Wort des Vaters in der "Abkürzung" seines Menschenwesens den Vater aussagt und sein ihn der Welt mitteilendes Symbol ist. - Wenn wir sagen, daß die Kirche das Gegenwärtigbleiben des menschgewordenen Wortes in Raum und Zeit ist, dann sagen wir damit auch sofort, daß sie diese Symbolfunktion des Logos in der Welt fortsetzt. Um diesen Satz richtig zu würdigen, sind zwei Dinge zu bedenken. Einmal: dort, wo eine Wirklichkeit, die im Symbol kundgetan werden soll, selbst eine total menschliche, also auch eine gesellschaftliche und existentielle (freiheitliche) Seite hat, ist eine gesellschaftliche und darum juridisch bestimmte Eigentümlichkeit des Symbols kein Argument dafür, daß dieses Symbol nur ein willkürliches Verweis und Vertretungssymbol und kein Realsymbol sei. Wo eine freie Entscheidung im Symbol kundgetan und in ihm selbst vollzogen werden soll, ist die juridische Verfaßtheit und die freie Gesetztheit gerade das, was aus dem Wesen eines Realsymbols heraus in diesem Fall gefordert und erwartet werden muß. Eine Wirklichkeit, die nicht existentieller Art ist, kann sich nicht auf diese freie und juridisch verfaßte Weise so ausdrücken, daß das Symbol gleichzeitig auch Realsymbol ist, das die Wirklichkeit des Symbolisierten selbst enthält, weil diese sich selbst in dieses andere des Symbols hineinvollzogen hat. Dies würde dem Wesen dieses bestimmten Symbolisierten widersprechen. So aber liegt der Fall nicht, sondern genau umgekehrt, wo es sich um eine Wirklichkeit handelt, die eine freie Setzung Gottes selbst ist und eine gesellschaftliche Struktur hat. Wenn eine solche sich in einer frei gesetzten und gesellschaftlich-rechtlich gestalteten Symbolhaftigkeit gegenwärtig setzt, entspricht dies nur ihrem Wesen und ist keine Instanz gegen eine Realsymbolik1. Die Kirche aber (auch in ihrer pneumatischen Wirklichkeit) ist freie Setzung der erlösenden Tat Christi und eine gesellschaftliche Größe. Wenn sie also in juridisch gesetzter Weise verfaßt ist, widerstreitet dies nicht dem Satz, daß sie das Realsymbol der Gegenwart Christi, seiner endgültigen Heilstat in der Welt und so der Erlösung ist. Zum anderen: die Kirche ist nach ihrer eigenen Lehre (besonders bei Leo XIII. und Pius XII.) nicht nur eine gesellschaftliche und rechtlich verfaßte Größe, sondern zu ihrem Wesen gehört die Heilsgnade, der Heilige Geist selbst. Damit ist aber gegeben, daß dieses Symbol der Gnade Gottes wirklich enthält, was es anzeigt, daß es das Ursakrament2 der Gnade Gottes ist, das nicht nur bezeichnet, sondern auch besitzt, was durch Christus endgültig in die Welt gebracht worden ist: die reuelose, über die Schuld der Menschen siegreich triumphierende, eschatologische Gnade Gottes. Kirche als unzerstörbare, als Kirche der unfehlbaren Wahrheit und als Kirche der Sakramente, als opus operatum und als (für das Ganze der Kirche) auch in der subjektiven Gnade der Menschen unzerstörbar heilige (und darin sogar selbst noch Glaubensmotiv, nicht nur Glaubensgegenstand seiende) ist wirklich das erfüllte Symbol dafür, daß Christus da-geblieben ist als das siegreiche Erbarmen. (Fs)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: ZUR THEOLOGIE DES SYMBOLS

Stichwort: Sakramentenlehre, Grundaxiome der Sakramentenlehre

Kurzinhalt:

Textausschnitt:

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: Wort und Eucharistie

Stichwort: Fragestellung -> Wort und Sakrament konstituieren Kirche; Verhältnis: Wort - Sakrament

Kurzinhalt: das «Wort» als ein konstitutives, und zwar als das formale (also entscheidende) Moment am sakramentalen Zeichen

Textausschnitt: 4/1 Wort und Sakrament sind so ähnlich, daß sowohl nach dem Grund dieser Gemeinsamkeit, wie nach der Möglichkeit der Unterscheidung zwischen beiden trotz, ja wegen dieser Gemeinsamkeit und ihres Grundes gefragt werden muß, soll man überhaupt ein wirklich theologisches Verständnis für die beiden Größen gewinnen. Dazu kommt folgendes: Wort und Sakrament konstituieren die Kirche. Genauer gesagt: die Vollmacht der Verkündigung des Wortes Gottes in der Autorität Gottes und seines Christus und die Vollmacht, die Sakramente an den Menschen zu vollziehen, sind die beiden Grundvollmachten der Kirche, die für ihr Wesen konstitutiv sind. Wir brauchen hier nicht auf die bekannte Streitfrage einzugehen, ob wir in der Kirche drei oder zwei grundlegende «potestates» zu unterscheiden haben: die potestas ordinis und iurisdictionis oder Lehramt, Hirtenamt, Priesteramt. Wie dem auch sei: die Vollmacht des Sakramentes und die des Wortes charakterisieren in einer grundlegenden Weise das Wesen der Kirche. (314; Fs)

5/1 Diese beiden Gewalten können aber nicht einfach beziehungslos nebeneinander stehen, sollen sie die eine Kirche als die eine Gegenwart des einen Heiles in dem einen Christus ausmachen. Und so entsteht auch von der Ekklesiologie selbst her die Frage nach dem Verhältnis von Wort und Sakrament. Dazu kommt schließlich, daß die Sakramentenlehre selbst uns in diese Frage hineindrängt. Wir sind gewohnt, das «Wort» als ein konstitutives, und zwar als das formale (also entscheidende) Moment am sakramentalen Zeichen anzusprechen. Wenn wir nicht oberflächlich sein wollen, können wir dieses «Wort», das mitten im sakramentalen Geschehen selbst steht, nicht als irgendein Wort auffassen; es muß uns das in der Autorität Gottes selbst gesprochene Wort sein, das Wort, das in uns und durch uns Christus selbst spricht, das, weil es seines ist, wirksam ist und bewirkt, was es bezeichnet, anwesend sein läßt, was es proklamiert. Wiederum ist von da aus die Frage gar nicht mehr vermeidbar, wie sich dieses Wort eigentlich zu dem autoritativen Wort Christi verhalte, das sonst in der Kirche laut wird. (314f; Fs)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: Wort und Eucharistie

Stichwort: Protestanten, Katholiken: Theologie des Wortes, Offenbarung

Kurzinhalt: evangelische Christen: die Kirche des Wortes; Katholiken: die Kirche der Sakramente... Aber in der Praxis war es leider auf beiden Seiten doch fast schon so

Textausschnitt: 8/1 Es ist z. B. bezeichnend, daß man im Index systematicus des Denzinger keinen Abschnitt finden kann über «Das Wort Gottes», da der Abschnitt «De Revelatione» wegen seiner a priori doktrinären Ausrichtung nicht dafür gehalten werden kann. Es zeigt sich hier dieselbe Erscheinung, wie wir sie sonst in der Fundamentaltheologie beobachten: Offenbarung wird von vornherein in der Schultheologie im Gegensatz zur heutigen protestantischen und katholischen Bibeltheologie als Offenbarung rein lehrhafter Art von Sätzen und nicht als ereignishafte Tatoffenbarung betrachtet, in der Gott am Menschen schöpferisch und begnadend handelt und darin und dafür sein Wort sagt als inneres Moment an dieser seiner Tat am Menschen oder in der (biblischer gesagt) diese Handlung Wort ist, weil Gottes Wort wesentlich wirkt, was es sagt. - (316; Fs) (notabene)

9/1 Wenn die Gnadenlehre heute in einer Überwindung einer zu sachhaften Auffassung der Gnade das personale Moment an der Gnade (primär als ungeschaffene Selbstmitteilung Gottes gesehen) betont, dann kommt sie auch von daher zu einem Zugang zum Wort Gottes und zu einem umfassenderen Verständnis dieses Wortes als der Weise, in der eine Person sich einer anderen öffnet und frei mitteilt. - Wenn heute in einer Geltendmachung der Theologie der griechischen Väter die Menschwerdung selbst schon als ein Moment an der Erlösung selbst gesehen wird und nicht nur als die Konstitution dessen, der, wenn er will und sich in einem gewissermaßen ganz neuen Akt dazu hergibt, Erlöser sein kann, dann ist die Ankunft des fleischgewordenen Logos des Vaters fast unabweislich als radikalster Fall eines heilswirksam schaffenden Wortes Gottes überhaupt gesehen und ruft nach einer Theologie des Wortes Gottes als einer soteriologischen Größe überhaupt. Dies würde noch deutlicher werden, wenn die Menschwerdung des Logos nicht als die Inkarnation irgendeiner der drei göttlichen Personen gesehen würde, so daß es auch jede andere Person ebensogut sein könnte, die Mensch wird, sondern als Inkarnation des Logos gerade und genau als solchen, der wegen seiner innertrinitarischen Eigentümlichkeit gerade der ist, der Mensch wird und allein werden kann. - (316f; Fs) (notabene)

10/1 Die größere Gesprächsnähe, die heute wieder zwischen katholischer und evangelischer Theologie besteht, drängt uns zu einer Neubesinnung auf eine Theologie des Wortes. Die katholische Theologie hat sowenig wie das Lehramt zwar jemals die Formel annehmen können, daß die Gemeinschaft der evangelischen Christen die Kirche des Wortes und wir Katholiken die Kirche der Sakramente seien. Aber in der Praxis war es leider auf beiden Seiten doch fast schon so. Bei den Evangelischen der letzten Jahrhunderte seit der Aufklärung war (in Auswirkung eines genuin protestantischen Impulses) die Predigt fast alles und die Sakramente fast nur so etwas wie ein bloß traditionell erklärbares Anhängsel und Relikt an der Verkündigung der reinen Lehre. Und bei uns war es praktisch fast so, daß man alles Wort nur auffaßte als unvermeidliche Vorbereitung auf die Sakramente (und ein christliches Leben), die selber aber etwas ganz anderes als Wort sind, weil sie ja gewiß keine «Belehrung» sind «über etwas». Nun aber beginnt die evangelische Theologie doch die Sakramente wieder ernster zu nehmen, in ihrer wesentlichen und unersetzlichen Bedeutung für das christliche Dasein zu sehen. Und wir reflektieren ausdrücklicher darauf, daß wir die Kirche des Wortes Gottes sind und dies nicht bloß bedeutet, daß die Kirche die Schulstube Gottes ist, in der man darüber belehrt wird, wie man sich verhalten müsse, wenn man nämlich die Sakramente empfängt oder im Leben sich ordentlich aufführen muß. (317; Fs)
11/1 Es handelt sich also darum, in einer Theologie des Wortes dessen Wesen als Wort Gottes in der Kirche herauszustellen. Dabei kommt es hier nur auf jene Merkmale dieses Wortes an, die für das innere Verhältnis von Wort und Sakrament von unmittelbarer Bedeutung sind. Es versteht sich von selbst, daß diese Theologie des Wortes auch in dieser Einschränkung hier nicht eigentlich entwickelt und aus den theologischen Quellen bewiesen werden kann. Es soll nur der Versuch gemacht werden, wenigstens in einer Reihe von Thesen das Allerwichtigste zu sagen und eben noch anzudeuten, worin vermutlich ungefähr die theologische Begründung der aufgestellten Sätze liegen könne. (317f; Fs)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: Wort und Eucharistie

Stichwort: Wort Gottes - Gottes Heilstat

Kurzinhalt: Das Heil ist zwar Gottes Tat, diese Tat Gottes ist aber nicht adäquat identisch mit dem im Menschenwort ergehenden Wort Gottes, insofern es in diesem ergeht

Textausschnitt: 11/1 Es handelt sich also darum, in einer Theologie des Wortes dessen Wesen als Wort Gottes in der Kirche herauszustellen. Dabei kommt es hier nur auf jene Merkmale dieses Wortes an, die für das innere Verhältnis von Wort und Sakrament von unmittelbarer Bedeutung sind. Es versteht sich von selbst, daß diese Theologie des Wortes auch in dieser Einschränkung hier nicht eigentlich entwickelt und aus den theologischen Quellen bewiesen werden kann. Es soll nur der Versuch gemacht werden, wenigstens in einer Reihe von Thesen das Allerwichtigste zu sagen und eben noch anzudeuten, worin vermutlich ungefähr die theologische Begründung der aufgestellten Sätze liegen könne. (317f; Fs)

12/1 1. Das Wort Gottes wird von der Kirche gesagt und bleibt dabei in seinem Charakter als Wort Gottes grundsätzlich und aufs ganze lauter erhalten.- Dieser Satz dürfte klar sein. Wer ihn leugnen würde, würde das Wesen der Kirche aufheben, in der und durch die hindurch (und nicht neben ihr vorbei) Christus seine Botschaft als Wort Gottes allen Zeiten gleichzeitig macht, durch die er uns in seiner eigenen Sendung gegenwärtig ist. (318; Fs)

13/1 2. Dieses Wort Gottes in der Kirche ist ein inneres Moment an dem Heilshandeln Gottes am Menschen. Das Heil ist zwar Gottes Tat, diese Tat Gottes ist aber nicht adäquat identisch mit dem im Menschenwort ergehenden Wort Gottes, insofern es in diesem ergeht. Denn Gottes Heilstat am Menschen ist nicht bloß forensische Zurechnung der Gerechtigkeit Christi, ist auch nicht bloß Ankündigung einer bloß zukünftigen Tat Gottes, ist auch nicht bloß konstituiert durch den Glauben des Menschen (wie immer man diesen weiterhin interpretieren mag), sondern ist ein wahres, reales, schöpferisches Handeln Gottes in Gnade zur inneren Umgestaltung des Menschen in der Teilnahme an der göttlichen Natur, was alles als Bedingung der Möglichkeit eines heilshaften Handelns des Menschen diesem Handeln mindestens logisch vbrausliegt. (318; Fs)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Schriften zur Theologie IV

Titel: Wort und Eucharistie

Stichwort: Mitvollzug (Annahme) der Gnade; Gnade: transzendental - kategorial

Kurzinhalt: Kurz: für die normale Vollgestalt der personalen Selbsterschließung Gottes an den personal aktualisierten Menschen treten das innere Gnadenwort und das äußere geschichtliche Offenbarungswort als gegenseitig sich bedingende Momente ...

Textausschnitt: 14/1 Aber dennoch ist zu diesem Akt der göttlichen Neuschöpfung des Menschen durch die zuvorkommende Gabe Gottes dort, wo es sich um den Menschen handelt, der im Besitz seiner aktuellen personalen Freiheit ist, ein personaler Mitvollzug dieser Neuschöpfung in Glaube, Hoffnung und Liebe nicht nur notwendig, sondern inneres Moment an diesem ganzen Vorgang. Das ergibt sich schon daraus, daß nicht nur die Gnade der Vergöttlichung, sondern auch die Annahme dieser Gabe nach allen theologischen Quellen als Gnade charakterisiert werden muß, also diese Annahme der göttlichen Rechtfertigungsgabe selbst zur Gabe gehört, insofern diese Gnade als wirksame Gnade den Akt der Annahme in seiner Tatsächlichkeit und als erhebende Gnade in seiner Qualität bewirkt. Daraus ergibt sich, daß die freie personale Zustimmung von Gott selbst als solche bewirkt werden muß, d. h. als geistiger, personaler, um sich als Akt der Annahme wissender Akt. (318f; Fs)

15/1 Insofern also diese zuvorkommende, die Tat des Menschen als Faktum und in ihrer Qualität schenkende Gnade Gottes nach den theologischen Quellen als Erleuchtung und Inspiration zu qualifizieren ist, ist sie schon per definitionem «Wort», d. h. geistige Selbstmitteilung Gottes an die Kreatur, besonders insofern diese Gnade ja nicht irgendeine sachhafte Wirklichkeit, sondern die reale Selbstmitteilung Gottes in der «ungeschaffenen» Gnade ist und (wenigstens nach thomistischer Lehre) jede entitativ übernatürliche Gnade auch bewußtseinsmäßig durch ihr übernatürliches Formalobjekt einen Bewußtseinszustand im Menschen schafft, der von keinem rein natürlichen Akt hergestellt werden kann. (319; Fs) (notabene)

16/1 Aber diese innere, schon in sich worthafte Selbstmitteilung Gottes kann allein für den normalen und vollentfalteten Vollzug ihrer Annahme nicht ausreichen. Sie wäre für sich allein gewissermaßen nur ein transzendentales, ungegenständliches und nicht reflektierbares Wissen um diese Gnadentat Gottes am Menschen. Mag das auch u. U. zum Heilsakt (auch als Glaubensakt gegenüber einer «Offenbarung») ausreichen, worüber hier nicht zu handeln ist, so ist durch dieses innere Gnadenwort allein ein entfaltetes und gegenständlich reflexes Selbstverständnis des Menschen um sich als glaubenden Empfänger der göttlichen Selbstmitteilung allein nicht möglich. Würde nämlich in dem inneren Gnadenwort, in der «Erleuchtung» durch die Gnade von innen allein die worthafte Selbstmitteilung Gottes schon vollendet sein, dann würde entweder der Mensch grundsätzlich und immer sein Heil nur in der unreflexen, ungegenständlichen Transzendentalität seines Wesens vollziehen, die Dimension des Kategorialen, Welthaften bliebe außerhalb des Bereiches des Heilshandelns, der Mensch wäre nur in seinem «Fünklein», in seinem geheimen Grund, nicht aber in der ganzen Breite seines Daseins mit all seinen Dimensionen von Gottes Heil beansprucht, oder der Mensch hätte schon eine absolute Sicherheit über seinen Gnadenzustand und letztlich schon die Visio beatifica, wenn er nämlich aus den Tiefen seines begnadeten Bewußtseins allein heraus die ganze Inhaltlichkeit dieser Begnadigung entwickeln könnte, weil die adäquate Reflektierbarkeit der inneren Vergöttlichung per definitionem «visio beatifica» ist. (319f; Fs) (notabene)

17/1 Dazu kommt, daß auf eine solche Weise auch die soziale Dimension des Menschen vom Heilsgeschehen nicht in Anspruch genommen würde. Ist der Mensch aber wesentlich und ursprünglich ein Wesen der Gemeinschaft auch noch in der Dimension der individuellsten Heilsentscheidung, dann kann das Wissen um seine Begnadigung nicht adäquat aus seiner inneren Erfahrung der Gnade allein kommen, sondern muß ihm (nicht exklusiv) auch von außen, von der Welt, von der Gemeinschaft, aus der geschichtlich vermittelten, sozialen Heilsgeschichte herkommen. Damit ist aber gesagt: das verkündigte Wort Gottes, also insofern es von der geschichtlichen, äußeren Heilstat Gottes als deren innerem Moment und von der Heilsgemeinde getragen ist, gehört zu den notwendigen inneren Momenten des Heilshandelns Gottes am Menschen. (320; Fs)

18/1 3. Als inneres Moment an dieser Heilstat Gottes partizipiert das Wort an der Eigentümlichkeit des Heilshandelns Gottes in Christus (und der Kirche). Um diesen Satz zu verstehen, ist auf die wesentliche Verbindung zwischen dem inneren Gnadenwort und dem äußeren, geschichtlichen, sozialen («kirchlichen») Offenbarungswort zu verweisen. Beide gehören wesentlich zusammen, sind selbst dort noch aufeinander hingeordnet, wo (vielleicht) eine faktische Trennung zwischen beiden in einem einzelnen Lebensschicksal obwalten könnte (worüber hier nicht gehandelt werden kann). Denn das äußere, geschichtliche Wort legt das innere Wort aus, bringt es für den Menschen zu einer reflexen kategorialen Selbstgegebenheit, zwingt in einer eindeutigeren Weise zu einer Stellungnahme des Menschen dem inneren Wort gegenüber, leitet die innere Begnadigung des Menschen in die Dimension der Gemeinschaft über und macht sie da anwesend, ermöglicht die Einschaffung der Gnade in die äußeren, geschichtlichen Lebensbereiche des Menschen. (320; Fs) (notabene)

19/1 Und umgekehrt: die innere Gnade als Glaubenslicht und innere Konnaturalität mit Gott gibt erst dem Menschen die Möglichkeit, das Wort Gottes, das von außen geschichtlich kommt, wirklich streng als Wort Gottes zu hören, ohne es dem Apriori seiner eigenen menschlichen Geistigkeit zu unterwerfen und es dadurch zu depotenzieren. Kurz: für die normale Vollgestalt der personalen Selbsterschließung Gottes an den personal aktualisierten Menschen treten das innere Gnadenwort und das äußere geschichtliche Offenbarungswort als gegenseitig sich bedingende Momente des einen Wortes Gottes an den Menschen zusammen. Und damit ist eben gegeben, daß dieses eine Wort in sich selbst eine Gnadentat Gottes am Menschen ist, ein Moment an seiner Tatoffenbarung. Und darum partizipiert es auch unweigerlich an dem Charakter des Heilshandelns Gottes am Menschen in Christus. Die Aussagen über das Heilshandeln Gottes am Menschen sind eo ipso Aussagen über das Wort Gottes (dieses in seiner Zweieinheit von innerem und äußerem Wort verstanden). Von da aus läßt sich die nächste These als Entfaltung der eben aufgestellten These verstehen. (320f; Fs) (notabene)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Geist in Welt

Titel: Geist in Welt

Stichwort: § 1. Die Frage: reditio subjecti in se ipsum; Abstraktion; Intellekt - reditio; abstractio (aversio a phantasmate) - conversio ad phantasma

Kurzinhalt: Sinnlichkeit besagt Hingegebenheit des Seins (das Beisichsein ist) an das andere, an die materia ... Der Mensch fragt aber nach dem Sein im Ganzen, stellt es im Ganzen umfassend in Frage ...

Textausschnitt: 3. Kapitel Abstractio

§ 1. Die Frage: reditio subjecti in se ipsum

79a Je schon von sich weg durch die Sinnlichkeit in die Welt, in das andere gestellt, findet sich der Mensch vor, wenn er nach dem Sein im Ganzen zu fragen beginnt. Sinnlichkeit besagt Hingegebenheit des Seins (das Beisichsein ist) an das andere, an die materia. So befindet sich das Sinnliche immer in jenem ungeschiedenen Zwischen von Selbstbesitz durch trennendes Sichabsetzen gegen alles andere und der restlosen Verlorenheit an das andere, die das Seiende sich selbst ganz verhüllen würde. Der Mensch fragt aber nach dem Sein im Ganzen, stellt es im Ganzen umfassend in Frage (und sich damit), er setzt sich dadurch als den Fragenden in scharfer Trennung von allem übrigen, von Welt und von sich als durch die Sinnlichkeit immer schon in ihr Seiendem ab. Er "objektiviert" so das andere und seine in der Sinnlichkeit schon vollzogene Hingabe an es. Er tritt vom "draußen", wo er immer schon war, fragend zurück. Das andere, das er in der Sinnlichkeit selbst war, das er hinnahm und das ihm so bewußt war, daß er als sinnlich Erkennender sich nicht von ihm trennen konnte, weil die Sinnlichkeit als solche das andere nur empfing, indem sie es wurde: dieses andere tritt nun in den Abstand vom Erkennenden, es wird Gegen-stand. Erst dadurch steht der Mensch menschlich in der Welt, erst so ist er auf dem Boden, auf den er sich für sein metaphysisches Fragen gestellt fand und auf dem auch im Geschäft seiner Metaphysik zu bleiben er sich in der Vorentscheidung schon entschlossen hatte. Die Betrachtung dessen, was wir Sinnlichkeit nannten, ließ uns prinzipiell diesen Boden nicht ganz gewinnen. Denn es zeigte sich, daß Sinnlichkeit, gerade wenn sie erste und ursprüngliche Hinnahme des andern, der Welt, wenn sie hinnehmende Anschauung sein sollte, dies nur dadurch möglich machte, daß sie seinshafte Hingabe an das andere, actus materiae, wurde. Sie kann darum das andere nicht als Gegen-stand im Abstand gegenüberstehen lassen, weil sie zu wenig "subjektiv", weil sie zu "objektiv", wesentlich immer Wirklichkeit des andern selbst ist. (Fs)

79b Die Fähigkeit der einen menschlichen Erkenntnis, das in der Sinnlichkeit gegebene andere von sich weg in Frage zu stellen es zu beurteilen, es zu vergegenständlichen und damit den Erkennenden erst zum Subjekt, d. h. zu einem zu machen, der bei sich selber und nicht beim andern ist, der wissend in sich selbst steht, nennen wir Denken, Intellekt. Diese Möglichkeit der reditio completa in se ipsum ist für Thomas die metaphysisch entscheidendste Auszeichnung des Intellekts gegenüber [{80} gegenüber] der Sinnlichkeit1. Erst durch das Denken wird die in der Sinnlichkeit gehabte ungeschiedene Einheit von Sinnlichkeit und sinnlichem Gegenstand, von Subjekt und Objekt wirklich zum Subjekt, das in seiner Insichselberständigkeit eine Welt sich gegenüber hat, erst durch das Denken wird menschliche Erfahrung einer gegenständlichen Welt möglich. So ist unsere Frage nun die nach dem einen menschlichen Erkennen als dem denkenden Erkennen: oppositio mundi. Wenn die eine menschliche Erkenntnis von Welt von dieser Art ist, dann muß sich das Begreifen ihrer Möglichkeit in einem zweifachen Gang vollziehen: In der Sinnlichkeit als solcher hat sich (oder hätte sich, wenn seine Erkenntnis je Sinnlichkeit allein sein könnte) der Mensch immer schon an die Welt verloren. Er gewinnt seinen menschlichen Standort in einem sich ablösenden Rückzug von der Hingegebenheit in die Einheit von Subjekt Objekt in der Sinnlichkeit. Er hat sich als solcher wirklich zum Subjekt gewordener doch wieder nur, indem er sich gegenüberstellend sich dieser Welt wieder zuwendet. Diese beiden "Phasen" sind natürlich nicht hintereinanderliegend zu denken, sie bedingen sich gegenseitig und bilden in ihrer ursprünglichen Einheit die eine menschliche Erkenntnis. In thomistischer Erkenntnismetaphysik wird diese Loslösung des Subjekts von der sinnlichen Hingegebenheit an das andere der Welt unter dem Titel "abstractio" behandelt, die Hinwendung zur Welt, die so gegenständig geworden ist, heißt conversio ad phantasma. Schon aus dem bloßen Wortverständnis dieser beiden Titel ergibt sich: wenn unsere Analyse der Sinnlichkeit vor thomistischer Metaphysik zu Recht besteht, dann kann conversio ad phantasma als Vorgang menschlicher Erkenntnis nur sinnvoll sein, wenn ihr eine aversio a phantasmate vorausging, denn Sinnlichkeit besagte immer schon ein Sein beim Phantasma, bei Welt. Wie sollte da eine conversio zum Phantasma als denkerischer Vorgang nötig sein, es sei denn, es ginge eine abstractio voraus? Und umgekehrt: solche abstractio setzt doch offenbar voraus, daß das Subjekt sich als bewußt gehabtes nur in einem solchen Kommen von der Welt her gewinnt, denn sonst könnte sie nicht als grundlegender Vorgang denkenden Beisichseins auftreten. Dann ist aber damit auch schon gesagt, daß solche abstractio, solche reditio in se ipsum nicht den Sinn eines gänzlichen Freiwerdens von der sinnlichen Welthabe haben kann. Denn sonst wäre nicht verstandlich [sic; eg], warum die Rückkunft des Subjekts zu sich selber überhaupt bei dieser Welthabe einsetzt. Dann aber ist die conversio ad phantasma innere Eigentümlichkeit der abstractio selber, insofern sie nur die Anzeige dafür ist, daß die abstractio immer ein Kommen von Welt her ist und immer nur als so von Welt dauernd {81} kommend bestehen kann2. Eine Betrachtung dieser beiden "Phasen" wird diese innere Einheit von abstractio und conversio zu beachten haben, auch wenn sie eine nach der andern behandeln muß. Es erklärt sich auch so, daß die conversio nicht zum Thema gemacht werden kann, ohne zu wissen, was die abstractio ist. Dementsprechend gliedern sich die beiden Kapitel über das eine menschliche Erkennen als Denken. (Fs)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Geist in Welt

Titel: Geist in Welt

Stichwort: § 2. Die Anzeigen der abstraktiven reditio in se ipsum; Allgemeinbegriff; reditio, abstractio, conversio; Allgmeinbegriff - Konkretes (concretum)

Kurzinhalt: Conversio ist gerade die Hinbeziehung des Allgemeinen auf ein Diesda ... Ein "es" allein, ohne ein "etwas" über es, kann man überhaupt nicht denkend vorstellen

Textausschnitt: § 2. Die Anzeigen der abstraktiven reditio in se ipsum

81a Bevor der Versuch unternommen werden kann, die innere Möglichkeit jenes von der Welt Abstand gewinnenden Rückgangs des Erkennenden auf sich selber zu begreifen, muß er in seiner tatsächlichen Eigenart einigermaßen begriffen werden. Drei Anzeigen gibt diese denkende Welthabe von sich, die sich gegenseitig ergänzen und verdeutlichen: den allgemeinen Begriff, das Urteil, dessen Wahrheit. (Fs)

82a Es ist wichtig für das Verständnis der ganzen conversio, sich diese eigentümliche Struktur unseres Denkens klarzumachen. Conversio ist gerade die Hinbeziehung des Allgemeinen auf ein Diesda. Soll es nach Thomas keine Erkenntnis ohne conversio geben, so könnte man gegen diese These einwenden, wenigstens die Vorstellung des Allgemeinbegriffs und das allgemeine Wesensurteil, die sich beide nicht auf ein konkretes Diesda beziehen, schlössen eine solche conversio aus. Tatsächlich aber müssen auch alle diese Allgemeinheiten immer in einer conversio gedacht werden. Wir erfassen das Allgemeine als Gegenstand unseres Denkens gerade wenn es als Allgemeines gedacht wird, selbst wieder in einer konkretisierenden conversio von gewissermaßen zweiter Ordnung, als einen Gegenstand, der selbst wieder innerlich strukturiert ist wie ein gewußter wirklicher Gegenstand. Unser Gewußtes ist in allen Fällen gleich gebaut, allgemein oder konkret ist es nur dadurch, daß es entweder sich als solches unmittelbar auf das in der Sinnlichkeit gegebene concretum bezieht oder nur mittelbar. Der singuläre Begriff trägt in sich schon immer ein Allgemeines ("dieses von der Art"), und der universelle bezieht sich noch als solcher auf ein Dieses ("die Art von diesem") oder wird selbst vorgestellt als ein "Dieses von der Art". Die thomistischen Thesen, daß es intellektuell nur Allgemeinbegriffe gebe und ein Allgemeinbegriff nur gewußt werde in einer conversio ad phantasma, sind die beiden notwendig zusammenzuhaltenden Umschreibungen dieser einen Struktur aller und jeder unserer Erkenntnisse. Wird das Nichtkonkrete als solches zum Gegenstand des Denkens gemacht, so fungiert es ohne weiteres als concretum, denn man denkt dann etwas über es, und dieses "es" verhält sich zum "etwas" wie ein concretum zu seinem Allgemeinen (zur forma). Ein "es" allein, ohne ein "etwas" über es, kann man überhaupt nicht denkend vorstellen. Man kann "es" sinnlich anschauen. So aber ist es durch die Sinnlichkeit allein nicht gegenständlich gegeben. Man kann urteilend negieren, daß das "es" von einem "etwas" an sich verschieden sei (im Versuch, die forma in se subsistens separata zu denken). Aber es entsteht dann die Frage, die noch zu lösen bleibt, ob überhaupt nach dieser Negation durch Urteil noch ein Gegenstand des Denkens bleibe. Jede denkende Vorstellung, ob allgemein, singulär oder individuell, ist ein Wissen von etwas über etwas. Was sich zuerst als Eigentümlichkeit des Allgemeinbegriffs zeigte, enthüllt sich damit nicht bloß als die des Allgemeinbegriffs als solchen, sondern als Ausdruck der Wesensart unseres menschlichen Wissens überhaupt: immer wird etwas über etwas gewußt. Darin zeigt sich nun tatsächlich die reditio subjecti in se ipsum an. (Fs)

83a Jede gegenständliche Erkenntnis ist immer und in jedem Fall die Hinbeziehung eines Allgemeinen auf ein Dieses. Dieses Diesda erscheint so als der dem Wissen gegenüberstehende Beziehungspunkt, auf den der Erkennende sein von ihm (allgemeines) Gewußtes hinbezieht. Damit steht aber gewissermaßen das Subjekt mit seinem Wissensinhalt (dem Allgemeinbegriff) schon in Abstand von jenem Diesem, auf das es den Wissensinhalt hinbezieht. Dieser Wissensinhalt ist gerade deshalb allgemein, weil er auf der Seite des wissenden Subjektes in dessen Gegenstellung zu jenem Diesem steht und darum auf beliebige Diese bezogen werden kann. Oder umgekehrt gesagt: gerade dadurch, daß das Subjekt den Inhalt des Allgemeinbegriffs aus der sinnlichen Ungeschiedenheit von Subjekt und Objekt herauslöste (was durchaus keine Verringerung seines Inhaltes zu bedeuten braucht, da bei dieser Herauslösung ja nur ein völlig leeres Dieses zurückzubleiben braucht), gewinnt das Subjekt sich selbst erstmals in seinem Gegenstehen gegen diese Diesda, es kehrt in sich selbst zurück und hat damit auch erst einen Gegen-stand, auf den es das bei seiner Rückkehr zu sich mitgenommene und so allgemein gewordene Gewußte hinzubeziehen vermag. Die Rückkehr des wissenden Subjekts in sich und die Abhebung eines Allgemeinen von seinen "Subjekten" ist ein und derselbe Vorgang. So ist der Allgemeinbegriff tatsächlich die erste Anzeige für die eine gegenständliche Erfahrung erst ermöglichende oppositio zwischen Subjekt und Objekt. Abstractio als Gewinnnung des Allgemeinbegriffs ist demnach der Vollzug dieser reditio (reflexio) sbjecti in seipsum. (Fs) (notabene)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Geist in Welt

Titel: Geist in Welt

Stichwort: § 2. Die Anzeigen der abstraktiven reditio in se ipsum; Urteil - Allgemeinbegriff: vollzogene - mögliche Synthese; concretio; complexio, affirmatio (Thomas); affirmative Synthesis

Kurzinhalt: ... der Allgemeinbegriff .., unterscheidet sich vom Urteil ... nicht wie ein Stück vom Ganzen ... sondern wie eine mögliche von einer tatsächlich vollzogenen Synthesis von Subjekt und Prädikat.

Textausschnitt: 83b Wir haben damit sachlich auch schon den Ansatz für die Erfassung der zweiten Anzeige der reditio in seipsum gewonnen, den Ansatz für das Verständnis des Urteils. Der Allgemeinbegriff erschien uns wesentlich als ein Was von einem möglichen Etwas, als ein mit einem möglichen Subjekt synthetisierbares Gewußtes. Damit ist aber gesagt: der Allgemeinbegriff, die simplex apprehensio, unter welchem Titel Thomas gewöhnlich von Allgemeinbegriffen redet, unterscheidet sich vom Urteil, in dem er Prädikat ist, nicht wie ein Stück vom Ganzen, zu dem die Begriffe (Subjekt, Prädikat) nachträglich zu ihrer inneren Konstituierung erst noch zusammengestückt werden, sondern wie eine mögliche von einer tatsächlich vollzogenen Synthesis von Subjekt und Prädikat. Denn schon zum Allgemeinbegriff als solchem gehört die Hinbeziehung auf ein mögliches Subjekt. Damit ist aber gleichzeitig gesagt, daß der Satz vor den Allgemeinbegriffen ist, weil die vollzogene Synthesis vor der möglichen steht. Die mögliche Synthesis wird aus der vollzogenen in ihrer Natur genauer zu erkennen sein, wodurch auch die Dunkelheit zu beheben sein wird, die sich in den bisherigen Aussagen über die Hinbeziehung eines Allgemeinen auf ein mögliches entgegenstehendes Subjekt noch fand. (Fs) (notabene)

84a Gewöhnlich ist das Subjekt eines Satzes nicht ein an sich gänzlich bestimmungsloses Diesda. Es ist für sich schon die Synthesis eines leeren Diesda mit einem allgemeinen Gewußten. Das gleiche gilt, und zwar notwendig, für das Prädikat des Satzes. Der Allgemeinbegriff eines Prädikats ist schon vor seiner Zuteilung an das Subjekt zu konkretisieren, als auf ein mögliches Subjekt bezogen zu denken. Das Urteil identifiziert dann das Subjekt (das Diesda) des Satzsubjektes mit dem des Prädikats. Subjekt und Prädikat sind so je schon für sich ein "concretum" (erster oder zweiter Ordnung), d. h. ein Allgemeines in seinem Insein in einem (beliebigen) Diesda. Diese Synthesis heißt in thomistischer Terminologie "concretio", worauf wir noch zu sprechen kommen. Wir dürfen concretio mit konkretisierender Synthesis übersetzen. Wir können jetzt das vom Allgemeinbegriff Gesagte so formulieren: Jeder Allgemeinbegriff wird erfaßt mit und in einer notwendig mitgedachten concretio, und jedes Einzelne wird gegenständlich gedacht in einer concretio, die schon ein Allgemeines vom Diesda differenziert in sich trägt. (Fs)

84b Gewöhnlich faßt man nun das Urteil auf als die Synthesis der beiden Begriffe von Subjekt und Prädikat. Man kann diese Auffassung dann gelten lassen, wenn man sich der inneren Struktur des Begriffes selbst bewußt ist, der jeweils selbst eine konkretisierende Synthesis ist. Wie ist unter dieser Voraussetzung die Synthesis der zwei Begriffe eines Satzes genauer zu begreifen? Offenbar so, daß das in beiden Begriffen enthaltene Allgemeine mit demselben suppositum synthetisiert wird. Bei der Urteilssynthesis handelt es sich daher gar nicht um die Synthesis von zwei Washeiten von gleicher Stellung untereinander, sondern um die Hinbeziehung von zwei Washeiten auf das gleiche Diesda. Dabei hat das Subjekt in seiner konkretisierenden Synthesis, die vorausgesetzt, nicht vollzogen wird, nur die Funktion der festlegenden Anzeige jenes bestimmten Suppositum, auf das das Allgemeine des Prädikats bezogen werden soll. Während das Prädikat als solches in seiner eben noch betrachteten konkretisierenden Synthesis die mögliche Synthesis eines Allgemeinen mit einem beliebigen Diesda war, bestimmt nun das Subjekt eindeutig, welches Diesda gemeint ist. Mit diesem bestimmten Diesda wird im Urteil nun die Synthesis des im Prädikat enthaltenen Allgemeinen vollzogen. Die konkretisierende Synthesis als mögliche (weil Synthesis mit einem beliebigen Diesda) wandelt sich in eine tatsächlich vollzogene, indem der konkretisierenden Synthesis, die mit dem Prädikatsbegriff gegeben ist, nicht mehr ein beliebiges Diesda, sondern das durch das Satzsubjekt schon bestimmte Suppositum vorgehalten wird, auf das sie sich zu beziehen hat und im Urteil auch faktisch bezieht. Thomas nennt diese Synthesis "complexio", "affirmatio", was wir mit affirmativer Synthesis wiedergeben wollen. (Fs)
85a Recht besehen ist nun erst durch die affirmative Synthesis eine gegenständliche Erkenntnis erreicht, oder anders gesagt: eine konkretisierede Synthesis tritt im wirklichen Denken nur als affirmative Synthesis auf. Gegenständliche Erkenntnis ist erst dort gegeben, wo der Erkennende ein allgemeines Gewußtes auf ein an sich seiendes Suppositum bezieht. Daß zunächst das Urteil auf ein an sich seiendes Suppositum ("ad rem") geht, bedarf keiner weiteren Erklärung, da vorläufig noch ganz dahingestellt bleiben kann, was dieses "Ansich" näherhin sei, und so nur gesagt sein soll, daß das Urteil nicht in einer beziehenden Verknüpfung der gewußten, auf der Seite des wissenden Subjektes stehenden, allgemeinen Washeiten als solcher unter sich besteht, sondern in der Hinbeziehung dieser auf das dem wissenden Subjekt gegenüberstehende "Etwas", das durch die Washeit des Satzsubjektes bezeichnet, und von dem die des Prädikats ausgesagt wird. Auch wenn der Versuch gemacht wird, einen allgemeinen Begriff für sich zu denken, gelingt das nur in einer affirmativen Synthesis, in einem Urteil. Denn wird ein solcher "allein" gedacht, so denkt, wie schon gesagt wurde, dieses Denken etwas über ihn. Er selbst ist damit als schon Vergegenständichter (eg: sic) als an sich Seiender gefaßt, den sich das Denken als Gegenstehenden vorhält, auf den als Gegenstand (res) der Erkennende ein Gewußtes bezieht. Damit ist der Allgemeinbegriff immer schon als vom Denken als einem Wissen unabhängiger, an sich seiender und so als bestimmter gedacht, und somit nicht bloß eine synthetisierende, sondern eine affirmative Synthesis vollzogen. Wissen von menschlicher Bewußtheit gibt es daher überhaupt nur in einer affirmativen Synthesis, und dieses Urteilen ist nicht ein Verknüpfen von Begriffen, als ob diese die in sich ruhenden Elemente des Denkens wären und das Urteil nur deren nachträgliche Verbindung, sondern die Hinbeziehung des Wissens auf ein Ansich, in der Begriffe als nur im Urteil mögliche Momente vorkommen. Begriffe kommen entweder vor in einem Urteil über Dinge oder als Gegenstände eines Urteils über sie. Damit ist auch gesagt, daß die Gegensetzung zwischen Subjekt und Gegenstand, die sich in der abstrahierenden, Allgemeinbegriffe bildenden reditio subjecti in seipsum vollzieht, tatsächlich die affirmative Synthesis ist. (Fs)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Geist in Welt

Titel: Geist in Welt

Stichwort: § 2. Die Anzeigen der abstraktiven reditio in se ipsum; Wahrheit

Kurzinhalt: Wahr oder falsch ist nicht die konkretisierende Synthesis als solche, sondern ihre gelungene oder mißlungene Hinbeziehung auf die Sache selbst in der affirmativen Synthesis.

Textausschnitt: 85b Damit hat sich schließlich auch schon die dritte Anzeige für die reditio completa subjecti in seipsum ergeben, die Wahrheit. Wahr oder falsch ist nicht die konkretisierende Synthesis als solche, sondern ihre gelungene oder mißlungene Hinbeziehung auf die Sache selbst in der affirmativen Synthesis. Insofern demnach Wahrheit eine Beziehung des Wissens auf eine an sich seiende Wirklichkeit besagt, und insofern in dieser affirmativen Synthesis die reditio sich vollzieht, ist damit auch gesagt, daß die Wahrheit diese Gegenstellung von Subjekt und Objekt erstmals schafft und diese ohne Wahrheit gar nicht möglich ist. (Fs) (notabene)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Geist in Welt

Titel: Geist in Welt

Stichwort: § 2. Die Anzeigen der abstraktiven reditio in se ipsum; Nachweis bei Thomas; concretio, complexio, complexum (Urteil);

Kurzinhalt: Der Nachweis, daß diese gegebene Entwicklung der thomistischen Auffassung entspricht, ist nun noch kurz nachzuholen

Textausschnitt: 86a Um den Zug der Entwicklung nicht durch eine mühsame Textinterpretation der thomistischen Aussagen zu diesen Fragen zu stören, wurde bisher ein Eingehen auf Thomastexte unterlassen. Der Nachweis, daß diese gegebene Entwicklung der thomistischen Auffassung entspricht, ist nun noch kurz nachzuholen. (Fs)

86b Der Begriff der concretio bei Thomas1. Sachlich verbarg sich dieser Begriff schon in der ganzen Entwicklung, die von dem Wesen der Sinnlichkeit nach Thomas gegeben wurde. Die Sinnlichkeit ist eine immer schon vollzogene concretio, die darum den Vollzug selber nicht erfassen kann. Denn Sinnlichkeit ist das Beisichsein einer Seinswirklichkeit (forma) in ihrer Hingegebenheit an das andere der materia, insofern sie Form eines suppositum der materia ist; sie kann also eine trennende Hinbeziehung der forma auf das suppositum nicht zur Gegebenheit bringen. So erkennt die Sinnlichkeit "materialiter et concrete"2 und ist darum nur Erkenntnis des Einzelnen. Visus nullo modo potest in abstractione cognoscere id, quod in concretione cognoscit3. Insofern die Subjekt und Objekt trennende Rückkunft des Subjekts auf sich selbst, die abstractio immer bei dem ungeschiedenen Beim-andern-Sein der Sinnlichkeit beginnt, kann der Mensch das bei der Rückkunft mitgenommene abstrahierte Wissen nicht vollständig von seiner Beziehung auf das sinnlich Gegebene lösen, in dem es immer schon konkretisiert war. So ist das Denken ein "apprehendere ... concretum in abstractione4" als eine Handlung. Der Mensch kann sein abstraktes Wissen, soll es gegenständlich werden, nur in einer konkretisierenden Synthesis, in einem "suppositum", "subjectum" zum Stehen bringen. Intellectus noster quidquid signicat ut subsistens, significat in concretione5. Das Bezeichnen eines Gegenständlichen, in dem das Erkennen des Gegenstandes als solchen habhaft werden soll, ist ein significare in concretione, d. h. die Bezeichnung eines compositum, insofern sie die Synthesis ist aus einem "quo aliquid est", aus einer "forma", einem "aliquid, quod inest" und einem "suppositum", einem "aliquid quod subicitur", einem "subjectum"6, Darum gilt: Quod significatur concretive, significatur ut per se existens ut homo vel album ... quod significatur in abstracto, significatur per modum formae7. Daher läßt sich ein reales Ding (res subsistens) an sich auch nur mit einem "nomen concretum" {87} bezeichnen (Gott, nicht Gottheit, Tier, nicht Sinnlichkeit usw.)8. So ist Tier die Bezeichnung für die konkretisierte Sinnlichkeit: animal sumitur a natura sensitiva per modum concretionis9. Aus dem früher über die Sinnlichkeit Gesagten ergibt sich von selbst, daß den materiellen Dingen einschließlich der Sinnlichkeit die immer schon vollzogene concretio als ontologisches Prädikat zukommt, und daß die concretio als Vollzug Auseichnung unseres Denkens ist, sich aber in ihrer Notwendigkeit für unser Denken von der Sinnlichkeit herleitet10. (Fs)

87a Die complexio bei Thomas. Thomas unterscheidet im Gewußten incomplexa (indivisibilia) und complexa. Incomplexa sind z. B. Haus, Heer, Mensch, der Inhalt einer Definition usw.1. Es wird schon daraus allein klar, daß die concreta, von denen eben die Rede war, zu den incomplexa gehören, daß also die konkretisierende und die affirmative Synthesis nicht dasselbe sind. Das complexum ist ein enuntiabile2, ein Urteil. Der Mensch erkennt immer "secundum quandam complexionem"3. Diese complexio geschieht "per affirmationem vel negationem", in einer Urteilsbejahung oder Urteilsverneinung. Warum ein Urteil und seine Bejahung als Synthesis (complexio) aufgefaßt werden muß, und zwar als solche, die nicht mit der concretio zusammenfällt, wird bei Thomas auch deutlich: das complexum entsteht durch eine "comparatio incomplexi (also des schon konkretisierten Allgemeinen!) ad rem", durch eine Synthesis des konkretisierten Allgemeinen mit dem bestimmten Ansich des Objekts4. Insofern auch die definitio als bloße Synthesis von begrifflichen Merkmalen als solchen noch keine bejahende Hinbeziehung auf eine Sache an sich, keine "comparatio {88} vel applicatio ad rem" enthält, ist sie an sich noch ein incomplexum, es sei denn, sie enthalte implizit das Urteil der sachlichen Vereinbarkeit ihrer Merkmale oder die urteilende Hinordnung der Definition auf eine Sache an sich als auf eine von der Definition wirklich getroffene5. So versteht es sich von selbst, daß Wahrheit im eigentlichen Sinne, d. h. als erkannte Übereinstimmung mit dem Ansich der Sache, nur in den complexa, nicht aber in den incomplexa gegeben sein kann6. (Fs)

88a Aus dem Bisherigen schon ergibt sich, daß für Thomas das Urteil sich nicht in einer Synthesis von zwei Begriffen erschöpft1, sondern daß das eigentlich konstitutive Moment des Urteils die Hinbeziehung der konkretisierenden Synthesis von Subjekt und Prädikat auf die Sache selbst, die affirmative Synthesis ist. Durch sie wird auch erst die Wahrheit Merkmal des intellektuellen Vorgangs2. Wahrheit ist erst dort, wo das Gewußte auf das Ansich, das esse rei bezogen wird3, wo eine applicatio ad res gegeben ist4.

88b Inwiefern der Allgemeinbegriff mit seiner konkretisierenden Synthesis, das Urteil als affirmative Synthesis und die Wahrheit auch für Thomas selbst Anzeigen der reditio completa sind, die erst als grundlegender Vorgang des Denkens das in der Sinnlichkeit von ihr selbst ungeschieden hingenommene andere zum Gegenstand der Erfahrung macht, das muß sich aus dem ergeben, was über die innere Möglichkeit dieser reditio nach Thomas zu sagen sein wird. Doch ergibt sich schon aus dem Gesagten daß die Frage nach der Möglichkeit der reditio sachlich mit der Frage zusammenfällt, welches die apriorischen Bedingungen der Möglichkeit der affimativen Synthesis sind. Denn diese bietet zum erstenmal einen Gegenstand, von dem als dem Subjekt entgegenstehendem [eg: sic; entgegenstehenden?] dieses sein Wissen aussagt. Wahrheit ist nur ein anderer Titel für dieselbe Sache. Ibi primo invenitur ratio veritatis, ubi primo intellectus incipit aliquod proprium habere, quod res extra animam non habet1. In der Sinnlichkeit hat die Erkenntnis nichts für sich allein, weil sie mit der Sache identisch ist. Erst im Denken kehrt sie mit ihrem Wissen zu sich selbst zurück in einer Trennung von der res extra animam, und kann dadurch ihr Wissen auf die Sache beziehen und des Gelingens dieser Hinbeziehung sich bewußt sein, ein wahres Urteil {89}[Urteil] fällen. - Was zu Beginn dieses Paragraphen über die Hinbeziehung des in der abstractio gewonnenen Allgemeinbegriffes auf ein Diesda gesagt wurde, hat sich bei der Betrachtung des Urteils dahin geklärt, daß darin das Entscheidende für die Gegensetzung von Subjekt und Objekt nicht die konkretisierende Synthesis als solche allein ist, sondern die affirmative. (Fs)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Geist in Welt

Titel: Geist in Welt

Stichwort: Urteil, Erkennen; Bei-der-Welt-Sein, Bei-einem-andern-Sein; Intuition

Kurzinhalt: Erkennen überhaupt ist zunächst zu fassen als Beisichsein eines Seins. Aber gerade damit ist gegeben, daß das Erkannte so erfaßt ist, wie es an sich selber ist ... Dieses andere erscheint darum in bezug auf solches Erkennen als normierend ...

Textausschnitt: 89a Diese urteilende Hinbeziehung des Wissens auf ein Ansich als auf das, was nicht dem psychischen Vorkommnis dieses Wissens als solchen sein Sein verdankt, ist dem Urteilen, der complexio, wesentlich. Damit ist nicht gesagt, daß Erkennen überhaupt notwendig auf ein Sein gehe, das, vom Denken verschieden, nur durch ein solches meinendes, zuteilendes Hinbeziehen eines abgelösten Wissens erfaßt werde. Eine solche Gegenüberstellung gehört nicht zum Wesen des Erkennens überhaupt. Im Gegenteil: Erkennen überhaupt ist zunächst zu fassen als Beisichsein eines Seins. Aber gerade damit ist gegeben, daß das Erkannte so erfaßt ist, wie es an sich selber ist. Die Erfassung eines Ansich ist daher denkbar ohne gegensätzliche Absetzung von erkennendem Subjekt und Gegenstand, ohne Urteil als affirmative Synthesis1. (Fs)

89b Aber menschliches Erkennen ist zunächst Bei-der-Welt-Sein, ein Bei-einem-andern-Sein in der Sinnlichkeit, und Erkenntnis dieses anderen in seinem Ansich als des objectum proprium ist darum nur möglich in einem Gegensetzen des anderen und Hinbeziehen des Wissens auf dieses entgegengesetzte, an sich seiende andere. Dieses andere erscheint darum in bezug auf solches Erkennen als normierend, als mensura der Erkenntnis2 als etwas, was in dieser Hinbeziehung getroffen oder verfehlt werden kann, so daß solchem urteilenden Erkennen immer die Möglichkeit des Verfehlens seiner Intention, die Möglichkeit des Irrtums wesentlich ist. In einem ruhenden Selbstbesitz des Ansich in Identität des Seins als eines an sich bei sich seienden ist das nicht möglich. In einem solchen Idealfall, in der Intuition im thomistischen Sinn, kann daher von Urteil und von Irrtum nicht die Rede sein, so wenig wie von einem eigentlichen Normiertwerden durch den Gegenstand (als objectum proprium), da das Erkennen ja mit ihm von vornherein und endgültig identisch ist und bleibt, weil die Sache in ihrem Ansich ihr selber zur Gegebenheit kommt. Darum ist die Intuition bei Thomas immer wahr3. Aber menschliche Erkenntnis, die nicht reine {90} Sinnlichkeit ist, hat das andere im Denken streng als solchem als das Nichtidentische, und erreicht es darum nur in der Hinbeziehung des Wissens auf das Ansich, ad rem. Nur in der complexio als eigentümlich menschlicher Weise ist für den Menschen das Ansich der Sache als solches zu erreichen. (Fs)

90a Solche Hinbeziehung ist menschlichem Erkennen wesentlich. Es gibt kein Denken, insofern es notwendig gegenständlich denkt, ohne die affirmatio eines Ansich. Der Mensch denkt immer etwas von einem anderen Etwas und setzt so immer ein Ansichseiendes. Selbst wenn er zweifelt oder leugnet, daß er dieses Ansich wissend erreiche, daß sein Denken von einem Ansichseienden gelte, setzt er ein solches Ansich. Denn Zweifel und Leugnung eines solchen Ansich konstituiert ein solches aufs neue: Das "daß ein solches nicht zu erreichen sei", das "daß wir über eine solche Möglichkeit nichts auszumachen vermögen", setzt selbst etwas, das vom aktuellen Vollzug dieses Gedankens unabhängig, also als Ansich gedacht wird1. {91} (Fs)

Was dieses Ansich, auf das die affirmative Synthesis geht, näherhin sei, wird noch zu untersuchen sein.

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Geist in Welt

Titel: Geist in Welt

Stichwort: § 3. Reditio subjecti in se ipsum und intellectus agens; intellectus possibilis (Sinnlichkeit); "bei sich gegen anderes"

Kurzinhalt: Das Beisichsein als Beisichselbersein und das Beisichselbersein als Gegen-anderes-gestellt-Sein machen die eine Grundverfassung des menschlichen Intellekts in dieser Doppeltheit aus, ...

Textausschnitt: § 3. Reditio subjecti in se ipsum und intellectus agens

91a Vergewissern wir uns noch einmal über den Punkt, an dem unsere Überlegungen jetzt stehen. Die eine menschliche Erkenntnis ist gegenständliche Hinnahme des anderen, der Welt. Um auf Grund der Voraussetzung der Identität von Erkennen und Sein eine anschauende Hinnahme des anderen als solchen in ihrer Möglichkeit zu begreifen, wurde die Sinnlichkeit als actus materiae eingeführt. Als solche gibt sie zwar das andere, aber nicht als Gegenständliches, über das etwas urteilend wahr ausgesagt werden kann. Die Fähigkeit dieser Vergegenständlichung in Gegensetzung von Erkennen und Erkanntem nannten wir Denken, in dessen Merkmalen als einer allgemeinen, urteilenden, wahren Erkenntnis wir die Anzeige für diese Entgegensetzung und Objektivierung des Erkannten und für die Rückkunft des Erkennenden auf sich selbst erfaßten. (Fs)

91b Wie ist diese abstrahierende Rückkunft in ihrer Möglichkeit zu begreifen? Aus dem über die Sinnlichkeit Gesagten ergibt sich zunächst als erste selbstverständliche Aussage negativ, daß die Sinnlichkeit als solche diese Rückkunft, das Beisichsein gegen ein anderes nicht zu vollziehen vermag. (Fs)

91c Der Intellekt ist denkend bei sich gegen ein anderes, und als solcher kann er ein Allgemeines auf ein Suppositum beziehen, urteilen und die Wahrheit eines Urteiles erfassen. Er ist bei sich als gegen anderes gestellter. Beides in einer Einheit beschreibt das Wesen der menschlichen Erkenntnis: er ist bei sich selbst als er selber, weil er sich im Beziehen des allgemeinen Gewußten auf etwas und im Urteilen über etwas von diesem Etwas abhebt. Er ist aber nur in dieser Abhebung gegen ein anderes bei sich selbst, wissend in sich selbst ständig. Daß er nur so bei sich selbst ist, bestreiten wollen, hieße den Boden verlassen, auf dem sich unser Fragen ständig zu halten hat, auf der Vorentscheidung dazu, daß der Mensch sich immer vorfindet als schon bei der Welt seienden. Sein Beisichselbersein ist also in einem Gegenstehen zu Welt gegründet, wenn es auch nicht nur das Beisichsein als Beim-andern-Sein, d. h. Sinnlichkeit, ist. (Fs)

91d In der Formulierung: "bei sich gegen anderes" ist schon ein Hinweis auf die genauere Erfassung dessen enthalten, was menschliches Denken ist. Das Beisichsein als Beisichselbersein und das Beisichselbersein als Gegen-anderes-gestellt-Sein machen die eine Grundverfassung des menschlichen Intellekts in dieser Doppeltheit aus, die in den thomistischen Begriffen von intellectus agens und intellectus possibilis zur Geltung kommt, wenn auch jeder dieser {92} beiden Titel die ganze Grundverfassung unter verschiedener Rücksicht ausdrückt. (Fs) (notabene)

92a Wäre nämlich dem menschlichen Denken ein Beisichselbersein ohne eine Gegenstellung gegen anderes möglich, so wäre das Erstgewußte (objectum proprium) das Sein des Erkennenden selber1. Es wäre dann für einen intellectus agens keine Möglichkeit, insofern dieser gerade die Fähigkeit besagt, ein allgemeines Gewußtes von einem anderen Seienden zur Abhebung zu bringen und dadurch erstmalig eine gegenstellende Hinbeziehung des Wissens vom Wissenden auf das Gemeinte zu ermöglichen. Es wäre aber auch nicht eigentlich Raum für einen intellectus possibilis, d. h. für eine Fähigkeit, Wissen über ein anderes als von diesem gegebenes hinzunehmen. Denn in der gemachten Voraussetzung hätte der Intellekt die Möglichkeit des Beisichselberseins immer schon durch sich selbst allein, er wäre darum schon im voraus bei sich und hätte sich schon immer erkannt, ohne davon abhängig zu sein, daß ein anderes sich ihm zeigt und ihm so die Möglichkeit gibt, in der Gegensetzung zu diesem bei sich selbst zu sein. Wäre umgekehrt die Erkenntnis Beisichsein, nicht als gegen anderes gestellte, sondern als nur beim anderen seiende, so wäre solche Erkenntnis bloße Sinnlichkeit, die ein Beisichselbersein wesensmäßig ausschließt; eine Ablösung des Seins (Wissens) von dem, worüber etwas gewußt wird, wäre unmöglich. Es bliebe nur noch die Fähigkeit einer passiven Hinnahme eines anderen in seinshafter Hingegebenheit an das andere. (Fs)

92b Aus diesen vorläufigen Formulierungen dessen, was thomistisch intellectus agens und intellectus possibilis bedeuten, zeigt sich schon, daß der intellectus agens das den Intellekt vorzüglich charakterisierende Moment ist. Denn der intellectus possibilis läßt sich nur als hinnehmendes Vermögen des anderen bestimmen, und wegen dieses Wartenmüssens auf das Begegnen des anderen ist er an sich leer (possibilis). Das aber ist eine Bestimmung, die formal auch auf die Sinnlichkeit zutrifft. Wird sie aber vom intellectus possibilis derart verstanden, daß die Hinnahme des Seins des Gewußten so geschieht, daß es von diesem abgehoben auf das Gewußte als ein anderes hinbezogen wird, dann wird die Intellektualität des hinnehmenden Vermögens gerade durch das bestimmt, was Funktion des intellectus agens ist. (Fs)

92c Was so kurz angedeutet wurde, soll lediglich eine Überlegung darüber sein, unter welchem thomistischen Titel wir das zu suchen haben, worum es in diesem Stadium der Arbeit geht: um die Möglichkeit der reditio completa. Was Thomas über den intellectus agens sagt, ist der Sache nach seine Antwort auf diese Frage. Der {93} intellectus agens setzt im Vollzug seiner Funktion durch die Abstraktion des Seins vom Seienden den Erkennenden gegen das Ansichseiende ab. (Fs)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Geist in Welt

Titel: Geist in Welt

Stichwort: § 4. Das Wesen des intellectus agens

Kurzinhalt: So ist der intellectus agens bei Thomas immer wieder eingeführt als die apriorische, dem Denken selbst einwohnende Bedingung der Möglichkeit eines actu intelligibile, das als solches sich in der Sinnlichkeit nicht findet ...

Textausschnitt: § 4. Das Wesen des intellectus agens

93a So unzweifelhaft der Ansatz, von dem aus wir den Begriff des intellectus agens erreicht haben, innerhalb des Feldes thomistischer Problematik liegt, so soll die weitere Entwicklung doch zunächst nicht der inneren Dynamik dieses Ansatzes selbst über ntwortet werden. Wir beginnen vielmehr zunächst mit dem, was Thomas ausdrücklich über den intellectus agens sagt, um uns desto sicherer innerhalb der Grenzen seines Philosophierens zu halten. (Fs)

93b Wie führt Thomas den Begriff des intellectus agens ein? Die forma (das als solches Wißbare) in den materiellen Dingen ist forma materiae. Als solche ist sie notwendig vereinzelte und darum, schließt Thomas, nicht "intelligibile actu". Diese Folgerung ist zunächst zu erläutern. Wir sahen schon früher, daß sich für Thomas die Erkennbarkeit eines Seienden innerlich abwandelt mit dem Grad seiner Seinsmächtigkeit. Intelligibile actu ist nun nicht einfach mit cognoscibile actu im weiteren Sinn gleichzusetzen. Denn in der Sinnlichkeit begegneten wir einem sensibile actu, das als solches auch unter ein generisches cognoscibile actu zu fallen kommt. Wenn Thomas daher der forma, insofern sie actus materiae ist, eine actu intelligibilitas abspricht, so muß er darunter eine Erkennbarkeit höherer Ordnung verstehen. Erkennbarkeit im allgemeinen ist das Sein einer Sache, insofern sie von sich aus irgendeiner Erkenntnis offen steht, von sich aus in die Identitätszone von Sein und Erkennen zu stehen kommen kann. Intelligibilitas ist die Erkennbarkeit eines Seienden dem Denken als solchem gegenüber, dessen Anzeigen wir in § 2 betrachteten. Diesem Denken offen zu stehen, in ihm als durch Identität mit ihm offenbare zu stehen zu kommen, vermag die forma als actus materiae nicht. Denn dazu müßte sie allgemein sein (um die erste grundlegende Anzeige des Denkens heranzuziehen), und das vermag die Form eben nicht, insofern sie vorgängig zur Erkenntnis in einem bestimmten suppositum durch ihre materia schon konkretisiert ist. Ein intelligibile actu kann also, soll die Sinnlichkeit und ihre Gegenstände die einzige Quelle menschlicher Erkenntnis sein, nicht einfach passiv aus der Sinnlichkeit übernommen werden, es kann so seinen Ursprung nur einer spontanen Tätigkeit des Denkens selbst der sinnlichen Gegebenheit gegenüber verdanken, d. h. dem intellectus agens. So ist der intellectus agens bei Thomas immer wieder eingeführt als die apriorische, dem Denken selbst einwohnende Bedingung der Möglichkeit eines actu intelligibile, das als solches sich in der Sinnlichkeit nicht findet und nach Ausweis der Erfahrung dem Menschen {94} [Menschen] auch nicht anderswoher zukommt, zumal das konstituierte intelligibile actu von sich aus in die Sinnlichkeit zurückweist. Dazu einige Hinweise auf einzelne Thomastexte. Ein intelligibile actu ist erkannt, wenn etwas erfaßt ist "quasi unum in multis et de multis"1; "universalia ... sunt intelligibilia actu"2. In quibus individuatio fit per hanc materiam signatam, individuata non sunt intelligibilia actu3. So hat also die Sinnlichkeit kein intelligibile actu bei sich, sie ist die Hingegebenheit an die vielen Diesda der materia als solche4. Weil dem so ist, bedarf das menschliche universale Erkennen einer Fähigkeit, des "intellectus agens qui facit species a sensibilibus acceptas esse intelligibiles"5. "Sed quia Aristoteles posuit ea (die an sich universal seienden Formen) non subsistere nisi in sensibilibus (also in immer schon vollzogener concretio) quae non sunt intelligibilia actu (eben wegen dieser concretio), necesse habuit ponere aliquam virtutem, quae faceret intelligibilia in potentia esse intelligibilia actu abstrahendo species rerum a materia et conditionibus individuantibus; et haec virtus vocatur intellectus agens De spir. creat. a. 96. Es muß hier eine Zwischenbemerkung eingeschaltet werden. Thomas erreicht den Begriff des intellectus agens von der actu intelligibilitas als universalitas aus. Damit wird die intelligibilitas, wie sich Thomas bewußt ist, von dem spezifisch menschlichen Seinsgrad und vom menschlichen Denken her gesehen. An sich gibt es Seinsgrade mit ihrer entsprechenden Erkennbarkeit, die actu intelligibilia sind, ohne daß sie deshalb universalia wären, und ohne daß daher die Allgemeinheit immer die Anzeige für jedes Denken und für jede actu intelligibilitas sein müßte. Für eine menschliche Erkenntnismetaphysik bestimmt sich aber das Beisichselbersein als Nicht-actus-materiae-Sein, und insofern das menschliche Denken nur möglich ist in einer Gegensetzung gegen anderes, also durch das Haben einer materiellen Form gegen ihr Suppositum, ist das Allgemeine Anzeige der actu intelligibilitas. Seinsgrade, die an sich keine Hinordnung zu dem leeren Diesda der Materie haben, in der sie vervielfältigt würden (formae separatae), sind an sich actu intelligibilia, ohne daß sie deshalb universalia sein müßten7. Sie haben {95} eine formhafte Individualität die eine "spezifische" Verschiedenheit von anderen Formen begründet. Sie können aber nicht als selbige vervielfältigt werden, weil das eben eine Hinordnung auf die leere Unbestimmtheit der materia einschließt. Insofern aber Formen in materia konkretisiert sind, sind sie bei einem anderen, als solche können sie darum auch nicht bei sich selber sein, nicht als Erkennende und darum auch nicht als Erkannte. (Fs) (notabene)

95a Um den Wortlaut nicht mißzuverstehen, in dem Thomas die Funktion des Intellekts beschreibt, darf nie aus dem Blick verloren gehen, von woher Thomas zum Begriff des intellectus agens kommt. Wenn es heißt, der intellectus agens löse eine species intelligibilis ab, präge sie dem intellectus possibilis ein usw., so sind solche Bilder von der metaphysischen Formulierung: facere intelligibilia potentia esse intelligibilia actu her zu deuten, und nicht umgekehrt. Denn zu dieser Formulierung gelangte die Überlegung unmittelbar von einer Frage her, die das Denken auf den intellectus agens bringt als auf eine metaphysische Voraussetzung, die als solche nie beobachtet werden kann, weil das Denken immer schon abstrahiert hat, wenn es auf sich zu reflektieren beginnt. Die bildlichen Ausdrücke, in denen die Tätigkeit des intellectus agens beschrieben wird, dürfen nicht zu der Annahme verführen, die sinnliche Form werde als solche in ihren qualitativen Inhalten auf ein anderes "Niveau" gebracht. (Fs) (notabene)

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Autor: Rahner, Karl

Buch: Geist in Welt

Titel: Geist in Welt

Stichwort: Conversio ad phantasma; Metaphysik - Ausgangspunkt; utrum intellectus possit actu intelligere ... convertendo se ad phantasmata

Kurzinhalt: Wenn der Mensch nach allem zu fragen wagt, geht er von "nichts" aus. Und doch kann dieses "nichts" nicht eine Leere sein, die der Mensch nach Laune und Willkür füllen, von der aus er hinschweifen könnte, wohin es ihm beliebte. Denn ...

Textausschnitt: § 1. Der Ausgangspunkt

35a Jede Frage hat ein Woher ihres Beginnens. Also auch die metaphysische Frage. Aber damit sind wir schon mitten in der Fraglichkeit der metaphysischen Frage. Denn von woher sollte solches Fragen seinen Gang antreten? Die metaphysische Frage geht doch nicht auf Dieses oder Jenes, sondern auf alles zumal, auf das Sein im Ganzen. Kann solches Fragen noch beginnen, da es nicht hat, von wo es ausgehen könnte?

35b Oder hat Thomas vielleicht nicht so zu fragen gewagt? Doch. Metaphysik handelt nach Thomas de ente in communi, zur Metaphysik gehört die universalis dubitatio de veritate so notwendig, wie die universalis consideratio de veritate1. (Fs)

35c So kann die metaphysische Frage den Anfang ihres Fragens nur Im Fragen selbst nehmen, aus der sie treibenden Notwendigkeit des Fragens nach dem Sein im Ganzen. Ja, sie nimmt nicht eigentlich dort dso den Ausgangspunkt, daß sie ihn schon beim ersten Schritt im Rücken hat, um nie mehr zurückzuschauen. Die Metaphysik geht auf dieses Fragen selber los, sie fragt, wie der Mensch nach dem Sein im Ganzen frage und fragen müsse, wenn Metaphysik in irgend einer Form den Menschen erst zu dem macht, der er zu sein hat. Simul universalem dubitationem proseqitur2. Es ist nach Thomas gerade die Auszeichnung der Metaphysik im Gegensatz zu den übrigen Wissenschaften, daß sie um ihre eigenen Ursprünge kämpft: disputat contra negantem sua principia3. (Fs)

35d Aber dieses Fragen nach allem zumal (simul universalis dubitatio) ist nicht ein leeres Sichherumtreiben, ein Suchen nach allem und jedem und so nach nichts. Es fragt nach einem sehr Bestimmten, eben nach der Frage nach dem Sein im Ganzen selbst als dem Müssen des Menschen, das er selber ist. So aber zeigt sich dieses In-Fragestellen der metaphysischen Frage als ein Wissen des Menschen um sich selbst. Er ist schon beim Sein im Ganzen - wie könnte er sonst danach fragen? -, er ist schon bei der ersten Frage quodammodo [quodammodo] omnia4, und ist es doch noch nicht, ist noch nichts, tabula rasa, materia prima in ordine intellectus5, denn er fragt ja gerade, was er damit meine, wenn er nach dem Sein im Ganzen frage. (Fs) (notabene)

36a Damit gerät aber dieser erste Ansatzpunkt alles metaphysischen Fragens selbst in eine Schwebe. Es läßt sich gar nicht in einem sagen, von wo dieses Fragen ausgeht. Es geht von nichts aus, indem es das Ganze schon umfaßt, um seinen Weg anzufangen; um der nach dem Sein im Ganzen Fragende zu sein, fängt der Mensch schon beim Ziel an, weil er vom Sein im Ganzen schon wissen muß, wenn er danach fragt, und bekennt gleichzeitig durch sein Fragen, daß er nicht das Ziel selber ist, sondern ein endlicher Mensch. So erhält der Ansatzpunkt der Metaphysik eine eigentümliche Doppeltheit und Einheit zumal: Ausgangspunkt ist der fragende Mensch, der als solcher schon beim Sein im Ganzen ist. Dieser Ausgangspunkt der Metaphysik ist auch ihre Grenze, weil dieser Ansatzpunkt eine Frage ist, und keine Antwort über den Horizont hinausreicht, den die Frage zuvor schon eingegrenzt hat. Posterior investigatio veritatis nihil aliud est quam solutio prius dubitatorum6. (Fs)

36b Wie läßt sich dieser Ausgangspunkt der Metaphysik in seiner einen Doppeltheit verdeutlichen? Wir sind in dem einleitenden Abschnitt diesem zweieinen Ansatz in anderer Gestalt schon begegnet. Der a. 7 der q. 84 stellte uns in einer Vorentscheidung auf den Boden des je schon vorausgesetzten Wissens darüber, daß der Mensch sich immer schon in der Welt vorfindet, wenn er sich besinnt, was und wer er sei. Der Artikel gab uns als Leitfaden seiner eigenen Untersuchung ein Wissen um ein eindeutiges Verhältnis von Erkennen und Erkanntem, insofern beides aus einem Grund entspringt. So ist zu fragen, wie sich aus der bisherigen Umzeichnung des Ausgangspunktes menschlicher Metaphysik diese doppelte Position des a. 7 erreichen lasse, wie die beiden Positionen in gegenseitiger Verdeutlichung und Rechtfertigung sich als sachlich identisch nachweisen lassen. (Fs)
36c Wenn der Mensch nach allem zu fragen wagt, geht er von "nichts" aus. Und doch kann dieses "nichts" nicht eine Leere sein, die der Mensch nach Laune und Willkür füllen, von der aus er hinschweifen könnte, wohin es ihm beliebte. Denn es ist ihm aufgegeben, nach dem Sein im Ganzen zu fragen. So muß ihm dieses "nichts" selbst auferlegt haben, nach dem Sein überhaupt zu greifen. Damit allein schon ist dieses "nichts" des Anfangs des Fragens, das der Mensch ist, nicht die vage Leere als der Ort schweifender Willkür, sondern die eindeutige Not, fragend dem Sein überhaupt begegnen zu können und zu müssen. Aber so ist das Woher dieses Je-schon-beim-Sein-im-Ganzen-Seins [Je-schon beim-Sein-im-Ganzen-Seins] noch nicht eindeutig beschrieben. Der Mensch stünde nicht fragend und damit endlich vor dem Sein und im Sein überhaupt, könnte er beliebig und nach eigener Wahl von irgendeinem Punkt dieses Seins aus dieses als Ganzes fragend umgreifen. Könnte er dieses nichtige Woher seines Fragens nach eigener Wahl bestimmen, wäre er schon so beim Sein im Ganzen, daß er seiner mächtig wäre und nicht mehr zu fragen hätte. Welches ist daher das Seiende, bei dem immer schon notwendig seiend der Mensch vor das Sein im Ganzen gerufen ist? Die Dinge der Welt, er selbst mit seiner Leiblichkeit mit allem, was zum Raum und zur Umwelt dieses leiblichen Lebens gehört. Es steht hier nicht zur Frage, wie sich das Sein im Ganzen zu dieser "Welt" als dem Woher seines Fragens nach dem Sein verhalte. Soviel nur ist sicher, der Mensch ist vor dem Sein im Ganzen, insofern er sich in der Welt vorfindet. Der "status praesentis vitae, quo passibili corpori conjungitur" ist der einzige "Stand", auf dem der nach dem Sein fragende Mensch steht, von dem Thomas etwas weiß. Sein Mensch haust auf der Erde, und es ist ihm nicht vergönnt, diesen Ort mit einem himmlischen nach Gutdünken zu vertauschen. Selbst Thomas' Theologie ist nicht Flucht von diesem Ort, sondern Hören des Wortes Gottes in der Enge dieser Welt und in der verrinnenden Kürze irdischer Stunde, sie bleibt auf dem Boden der imaginatio, denn selbst die Offenbarung geschieht noch per similitudines a sensibilibus sumptas7. Und selbst wenn der Mensch diesen Ort all seines Fragens fliehen wollte - durch Mystik oder Selbstmord oder sonst auf eine Weise und so an einen andern Ort eines Seinsverständnisses gelangen könnte, er hätte doch auf dieser Erde begonnen. Damit zeigt sich aber, daß es für Thomas nur ein Wissen gibt, in dem der Mensch er selber ist: ein wissendes Bei-der-Welt-sein. In diesem allein ist der Mensch vor das Sein im Ganzen gerufen. Von diesem Ort aus treibt er das Geschäft seiner Metaphysik8. (Fs)

37a In diesem Wissen von der Welt hat der Mensch schon immer das Sein im Ganzen umgriffen, wenn er danach fragt. Es ist also schon in der allgemeinsten Frage der Metaphysik ein Verhältnis von Sein und Erkennen mitbegriffen. Wie ist dieses zu verdeutlichen? Der Leitsatz des ersten Einschnittes im dritten Abschnitt des corpus articuli des a. 7 der q. 84 stellte uns dieselbe Frage. Wenn wir dabei noch beachten, daß wir in den bisherigen Erwägungen immer von der Erkenntnis von Welt gesprochen haben, diese demnach immer als eine Erkenntnis betrachteten und betrachten mußten, so ergeben sich als nächste Aufgaben zwei Fragen:

38a
1. Die Frage nach der Einheit des menschlichen Erkennens von Welt. Da diese Frage in ihrem materialen Gehalt mit der Frage der ganzen Arbeit zusammenfällt, kann es sich zunächst nur darum handeln, in einer formalen Betrachtung dieser einen Erkenntnis von Welt als des Ausgangspunktes für das Fragen nach dem Sein Anweisungen methodischer Art für den Fortgang der ganzen Arbeit zu gewinnen. (Fs)

2. Die Frage nach dem Verhältnis von Erkennen und Sein überhaupt, in dessen vorgreifendm Verständnis die Frage nach dem Sein im Ganzen ihre Möglichkeit hat. (Fs)

38b Zuvor erfordert aber der Ansatz, aus dem sich diese beiden Fragen ergeben, selbst noch einige Aufmerksamkeit. Der eine Ausgangspunkt der Metaphysik erschien in einer eigentümlichen Schwebe. Diese verrät sich nun auch in der durch Thomas gegebenen Formulierung des Problems der conversio ad phantasma: utrum intellectus possit actu intelligere ... convertendo se ad phantasmata. Die Frage, so gestellt, bewegt sich schon in der Dimension einer Frage nach der innern Möglichkeit eines solchen Erkennens. Wenn wir dieses Erkennen "von außen", im Vollzug, in der tatsächlichen Verwirklichung seiner Möglichkeit antreffen, so begegnen wir ihm immer als schon beim phantasma sich befindend, als je schon gestellt auf ein bestimmtes Hier und Jetzt, als je schon bei der similitudo rei singularis quae est hic et nunc9. Anderseits wird nach der Formel des Problems dieses Erkennen im Hier und Jetzt der Welt angetroffen als erst durch Zukehr hingekommenes. So kann es sich nur vom Sein im Ganzen her diesem Hier und Jetzt zugekehrt haben, da ja jedes Hier und Jetzt durch diese Zukehr erreicht werden soll. Und doch kann solches Erkennen dieses Sein im Ganzen, von dem es herkommen muß, nur im Hier und Jetzt fragend umfassen, nur in seinem status praesentis vitae, weil alles Fragen als actu intelligere die Zukehr zum hic et nunc als Bedingung seiner Möglichkeit schon voraussetzt. So enthüllt sich schon in der Problemformel der conversio ad phantasma die Schwebe des Ausgangspunktes menschlicher Metaphysik in seiner einen Doppeltheit: beim Hier und Jetzt der Welt und beim Sein im Ganzen. (Fs)

38c Aber enthält so die Frage der conversio nicht die Antwort von vornherein in sich? In ihr ist doch gerade gefragt, ob etwas - und so alles - nur erkannt werden könne, dadurch, daß der Erkennende bei einem Hier und Jetzt eines in der Welt Seienden sich befinde. Ist so das, was wir als Ausgangspunkt bezeichnen, nicht gerade im Problem der conversio erst noch in Frage?

39a Man könnte nun sagen, nicht die conversio als Frage, sondern erst die als Antwort enthalte diese schwebende Doppeltheit des Ausgangspunktes der Metaphysik in sich, erst die Antwort entscheide sich dafür, daß Erkennen nur in einem Eingetroffensein an einem bestimmten Punkt von Welt möglich sei, welches Eingetroffensein in sich ein Herkommen aus der Weite des Seins überhaupt sei. Vor dieser Antwort sei es ja gerade offen, ob Erkenntnis von diesem oder jenem weltlichen Einzelnen nur in einem Herkommen vom Sein schlechthin, und Erkenntnis von Sein im Ganzen nur in einem Eingetroffensein im Hier und Jetzt der Welt möglich sei. In dieser Auffassung wäre jedoch die Frage der conversio selbst gar keine metaphysische Frage, sie wäre identisch mit der Feststellung des Ortes, an dem die Frage menschlicher Metaphysik beginnt. Als Satz ist tatsächlich die Behauptung der Notwendigkeit einer conversio ad phantasma identisch mit der Feststellung des Ortes, von dem aus wir nach dem Sein im Ganzen metaphysisch fragen, und so ist der Satz als solcher schon entschieden, wenn das Problem der conversio erst beginnt. Denn dieses fragt als metaphysische Frage nach der innern Möglichkeit solcher conversio, nach dem, was in der Feststellung des Satzes schon alles mitgesagt ist. Und das Merkwürdige bei der Entwicklung der innern Möglichkeit der conversio ad phantasma ist dies: es geht dabei nicht so sehr um das Angekommensein beim Hier und Jetzt der Welt, sondern um das Herkommen vom Sein im Ganzen. Dadurch aber fragt die conversio nach der Möglichkeit der Metaphysik selbst. So aber erweist diese Frage sich selbst als ursprünglich metaphysische. (Fs)

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