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Autor: Lohfink, Norbert

Buch: Die beiden Türme Nr. 80

Titel: KLEINER WERDENDE KONVENTE UND DAS BIBLISCHE PRINZIP DER KLEINEN ZAHL

Stichwort: Die 'geringsten Brüder'

Kurzinhalt: Mathäus, Mt 25,40; Was geschieht denn mit denen, die nicht zu uns, dieser kleinen und verfolgten Schar, gehören?

Textausschnitt: Die 'geringsten Brüder', von denen hier der richtende König spricht, bedeuteten ursprünglich nicht, wie wir auszulegen pflegen, alle Armen dieser Erde - so tief dieser Gedanke ist. Die Frage, die hinter dem Gleichnis steht, war die: Was geschieht denn mit denen, die nicht zu uns, dieser kleinen und verfolgten Schar, gehören? Die Antwort lautet: Diese wenigen verfolgten und vor Bedrängnis fast untergehenden Jünger des Herrn sind Gott so kostbar, dass es für die anderen genügt, auf sie richtig zu reagieren. Wer den verfolgten Jüngern Jesu zu Hilfe kommt, kommt der Sache Gottes zu Hilfe und gehört zu den Gesegneten des Vaters. Wer ihnen nicht zu Hilfe kommt, zerstört sein eigenes Leben. Diese kleine Schar der wirklichen Armen ist für Gott die wichtigste Sache in der Welt. All den vielen Armen der Erde kann auf Dauer nur geholfen sein, wenn diesen wenigen geholfen wird.

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Autor: Lohfink, Norbert

Buch: Die beiden Türme Nr. 80

Titel: KLEINER WERDENDE KONVENTE UND DAS BIBLISCHE PRINZIP DER KLEINEN ZAHL

Stichwort: der heilige Rest, Rest Israels, Krieg, Jesaja

Kurzinhalt: Im Kampf mit seiner eigenen Bestimmung ist es zu dem geworden, was die Assyrer vernichten können. Aber Israel ging es wie uns. Es sah nichts.

Textausschnitt: Nichts zeigt so klar wie dieses Jesajawort: 'Rest' ist im Alten Testament das Wort für die kleine Zahl, die noch übrigbleibt, wenn etwas Großes in der Geschichte ans Ende kommt. ... Nur wir, wenn wir ratlos vor unseren kleinen Zahlen stehen, kommen gar nicht auf die Idee, ein Krieg könnte stattgefunden haben und vielleicht sogar immer noch toben. Es ist aber so. Nur: Was für ein Krieg?
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Die Propheten Israels waren ja nicht naiv. Sie bildeten sich nicht ein, das seien einfach nur Machtproben der politischen Gebilde gewesen. Hinter den sichtbaren Fronten sahen sie auch den unsichtbaren, tieferen und wahren Frontverlauf in diesen Kriegen, die Israel dezimierten. Dass Gottes Israel von politischen Mächten niedergemacht wird, spiegelt nur, dass es längst in ein System zurückgekehrt ist, aus dem es eigentlich für immer ausgewandert war. Im Kampf mit seiner eigenen Bestimmung ist es zu dem geworden, was die Assyrer vernichten können. Aber Israel ging es wie uns. Es sah nichts. Die Propheten mussten ihm die Augen öffnen.
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25 Gottes einziges Werk in der Geschichte ist es, sich ein Volk zu schaffen, in dem endlich Gerechtigkeit da ist, Güte, Gemeinschaft. Die Gesellschaften der Welt sind auf Macht aufgebaut und enden mit Blut. Der Krieg der Tiefe ist der zwischen diesen beiden Weltentwürfen. Wenn Israel ans Ende kommt und nur noch jener kleine Rest übriggeblieben ist, den Gott in seiner Gnade dann doch noch gelassen hat, dann heißt es, dass Israel vorher schon den anderen, tieferen Krieg verloren hat und von den Gesellschaften der Welt umgepolt worden ist. Es ist schon übergelaufen, ehe es dann auch noch trotzdem vernichtet wurde. Vielleicht wurde es sogar gerade deshalb besonders grausam vernichtet, weil es doch auch nach seiner Anpassung an die Welt der Völker noch zu sehr von seiner Vergangenheit gezeichnet war.

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Autor: Lohfink, Norbert

Buch: Die beiden Türme Nr. 80

Titel: KLEINER WERDENDE KONVENTE UND DAS BIBLISCHE PRINZIP DER KLEINEN ZAHL

Stichwort: Jesus, Gleichnis von der Saat

Kurzinhalt: Deutung des Gleichnisses vom Sämann bei Markus, verschiedene Ebenen der Ernsthaftigkeit;

Textausschnitt: Da fällt Same auf den Weg, sofort kommt der Vogel und frisst ihn. Dies sind, scheint mir, die Menschen, die so selbstverständlich in unserer normalen Gesellschaft sozialisiert sind, dass sie das, ... Diese Menschen sind vielleicht die Glücklichste unter den drei Gruppen. Sie haben gar nicht wirklich erkannt, was ihnen angeboten war. Von Krieg kann keine Rede sein. Je mehr in unseren Breitengraden das 'Wort' nur noch äußerlich und immer schon nur gesellschaftlich uminterpretiert gehört werden kann, desto mehr nimmt die Zahl dieser Menschen zu. Vor zwei, drei Generationen wären viele von ihnen sogar noch sonntags in die Kirche gekommen,
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Ernsthafter wird es bei der zweiten Gruppe, ... Ja, am Anfang wachsen sie schneller als andere und sehen vielleicht am prächtigsten aus. Aber sie sind proskairoi, ich würde das übersetzen mit: 'dem Augenblick hingegeben'. Sie hängen an der Situation. Wenn die Situation wechselt, wenn die Lust überdeckt wird von Bedrängnis, ja Verfolgung, sind sie nicht genügend verwurzelt. Keine Gegenkraft steigt aus der Tiefe auf.
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Kleiner wird möglicherweise die Zahl derer, die unter die Dornen geraten. Es ist die edelste Gruppe. ... Jesus definiert genau, was die Dornen sind: die Sorgen dieses Äons, nämlich die Lust am Reichtum und die Begierde nach allem damit Verwandten - also nach Macht, nach Ehre, nach irdischer Dauer. Das sind die Gegenspiele zur Lust nach Gott und seiner Sache. Die Grundoptionen der beiden Welten stehen gegeneinander. Der Normalfall wird sogar so sein, dass sie einander umranken. Um Gott zu dienen, greift man nach dem Mammon, sucht die Mittel der Macht und die Position.
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Oder umgekehrt: Um dieser Welt zu dienen, wird auch die Sache Gottes eingesetzt. Und doch sind die beiden Welten wie Feuer und Wasser. Sie können sich nicht gegenseitig helfen. Die Umarmung ist tödlich. ... Dass die Saat Gottes erstickt wird, erkennt man vielleicht nur an einem: Es kommt keine Frucht. Damit sind wir wieder bei der kleinen Zahl. Dass der Umschlag Israels in eine Gesellschaft dieser Welt am Ende bedeutete, dass auch die Nation und ihr Land nach den Gesetzen dieser Welt eines Tages von größeren Weltmächten vernichtet würden, muss in der heutigen Situation, wo die Gottesherrschaft den Rahmen eines einzigen Volkes überschritten hat, sich nicht in dieser Form wiederholen. Aber das Phänomen der kleinen Zahl gab es damals und gibt es heute.

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Autor: Lohfink, Norbert

Buch: Die beiden Türme Nr. 80

Titel: KLEINER WERDENDE KONVENTE UND DAS BIBLISCHE PRINZIP DER KLEINEN ZAHL

Stichwort: Umkehr: Tora, Gottesdienst, Gesetz, Benedikt

Kurzinhalt: in die hinein die Umkehr es führen musste: das Gesetz und den Gottesdienst; Gesetz: Entwurf der richtigen Gesellschaft für diese Welt

Textausschnitt: Wie sah die Umkehr jenes Restes denn aus, der aus Babylon heimgekehrt war? Ich glaube, das Wichtigste, was dieser 'Rest Israels' uns hinterlassen hat, ist die Tora, die damals zusammengebaut wurde. In ihr hat sich der heimgekehrte Rest auf die Anfänge besonnen, aus denen Israel kam: auf die Schöpfung, auf die Berufung der Väter, auf den Auszug aus der Fremde, auf den Sinai. Hier am Sinai hat Israel jetzt die beiden großen Themen untergebracht, in die hinein die Umkehr es führen musste: das Gesetz und den Gottesdienst. Gesetz, dieses so missverständliche Wort, meint in diesem Zusammenhang den göttlichen Entwurf der richtigen Gesellschaft für diese Welt. Er ist kernhaft im Dekalog verdichtet. Ausgeführt ist er dann vor allem in den drei großen Gesellschaftsentwürfen für Israel:
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Doch genau so wichtig ist am Sinai die Stiftung des Gottesdienstes. Der Sinn des von Gott in die Freiheit und Brüderlichkeit hineingeführten Israel ist die Überhöhung der Schöpfung ins Lob Gottes hinein.
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Doch wenn die Umkehr des aus Babylon heimgekehrten geretteten Restes Israels sich genau auf diese beiden Dinge konzentriert, die neue Gemeinschaft und das neue Gotteslob, dann sind wir ja nicht nur bei der christlichen Urgemeinde, sondern zugleich bei dem, was die Stiftung des heiligen Benedikt zuinnerst bestimmt.

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